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Emily – so schön und so geheimnisvoll
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Emily – so schön und so geheimnisvoll
eBook255 Seiten6 Stunden

Emily – so schön und so geheimnisvoll

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Über dieses E-Book

Eine Flut kastanienroter Locken, ein betörendes Lächeln und ein unergründlicher Blick aus meergrünen Augen: Die bezaubernde Emily, deren geheimnisvolle Vergangenheit ihren Reiz nur erhöht, hat Dominics Herz in Flammen gesetzt. Aber noch fühlt sich der attraktive Viscount gebunden. Denn vor sechs Jahren verschwand seine unscheinbare, aber äußerst vermögende Ehefrau und kehrte nie mehr zurück. Jetzt, nachdem er seine wahre Liebe gefunden hat, macht Dominic sich auf die Suche nach der Vermissten. Er muss wissen, ob er frei ist, bevor er seiner Herzdame einen Antrag macht. Endlich stößt er auf eine heiße Spur - und die führt geradewegs zu Emily…

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum18. Nov. 2017
ISBN9783733754136
Emily – so schön und so geheimnisvoll
Autor

Anne Ashley

Die Engländerin schreibt historical romances und entspannt sich gerne in ihrem Garten. Diesen hat sie bereits öfter zugunsten des Fondes der Kirche in ihrem Dorf der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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    Buchvorschau

    Emily – so schön und so geheimnisvoll - Anne Ashley

    IMPRESSUM

    Emily – so schön und so geheimnisvoll erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 1997 by Andrea Bunney

    Originaltitel: „Lady Linford‘s Return"

    erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe MyLady Royal

    Band 27 - 2005 by CORA Verlag GmbH, Hamburg

    Übersetzung: Hartmut R. Zeidler

    Umschlagsmotive: nicoletaionescu, milosducati / Getty Images

    Veröffentlicht im ePub Format in 11/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733754136

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Dominic Carlton, Viscount Linford, zuckte beim laut bis in die Bibliothek dröhnenden Pochen des Türklopfers zusammen und fühlte sich in seiner Ruhe gestört. Verärgert verengte er die blauen Augen und dachte daran, dass er nur eine Person kannte, die derart ungestüm Einlass begehrte. Wenn er sich nicht sehr irrte, wurde er jetzt von seiner amüsantesten Verwandten heimgesucht.

    Gleich darauf wurde an die Bibliothekstür geklopft, und auf sein Geheiß erschien der Butler, der in beinahe entschuldigendem Ton verkündete, Lady Henrietta Barnsdale wünsche Seine Lordschaft zu sprechen. „Bitten Sie meine Tante herein, Peplow", erwiderte Dominic und erhob sich aus seinem Lieblingssessel.

    Mit wehenden Hutfedern und raschelnden Röcken rauschte sie in den Raum.

    „Wie reizend, dich zu sehen, Tante Henrietta", begrüßte Dominic sie herzlich.

    „Lüg nicht so dreist, Dominic!, erwiderte sie lächelnd. „Wärst du gewillt gewesen, mich zu sehen, hättest du dir die Mühe gemacht, mir deine Ankunft mitzuteilen. Gib mir bitte ein Gläschen Madeira.

    „Irgendwie bringst du es immer fertig, meinen Aufenthaltsort herauszufinden, Tante, ohne dass ich dich benachrichtigen muss, entgegnete er trocken, schenkte ihr ein und wartete, bis sie sich gesetzt hatte. Dann goss er sich selbst ein Glas Wein ein, nahm ihr gegenüber Platz und fuhr schmunzelnd fort: „Deine Spione waren heute bemerkenswert fleißig. Ich bin erst vor knapp drei Stunden eingetroffen.

    „Das weiß ich, äußerte sie belustigt. „Amy hat dich in deiner Karriole ankommen sehen. Sie trank einen Schluck und schaute einen Moment lang prüfend den Neffen an. „Ein ziemlich seltsamer Zeitpunkt, um sich jetzt hier einzufinden, sagte sie erstaunt. „Die Saison ist zur Hälfte vorbei. Warum bist du hergekommen? Oder sollte ich dich das besser nicht fragen?

