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Herzklopfen im Rosengarten
Herzklopfen im Rosengarten
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eBook245 Seiten3 Stunden

Herzklopfen im Rosengarten

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Über dieses E-Book

Mein Sommerengel!? Lord Templeton kann den Blick nicht von Georgina abwenden. Wie tanzen die Sonnenstrahlen auf ihren Locken, wie leuchten ihre blauen Augen! Doch selbst als er sie zart küsst, verschweigt er, wer er wirklich ist: Um die Ehrlichkeit ihrer Gefühle zu prüfen, lässt er sie im Glauben, er sei ein armer Maler …

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum1. Apr. 2015
ISBN9783733764678
Herzklopfen im Rosengarten
Autor

Dorothy Elbury

Dorothy Elbury war schon als Kind eine Leseratte, und auch später hatte sie ihre Nase so oft in ein Buch gesteckt, dass sie selbst gar nicht zum Schreiben kam. Erst als sie ausnahmsweise mal keine Lektüre hatte, fing sie an, einen Roman zu verfassen. Lange lag das Manuskript in der Schublade, bis ihr Mann sie drängte, es an einen Verlag zu schicken, der es tatsächlich veröffentlichte.

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    Buchvorschau

    Herzklopfen im Rosengarten - Dorothy Elbury

    IMPRESSUM

    Herzklopfen im Rosengarten erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

    © 2005 by Dorothy Elbury

    Originaltitel: „The Viscount’s Secret"

    erschienen bei: Mills & Boon, London

    in der Reihe: HISTORICAL ROMANCE

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe MYLADY SOMMERBAND

    Band 3 - 2010 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg

    Übersetzung: Maria Fuks

    Abbildungen: Harlequin Books S.A.

    Veröffentlicht im ePub Format in 04/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9780263188116

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Der Ehrenwerte Peregrine Nicholls leerte sein Glas auf einen Zug, ehe er seinem Cousin ein mitfühlendes Lächeln schenkte. „Dein Problem, lieber Ned, ist, dass du viel zu romantisch bist, stellte er fest und fuhr, ohne die jetzt gerunzelte Stirn seines Vetters zu beachten, gut gelaunt fort: „Ich selbst war, wie du weißt, einer kleinen Romanze niemals abgeneigt. Doch wenn es ums Heiraten geht, muss man andere Maßstäbe anlegen. Da heißt es: Kompromisse schließen. Du hast dich jetzt zum dritten Mal in dieser Saison von einer jungen Dame zurückgezogen, der du zunächst deutlich dein Interesse gezeigt hattest. Kein Wunder, dass die Klatschbasen hinter ihren Fächern über dich reden.

    Ned Latimer, der bis vor kurzem noch bei den Dragonern gedient hatte, streckte die langen Beine aus. „Du glaubst doch nicht, ich würde mir, nur um den alten Matronen zu gefallen, eine Gattin nach ihrem Geschmack suchen! Ein eigensinniger Zug lag um seinen Mund. Dennoch sah er erstaunlich gut aus. „Es muss doch irgendwo da draußen eine junge Dame geben, für die ich mehr bin als der Mann, der die Rechnungen ihrer Schneiderin bezahlt.

    „Glaubst du etwa immer noch an Märchen, alter Knabe? Nicholls beugte sich nach vorn, um die Gläser noch einmal mit Cognac zu füllen. „Du kennst doch die Regeln. Wenn die Zeit gekommen ist, eine Familie zu gründen, dann entscheidet ein Gentleman sich für ein Mädchen aus gutem Hause, das – wenn er ein bisschen Glück hat – zudem hübsch ist. Vor allem aber sollte die junge Braut über ein sanftes Wesen verfügen, sonst wird er nämlich für den Rest seines Lebens unter dem Pantoffel stehen.

    „Unsinn, widersprach Latimer. „Hast du jemals darüber nachgedacht, Perry, welche Folgen es für die geistigen Fähigkeiten deiner Kinder haben könnte, wenn du dich für eine einfältige Frau entscheidest, ganz gleich wie hübsch sie auch sein mag? Er nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. „Ich jedenfalls habe eine ganze Reihe von Erwartungen an meine zukünftige Gemahlin. Ich möchte mich mit ihr unterhalten können, und zwar nicht nur über die neueste Mode. Sie sollte in der Lage sein, sich ihre eigene Meinung zu vielen verschiedenen Themen zu bilden. Meine Mutter war, wie du dich vielleicht erinnerst, eine solche Frau. Sie las Zeitung, wusste, was in der Welt vorging, und war stets bereit, ihre Überzeugungen zu verteidigen. Manchmal ging es laut her bei uns. Aber gerade deshalb hat Vater sie angebetet."

