Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Der Ritter und die falsche Nonne
Der Ritter und die falsche Nonne
Der Ritter und die falsche Nonne
eBook294 Seiten4 Stunden

Der Ritter und die falsche Nonne

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

England, 1265. Wagemutig befreit die junge Lady Alinor ihre Freundin Bianca aus den Fängen einer mordlustigen Verwandten und bringt sie in Sicherheit. Aber dafür muss sie Biancas Bruder Guilhem, Duc d’Attalens, Rede und Antwort stehen. Der französische Ritter erfüllt sie mit vager Unruhe, die sie aus ihrem Kloster nicht kennt! Und als Guilhem ihr hilft, den Übergriffen ihres entsetzlichen Stiefbruders zu entkommen, ist Alinors Schicksal endgültig besiegelt: Sie verrät ihm, wo Bianca ist. Aber auf ihrem Weg dorthin lauern nicht nur Intrigen, Fallen und Verderben. Auch Alinors Herz gerät mit jedem Kuss ihres Retters in höchste Gefahr …

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum2. Jan. 2018
ISBN9783733733759
Der Ritter und die falsche Nonne
Autor

Meriel Fuller

Meriel Fuller verbrachte ihre frühe Kindheit als echte Leseratte. Nach der Schule ging sie stets in die Stadtbücherei, wo ihre Mutter als Bibliothekarin arbeitete und las sich fröhlich durch die historischen Liebesromane. Ihre Liebe zur Vergangenheit hat sie von ihrem Vater, ein eifriger Hobby-Historiker, der Meriel und ihre Schwester auf lange Ausflüge zu Schlossruinen und alten Dörfern mitnahm. Meriel Fuller studierte nach der Schule englische Literatur an der Universität Edinburgh. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen: Als sie sich auf einer Party den Knöchel brach, trug er sie ritterlich auf seinen Armen zum Krankenhaus und wich nicht von ihrer Seite, während der Gips gelegt wurde. Acht Jahre später heirateten sie im ländlichen Dorset. Obwohl Meriel Fuller immer schon als Hobby geschrieben hatte, entschied sie erstmals als ihr jüngstes Kind noch ganz klein war, einen historischen Liebesroman zu schreiben. Ein Traum ging für sie in Erfüllung, als Harlequin ihr mitteilte, das ihr Manuskript veröffentlicht werden würde.

Ähnlich wie Der Ritter und die falsche Nonne

Titel in dieser Serie (84)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Historische Romanze für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Der Ritter und die falsche Nonne

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Der Ritter und die falsche Nonne - Meriel Fuller

    IMPRESSUM

    HISTORICAL erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 2016 by Meriel Fuller

    Originaltitel: „Commanded by the French Duke"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL

    Band 338 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

    Übersetzung: Ralph Sander

    Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

    Veröffentlicht im ePub Format in 01/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733733759

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, MYSTERY, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

    Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

    1. KAPITEL

    Wiltshire, England – Oktober 1265

    Danke, dass du heute mitkommst, Ralph", sagte Alinor of Claverstock zu dem stämmigen Mann, der neben ihr auf dem Bock saß, und schenkte ihm ein Lächeln. Ein Hauch von Erleichterung schwang in ihrer Stimme mit. Obwohl die Oktobersonne immer noch ein wenig Wärme spendete, fröstelte Alinor.

    „Alles ist mir lieber, als den Acker umzupflügen, Herrin, erwiderte Ralph und grinste flüchtig, dann ließ er die Zügel geschickt auf die Rücken der beiden Ochsen hinabsausen, weil sie langsamer geworden waren. Seine Haut war gerötet, die ständige Arbeit in der Sonne hatte sie mit der Zeit verbrannt. „Der Markttag in Knighton ist viel interessanter.

    „Ich hätte es vermutlich auch allein erledigen können, behauptete Alinor und betrachtete den zerfurchten Weg vor ihnen und wünschte sich, die Ochsen würden etwas mehr als dieses Schneckentempo schaffen. Der Wagen rumpelte in Richtung des Talgrunds. Sie drückte sich gegen die Holzlehne in ihrem Rücken. „Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich dich von deinen anderen Aufgaben abhalte. Zu dieser Jahreszeit gibt es im Kloster noch so viel zu tun.