    „Nein, antwortete Dominic. „Es wäre mir jedoch neu, würdest du deine Neugier einmal zügeln.

    Henrietta überging die Spitze und schnaubte abfällig. „Ich wette, du protegierst eine neue Errungenschaft. Ich weiß alles über dein französisches Liebchen, mit dem du im vergangenen Jahr zusammen warst."

    Er blickte auf die Wand hinter der Tante und hatte jäh in Gedanken ein höchst erfreuliches Bild vor sich. „Die Dame war entzückend, gestand er versonnen. „Nur leider hat sie bald ihren Reiz verloren, wie das auch bei meinen anderen Amouren der Fall war.

    Henrietta schüttelte den Kopf. „Denkst du, das wüsste ich nicht? Keine dieser Affären hat dir das Mindeste bedeutet. Daher war ich sehr erstaunt, als du Rebecca Standish kampflos aufgegeben hast. Du hättest sie heiraten können, denn sie hat dich sehr gemocht."

    „Sie liebte Edmond, erwiderte Dominic. „Falls du jedoch glaubst, ich sei im letzten Jahr ins Ausland gereist, weil ich an gebrochenem Herzen litt, dann täuschst du dich sehr.

    „Warum bist du dann so plötzlich abgereist?", wunderte sich Henrietta. Zu ihrer Verwunderung furchte er die Stirn, und einen Augenblick lang war sie sicher, dass er ihre Wissbegierde nicht befriedigen werde.

    „Ich habe mich nicht in Rebecca verliebt, obwohl sie ein Schatz ist, äußerte Dominic ruhig. „Das hätte jedoch leicht der Fall sein können. Sie hat mich indes dazu gebracht, über meine Lage nachzudenken. Die Situation kann nicht so bleiben, wie sie ist. Was hätte ich Rebecca offerieren können?, fügte er hinzu und zog eine Augenbraue hoch. „Hätte ich ihr anbieten sollen, meine Mätresse zu werden?"

    Nachdenklich betrachtete Henrietta den Neffen. Das unerklärliche Verschwinden seiner Gattin war eine ständige Belastung für ihn. In der Öffentlichkeit verbarg er seinen Kummer und seine Schuldgefühle hinter aufgesetztem Zynismus und geheucheltem Gleichmut. Vor Henrietta hatte er seine Beunruhigung jedoch nie verheimlichen können.

    „Die Sache ist jetzt sechs Jahre her, Dominic, sagte sie weich. „Du nimmst doch nicht an, dass du nach all der Zeit herausfinden kannst, was aus Emily geworden ist, selbst wenn sie noch am Leben sein sollte, was ich bezweifele. Schließlich hast du in dieser Hinsicht bereits alles Menschenmögliche getan und keinen Erfolg gehabt.

    „Du hast recht, aber ich kann nicht einfach die Hände in den Schoß legen, entgegnete Dominic ernst. „Sollte sich herausstellen, dass Emily tot ist, kann ich zumindest dafür sorgen, dass sie in der Familiengruft bestattet wird. Sollte sie wider Erwarten noch leben … Nun, dann werde ich ihr die Entscheidung überlassen, ob sie zu mir zurückkehrt oder nicht. Zumindest könnte ich dann sicherstellen, dass es ihr an nichts fehlt.

    „Aller Wahrscheinlichkeit wird sie den größten Wert darauf legen, wieder in Gnaden von dir aufgenommen zu werden", vermutete Henrietta.

    „Wenn dem so wäre, warum ist sie dann inzwischen nicht zu mir zurückgekommen?"

    „Falls sie noch lebt, kann ich mir keinen Grund für ihr Verhalten denken, antwortete Henrietta ehrlich. „Sollte sie jemals zurückkehren, kann es unmöglich deine Absicht sein, dich wieder mit dieser verrückten Person einzulassen.

    Befremdet schaute er die Tante an und fragte irritiert: „Wie kommst du auf den absonderlichen Gedanken, dass sie nicht bei Verstand ist? Sie ist, oder war, sehr intelligent. Sie war nur immer sehr zurückhaltend und schüchtern."