    „Hm …, brummelte Nicholls, der bemerkt hatte, welch weichen und gleichzeitig betrübten Ausdruck die Augen seines Cousins angenommen hatten. Zweifellos trauerte Ned noch immer um seine vor fünf Jahren verstorbene Mutter. „Ich weiß, was du meinst. Wenn sie ein Mann gewesen wäre, hätte Tante Felicity sich als Redner im Oberhaus einen Namen machen können.

    Es wurde still im Raum.

    „Was hat dich denn diesmal zum Rückzug bewegt?, fragte Nicholls nach einer Weile. „Die kleine Cornwell ist ein nettes Mädchen. Sie schien dich zu mögen. Und manch einer hätte sich gewünscht, an deiner Stelle zu sein. Du aber hast ihr nach kurzer Zeit den Laufpass gegeben. Dabei wurden bereits Wetten darauf abgeschlossen, wann du um sie anhalten würdest. Irgendetwas ist geschehen, nicht wahr?

    Latimer zuckte die Schultern. „Ich habe zufällig etwas gehört."

    „Ach?"

    „Die bezaubernde Miss Eleonora Cornwell hatte ihr Herz, lange ehe die Saison begann, einem anderen geschenkt. Sie wollte nur diesen Gentleman und sonst niemanden heiraten. Doch da ihre Eltern praktisch ihre gesamten Ersparnisse aufgewendet hatten, um ihr ein Debüt zu ermöglichen, drängten sie die junge Dame, mich zu erobern. Selbstverständlich konnte ich ihr unter diesen Umständen nicht länger den Hof machen. Also gab ich sie frei."

    „Selbstverständlich", wiederholte Nicholls in ernstem Ton, doch seine Augen blitzten spöttisch – was seinem Cousin nicht entging.

    „Sei nicht albern, Perry, meinte er. „Du wirst doch nicht erwarten, dass ich den Rest meines Lebens an der Seite einer unwilligen und unglücklichen Gattin verbringe. Nein danke, da bleibe ich lieber Junggeselle.

    „Dazu dürfte dein Vater auch das eine oder andere Wort zu sagen haben. Du hast mir erzählt, er habe dich zur Ehe gedrängt, seit du aus dem Krieg zurückgekehrt bist. Und meiner Meinung nach hat er recht. Schließlich bist du der einzige Sohn und inzwischen bereits dreißig. Natürlich möchte er, dass du den Fortbestand der Familie sicherst. Was mich angeht, zufrieden kreuzte Nicholls die Hände über seinem rundlichen Bäuchlein, „so bin ich sehr froh, dass mein alter Herr klug genug war, insgesamt drei Söhne zu zeugen. Das erspart mir die Mühe, eine passende Gemahlin zu finden.

    „Wie wahr … Ned Latimer seufzte. „Vermutlich stört dich die Tatsache, dass die Saison in London seit langem nichts weiter als ein Heiratsmarkt ist, deshalb nicht so sehr wie mich. Mir jedenfalls behagt die Art gar nicht, wie hier Ehen arrangiert werden. Stets geht es nur um weltlichen Besitz und gesellschaftliches Ansehen. Ich wünschte, ich fände eine Möglichkeit, herauszufinden, ob eine junge Dame mich oder nur mein Geld mag.

    „Gewiss begegnet man hin und wieder einem Mädchen, für das es Wichtigeres gibt, als sich einen wohlhabenden, einflussreichen Ehemann zu angeln. Nur, Nicholls runzelte die Stirn, „woran merkt ein Gentleman, ob er es mit einer jungen Dame zu tun hat, der etwas an seinem Charakter liegt und die auf ihr Herz hört? Es soll ja reiche Adlige gegeben haben, die die Rolle des armen Bürgers spielten, um die wahre Liebe zu finden. Aber eine solche Maskerade ist für dich unmöglich. Man kennt dich in London viel zu gut.

