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Lieben Sie mich, Marquess!
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eBook278 Seiten5 Stunden

Lieben Sie mich, Marquess!

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Über dieses E-Book

„Niemals, Mylord.” Lady Emma lehnt den kühlen Heiratsantrag des attraktiven Marquess of Huntercombe ab. Nur aus Liebe würde sie ihn ehelichen! Doch dann droht ihrem Sohn Gefahr, und die Angst treibt Emma zum Marquess. Sie sucht Hilfe – und verliert ihr Herz. Aber kann der scheinbar gefühlskalte Casanova ihre Liebe erwidern?

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum19. Mai 2021
ISBN9783751506816
Lieben Sie mich, Marquess!
Autor

Elizabeth Rolls

Elizabeth Rolls, Tochter eines Diplomaten, wurde zwar in England geboren, kam aber schon im zarten Alter von 15 Monaten in die australische Heimat ihrer Eltern. In ihrer Jugend, die sie überwiegend in Melbourne verbrachte, interessierte sie sich in erster Linie für Tiere – Hunde, Katzen und Pferde – las viel und schrieb kleine Geschichten. Mit 14 trat sie in den Schulchor ein und entdeckte ihre Leidenschaft für Musik. Sie nahm Klavier- und Gesangsstunden und studierte schließlich Musikwissenschaft an der Universität von Melbourne, um anschließend als Musiklehrerin zu arbeiten. Zwischenzeitlich heiratete sie den Nuklearphysiker Paul, bekam zwei Söhne – und entdeckte ihre Lust am Schreiben neu. Angeregt von ihrer Freundin Meg, verfasste sie ihren ersten historischen Liebesroman, der einen englischen Verleger fand: Mills & Boon. Elizabeth war überglücklich und schwebte wie auf Wolken. Nun verbringt sie ihre gesamte Freizeit damit, weitere Romane zu verfassen. Sie entspannt sich am liebsten bei einer guten Tasse Tee – nicht aus dem Beutel, sondern in einer kleinen Zeremonie auf die traditionelle englische Art zubereitet.

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    Buchvorschau

    Lieben Sie mich, Marquess! - Elizabeth Rolls

    IMPRESSUM

    Lieben Sie mich, Marquess! erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

    © 2017 by Elizabeth Rolls

    Originaltitel: „His Convenient Marchioness"

    erschienen bei: Mills & Boon, London

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL SAISON, Band 61 (2) 2019

    Übersetzung: Eva Hoffmann

    Umschlagsmotive: GettyImages_Massonstock

    Veröffentlicht im ePub Format in 05/2021

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783751506816

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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    1. KAPITEL

    Ende Oktober 1803

    Als der Marquess of Huntercombe die Liste überflog, die ihm seine Schwester in die Hand gedrückt hatte, spürte er Panik in sich aufsteigen. Was natürlich absurd war. Er befand sich in seiner Bibliothek, und niemand bedrohte ihn. Dennoch …

    Er räusperte sich. „Letty, das ist nicht …"

    Seine Schwester Letitia brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen. „Huntercombe, du weißt selbst, dass du dich wieder verheiraten musst."

    Wenn sie ihm Vorwürfe machte, nannte sie ihn stets Huntercombe. Dabei wusste er selbst gut genug, was er zu tun hatte! Noch nie hatte er seine Pflichten vernachlässigt. Giles, Marquess of Huntercombe, tat, was er seiner Familie, seiner Stellung als Mitglied des House of Lords, seinen Pächtern und Bediensteten schuldig war.

    „Diese Sache duldet keinen Aufschub, fuhr Letty fort. Sie seufzte. „So bedauerlich Geralds Tod auch ist …

    Hunt biss die Zähne zusammen, dann nickte er. Geralds Tod war eine Katastrophe.

    „Caro und ich haben alle jungen Damen aufgelistet, die zurzeit auf dem Heiratsmarkt sind und infrage kommen."

    Heiratsmarkt war eindeutig der richtige Ausdruck. Und jung ebenfalls. Hunt schaute auf die Liste. Seine beiden Schwestern hatten neben den Namen der verschiedenen Heiratskandidatinnen vermerkt, ob die betreffende hübsch war, welche Talente sie besaß, ob sie eine zufriedenstellende Mitgift erhalten würde, über welche gesellschaftlichen Verbindungen sie verfügte und natürlich wer ihre Eltern waren.