    Ralph setzte nun ein breites Grinsen auf und deutete mit dem Kopf auf die Getreidesäcke, die sich hinter ihm auf dem Karren stapelten. „Ich hätte gern zugesehen, wie Ihr diese Säcke zum Wagen schleppt und aufladet, Herrin. Außerdem ist das alles nicht richtig. Eine Dame von Eurem …"

    „Das haben wir doch längst besprochen, Ralph, unterbrach Alinor ihn. „Die Nonnen benötigen meine Hilfe, und ich freue mich, dass ich ihnen helfen kann. Sie zog den schiefen Saum ihres zweckmäßigen Kleids über die Stiefel, die dunkle Flecken vom Morgentau aufwiesen. Durch ihre Seidenstrümpfe hindurch konnte sie den kratzenden, groben Wollstoff ihres Kittels an den Oberschenkeln spüren. Dort, wo das weite Gewand von einem Gürtel auf den Hüften gehalten wurde, sorgte der raue Wollstoff für einen beharrlichen Juckreiz. Sie sah hinauf zum Himmel, wo die Sonne sich durch eine blassgraue Wolke zu kämpfen versuchte. Als die Strahlen endlich freie Bahn hatten, verbreiteten sie schnell angenehme Wärme. Die Grashalme mit ihren unzähligen Tautropfen funkelten wie Silber.

    „Nun, Ihr tut etwas wirklich Gutes, Mylady. Der Wagen holperte über eine tiefe ausgetrocknete Furche im Weg. Als eines der Räder unheilvoll zu quietschen begann, legte Ralph die Stirn in Falten. „Ich wusste, ich hätte das Rad noch einmal schmieren sollen, bevor wir uns auf den Weg gemacht haben, murmelte er.

    „Wird uns das Problem mit dem Rad langsamer vorankommen lassen?", fragte Alinor sofort, biss sich aber sogleich auf die Lippe und hoffte, dass Ralph ihren drängenden Tonfall nicht bemerkt hatte. Niemand durfte etwas ahnen. Für gewöhnlich nahm sie sich den ganzen Tag Zeit, um den Markt in Knighton zu besuchen und das Getreide zu verkaufen, ehe sie die Dinge erwarb, von denen sie glaubte, die Nonnen könnten sie gut gebrauchen. Heute dagegen wollte sie so schnell wie möglich zum Kloster zurückkehren. Weder Ralph noch die Nonnen wussten etwas von dem, was sie getan hatte. Und wenn niemandem die Existenz der jungen Frau bekannt war, dann war sie umso sicherer aufgehoben. Nur sie selbst kannte das Versteck. Sie atmete tief durch und versuchte, ihr Herz dazu zu bringen, nicht länger so zu rasen. Je eher sie der armen Frau helfen konnte, das Land zu verlassen, umso besser für sie.

    „Ganz bestimmt werden wir es bis zum Markt schaffen, versicherte Ralph ihr. „Dann werde ich die Zeit nutzen, um das Rad zu reparieren. Während sie quietschend an einem einsamen Strauch vorbeikamen, dessen Zweige voll mit roten Beeren waren, flogen drei Elstern hoch und keckerten entrüstet. Die schwarz-blauen Federn glänzten in der Sonne, an den dunklen Schwanzfedern blitzte Weiß auf.