    „Ich könnte es anderswo versuchen, überlegte Latimer, dessen Laune sich mit einem Mal spürbar gebessert hatte. „Ich könnte meine Sachen packen, aufs Land fahren und eine Zeit lang so tun, als sei ich nicht der Sohn des Earl of Ruscombe.

    Sein Cousin sah entsetzt drein. „Das meinst du gewiss nicht ernst, Ned! Du willst dich doch nicht wirklich in einem Landgasthof einmieten, ohne auch nur deinen Kammerdiener mitzunehmen!"

    Ned erhob sich, löste das kunstvoll geschlungene Krawattentuch und begann umständlich, es neu zu binden. „Ich denke, ein paar Tage lang könnte ich durchaus ohne meinen Kammerdiener auskommen. Wie du weißt, hat er mich auch nicht begleitet, als ich in den Krieg zog. Acht Jahre beim Militär erziehen einen Mann zur Selbständigkeit. Im Übrigen dürfte der bürgerliche Mr. Latimer kaum in der Lage sein, sich einen Diener zu leisten. Auch würde er wohl eher eine kleine Wohnung mieten als ein Zimmer im Gasthof. Ja, ich denke, ein Cottage wäre genau das Richtige. Bei Jupiter, so werde ich es machen!" Von plötzlicher Begeisterung erfüllt, trat er zum Tisch, griff nach der Zeitung und schlug die Seite mit den Anzeigen auf.

    Nicholls beobachtete ihn fasziniert.

    „Sehr gut, Ned machte einen zufriedenen Eindruck, „es gibt Dutzende von Angeboten. In Hampshire, in Buckinghamshire … Ich habe die freie Wahl. Mal sehen, was mir am besten zusagt. Er ließ den Blick über die Spalte gleiten, las hier und da eine Annonce ganz, überlegte und schüttelte dann den Kopf. Bis er plötzlich einen Triumphschrei ausstieß. „Das ist es! Blanchard’s Cottage in Compton Lacey! Dort wird es mir bestimmt gefallen. Ich glaube sogar, ich habe schon von diesem Ort gehört. Er liegt in der Nähe des Marktfleckens Dunchurch in Warwickshire. Kennst du irgendwen in der Gegend, Perry?"

    Der kratzte sich am Kopf. „Hm … Ich glaube, wir hatten mal eine Tante in Stratford. Aber die weilt seit langem nicht mehr unter den Lebenden. Und sonst will mir niemand einfallen. Ned, du beabsichtigst doch nicht wirklich, dorthin zu fahren?"

    „Warum eigentlich nicht? Ein kleines Abenteuer würde mich durchaus reizen. Ah, hier steht, dass es nicht weit zur nächsten Poststation ist. Wie praktisch!"

    „Du willst mit der Postkutsche reisen?", fragte Nicholls. Sein Ton verriet, wie entsetzt er war.

    „Natürlich will ich das. Es passt zu der Rolle, die ich zu spielen gedenke. Niemand wird misstrauisch werden, wenn der einfache Mr. Latimer ein paar Wochen Urlaub macht und sich die Zeit mit … nun, sagen wir … mit Malen vertreibt. Aber nein, dafür würde ich eine richtige Ausrüstung brauchen. Also … Ja, ich könnte zeichnen. Das ist besser. Ich besitze noch all meine alten Skizzenbücher, und dank der Geduld des guten Bentley bin ich imstande, recht passable Zeichnungen anzufertigen. Er war einer meiner Lieblingslehrer. Erinnerst du dich an ihn, Perry?"

    „Hm, er hat dich den anderen Schülern immer als Vorbild hingestellt."

    „Tatsächlich? Latimer lachte. „Jedenfalls habe ich meinen Entschluss gefasst. Ich gehe für ein paar Wochen als Künstler nach Compton Lacey. Das wird ein wundervoller Sommer! Die Mädchen dort …

    Der Blick, mit dem sein Cousin ihn bedachte, drückte echtes Mitleid aus. „Um Himmels willen, Ned, wenn wir nicht verwandt wären, würde ich sagen, du gehörst ins Irrenhaus. Schlimm genug, dass du dich verkleiden willst! Aber wie kommst du nur auf die Idee, du könntest ausgerechnet in einem verschlafenen Nest in Warwickshire die Frau deiner Träume treffen?"