    Hunt erschauerte.

    Dann zwang er sich, jeden einzelnen der Namen noch einmal zu lesen. „Um Himmels willen, Letty!"

    Der Spaniel, der sich in der Nähe des Kamins ausgestreckt hatte, hob den Kopf.

    „Was hast du?"

    „Chloe Highfield?" Hunt bedeutete dem Hund, er solle liegen bleiben.

    „Natürlich! Letty verzog gekränkt das Gesicht. „Warum hätten wir sie nicht …

    „Weil sie mein Patenkind ist", unterbrach Hunt sie.

    „Oh! Daran habe ich tatsächlich nicht gedacht. Schade, dann müssen wir sie wohl streichen."

    Schnellen Schrittes trat Hunt zum Kamin und warf die Liste ins Feuer.

    „Giles! Caroline und ich haben stundenlang an dieser Liste gearbeitet!"

    „Das bezweifele ich nicht. Er starrte noch immer in die Flammen, obwohl das Papier längst verbrannt war. Schließlich wandte er sich um. „Letty, im letzten Monat hast du mir zum Geburtstag gratuliert. Man sollte meinen, dass du weißt, wie alt ich bin.

    Sie runzelte die Stirn. „Du bist 50 geworden. Warum fragst du?"

    Ungläubig musterte er ihr Gesicht. Glaubte sie wirklich, ein Mann seines Alters wolle eine Jungfrau von kaum 18 Jahren heiraten?

    Sein Blick wanderte zur halb geleerten Teetasse auf dem Tisch. Nun, er brauchte jetzt etwas Stärkeres als Tee. Entschlossen goss er sich ein Glas Brandy ein und trank. Die Vorstellung, eine junge Frau zu heiraten – und das Bett mit ihr zu teilen –, die kaum älter als seine Tochter war, bereitete ihm Übelkeit. Natürlich wusste er, dass viele Männer genau das taten. Aber er gehörte ganz gewiss nicht zu ihnen!

    Wehmütig rief er sich in Erinnerung, wie er noch vor ein paar Wochen sein Patenkind Chloe zum Eisessen bei Gunther’s Tea Shop eingeladen hatte. Wenn Chloe nun auf der Liste der heiratsfähigen Damen stand, war es wohl ihr letzter gemeinsamer Besuch dort gewesen.

    „Giles, sagte seine Schwester mit erhobener Stimme, „wenn eine Frau mit 30 noch nicht verheiratet ist, dann gibt es gute Gründe dafür. Also …

    „Ich könnte eine Witwe als Gattin wählen."

    „Was?"

    Hunt stellte sein Glas ab. „Ich finde, dass eine Frau, die bereits eine gewisse Lebenserfahrung mitbringt, sich besser als ein junges Mädchen dazu eignet, meine Marchioness zu werden." Eine Witwe würde weniger Erwartungen an ihn stellen, sich bereits mit der Haushaltsführung auskennen und weder romantischen Träumereien nachhängen noch ihm das Gefühl geben, sich wie ein lüsterner Satyr zu benehmen.

    „Du brauchst auf jeden Fall eine Frau, die jung genug ist, um dir einen Sohn zu schenken."

    Er brauchte einen Erben, ja. Soweit er wusste, waren Frauen um die 30 durchaus noch in der Lage, Kinder zu gebären. „30, sagte er laut, „30 wäre ein gutes Alter.

    Letty schob ihre Teetasse fort. „Ich könnte jetzt auch einen Brandy vertragen."

    Er schenkte ihr ein, und sie trank das Glas in einem Zug aus. „Eine Witwe besitzt vermutlich kein eigenes Vermögen. Und vielleicht hat sie sogar Kinder", gab sie zu bedenken.

