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Die Augen des Wolfes: Kado 2
Die Augen des Wolfes: Kado 2
Die Augen des Wolfes: Kado 2
eBook316 Seiten4 Stunden

Die Augen des Wolfes: Kado 2

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Über dieses E-Book

Während die Elfen und die Menschen nach der Ermordung des saevianischen Botschafters kurz vor einem Krieg stehen und sich die Drei für einen Kampf gegen den Gott Sareth rüsten, hofft Kado auf etwas Ruhe, nachdem er seine Freunde gerade erst vor dem Galgen bewahren konnte. Aber viel Entspannung bleibt dem Albinoelfen nicht, als die - nunmehr ehemalige - Agentin der Krone Lynn zwischen die Fronten der Götter gerät. So sehr er sich auch dagegen sträubt, muss er wohl oder übel seine Rolle als Diener des Carnor annehmen, um diejenigen zu retten, die ihm etwas bedeuten...
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum19. März 2019
ISBN9783749412082
Die Augen des Wolfes: Kado 2
Autor

Lukas Bayer

Lukas Bayer, geboren 1997 in Neustadt an der Weinstraße, studiert Mathematik und Informatik auf Lehramt an der Technischen Universität Kaiserslautern, doch in seiner Freizeit widmet er sich seit einigen Jahren dem Erfinden von fantastischen Geschichten und Welten.

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    Buchvorschau

    Die Augen des Wolfes - Lukas Bayer

    hatte...

    1

    Die Verfluchte Krähe

    „Ein bisschen mehr Mühe hätten sie sich aber schon geben können!, grummelte ich genervt und schüttelte den Kopf. „Das ist ja fast schon beleidigend!

    Ich warf einen Blick zu meinem wölfischen Begleiter Felan, der sich vor Lachen kugelte, was für normale Menschen wie eine Mischung aus Geheule und Gejaule klang. „Hör auf damit!, meckerte ich ihn genervt an. „Das ist nicht lustig!

    „Doch, kreischte Felan und ich konnte von Glück reden, dass um diese Uhrzeit kaum noch jemand in den Gassen Alarias unterwegs war. „Ich könnte mich Stunden lang darüber amüsieren.

    Neben mir erklang ein leises Kichern und ich fuhr herum, nur um Lynn böse anzustarren. „Findest du das etwa auch so komisch?"

    Die ehemalige Agentin der Krone grinste verschmitzt und unterdrückte offensichtlich ein Lachen. „Nun ja... ja Sie kicherte kurz, als sie für einen Moment die Fassung verlor. „Du musst zugeben, dass es schon amüsant ist... Jaja...

    Mein Blick ruhte auf dem bemalten Zettel, der dort an der Wand hing. Auf eben jenem war in sehr schlechter Manier ein Elf gemalt. Im Prinzip sah die Zeichnung aus, als hätte man einem Kind hier aus dem Hafen einen Stift gegeben und ihm gesagt, es solle einen Elfen zeichnen. Einzig die weißen Haare und die roten Augen ließen darauf schließen, dass ich die dargestellte Person war - oh und der Aufdruck Kado - lebendig gesucht wegen Hochverrats, eintausend Kronen Belohnung gab mir ebenfalls den diskreten Hinweis, ich sei mit dieser... Kritzelei gemeint.

    „Du hast gut reden!, meckerte ich sie an und warf einen Blick auf den zweiten Steckbrief, welcher ebenfalls dort vor uns hing. „Bei dir haben sie sich wenigstens angestrengt.

    Lynns Steckbrief zeigte selbst die feinsten Konturen ihres wunderschönen Gesichtes und war im direkten Vergleich zu dem Zettel mit meinem Konterfei darauf ein wahres Kunstwerk. Ich brummelte genervt, als ich mich von den Steckbriefen abwandte, neben denen auch die Gesichter von Sebastian, Reena und Aileen hingen.

