Ein schlimmer Verdacht: Der kleine Fürst 129 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
Der Brief eines Anwalts trifft auf Sternberg ein: Etwas Ungeheuerliches wird darin behauptet: Der verstorbene Fürst Leopold habe aus einer außerehelichen Beziehung einen Sohn gehabt. Die Aufregung im Schloss ist groß. Christian, der kleine Fürst, ist außer sich vor Kummer. Der Charakter seines Vaters wird auf einmal entscheidend in Frage gestellt. Den kleinen Fürst beschleicht ein schlimmer Verdacht. Dieses einschneidende Ereignis wird uns alle längere Zeit beschäftigen. Die Affäre von Fürst Leopold erschüttert Schloss Sternberg in seinen Grundfesten. Wie wird der kleine Fürst daraus hervorgehen?
»Ich finde es schön, dass wir uns mal wieder getroffen haben, Corinna«, sagte Marietta von der Hart. »Darauf sollten wir anstoßen!« Sie strich sich die üppige rote Mähne aus dem Gesicht, bevor sie ihr Weinglas hob.
Marietta war eine sehr auffallende Erscheinung, nicht nur ihrer Haare wegen, sondern auch, weil sie ihre Schönheit durch modischen Eigensinn zu unterstreichen wusste. Wo immer sie auftauchte, zog sie die Blicke von Frauen und Männern gleichermaßen auf sich. Sie entwarf Möbel und Gegenstände für den täglichen Gebrauch, und auch da zeigte sie trotz ihrer jungen Jahre bereits eine ganz eigene Handschrift. Gerade hatte sie einen Preis für ›das Sofa der Zukunft‹ gewonnen.
Corinna Roeder hob ihr Glas ebenfalls. Die beiden Frauen waren keine engen Freundinnen, aber sie trafen sich gelegentlich und waren um Gesprächsstoff nie verlegen. Corinna war um einiges älter als Marietta. Sie hatte sehr früh einen Sohn bekommen, war aber mit dem Vater dieses Sohnes nicht mehr zusammen. Darüber sprach sie nicht gern, es war offenbar eine schwierige Beziehung gewesen.
Corinna
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Ein schlimmer Verdacht - Viola Maybach
Der kleine Fürst –129–
Ein schlimmer Verdacht
Roman von Viola Maybach
Der Brief eines Anwalts trifft auf Sternberg ein: Etwas Ungeheuerliches wird darin behauptet: Der verstorbene Fürst Leopold habe aus einer außerehelichen Beziehung einen Sohn gehabt. Die Aufregung im Schloss ist groß. Christian, der kleine Fürst, ist außer sich vor Kummer. Der Charakter seines Vaters wird auf einmal entscheidend in Frage gestellt. Den kleinen Fürst beschleicht ein schlimmer Verdacht. Dieses einschneidende Ereignis wird uns alle längere Zeit beschäftigen. Die Affäre von Fürst Leopold erschüttert Schloss Sternberg in seinen Grundfesten. Wie wird der kleine Fürst daraus hervorgehen?
»Ich finde es schön, dass wir uns mal wieder getroffen haben, Corinna«, sagte Marietta von der Hart. »Darauf sollten wir anstoßen!« Sie strich sich die üppige rote Mähne aus dem Gesicht, bevor sie ihr Weinglas hob.
Marietta war eine sehr auffallende Erscheinung, nicht nur ihrer Haare wegen, sondern auch, weil sie ihre Schönheit durch modischen Eigensinn zu unterstreichen wusste. Wo immer sie auftauchte, zog sie die Blicke von Frauen und Männern gleichermaßen auf sich. Sie entwarf Möbel und Gegenstände für den täglichen Gebrauch, und auch da zeigte sie trotz ihrer jungen Jahre bereits eine ganz eigene Handschrift. Gerade hatte sie einen Preis für ›das Sofa der Zukunft‹ gewonnen.
Corinna Roeder hob ihr Glas ebenfalls. Die beiden Frauen waren keine engen Freundinnen, aber sie trafen sich gelegentlich und waren um Gesprächsstoff nie verlegen. Corinna war um einiges älter als Marietta. Sie hatte sehr früh einen Sohn bekommen, war aber mit dem Vater dieses Sohnes nicht mehr zusammen. Darüber sprach sie nicht gern, es war offenbar eine schwierige Beziehung gewesen.
Corinna war eine hübsche Blondine, die ihre gute Figur geschickt zur Geltung brachte, ohne aufreizend zu wirken. Dennoch zog sie vor allem die Blicke der Männer auf sich, auch wenn sie, wie heute, ein hochgeschlossenes Kleid trug, das ihre Kurven höchstens erahnen ließ.
Kennengelernt hatten sich die beiden Frauen in dem Hotel, in dem Corinna seinerzeit gearbeitet hatte. Marietta war eines Nachts mit ihrem Wagen liegen geblieben und daraufhin bei Corinna gelandet, die an der Rezeption des Hotels gesessen hatte und außerordentlich liebenswürdig und hilfreich gewesen war. Ein Jahr später waren sie sich dann auf der Straße wieder begegnet. Corinna hatte mittlerweile die Stelle gewechselt, sie lebte jetzt in derselben Stadt wie Marietta. Sie waren ins Gespräch gekommen über die verrückte Nacht damals, und seitdem verabredeten sie sich gelegentlich auf ein Glas Wein.