    Mit einem Finger strich Alinor am Rand der eng anliegenden Haube entlang und versuchte, den Stoff am Hals und an den Schläfen ein wenig zu lockern. Das feste weiße Leinen umgab ihren Hals und rahmte ihr Gesicht ein, sodass alle Haare darunter verborgen blieben. Darüber trug sie ein beigefarbenes Tuch, das als Schleier herhalten musste. Auch jetzt hallten noch immer die spöttischen Worte ihrer Stiefmutter durch ihren Kopf. Wilhelma konnte einfach nicht begreifen, warum ihre Stieftochter aus freien Stücken etwas so Schlichtes trug: ein Kleid aus grober Wolle, dazu einen erdfarbenen Schleier. Andererseits kann sie noch weniger verstehen, warum ich den Nonnen überhaupt helfen will, dachte Alinor. Ihrer Stiefmutter käme es nie in den Sinn, irgendjemandem zu helfen, außer es ging um ihren wundervollen Sohn Eustace. Sofort lief ihr ein Schauer über den Rücken, und sie nahm sich vor, weder an ihre Stiefmutter noch an das zu denken, was diese hatte tun wollen. Bilder aus jener entsetzlichen Nacht auf Claverstock gingen ihr durch den Kopf, verzweifelte, zerrissene Bilder, die sie vor Angst erzittern ließen. Mit beiden Händen strich sie den Stoff über ihren Knien glatt, dann zupfte sie an einem Faden. Sie zwang sich, mit den Gedanken in das Hier und Jetzt zurückzukehren und sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, die sie heute zu erledigen hatte. Der Markt. Der Verkauf des Getreides mit genügend Gewinn, der an die Nonnen gehen würde. Die Schwestern benötigten das Geld, um über den Winter zu kommen. Nur das war jetzt wichtig. Der auffrischende Wind kündete von der bevorstehenden kalten Jahreszeit.

    „Bald sind wir da, Herrin, sagte Ralph. „Man hört schon das Rauschen des Flusses.

    Alinor erschauerte.

    Und dann erreichten sie den Fluss, den erschreckenden Fluss. In der Mitte war er sehr tief, die Strömung so schnell, dass ein Durchqueren für Ross und Reiter gleichermaßen gefährlich war. Eine schmale Brücke für Lastpferde und Karren überspannte ihn. Zur Mitte hin stieg sie steil an, damit sie bei Überschwemmungen nicht überflutet werden konnte.

    „Schnell, überquere die Brücke, ehe jemand aus der anderen Richtung kommt, drängte Alinor und griff nach Ralphs Arm. „Ich will so bald wie möglich den Markt erreichen.

    „Hier ist sonst niemand unterwegs, Herrin, erwiderte Ralph und strich ein paar Strähnen seines kastanienbraunen Haars nach hinten, die ihm immer wieder ins Gesicht fielen. „Für die meisten ist es noch viel zu früh am Tag. Er lenkte die Ochsen zur Brücke. Ihre Hufe rutschten auf den glitschigen Pflastersteinen immer wieder weg, als sie die steile Zufahrt zu bewältigen versuchten. Beharrlich und geduldig trieb er seine Tiere weiter voran.

    Sie hatten eben den Scheitelpunkt der Brücke erreicht, da ging von dem quietschenden Rad ein unheilvolles Knacken aus, fast unmittelbar gefolgt von dem Geräusch, wie es zerbrechendes Holz verursachte. Der Wagen neigte sich abrupt nach rechts und kippte ein Stück weit zur Seite.

    „Oh!" Alinor ruderte mit den Armen, um irgendwo Halt zu finden, da sie zur Seite wegrutschte. Einen Moment lang fürchtete sie, das Gleichgewicht zu verlieren und über die niedrige Brüstung in den reißenden Fluss zu stürzen. Doch Ralph bekam ihren Arm zu fassen und zog sie zurück.

    „Verdammt!, fluchte er. „Wartet hier, Mylady, und haltet die Zügel fest, während ich nachsehe, was geschehen ist. Er zwängte seinen stämmigen Körper zwischen dem Steingeländer und dem Wagen hindurch und beugte sich über das Rad.

    Erneut stieß er einen Fluch aus. „Die Achse ist gebrochen, Mylady!, rief er ihr zu und kam wieder nach vorn. „Ich muss Hilfe holen, damit wir den Wagen von hier wegschaffen können.

    „Ich komme mit", sagte Alinor und rutschte an den Rand des Bocks.

    Ralph hob eine Hand, um sie an ihrem Vorhaben zu hindern. „Wahrscheinlich ist es besser, wenn Ihr bleibt, Mylady. Er betrachtete ihre zierliche Gestalt. „Bei allem Respekt, aber ich komme allein schneller voran. Außerdem muss jemand beim Wagen bleiben. Dieses Getreide ist viel Geld wert.