    Es stimmte, dass das Erbe eines verstorbenen Ehemanns im Allgemeinen an seine Kinder und nicht an seine Witwe fiel. Doch Hunt war wohlhabend genug, um nicht des Geldes wegen heiraten zu müssen. Meist übernahmen die Verwandten des Verstorbenen die Vormundschaft für die Kinder, sodass Hunt selbst wenig damit zu tun haben würde. Jungen wurden sowieso ins Internat geschickt. Und Mädchen … Nun, es war die Aufgabe der Mutter, ihre Töchter zu erziehen. Ihn würde man nicht damit belästigen. Im Übrigen konnte man die Tatsache, dass eine Frau Kinder bereits hatte, als Beweis für ihre Fruchtbarkeit betrachten.

    „Also gut, seufzte Letty. „Wir machen eine neue Liste.

    „Oh, macht euch bitte keine Mühe. Ich denke, ich bin durchaus in der Lage, mir selbst eine Gattin zu suchen."

    Seine Schwester schüttelte den Kopf. „Das bezweifele ich. Die wenigsten Witwen nehmen an gesellschaftlichen Ereignissen teil. Warum sollten sie auch?"

    Wahrscheinlich hatte Letty recht. „Nun gut. Aber versprich mir, dass ihr diskret vorgeht."

    Das brachte ihm einen entrüsteten Blick ein. „Lass uns so tun, als hättest du das nie gesagt."

    Obwohl er sich ärgerte, bemühte er sich zu lächeln. „Verzeih mir, Letty."

    „Was sollte ich dir verzeihen?"

    „Ach, vergiss es. Ich weiß gar nicht, warum ich das gesagt habe." Hunt schaute demonstrativ zu der schweren Standuhr hin.

    Letty, die den Wink verstand, erhob sich und ließ sich von ihrem Bruder zur Tür begleiten.

    Nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten, begab sich Hunt zurück in die Bibliothek, wo er einen weiteren Brandy hinuntergoss, ehe er den Spaniel Fergus zu sich rief. Während er am Schreibtisch saß und den Hund kraulte, betrachtete er das kleine Bild, das seine verstorbenen Gemahlin Anne sowie die Kinder Simon, Lionel und Marianne zeigte, die ebenfalls seit Langem tot waren. Nach einer Weile zog er eine der Schreibtischschubladen auf und legte die Miniatur vorsichtig hinein. Welcher Braut würde es gefallen, wenn ihr Bräutigam täglich das Portrait seiner verstorbenen Gattin anschaute?

    Nun stand nur noch das Bild seines Halbbruders Gerald auf dem Schreibtisch.

    „Wir könnten einen Drachen kaufen, statt Leihgebühr für die Bücher zu zahlen, sagte Harry zum ungefähr fünfzehnten Mal. „Ich würde auch Georgie damit spielen lassen. Das verspreche ich, Mama.

    „Nein, Harry." Lady Emma Lacy trug einige Bücher, die zurückgegeben werden mussten. Neben ihr ging die sechsjährige Georgie.

    Harry warf seiner Mutter einen missmutigen Blick zu, öffnete dann aber, ohne zu murren, die Tür von Hatchard’s Buchladen und Leihbücherei am Piccadilly.

    „Ende Oktober haben wir nicht mehr den richtigen Wind, um Drachen steigen zu lassen", erklärte Emma, als sie mit den Kindern in den Laden trat.

    London war ruhig um diese Jahreszeit. Nur wenige vornehme Familien hielten sich in der Stadt auf. Hin und wieder traf man Gentlemen, die Mitglieder des Parlaments waren und bereits die erste Sitzung des House of Lords vorbereiteten. Der Mann allerdings, der auf der anderen Straßenseite stand und sie beobachtete – Emma konnte ihn aus den Augenwinkeln sehen –, war zweifellos kein Angehöriger des Adels.

    Ein Schauer überlief sie. Verfolgte der Fremde sie? In den letzten Wochen hatte sie ihn immer wieder einmal bemerkt.

    „Bitte, Mama!"

    Sie war mit ihrer Geduld am Ende. „Harry, ihre Stimme klang streng, „vielleicht kann ich dir einen Drachen zu Weihnachten schenken.

    Leider wusste sie nur zu genau, dass ihr Geld gerade so reichte, um das für den Alltag Notwendige zu bezahlen. Aus finanziellen Gründen konnte sie Harry nicht einmal zur Schule schicken. Sie unterrichtete ihn ebenso wie seine kleine Schwester daheim. Deshalb war es unmöglich, die Mitgliedschaft in der Leihbibliothek zu kündigen. Sie brauchte die Bücher für den Unterricht.

