Der Graf spielt falsch: Der kleine Fürst 274 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
Victoria konnte nicht aufhören zu weinen. Sebastian wusste nicht mehr, was er noch tun sollte. Sie hatte ihn angerufen und gebeten, zu ihr zu kommen, mit seltsam erstickter Stimme. Er war sofort losgefahren. Zur Begrüßung war sie ihm bitterlich schluchzend um den Hals gefallen, jetzt saß er neben ihr auf dem Sofa, hielt ihre Hand, umarmte sie, tätschelte ihr den Rücken und sprach ihr gut zu wie einem verzweifelten Kind, aber sie weinte weiter. Dabei wusste er noch immer nicht, was ihr eigentlich solchen Kummer machte, denn jedes Mal, wenn sie versuchte, es ihm zu erzählen, konnte sie schon nach wenigen Worten nicht weitersprechen. Er beschloss, es auf andere Art und Weise zu versuchen, und so sagte er in sehr bestimmtem Tonfall: »So geht das nicht, Vicky. Wie soll ich dir helfen, wenn ich nicht einmal weiß, warum du so verzweifelt bist? Reiß dich also jetzt bitte zusammen und klär mich auf!« Victoria zuckte erschrocken zusammen und wich ein wenig zurück, als hätte er sie geschlagen. Aber sie schluckte tapfer, bis sie den Tränenstrom eingedämmt hatte, richtete sich auf und sagte mit kläglicher Stimme: »Henry wird Vater.« Er hätte beinahe gelacht. »Meine Güte, Vicky, ich dachte schon, wer weiß was passiert ist! Ihr liebt euch, ihr wollt zusammen bleiben. Ich kann nicht sehen, was so schrecklich daran sein soll, wenn ihr jetzt schon ein Kind bekommt. Was macht das schon? Dann heiratet ihr eben schneller. Eine Familie hättet ihr über kurz oder lang doch sowieso gegründet.« Sie putzte sich die Nase und tupfte sich die Augen trocken. »Ich sagte, Henry wird Vater«
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Buchvorschau
Der Graf spielt falsch - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 274 –
Der Graf spielt falsch
… doch die Gräfin lässt sich nicht beirren
Viola Maybach
Victoria konnte nicht aufhören zu weinen. Sebastian wusste nicht mehr, was er noch tun sollte. Sie hatte ihn angerufen und gebeten, zu ihr zu kommen, mit seltsam erstickter Stimme. Er war sofort losgefahren. Zur Begrüßung war sie ihm bitterlich schluchzend um den Hals gefallen, jetzt saß er neben ihr auf dem Sofa, hielt ihre Hand, umarmte sie, tätschelte ihr den Rücken und sprach ihr gut zu wie einem verzweifelten Kind, aber sie weinte weiter. Dabei wusste er noch immer nicht, was ihr eigentlich solchen Kummer machte, denn jedes Mal, wenn sie versuchte, es ihm zu erzählen, konnte sie schon nach wenigen Worten nicht weitersprechen.
Er beschloss, es auf andere Art und Weise zu versuchen, und so sagte er in sehr bestimmtem Tonfall: »So geht das nicht, Vicky. Wie soll ich dir helfen, wenn ich nicht einmal weiß, warum du so verzweifelt bist? Reiß dich also jetzt bitte zusammen und klär mich auf!«
Victoria zuckte erschrocken zusammen und wich ein wenig zurück, als hätte er sie geschlagen. Aber sie schluckte tapfer, bis sie den Tränenstrom eingedämmt hatte, richtete sich auf und sagte mit kläglicher Stimme: »Henry wird Vater.«
Er hätte beinahe gelacht. »Meine Güte, Vicky, ich dachte schon, wer weiß was passiert ist! Ihr liebt euch, ihr wollt zusammen bleiben. Ich kann nicht sehen, was so schrecklich daran sein soll, wenn ihr jetzt schon ein Kind bekommt. Was macht das schon? Dann heiratet ihr eben schneller. Eine Familie hättet ihr über kurz oder lang doch sowieso gegründet.«
Sie putzte sich die Nase und tupfte sich die Augen trocken. »Ich sagte, Henry wird Vater«, wiederholte sie. »Ich habe nicht gesagt, dass ich schwanger bin.«
Er brauchte mehrere Sekunden, bis er den Sinn ihrer Worte begriff. Ungläubig fragte er: »Du willst sagen, eine andere Frau erwartet ein Kind von ihm?«
Sie nickte, ihre Augen waren schon wieder nass, aber sie beherrschte sich eisern, um nicht erneut in Schluchzen auszubrechen.
»Aber …, ich dachte, ich meine …« Er brach ab. Die Neuigkeit erschütterte ihn, er konnte sie kaum glauben. Da er nicht wusste, was er sagen sollte, bat er: »Erzähl es mir bitte. Aber von Anfang an, damit ich es verstehe.«
Es fiel ihr noch immer schwer, aber jetzt schaffte sie es, ihm einigermaßen zusammenhängend zu berichten, was sie von Henry gehört hatte. Er unterbrach sie nicht und achtete darauf, sich nicht anmerken zu lassen, was ihm durch den Kopf ging. Natürlich wusste er zu wenig, um die Geschichte beurteilen zu können, aber er wusste jedenfalls, was er an Henrys Stelle jetzt getan hätte. Ganz sicher wäre er nicht so gutgläubig wie Henry gewesen, der offenbar überzeugt war, dass die Frau, mit der er eine Nacht verbracht hatte, die Wahrheit sagte.