    „Genug Geld für einen ganzen Winter", stimmte Alinor ihm zu.

    „Kommt Ihr hier allein zurecht, Mylady? Ich werde nicht lange weg sein. Vor Kurzem sind wir an einem Gehöft vorbeigekommen."

    „Natürlich komme ich zurecht, antwortete sie überzeugt. „Ich habe schließlich meinen Dolch. Sie berührte die Lederscheide, die an ihrem Gürtel hing. „Außerdem würde es niemand wagen, eine Ordensschwester anzugreifen, auch nicht, wenn sie sich bloß als solche gekleidet hat."

    Ralph musste lachen. „Es sei denn, derjenige will es wagen, für alle Ewigkeit in die Hölle verbannt zu werden!" Er winkte ihr zu und eilte in die Richtung davon, aus der sie gekommen waren.

    Alinor seufzte und ließ die Zügel neben sich auf den Boden fallen. Aus Gewohnheit massierte sie ihren linken Unterarm, um den ständigen leichten Schmerz zu lindern, der ihr seit ihrem Unfall zu schaffen machte. Dabei zog sie die Augenbrauen ein wenig zusammen.

    Die Ochsen standen geduldig auf der Brücke und ließen die Köpfe hängen.

    Alinor schloss die Augen und genoss die sanfte Wärme der Herbstsonne. Wenn sie doch nur wenigstens für einen Moment vergessen könnte, was beinahe passiert wäre. Die gehetzte Eile, als sie der jungen Frau beim Anziehen geholfen hatte, die überstürzte Flucht über das in Mondschein getauchte Land, eng aneinander gedrückt, beide in Umhängen mit Kapuzen, immer darauf bedacht, sich wie Diebe hinter Bäumen zu verstecken und in Gräben Schutz zu suchen. Unwillkürlich musste sie angesichts ihres Wagemuts nach Luft schnappen. Alinor wusste nicht, was ihre Stiefmutter tun würde, sollte sie die Wahrheit über ihr Handeln herausfinden.

    „Im Namen von Prinz Edward, macht Platz!" Eine schroffe, laute Stimme unterbrach ihre Überlegungen. Erschrocken riss sie die Augen auf und zuckte zusammen. Ihr Magen verkrampfte sich vor Angst. Am anderen Ende der Brücke hatten sich mehrere Reiter eingefunden, nein, nicht bloß Reiter, sondern Ritter, erkannte sie, da sie Helme und Kettenhemden trugen. Auf ihren roten Waffenröcken prangten drei goldene Löwen als Symbol für den König und seinen Sohn Prinz Edward!

    Vor Schreck setzte ihr Herz einen Schlag lang aus, ihre Beine fühlten sich zittrig an. Gott im Himmel, woher waren diese Ritter so plötzlich gekommen? Warum hatte sie keinen Hufschlag gehört? Sie hatten sich ihr so leise genähert, als hätten sie wie Geister erst unmittelbar vor ihr Gestalt angenommen!

    „Wir müssen diese Brücke überqueren!, herrschte einer der Männer sie an, der einen glänzenden Helm trug. „Fahr den Karren weg, Schwester!

    Schwester? Ja, natürlich. Wegen ihrer Kleidung hielten sie sie für eine Nonne. Entsetzt starrte Alinor die Reiter an, während sie versuchte, Mut zu fassen und die richtigen Worte zu finden, um etwas zu erwidern. Gut ein Dutzend Männer standen ihr gegenüber, die Kettenhemden funkelten und glitzerten im Sonnenschein. Sie waren bewaffnet: mit Schwertern, Piken und Streitkolben. Der Anführer der Gruppe hielt das rote Banner des Königs hoch. Alinor schluckte. Ihr Mund und ihre Kehle waren wie ausgedörrt. Was würden diese Soldaten des Königs wohl mit ihr machen? „Das … das kann ich nicht", brachte sie schließlich flüsternd heraus.

    „Sprich lauter, Frau, brüllte der Soldat sie an und beugte sich in seinem Sattel nach vorn. „Was fehlt dir? Warum machst du uns nicht Platz? Dann rief er seinen Kameraden etwas zu, die daraufhin lachten.