    „Die Debütantinnen bei Almack’s kommen alle aus irgendwelchen verschlafenen Nestern. Täglich treffen mehrere von ihnen in London ein, begleitet von ihren ehrgeizigen Müttern, die sie möglichst rasch und möglichst gut verheiraten wollen. Wenn sie erst einmal hier sind, werden sie schnell vom Stadtleben verdorben. Auf dem Lande hingegen könnte ich meinem Engel begegnen. Gesellschaften wird es auch dort geben, meinst du nicht? Ich jedenfalls finde, dass ich es zumindest versuchen sollte."

    Nicholls stöhnte laut auf. „Wie du meinst. Es hat ja sowieso keinen Zweck, dich umstimmen zu wollen. Du warst schon immer dickköpfig. Also werde ich dir nur viel Glück wünschen und dich bitten, keine Dummheiten zu machen."

    „Dummheiten? Wann hätte ich jemals Dummheiten gemacht?" Mit einem breiten Grinsen eilte Latimer zur Tür.

    Die Zeit verging wie im Flug. Und eines Samstags – die Sonne lachte vom Himmel, Vögel sangen, und Schmetterlinge tanzten von Blume zu Blume – kletterte Ned Latimer in Dunchurch aus der Postkutsche. Leider hatte er keinen Blick für die sommerliche Idylle. Jeder einzelne seiner Knochen schien zu schmerzen. Die Begeisterung für seinen Plan war durch die unbequeme Reise deutlich gedämpft worden. Stundenlang hatte er eingeklemmt zwischen einer dicken Frau und einem überaus knochigen Mann in der Kutsche ausharren müssen. Jetzt war er mit seiner Geduld am Ende und wünschte nur, endlich ans Ziel zu gelangen. Verärgert stellte er fest, dass seine Gepäckstücke wohl als letzte abgeladen werden würden.

    Während er wartete, sah er zu, wie die Pferde ausgespannt und durch neue ersetzt wurden und wie die Reisenden, die von hier aus eine andere Postkutsche nehmen wollten, sich um den Mann scharten, der ihre Taschen, Koffer und Kisten verladen sollte. Es gab auch viele Neugierige, die sich die Zeit damit vertrieben, die Geschehnisse vor der Poststation zu beobachten.

    Latimer hörte, wie jemand sagte, er glaube kaum, dass die Kutsche in weniger als 75 Sekunden abfahrbereit sei, dieser Rekord sei schwer zu brechen. Dann zog ein Junge seine Aufmerksamkeit auf sich. Der vielleicht Zwölfjährige war anscheinend von dem modernen Bremssystem des Wagens fasziniert und näherte sich der Kutsche zögernd Schritt für Schritt.

    „Rupert, wo bist du?"

    Als der Knabe seinen Namen hörte, zuckte er zusammen und wandte sich unwillig um – gerade als ein schwerer Koffer auf dem Dach der Kutsche ins Rutschen kam. Der Postknecht rief eine Warnung. Gleichzeitig machte Latimer einen Satz nach vorn und stieß den Jungen zur Seite.

    Dieser schrie vor Schmerz auf, als er der Länge nach auf das Kopfsteinpflaster schlug. Seine Augen weiteten sich vor Schreck, als der Koffer direkt neben ihm auf die Erde krachte.

    Latimer bückte sich, um dem Knaben aufzuhelfen. Doch er wurde von einer jungen Frau mit angstbleichem und gleichzeitig zornigem Gesicht heftig zur Seite gestoßen. „Fassen Sie ihn nicht an!, rief sie mit bebender Stimme. „Wie können Sie es wagen, ein Kind so zu behandeln!

    Verwirrt trat Latimer einen Schritt zurück. Nie zuvor hatte eine Dame so zu ihm gesprochen. „Langsam, Madam, versuchte er sie zu beruhigen und wies auf den vor ihm liegenden beschädigten Koffer, „ich habe lediglich versucht, den Jungen vor Schlimmerem zu bewahren.

    Der Ausdruck der jungen Frau veränderte sich zusehends, während sie das Gepäckstück musterte. „Oh …", murmelte sie.

    Der Knabe hatte sich unterdessen aufgerappelt. „Was er sagt, stimmt, erklärte er und wischte sich mit dem Handrücken ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. „Als du mich gerufen hast, habe ich mich umgedreht und deshalb nicht bemerkt, wie der Koffer herunterfiel. Jetzt wandte er sich seinem Retter zu. „Sie waren verflixt schnell, Sir. Danke!"