    Henrietta war verblüfft, erholte sich indes schnell von der Überraschung. „Du kannst nicht leugnen, dass Emily sich seltsam aufgeführt hat, hielt sie ihm vor. „Gewiss, ich war nach eurer Hochzeit nur einige Tage bei euch, aber in dieser Zeit hat Emily nur einige Worte mit mir gewechselt. Und dauernd hatte sie diese Puppe bei sich! Mit sechzehn Jahren, Dominic! Das ist doch nicht normal!

    „Gut, ich kann mir vorstellen, dass du das eigenartig gefunden hast. Ich gebe zu, auch ich habe mich darüber gewundert. Erst nach ihrem Verschwinden habe ich langsam begriffen, dass sie in ihrem kurzen Leben schreckliche Erfahrungen gemacht haben muss."

    Fragend schaute Henrietta den Neffen an. „Ich entsinne mich, dass du erwähnt hast, ihr Vater sei ein Eigenbrötler. Hatte sie eine so furchtbare Kindheit und Jugend?"

    „Ja, bestätigte Dominic. „Sie hat ein elendes Dasein gehabt. Er stand auf, ging durch den Raum und blieb vor dem Kamin stehen.

    In angespannter Haltung starrte er vor sich hin. Henrietta neigte nicht zu Rührseligkeit, doch in diesem Moment fühlte sie sich den Tränen nahe. Sie wusste zu gut, dass ihr dummer Eigensinn Dominic über Jahre hinweg unnötigen Schmerz bereitet hatte.

    Sie hatte ihn zum Ebenbild seines Vaters, ihres älteren Bruders Alfred, heranwachsen sehen. Trotz dessen charakterlicher Schwächen hatte sie ihn vergöttert. Alfred hatte ein Vermögen für seine hübsche, flatterhafte Gattin ausgegeben und nach deren Tod den Sohn nach Strich und Faden verwöhnt. Dominic war von seinem ihn abgöttisch liebenden Vater restlos verzogen worden und hätte Selbstdisziplin und Zurückhaltung lernen müssen. Allerdings hatte er es nicht verdient, dass sein verschwenderischer Vater ihm einen solchen Schuldenberg hinterließ.

    Leise seufzend lehnte Henrietta sich zurück. Sie war imstande und gewillt gewesen, dem Neffen zu helfen, vorausgesetzt, er hätte seinen Lebensstil geändert. Es war ihr ein Herzensanliegen gewesen, ihn sesshaft werden und heiraten zu sehen.

    Er hatte sich vermählt, aber nicht mit einer der hübschen Debütantinnen, die Jahr für Jahr in die Gesellschaft eingeführt wurden. Stattdessen hatte er Emily Weston, die Tochter eines reichen Kaufmanns, geehelicht, eine unansehnliche, verschlossene Person, die meistens schwieg.