    Alinor errötete. Zweifellos war es etwas Abfälliges gewesen. Sie räusperte sich und holte tief Luft, um den Mut zu fassen, ihre Stimme zu erheben. Was war nur los mit ihr? Sie ließ sich doch sonst nicht von Rittern einschüchtern. Sie entstammte einer bedeutenden Familie, die den König und die Königin mitsamt deren Gefolge bei verschiedenen Anlässen empfangen hatte. Es war ihr gutes Recht, hier auf der Brücke zu stehen, schließlich konnte jeden einmal ein Unglück ereilen.

    „Die Achse an meinem Wagen ist gebrochen, entgegnete sie laut und deutlich. Dabei hob sie das Kinn noch ein wenig an und hoffte, herablassend zu wirken. „Der Diener ist unterwegs, um Hilfe zu holen. Er wird bald wieder hier sein. Vom Stoff ihres Kleids bedeckt, drückte sie die Daumen, dass es auch so kommen möge.

    „Dann haben wir ein Problem, gab der untersetzte Soldat zurück und saß ab, um sich der Brücke zu nähern. „Prinz Edward befindet sich dicht hinter uns, und er erwartet von seiner Vorhut, dass der Weg für ihn freigemacht wird. Er ist in Eile, Schwester, und er mag es nicht, wenn er aufgehalten wird.

    Alinor reagierte mit einer hilflosen Geste. „Was soll ich machen?, entgegnete sie. „Allein kann ich den Wagen nicht von der Stelle bewegen.

    „Dann werden wir dir dabei helfen. Der Soldat kam mit forschen Schritten auf sie zu. „Erst einmal müssen wir den Wagen von seiner Last erleichtern.

    „Die Säcke sind ziemlich schwer, sagte Alinor. „Aber zu zweit werdet Ihr sie wohl tragen können … Sie musste daran denken, wie Ralph und seine jüngeren Brüder den Wagen beladen hatten. Immer zwei waren nötig gewesen, um einen einzigen Sack hochzuheben …

    „Ich habe nicht vor, deine Säcke irgendwo hinzutragen", konterte der Ritter. Er zwängte sich an den Ochsen vorbei, zog sein Kurzschwert und stach die Klinge in den ersten Sack, um ihn der Länge nach aufzuschneiden. Das Getreide quoll heraus und ergoss sich über die niedrige Mauer in den Fluss. Ein ganzes Feld war für diesen Sack abgeerntet worden!

    „Was macht Ihr denn da?, rief sie ungläubig. Wut stieg in ihr auf, gleichzeitig wurde ihre Angst noch stärker. Aber sie musste Herr über diese Angst werden, denn sie durfte nicht zulassen, dass dieser Grobian sich so betrug. Sie konnte nicht tatenlos zusehen, wie die Nonnen um den dringend benötigten Erlös für das Getreide gebracht wurden. „Wie könnt Ihr es wagen? Der Soldat nahm den inzwischen fast leeren Beutel und warf ihn über die Mauer, dann ging er zum nächsten. Wenn er so weitermachte, würden die Nonnen im Handumdrehen alles verlieren!

    „Kommt her, Männer! Der Soldat nahm von ihren Worten keine Notiz, sondern winkte seine Leute zu sich. „Kommt her und helft mir!

    „Nein, nein, aufhören! Das könnt Ihr nicht machen! Dazu habt Ihr kein Recht!", schrie Alinor den Mann an und sprang vom Wagen. Dabei fasste sie nach dem Arm des Soldaten, damit er nicht auch noch einen zweiten Sack aufschlitzte. Der Mann wirbelte herum und hielt ihr die Klinge vor das Gesicht.

    „Vorsicht, Schwester, warnte er sie. „Für gewöhnlich töte ich keine unschuldigen Nonnen, aber ich kann ganz bestimmt auch einmal eine Ausnahme machen, solltest du noch weiter meine Geduld strapazieren.