    Latimer lächelte. „Schon gut, Junge. Ich hoffe, du hast dich nicht verletzt?" Dann bemerkte er, wie sich die Wangen der jungen Dame röteten – was sehr hübsch aussah.

    „Ich muss Sie um Vergebung bitten, Sir, stieß sie beschämt hervor. „Wahrhaftig, ich bin Ihnen zu tiefstem Dank verpflichtet, weil sie meinem Bruder geholfen haben.

    „Es freut mich, dass ich gerade im rechten Moment zur Stelle war." Amüsiert beobachtete er, wie der Knabe auf Befehl seiner Schwester die Hände ausstreckte, damit sie die Schrammen begutachten konnte. Den Kopf hielt sie dabei gesenkt, und ein paar kastanienfarbene Locken fielen ihr ins Gesicht, denn ihr Strohhütchen war wohl infolge der Aufregung ein wenig verrutscht. Ein bezaubernder Anblick, fand Latimer.

    Da sie vergeblich versuchte, den Schmutz von den Handflächen des Jungen mit einem feinen Spitzentüchlein abzuwischen, griff Ned schließlich in die Tasche und hielt ihr sein eigenes makellos sauberes Schnupftuch hin. „Damit haben Sie vielleicht mehr Erfolg", sagte er. Er war jetzt deutlich besserer Laune und gestand sich ein, dass er die Bekanntschaft mit der jungen Dame gern vertieft hätte.

    Sie hob den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Ein seltsames Gefühl der Erregung ergriff Besitz von Latimer.

    „Danke, Sir. Sie müssen mich für sehr unhöflich …"

    Der Satz wurde nie beendet. Denn der Postillion, verärgert darüber, dass sich die Abfahrt der Kutsche verzögerte, stieß plötzlich einen lauten Fluch aus und schüttelte drohend die Faust. Einer der Reisenden klopfte ungeduldig gegen die Scheibe der Kutsche. „Aus dem Weg!", brüllte jemand.

    Die kleine Gruppe Neugieriger, die sich um die junge Dame sowie ihren Bruder und dessen Retter versammelt hatte, fuhr auseinander. Es entstand ein Durcheinander, in dem Latimer zur Seite gedrängt wurde. Ein älterer Mann redete auf ihn ein, doch er hörte gar nicht zu. Vergeblich versuchte er, die ungleichen Geschwister im Auge zu behalten. Als sich das Gedränge um ihn her endlich auflöste, war von den beiden nichts mehr zu sehen. Dabei hätte er so gern den Familiennamen und die Adresse der zwei erfahren! So jedoch blieb ihm nichts anderes übrig, als sich um sein Gepäck zu kümmern und sich sodann im Gasthof zu erkundigen, wie er am besten nach Compton Lacey gelangen könne.

    Der hilfsbereite Wirt erklärte, da Markttag sei, werde sich gewiss eine Mitfahrgelegenheit finden. Ja, er selbst wolle diejenigen seiner Gäste, die aus dem Dorf kämen, gern fragen, ob sie einen Fahrgast mitnehmen könnten. Ob der Gentleman in der Zwischenzeit eine kleine Erfrischung wünsche? Ein Ale vielleicht?

    Dankend nahm Latimer beide Angebote an. Und während er in der von Leben erfüllten Gaststube saß, hin und wieder einen Schluck aus seinem Glas trank und wartete, rief er sich noch einmal jede Einzelheit seiner Begegnung mit der leider so plötzlich verschwundenen jungen Dame in Erinnerung. Wie bezaubernd ihr kastanienfarbenes Haar geglänzt hatte! Und erst die Augen! Ein so wunderbares dunkles Blau hatte er noch nie gesehen.

    Ein beinahe wehmütiges Lächeln huschte über sein Gesicht, als ihm die Worte seines Cousins einfielen. Perry hatte sehr deutlich gemacht, dass er nicht an den Engel glaubte, dem Ned außerhalb Londons zu begegnen hoffte. Ach, dachte Latimer, da habe ich die Frau meiner Träume womöglich bereits getroffen, nur um sie gleich wieder zu verlieren. Ob es eine Möglichkeit gab, doch noch herauszufinden, wer sie war?

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