    „Wäre ich doch nur nicht so halsstarrig gewesen!, murmelte sie und sah den Neffen sie verdutzt anstarren. „Hätte ich dir das Geld an dem Tag, als du mich darum gebeten hast, geliehen, dann wären dir viele sorgenvolle Jahre erspart geblieben.„Nein, Tante Hetta, erwiderte er und lächelte zärtlich. „Du darfst dir keine Vorwürfe machen. Du hattest recht, dich zu weigern. Hättest du meinem Ansinnen entsprochen, wäre ich der leichtfertige, sich nur um sein Vergnügen und sonst um nichts und niemanden kümmernde Narr geblieben, der ich damals war. Unwillkürlich dachte er an den kalten Februartag vor sechs Jahren. „Als ich das Schreiben von Emilys Vater gelesen hatte, hielt ich es für ein Gottesgeschenk. Ehe ich Roderick Weston aufsuchte, hatte ich ihn vielleicht ein halbes Dutzend Mal gesehen. Er hat mir auf dem Krankenlager versichert, er werde meine gesamten Schulden übernehmen, wenn ich Emily heirate. Dominic lachte verbittert auf. „Sie war bei dem Gespräch dabei, hat sich jedoch nicht zu diesem Vorschlag geäußert. Ich hatte sie zwar nur flüchtig zur Kenntnis genommen, war indes sofort einverstanden. Drei Wochen später sind wir in demselben Raum getraut worden. Als ich dann mit meiner sechzehnjährigen Gattin und der schriftlichen Zusage ihres Vaters in der Tasche in der Kutsche saß, wusste ich sehr gut, was von beidem mir mehr bedeutete. Mein Schwiegervater hatte mir versprochen, dass die Übernahme der Schulden nur Teil der Zuwendungen sein würde, die ich von ihm erhielte, wenn ich mich mit Emily vermählte. Glaub mir, Tante Hetta, das allein hat mir genügt. Kaum ein halbes Jahr nach der Trauung ist er dann verstorben, und seine Anwälte haben mich hier aufgesucht. Mein Schwiegervater hinterließ ein Vermögen von einer halben Million. Ja, Tante Hetta, setzte er angesichts ihrer erstaunten Miene lächelnd hinzu. „Dennoch hat der alte Knauser nie einen Penny für die Instandhaltung seines Besitzes oder für die arme Emily ausgegeben."

    „So ein Geizkragen!", rief Henrietta entrüstet aus.

    „Es kommt noch schlimmer, fuhr Dominic fort. „Erst nach Emilys Verschwinden habe ich Kenntnis von dem elenden Leben erhalten, das sie geführt hat. Von dem Tag an, da ihre Mutter mit ihrem Liebhaber durchgebrannt ist, war das arme Kind praktisch eine Gefangene, die das Grundstück nicht verlassen durfte. Vom vierten Lebensjahr an hatte sie nur Umgang mit ihren wechselnden Gouvernanten, der Haushälterin und dem Vikar, der sie zweimal in der Woche in Latein und Griechisch unterrichtete. Es ist kaum überraschend, dass sie nicht sehr redselig war. Aber einfältig war sie ganz gewiss nicht.

    „Du lieber Himmel, Dominic!, äußerte Henrietta betroffen. „Von all dem hatte ich keine Ahnung. Das arme Kind!

    „Und was hat ihr dieser Handel eingebracht?, fragte er und verzog abschätzig die Lippen. „Ich habe es nicht erwarten können, sie wieder zu verlassen. Kaum war Matilda hier eingetroffen, um sich um sie zu kümmern, bin ich auf und davon und habe mein vorheriges Leben wieder aufgenommen.

    „Allerdings! Unbehaglich regte sich Henrietta. „Aber es hat wenig Sinn, jetzt darüber nachzugrübeln, was unter anderen Umständen hätte sein können. Was geschehen ist, können wir nicht rückgängig machen. Wir müssen überlegen … Sie hielt inne, weil jemand den Klopfer an der Haustür betätigt hatte. „Ich vermute, das ist Charles, fuhr sie fort. „Ich habe ihn gebeten, mich hier abzuholen. Wir fahren später zu Mr. und Mrs. Barrington.

    Die Bibliothekstür wurde geöffnet, und der hochgewachsene, sehr stattliche Charles Cheffingham wurde von Peplow in den Raum gebeten.

    „Wie schön, dich nach deinen Reisen wiederzusehen, Dominic!", sagte er breit lächelnd, ging zum Viscount und schüttelte ihm die Hand.

    Henrietta wartete, bis ihr langjähriger Freund sich neben ihr auf dem Sofa niedergelassen hatte, und fuhr dann fort: „Ich bin froh, dass du früher gekommen bist, Charles. Vielleicht kannst du Dominic behilflich sein. Er hat vor, einen neuen Versuch zu unternehmen, um herauszufinden, was aus seiner Frau geworden ist. Wie er das jedoch anstellen will, entzieht sich meinem Vorstellungsvermögen. Beabsichtigst du, Dominic, wandte sie sich dann an ihn, „nochmals die Konstabler einzuschalten?