    Wie einfach wäre es doch, einfach wegzulaufen, einfach die Angst herrschen zu lassen, von der sie heimgesucht wurde. Sie konnte davonlaufen, verfolgt von dem höhnischen Gelächter der Soldaten. Aber es war nicht ihre Art, sich von solchen Leuten herumkommandieren zu lassen. Das waren Großmäuler, die sich Schwächeren gegenüber aufspielten, doch das würde sie ihnen nicht durchgehen lassen.

    „Ihr macht mir keine Angst, entgegnete sie verächtlich. „Ich bin davon überzeugt, Eurem Prinzen würde nicht gefallen, was Ihr hier macht! Ihre Finger tasteten nach dem Heft ihres Dolchs.

    Der Mann knurrte ihr zu: „Den Prinzen interessiert nur, den Rebellen Simon de Montfort vernichtend zu schlagen. Wie ihm das gelingen wird, ist ihm völlig egal. Für Leute wie dich hat er überhaupt nichts übrig. Und jetzt geh zur Seite, Schwester, damit ich meine Arbeit erledigen kann."

    Er wandte sich ab, um den nächsten Sack aufzuschneiden.

    Wut kochte in Alinor so hoch, dass sie nicht anders konnte, als den Dolch zu ziehen und auf die Hand des Soldaten zu zielen. Als die Klinge in die schwielige Handfläche drang, schrie er vor Schmerzen auf. Blut strömte aus der Wunde. Ihr Angriff war so unerwartet erfolgt, dass der Mann vor Schreck sein Kurzschwert losließ. Es landete scheppernd auf dem Pflaster, und sofort trat Alinor es unter den Wagen. Im gleichen Moment fiel ihr Blick auf das Heft seines Schwerts, das in der Scheide an seinem Gürtel steckte. Ihr blieb keine Zeit zum Überlegen, sie musste sofort handeln. Mit beiden Händen umfasste sie das Heft und zog das Schwert heraus. Gleichzeitig machte sie einen Schritt nach hinten und hob die lange glänzende Klinge hoch, bis die Spitze sich gefährlich nahe an der Kehle des Soldaten befand. Sie hatte ihrem Vater oft genug dabei zugesehen, wie er sich von seinem Knappen das Kettenhemd anlegen ließ, dass sie die Schwachstellen kannte, an denen eine stählerne Klinge es durchbohren konnte, um dann ins Fleisch getrieben zu werden.

    „In Gottes Namen, geht weg vom Wagen!" Alinor musste sich bemühen, ihre Stimme fest und energisch klingen zu lassen. Sie hatte den Mann zwar davon abgehalten, weitere Säcke aufzuschneiden, aber wie sollte es weitergehen? Ein kurzer Blick über die Schulter zeigte ihr, dass keiner der anderen Soldaten versuchte, sich an sie heranzuschleichen. Die Gruppe stand noch immer am Fuß der Brücke und zeigte lachend auf den glücklosen Kameraden. Offenbar glaubte niemand von ihnen, dass er ihre Hilfe brauchte. Sie schienen davon überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er sie überwältigte.

    Der Soldat hielt seine blutende Hand fest und warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Gib endlich auf, Schwester. Und gib mir mein Schwert zurück. Du musst erst noch ein Dutzend meiner Männer besiegen, bevor du gewonnen hast. Gebete sind bedeutungslos, dein Gott kann dir jetzt auch nicht mehr helfen."

    Das war es! Das war die Lösung! Sollten sie doch glauben, dass sie jetzt nicht mehr Gott, sondern düstere Wesen zu Hilfe rief. Mit einer Hand griff sie nach dem mit Perlen besetzten Kreuz, das an einer Halskette aus winzigen Holzkugeln hing, und hielt es hoch. Dabei kniff sie die Augen so zusammen, dass das Ganze hoffentlich nach einer bedrohlichen Miene aussah. „Ich muss Euch zustimmen, sagte sie und senkte ihre Stimme zu einem tiefen Zischen. „Aber ich werde stattdessen den Teufel herbeirufen, damit er mir hilft. Sie begann auf Latein zu murmeln, zuerst leise, dann immer lauter und lauter. Sofern dieser Soldat nicht zufällig ein Gelehrter der lateinischen Sprache war, würde er nicht wissen, dass sie völligen Unsinn redete. Es war pures Glück, dass sich in diesem Augenblick eine riesige schwarze Wolke vor die Sonne schob und die Landschaft in Dämmerlicht tauchte. Gleichzeitig kam Wind auf, der Staub und trockenes Laub entlang des Flussufers aufwirbelte. Die Soldaten verstummten und beobachteten sie voller Entsetzen. Sie wurden totenbleich, als ihnen klar wurde, was sie da tat. Während Alinor redete, stieß sie mit dem Schwert den Soldaten an, der sich ganz langsam zurückzog. Auf der anderen Seite des Wagens angekommen, rannte er schnell zu seinen Leuten zurück.