»Ich könnte Urlaub gebrauchen«, seufzte Corinna. »Bei uns ist so viel zu tun im Augenblick, du kannst es dir nicht vorstellen. Und die Gäste werden immer anspruchsvoller und neuerdings auch aggressiver. Früher haben sie ihre Beschwerden meistens in höflichem Ton vorgebracht, heute muss ich mich ziemlich oft richtig übel beschimpfen lassen. Manchmal beneide ich die Leute, die überhaupt nicht arbeiten müssen.«
»So schlimm empfindest du das?«, fragte Marietta. »Dann solltest du dir vielleicht überlegen, den Beruf zu wechseln.«
»Dazu bin ich zu alt, Marietta«, entgegnete Corinna. »Ich werde nächstes Jahr vierzig.«
»Echt? Du siehst viel jünger aus.«
»Danke.« Corinna lächelte ihr zu. »Das höre ich natürlich gern, aber es ändert leider nichts an den Tatsachen. Außerdem bin ich gut in meinem Job, und wir sind ein tolles Team. Ich versuche einfach, mir von den Gästen den Spaß nicht verderben zu lassen, nur leider gelingt mir das nicht immer. Du hast solche Probleme natürlich nicht.«
»Dafür gibt es andere«, erklärte Marietta. »Mein preisgekröntes Sofa zum Beispiel hat mir vorher viel Ärger eingetragen, weil der Kunde, für den ich es entworfen habe, überhaupt nicht damit einverstanden war. Jetzt, wo es wegen des Preises überall abgebildet wird, erinnert er sich nicht mehr gern daran, aber vorher hat er mich mit Hohn und Spott übergossen. Es hat Nerven gekostet, mich durchzusetzen, und zum Glück habe ich Recht behalten, aber es hätte auch schiefgehen können.«
Sie stellte ihr Glas ab und streckte sich ein wenig. »Es war jedenfalls auch für mich anstrengend in letzter Zeit, deshalb bin ich froh, dass ich morgen für ein paar Tage wegfahren kann.«
»Du Glückliche, allein die Vorstellung macht mich schon neidisch«, seufzte Corinna. »Wohin fährst du denn? Weißer Strand, Palmen, blaues Meer?«
Marietta musste lachen. »Das wäre auch schön, aber ich bleibe in Deutschland, ich fahre noch nicht einmal besonders weit weg. Ich habe Freunde, die eins der schönsten Schlösser des Landes bewohnen, die werde ich besuchen. Ich bin schon ziemlich lange nicht mehr bei ihnen gewesen, umso mehr freue ich mich.«
»Und welches Schloss ist das, wenn ich fragen darf?«
»Sternberg, du hast bestimmt schon davon gehört, oder?«
»Sternberg«, wiederholte Corinna mit veränderter Stimme.
»Ja. Bist du schon einmal dort gewesen?«, fragte Marietta.
Corinna schüttelte den Kopf. »Ich wusste nicht, dass du Kontakte dorthin hast.«
»Habe ich das nie erwähnt? Na ja, ich bin nicht oft da, ich habe ja wenig Zeit. Zwar bin ich mit den Kants schon lange befreundet, aber es ist eben eine Freundschaft auf Distanz, notgedrungen. Allerdings telefonieren wir regelmäßig.«
Corinna räusperte sich. »Die Kants?«, fragte sie.
»Ach so, das kannst du ja nicht wissen, entschuldige bitte. Vor einem knappen Jahr ist das Fürstenpaar von Sternberg bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen, ich weiß nicht, ob du davon gehört oder gelesen hast.«
»Das hat jeder«, erklärte Corinna.
»Die beiden hatten einen fünfzehnjährigen Sohn, Christian, der jetzt Waise ist. Im Schloss hat zu dem Zeitpunkt aber nicht nur die Fürstenfamilie gewohnt, sondern auch die Familie von Kant, Baronin Sofia und Baron Friedrich von Kant mit ihren beiden Kindern Anna und Konrad. Sofia war eine Schwester von Fürstin Elisabeth, die beiden Frauen hatten ein sehr enges Verhältnis zueinander. Als Elisabeth und Leo erfuhren, dass Christian ihr einziges Kind bleiben würde, haben sie die Kants gebeten, nach Sternberg zu ziehen. So konnten die Kinder zusammen aufwachsen, und die beiden Schwestern waren wieder zusammen. Es war eine glückliche Zeit für beide Familien.«
»Ist Christian der, den sie ›der kleine Fürst‹ nennen?«
»Ja, genau. Sein Vater und er waren oft zusammen unterwegs, als Christian zwei oder drei Jahre alt war. Sie hießen dann bald ›der große und der kleine Fürst‹. Die Fürstenfamilie war sehr beliebt bei der Bevölkerung, Elisabeths und Leopolds Tod war für alle ein Schock.«
Corinna erwiderte nichts, ihr Blick war in die Ferne gerichtet. »Ich muss gehen, Marietta«, sagte sie schließlich. »Ich habe ganz vergessen, dass ich heute Abend unbedingt noch etwas erledigen muss. Es war schön, wieder einmal mit dir zu reden.«
»Und ich dachte, wir trinken noch einen Wein zusammen!«, rief Marietta enttäuscht. »Beim nächsten Mal nimmst du dir aber bitte ein bisschen mehr Zeit, ja?«
Sie bemerkte in diesem Augenblick nicht, dass Corinna darauf ausweichend reagierte. Das fiel ihr erst viel später wieder ein, als sie versuchte, sich die Begegnung noch einmal in allen Einzelheiten ins Gedächtnis zu rufen, doch da war es längst