    „Nein, antwortete er und schüttelte leicht den Kopf. „Das würde jetzt nichts mehr bringen. Ich bezweifele, dass sie nach all den Jahren noch Interesse an diesem Fall haben. Ich habe von einem Mann gehört, der solche Aufgaben übernimmt, nach Vermissten forscht oder verschwundenem Eigentum. Er wird mich morgen aufsuchen.

    Charles atmete tief durch. „Ich weiß zwar nicht, wie ich behilflich sein könnte, werde mich aber nach Kräften bemühen."

    „Mir wäre es lieb, wenn ihr an Emily zurückdenkt und mir alles berichtet, was in diesem Zusammenhang für mich von Bedeutung sein könnte. Leider muss ich zugeben, dass ich mich kaum an sie erinnere, jedenfalls nicht so gut, um Mr. Stubbs eine detaillierte Beschreibung von ihr geben zu können. Ich weiß nur, dass sie grüne Augen hat."

    „Und sehr ausdrucksvolle, mit hübschen langen Wimpern, warf Charles ein. „Ihre Augenfarbe passte wunderbar zu ihrem roten Haar.

    „Rot?, äußerte Henrietta befremdet. „Es war irgendwie schmutzigbraun! Mich hat es immer an Spülwasser erinnert.

    „Was für ein unpassender Vergleich!, murmelte Dominic stirnrunzelnd. Er nahm wieder Platz und bereute beinahe, dass er die Bitte, ihm etwas über seine Gattin zu erzählen, vorgebracht hatte. „Also, einigen wir uns bei der Haarfarbe auf rotbraun. An was erinnert ihr euch noch?

    Henrietta zuckte mit den Schultern. Wie er hatte sie nur geringe Erinnerungen an seine Frau.

    „Deine Gattin, Dominic, war ein kluges kleines Ding, warf Charles ein. „Ich entsinne mich noch gut des Tages nach unserer Ankunft hier. Damals warst du mit Hetta irgendwo hingefahren. Ich kam in die Bibliothek und traf dort Emily an. Sie las in einem Buch über einen griechischen Gott oder so etwas, der die leidige Angewohnheit hatte, plötzlich hinter jemandem aufzutauchen, wenn derjenige es am allerwenigsten erwartete. Ich glaube, es war der Schicksalsgott.

    „Den gibt es nicht, dafür drei Schicksalsgöttinnen, nämlich die Parzen Klotho, Lachesis und Atropos, erklärte Dominic. „Du meinst jedoch Nemesis, die Göttin der Vergeltung.

    „Das mag sein, räumte Charles ein. „Ja, ich glaube, es ging um diese Nemesis. Jedenfalls hat Emily mir einiges über sie erzählt. Es ist so schade um sie, fügte er bedauernd hinzu. „Ich fand sie bezaubernd, wenn sie aus sich herausging. Wäre sie besser gekleidet gewesen, hätte sie sehr hübsch ausgesehen. Sie hatte eine verlockend gerundete Figur, genauso, wie ich es mag, ganz anders als deine neue Freundin Emily, Hetta, die dürr wie eine Bohnenstange ist."

    „Das ist sie nicht!, widersprach Henrietta erbost. „Zugegeben, sie ist schlank, hat jedoch eine sehr gute Figur.

    „Ja, sie hat etwas fürs Auge zu bieten, stimmte Charles zu. „Und ihr Haar! Sie hat das schönste rote Haar, das ich je gesehen habe.

    Henrietta sah den Neffen an und äußerte leichthin: „Wie du weißt, komme ich nicht gut mit Frauen aus. Männliche Gesellschaft habe ich stets vorgezogen. Aber irgendwie ist Emily anders als die meisten Frauen. Ich habe sie vom ersten Augenblick an gemocht. Ich möchte, dass du sie kennen lernst, Dominic."

    Dominic hatte nur mit halben Ohr zugehört, aber keinesfalls die Absicht, sich mit einer der angejahrten Freundinnen der Tante abzugeben. „Ich bin nicht hergekommen, Tante Henrietta, um gesellschaftlichen Umgang zu pflegen. Ich gedenke, nur einige Wochen zu bleiben, höchstens drei. Daher ist es unwahrscheinlich, dass ich deiner Freundin begegnen werde. Außerdem kann ich rotes Haar nicht ausstehen. Wie du weißt, ziehe ich blondes oder braunes in mancherlei Schattierungen vor."