    „Ich hasse es, dass wir so wenig Geld haben", stellte Harry mürrisch fest.

    Sie wollte ihn tadeln, hielt dann aber inne, weil ihr bewusst war, dass ein Zehnjähriger sich eigentlich keine Gedanken um Geld machen sollte.

    Ihre Situation war nicht ganz so schwierig gewesen, als Peter noch lebte. Ach, alles war einfacher gewesen, als Peter noch lebte.

    „Papa hätte gewusst, wie man einen Drachen baut", meldete sich Georgie zu Wort.

    Der Drache, den Emma vor ein paar Wochen gebaut hatte, war im Wasser der Serpentine im Hyde Park versunken, statt zu fliegen.

    „Halt den Mund, Georgie, fuhr Harry auf. „Du kannst dich doch gar nicht an Papa erinnern.

    Georgie streckte ihm die Zunge raus.

    „Harry, tadelte Emma, „du sollst deine Schwester nicht ärgern! Und du, Georgie, solltest wissen, dass eine Dame niemals jemandem die Zunge herausstreckt.

    „Aber …"

    „Euer Vater hätte gewusst, wie man einen Drachen baut", unterbrach Emma ihre Tochter. Und wie man Harry erziehen muss, damit er zu einem Gentleman heranwächst.

    Der Junge war noch immer wütend. Er hätte nicht nur ein männliches Vorbild, sondern auch Spielkameraden in seinem Alter gebraucht. Leider war das Leben bereits schwer genug, ohne dass Emma sich in unerfüllbaren Träumen verlor.

    Sie umfasste Georgies Hand etwas fester und ging mit dem Mädchen, gefolgt von einem äußerst unzufriedenen Harry, durch den Buchladen in den Raum, in dem sich die Leihbibliothek befand.

    „Was wollen wir ausleihen, Mama?", wollte Georgie wissen.

    „Mal schauen, was es gibt."

    „Bleib", befahl Hunt seinem Spaniel.

    Gehorsam setzte sich Fergus neben die Stufen, die zu Hatchard’s Buchladen hinaufführten. Hunt wusste, dass der Hund geduldig auf ihn warten würde, und betrat gut gelaunt das Geschäft. Er liebte den Geruch von ledergebundenen Büchern, von Tinte und gutem Papier.

    Sogleich kam ein junger Mann auf ihn zu und begrüßte ihn: „Guten Tag, Mylord. Sie sind also wieder in London."

    Hunt hatte den größten Teil des Sommers auf seinem Landgut verbracht und selten Sehnsucht nach dem Leben in der Stadt verspürt. Die Möglichkeit, einen Buchladen zu besuchen, hatte ihm allerdings gefehlt.

    „Suchen Sie etwas Bestimmtes?", fuhr der Buchhändler fort.

    „Nein, heute möchte ich mich nur umschauen."

    „Sehr wohl, Mylord. Ich möchte Sie indes darauf aufmerksam machen, dass ich in den Besitz einer Milton-Ausgabe von 1674 gelangt bin."

    „Eine Ausgabe von ‚Paradise Lost‘? Hunt bemühte sich, nicht allzu begeistert zu klingen. „Ich sehe sie mir auf jeden Fall an, ehe ich gehe.

    „Ich lege das Buch für Sie bereit."

    „Danke!" Er schlenderte auf den Raum zu, in dem die Leihbibliothek untergebracht war.

    Unterwegs nahm er das eine oder andere Buch in die Hand, um es zu begutachten. Aus den Augenwinkeln musterte er dabei die anderen Kunden. Es war niemand da, den er kannte. In der Tür zur Leihbücherei blieb er kurz stehen, um das Bild in sich aufzunehmen, das sich ihm darbot.

    In einem der Sessel saß eine grau gekleidete Frau, die gemeinsam mit einem kleinen Mädchen, das sie auf dem Schoß hatte, ein Buch anschaute. Neben den beiden stand ein Junge von zehn oder elf Jahren, der einen mürrischen Eindruck machte. Jetzt hob er den Kopf und betrachtete Hunt aus unerschrockenen blauen Augen.