»So, jetzt weißt du’s.« Victorias Stimme klang zittrig.
»Bist du eifersüchtig?«
»Komisch, das hat Henry mich auch gefragt. Natürlich nicht. Warum sollte ich eifersüchtig auf etwas sein, was passiert ist, als wir uns noch gar nicht kannten? Ich hatte auch Freunde vor ihm. Darum geht es mir nicht. Es geht mir darum, dass er ein Kind gezeugt hat und dass dieses Kind Teil unseres Lebens sein wird.«
»Aber das muss doch nicht sein«, meinte Sebastian. »Wenn er von Anfang an sagt, dass er keinen Kontakt wünscht …«
Victoria unterbrach ihn. »Darum geht es nicht, Bastian! Erstens ist Henry ein verantwortungsbewusster Mensch, er wird niemals sagen, dass er zu seinem Kind keinen Kontakt haben will. Aber selbst wenn er es täte: Wir können ja nicht vergessen, dass es dieses Kind gibt. Das meine ich. Es wird immer Teil unseres Lebens sein. Und wenn er keinen Kontakt hätte, dann müssten wir damit rechnen, dass dieses Kind eines Tages vor der Tür steht und Fragen stellt, zum Beispiel: Warum hast du mich nicht kennenlernen wollen? Wir werden, gleichgültig, wie wir uns verhalten, immer wissen, dass er ein Kind hat, das nicht zu unserer Familie gehört. Ich kenne Henry gut genug, um zu wissen, dass er das nicht einen Tag lang vergessen wird.«
»Und du auch nicht«, sagte Sebastian.
»Ich war so glücklich, als er mich gefragt hat, ob ich ihn heiraten will. Ich wünsche mir ein Leben mit ihm, ich möchte Kinder mit ihm haben, ich möchte mit ihm alt werden. Aber ich weiß nicht, ob ich mit dem Wissen leben kann, dass eine andere Frau gerade ein Kind von ihm austrägt.«
»Würde es denn etwas ändern, wenn das Kind schon zwei Jahre auf der Welt wäre?«
Sie legte den Kopf an Sebastians Schulter. »Ich weiß es nicht«, antwortete sie leise. »Ehrlich, Bastian, ich weiß es nicht. Ich war so unerhört glücklich, dass ich jetzt nicht begreife, wie mir geschieht. Es ist ein bisschen wie die Vertreibung aus dem Paradies.«
»Das verstehe ich. Aber, wenn ich ehrlich sein soll, ich finde es zwar auch nicht schön für dich, aber eine Katastrophe ist es doch auch nicht! Er war und ist in diese Frau nicht verliebt, es war ein Unfall mit Folgen. Für sie ist das doch viel schlimmer, denn sie kann nicht einfach sagen: Ich will mit dem Kind nichts zu tun haben.«
»Das wird Henry bestimmt nicht sagen. Er wird sich verantwortlich fühlen. Das meine ich doch gerade: Wir werden, auf die eine oder andere Weise, ständig mit diesem Kind zu tun haben. Und darüber auch mit der Frau. Die will ich aber gar nicht unbedingt kennenlernen.«
»Rede ihm zu, dass er auf jeden Fall einen Vaterschaftstest verlangt.«
»Ich habe das angesprochen, er hat sofort abgelehnt. Zu dem Thema sage ich garantiert nichts mehr, am Ende denkt er noch, dass ich doch eifersüchtig bin. Er hat gesagt, er hat mit ihr geschlafen, sie haben nicht verhütet, also kann er sich jetzt nicht aus der Verantwortung stehlen und ihr auch noch zu verstehen geben, dass er ihren Worten misstraut. Punkt.«
»Ja«, seufzte Sebastian, »ich kann es mir vorstellen.« Dann fiel ihm etwas anderes ein. »Lara weiß von der Geschichte nichts. Dabei redet er doch sonst über alles mit ihr, aber davon hat er ihr nichts erzählt. Ist das nicht seltsam?«
»Ich dachte eigentlich, dass er sie zuallererst einweihen würde.«
»Nein, sie ahnt nichts. Sie war am Wochenende mit ihm verabredet und hat ihn gerade noch vor seiner Wohnung getroffen, abreisefertig. Er hatte die Verabredung vergessen, hat sich knapp entschuldigt und gesagt, dass er wegfahren muss. Dann hat er sie stehen lassen. Sie war ziemlich fertig danach.«
»Er ist auch fertig«, murmelte Victoria. »Du hättest ihn sehen sollen! Wie ein Gespenst sah er aus. Wahrscheinlich kann er nicht mehr schlafen vor lauter Selbstvorwürfen.«
»Du bist gar nicht böse auf ihn, oder?«
»Wieso sollte ich böse auf ihn sein? Ich liebe ihn doch! Und er hat ja nichts Schlimmes getan. Er war in keiner guten Stimmung an dem Abend, hat sich betrunken und dann mit einer Frau