    Henrietta leerte das Weinglas, stand auf und erwiderte: „Wie du willst, Dominic. Solltest du jedoch anderen Sinnes werden, kannst du Emily heute Abend auf Edmonds Ball treffen. Ich werde mit ihr dort sein. Und das erinnert mich daran, dass Rebecca mich gebeten hat, dich einzuladen, solltest du in der Stadt sein. Sie hat eine Schwäche für dich, du Gauner. Komm jetzt, Charles, fügte sie hinzu. „Sonst verspäten wir uns. Ich möchte genügend Zeit zum Umkleiden für den Ball haben.

    Dominic begleitete die Besucher zur Haustür und verabschiedete sich von ihnen. Er ging jedoch nicht davon aus, dass er sie abends noch einmal sehen würde.

    Dominic speiste im Club und spielte nach dem Essen mit einigen Bekannten Karten. Nach einiger Zeit begann er, sich zu langweilen, obwohl er gewann, und beschloss, das Etablissement zu verlassen.

    Er lehnte das Angebot des Hausdieners ab, ihm eine Droschke zu rufen, setzte den Zylinder auf und machte sich gedankenverloren auf den Weg. Das nachmittags mit der Tante und Charles geführte Gespräch hatte ihm jäh zu Bewusstsein gebracht, welch ungeheuer schwierige Aufgabe es sein würde, herauszufinden, was aus seiner jungen Gattin geworden war.

    Er rechnete kaum damit, dass diesmal die Nachforschungen Erfolg haben würden, war aber dennoch entschlossen, einen weiteren Versuch zu unternehmen. Mr. Stubbs war ihm wärmstens empfohlen worden. Offenbar war es dem Agenten häufig gelungen, auch schwierige Fälle aufzuklären, und daher hoffte Dominic, dass der ehemalige Gendarm auch diesen Auftrag erfolgreich ausführen würde.

    Vergebens versuchte er, sich das Bild seiner jungen Gemahlin in Erinnerung zu rufen, und war so in Gedanken versunken, dass er unwillkürlich zusammenzuckte, als plötzlich ein Bekannter aus einer vorbeifahrenden Kutsche ihm einen Gruß zurief. In diesem Moment erkannte er, dass er gleich am Berkeley Square sein würde, wo der mit ihm befreundete Earl of Rayne wohnte. Er überlegte, ob er zu ihm gehen solle, und beschloss nach kurzer Unschlüssigkeit, ihn aufzusuchen.

    Kurz darauf betrat er die Residenz, ließ sich von einem Lakaien Hut, Handschuhe und Mantel abnehmen und stieg dann die Freitreppe hinauf. Zunehmend lauter werdende Musik, Gelächter und Stimmengewirr drangen ihm entgegen. Auf dem Treppenabsatz hielt er an und fragte sich stirnrunzelnd, warum er überhaupt hergekommen war. Er konnte nicht mehr ganz bei Trost sein, denn ihm stand der Sinn keineswegs nach oberflächlichem Geplauder mit Leuten, die er nicht sehen wollte, zu denen er jedoch höflich sein musste.

    Er machte kehrt und war bereits im Begriff, die Stufen hinunterzugehen, als ein schriller Schrei ihn jäh innehalten ließ. Verwundert drehte er sich um und sah die hübsche Dame des Hauses auf sich zukommen.

    „Wie schön, dich wiederzusehen, Dominic!, sagte Rebecca herzlich, hakte sich bei ihm ein und ließ ihm dadurch keine andere Wahl, als sie in den großen, hell erleuchteten Ballsaal zu begleiten. „Henrietta hat mir gesagt, dass du in der Stadt bist. Es freut mich, dass du dir die Zeit nimmst, an meinem kleinen Fest teilzuhaben.

    Erneut fand er sie bezaubernd.

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