    Hunt runzelte die Stirn, nickte dem Jungen dann aber zu und grüßte ihn. „Guten Tag." Er war verwirrt und bestürzt darüber, wie sehr ihn der offene Blick des fremden Kindes an seine eigenen Söhne erinnerte.

    Ein wenig verlegen erwiderte der Junge seinen Gruß. „Guten Tag, Sir."

    Abrupt schaute die Frau auf. Sogleich vergaß Hunt den Jungen. Denn die ebenfalls blauen Augen der Frau weckten unerwünschte Gefühle in ihm. Lust und Verlangen! Verflixt, er kannte die Frau gar nicht! Außerdem hatte er noch nie eine Vorliebe für Gouvernanten verspürt.

    Einen Moment lang glaubte er, sie würde etwas sagen. Doch schon wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Buch zu. Leise sagte sie etwas zu dem Mädchen, das daraufhin nickte. Nun sie legte das Buch beiseite.

    Hunt zwang sich, an eines der Regale zu treten. Dennoch sah er nicht die Buchrücken, sondern die großen, dunkelblauen Augen in dem blassen Gesicht der Fremden. Noch immer war ihm heiß, und sein Herz schlug zu schnell. Was, zum Teufel, sollte das? Er war 50 und kein grüner Junge, der sich durch eine unerwartete Begegnung erregt fühlte.

    Trotzdem konnte er der Versuchung nicht widerstehen. Er drehte sich um und betrachtete die Frau noch einmal. Irgendetwas an ihr kam ihm bekannt vor. Aber da sie ihn weder angelächelt noch sonst irgendein Zeichen der Ermutigung gegeben hatte, blieb ihm wohl kaum etwas anderes übrig, als sie zu ignorieren. Der Marquess of Huntercombe gehörte nicht zu den Männern, die fremde Frauen in Buchläden ansprachen.

    „Harry, hörte er sie mit einer ein wenig heiseren Stimme sagen, „möchtest du diese Woche etwas von Mr. Swift ausleihen?

    „Meinetwegen."

    Hunt, der sich wieder dem Buchregal zugewandt hatte, schmunzelte. Was Harry offensichtlich wirklich dachte, war: „Ein Buch lesen? Nur, wenn es unbedingt sein muss." Typisch für einen Zehnjährigen! Seine eigenen Söhne hatten auch lieber mit ihren Freunden Cricket gespielt, statt zu lesen.

    Das dumme Buch hattest du schon letzten Monat, Georgie", stellte Harry streitlustig fest.

    Die Stimme seiner Mutter hörte sich plötzlich sehr kühl an. „Harry, bitte!"

    „Aber es stimmt doch!, verteidigte er sich. „Märchen sind was für Babys. Wenn wir schon etwas ausleihen müssen, dann sollte es etwas Vernünftiges sein.

    „Ich bin kein Ba…"

    „Georgie! Harry, soweit ich sehe, hast du noch überhaupt kein Buch ausgesucht."

    Der strenge Ton bewirkte, dass das Mädchen schwieg und der Junge sich erst auf die Unterlippe biss und schließlich behauptete: „Ich habe Mr. Swift ausgesucht."

    „Nein, ich habe Mr. Swift vorgeschlagen. Und du warst einverstanden. Das ist etwas anderes, als selbst ein Buch auszusuchen."

    Ein kurzes Schweigen folgte. „Ich hätte lieber einen Drachen als ein Buch."

    „Harry!"

    „Ich weiß schon: Sie war krank, und wir haben eine Menge Geld für den Doktor und die Medizin ausgegeben. Deshalb kann ich keinen Drachen kriegen."

    „Es war nicht meine Schuld. Georgie warf ihrem Bruder einen entrüsteten Blick zu. „Du hast mich mit der blöden Erkältung angesteckt.

    „Ich habe jedenfalls keinen Doktor und keine Medizin gebraucht. Weil ich nämlich kein dummes kleines Mäd… Au!"

    „Georgie! Du hast deinen Bruder geschlagen, obwohl du weißt, dass er nicht zurückschlagen darf."

    „Das ist mir egal. Er hat mich angesteckt! Und ich bin nicht dumm!"