    „Sie hat mich verflucht!", hörte Alinor den Mann rufen, während er auf sie zeigte. Ihr Handgelenk schmerzte davon, das schwere Schwert hochzuhalten, doch sie wollte den Arm auf keinen Fall sinken lassen. Beinahe hätte sie beim Anblick des verschreckten Mannes gelacht, und es kostete sie viel Mühe, sich davon abzuhalten. Denn die Soldaten sollten ruhig weiter daran glauben, dass sie den bösen Blick aufgesetzt hatte. Solange sie das glaubten, waren sie und das Getreide sicher. Dennoch schaute sie kurz zum Himmel und betete, Ralph möge schnell zu ihr zurückkehren.

    Mit einem Mal kam sie sich sehr einsam und verlassen vor.

    „Wo in drei Teufels Namen sind wir, Guilhem? Edward, der Sohn von Henry III., schlug mit dem Schwert ungeduldig die dichten Büsche zur Seite, dann endlich gelangte sein Pferd auf eine kleine Lichtung mitten im Buchenwald. Wütend riss er sich den Helm vom Kopf. Unter der Kettenhaube lugten ein paar blonde Strähnen heraus. „Und wo sind meine Vorreiter? Ich dachte, die wären keine halbe Meile voraus! Eigentlich sollten sie zu uns zurückkehren und uns den Weg zeigen! Er setzte eine finstere Miene auf und zog einem ungezogenen Dreijährigen gleich die Mundwinkel nach unten.

    Guilhem, der Duc d’Attalens, hob seine breiten Schultern und brachte sein stattliches Schlachtross neben dem von Edward zum Stehen. Die drei in seinen Waffenrock eingestickten goldenen Löwen glänzten im Sonnenschein. Er zog die Lederhandschuhe aus und steckte sie vor sich unter den Sattel, dann nahm er ebenfalls den Helm ab, schob die Kettenhaube nach hinten und schüttelte das volle dunkelblonde Haar. Er genoss die kühle Brise, die seine heiße Kopfhaut kühlte.

    „Also?" Edward sah ihn gereizt an und schlug nach einer Fliege, die vor seinem Gesicht hin und her schwirrte.

    „Das weiß ich so wenig wie du!, gab Guilhem zurück und ließ eine Schulter in der Hoffnung kreisen, so das Jucken unter dem Kettenhemd zu lindern. „Aber da wir die halbe Nacht durchgeritten sind, könnte es sein, dass sie die Gelegenheit genutzt haben, um eine kurze Rast einzulegen.

    „Wir haben keine Zeit für eine Rast!, knurrte Edward und zerrte an den Zügeln seines Pferds, das unruhig auf der Stelle trat. „Die Gerüchte besagen, dass de Montfort den Severn überquert haben soll. Falls das stimmt, sind sie bereits in Richtung Osten unterwegs, während wir uns hier noch unterhalten.

    „Ich weiß. Aber das sind nur Gerüchte, Edward. Wenn die Männer müde sind, werden sie nicht kämpfen können, und dann verlieren wir so oder so." Gelassen sah Guilhem den Prinzen an. Er war mit den Launen seines Freundes genauso vertraut wie mit seiner Energie, mit der es nur wenige Männer aufnehmen konnten. Hinzu kam, dass er auf dem Schlachtfeld ein erstaunliches Durchhaltevermögen besaß.

    „Ich könnte jetzt kämpfen, brummte Edward mürrisch. „Und du würdest es auch wollen.

    Ja, er

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1