    „Das stimmt."

    Hunt drehte sich um, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die Frau sich erhob und das Mädchen auf die Füße stellte. Offensichtlich war sie zornig, dennoch blieb sie ruhig. Sie senkte nicht einmal den Blick, als sie bemerkte, dass Hunt ihr gerötetes Gesicht musterte.

    Er bedachte sie mit einem mitfühlenden Lächeln.

    „Mama?"

    „Während ich diese Bücher zurückstelle, könnt ihr beide euch bei Seiner Lordschaft dafür entschuldigen, dass ihr ihm den Besuch im Buchladen verdorben habt."

    Sie wusste, dass er dem Hochadel angehörte? Dann kannte er sie also tatsächlich. Wo mochten sie sich begegnet sein? Eine Gouvernante war sie jedenfalls nicht.

    „Ich möchte aber das Buch mit den Märchen haben", jammerte Georgie.

    Harry gab ihr einen kleinen Schubs.

    „Es ist alles deine Schuld", warf sie ihm vor.

    Dann schloss sie den Mund, weil sie bemerkte, dass Hunt sie anschaute. Aus großen braunen Augen erwiderte sie seinen Blick. „Entschuldigung, Sir."

    Oh Gott, wie sehr erinnerte sie ihn an ein anderes kleines Mädchen, das sich ebenfalls über seinen großen Bruder geärgert hatte!

    Der Junge hatte vor Scham gerötete Wangen. „Es tut mir sehr leid, Mylord. Bitte, verzeihen Sie mir."

    Hunt nickte den beiden zu. „Entschuldigung angenommen. Allerdings, er sah Harry fest in die Augen, „benimmt sich kein Gentleman schlecht gegenüber seiner Mutter.

    Der Junge straffte die Schultern und holte tief Luft. Dann trat er zu seiner Mutter. „Mama, es tut mir leid, dass ich mich so schlecht benommen und dich und Georgie geärgert habe. Das hätte ich nicht tun dürfen."

    Die Frau drehte sich um. Ihr Gesicht verriet, wie erschöpft sie war. Es verriet aber auch, dass sie ihre Kinder liebte und dass nichts diese Liebe erschüttern konnte.

    „Ich könnte zur Strafe auf den Nachtisch verzichten", schlug Harry kleinlaut vor.

    Sie lächelte. Es war ein Lächeln, das den ganzen Raum erhellte. In diesem Augenblick wünschte Hunt, er könnte etwas tun, um dieser Fremden das Leben zu erleichtern. Er wollte, dass sie öfter so lächelte.

    „Mir wäre es am liebsten, antwortete sie, „wenn du dir jetzt ein Buch aussuchen und es auch tatsächlich lesen würdest.

    „Ja, Mama."

    Sie fuhr ihm liebevoll mit der Hand durchs Haar. Ihr Lächeln schien noch sonniger geworden zu sein. „Gut. Such dir also etwas aus!"

    „Darf ich vielleicht meine Hilfe anbieten?" Das Angebot war heraus, ehe Hunt bewusst war, dass er sich einmischte.

    Im gleichen Moment bemerkte er, wie die Frau eine abwehrende Haltung einnahm. „Danke, Mylord, das ist wirklich nicht nötig."

    Er deutete eine Verbeugung an. „Es ist mir sehr unangenehm, Mylady, dass ich mich nicht an Ihren Namen erinnere. Aber wir kennen uns, nicht wahr? Ich bin Huntercombe."

    „Es erstaunt mich, dass Sie sich überhaupt an mich erinnern. Es ist Jahre her, dass wir uns begegnet sind. Danke, dass Sie die Entschuldigung der Kinder akzeptiert haben."

    Er lächelte. Und zerbrach sich weiter den Kopf über sie. Offenbar wollte sie ihren Namen nicht nennen. Vielleicht hatte sie früher wirklich als Gouvernante gearbeitet und Kinder betreut, mit denen seine eigenen gespielt hatten. Ihre Kleidung jedenfalls verriet, dass sie sich nicht in den besten Kreisen der Gesellschaft bewegte.

    Georgie schob ihre kleine Hand in die der Mutter. „Waren Sie ein Freund von

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