    Mit einem Schmunzeln zog Lynn meinen Kopf zu sich und gab mir einen Kuss auf die Wange, bevor sie mit den Schultern zuckend davon ging. „Es gibt eben nun mal nur wenige Elfen mit deinem Aussehen", meinte sie, ohne sich wieder umzudrehen und ging zielstrebig die Gasse entlang. Sie wusste ja schließlich, wo es hingehen sollte.

    Das Hafenviertel Alarias... ach ja, welch‘ wunderschöner Teil einer wunderschönen Stadt - könnte ich jetzt sagen, aber lügen liegt mir irgendwie nicht. Nicht nur, dass fast alle Gebäude recht heruntergekommen waren und nur noch mit viel gutem Willen als Häuser bezeichnet werden konnten, nein, in den Gassen streunten auch so manche seltsamen Gestalten herum, von denen ich hoffte, dass sie uns nicht über den Weg liefen - und damit meinte ich nicht Diebe oder Bettler.

    Ich grummelte etwas vor mich hin und zog die Kapuze so weit wie möglich ins Gesicht, bevor ich zu Lynn aufschloss - dicht gefolgt von Felan, welcher auch trotz einiger bösen Blicke meinerseits einfach nicht aufhören wollte zu grinsen.

    „Warum, fragte mich Lynn, als ich wieder neben ihr her ging, „hast du eigentlich so schlechte Laune? Sie warf mir einen besorgten Blick zu. „Ist es wegen mir?"

    Ich schmunzelte. Die Lynn, der ich in Ren’i’apían begegnet war... irgendwie war sie immer noch da, doch die Lynn, welche nun neben mir lief, war fast eine gänzlich andere Person... nein, das klang irgendwie falsch. Lasst es mich so ausdrücken: Lynn war seit diesem seltsamen Moment in der Zentrale der nordwestlichen Handelsgesellschaft, als ich ihren Arm berührt und ihr - keine Ahnung wie - die falschen Erinnerungen, die ihr eingepflanzt worden waren, genommen hatte, ein viel freundlicherer Mensch geworden. Ja, ich war fast versucht herzensgut zu sagen, wenn sie nicht ein besonderes Talent zum Töten hätte, denn ihre Ausbildung als Agentin der Krone - die hatte ich ihr nicht genommen.

    Kopfschüttelnd zog ich sie zu mir und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Nein, ist es nicht, beruhigte ich sie und ließ sie wieder los, bevor wir in die nächste Straße einbogen - eine kleine zwar, jedoch wollte ich bei Passanten keine Aufmerksamkeit erregen, nicht einmal durch so eine Nichtigkeit (auch wenn zwei Gestalten mit ins Gesicht gezogenen Kapuzen und einem Wolf wohl schon verdächtig genug waren). „Ich kann dir nicht lange böse sein.

    Sie grinste unter ihrer Kapuze. „Du meinst, so wie Ari?", fragte sie verschmitzt und musste deutlich sehen, wie meine Kiefer mahlten.

    „Ich kann dir allerdings sehr wohl wieder böse werden, wenn du noch einmal damit anfängst!", gab ich knirschend zu bedenken und obwohl sie ihr breites Lächeln nicht verlor - welches ich, nebenbei bemerkt, bezaubernd fand -, blieb sie anschließend ruhig.

    „Also ich finde, sie ist im Recht", meinte Felan ganz nebenbei, als uns am Ende der Straße die Spaltenbucht, von den Lampen an den Docks und den zwei Leuchttürmen an den Stränden erleuchtet, begrüßte.

    „Was mischst du dich da jetzt wieder ein?", fuhr ich meinen Ziehbruder an, während Lynn ein leises Kichern entglitt. Ich war mir fast sicher, dass ihr dieses mit Absicht entglitten war.

    Felan versuchte aus einer Laune heraus, das menschliche Schulterzucken nachzuahmen, was nicht so ganz gelingen wollte. „Ich sage doch nur meine Meinung, Kado!, meckerte er und fuhr sich mit der Zunge langsamer als normal über die Schnauze. Er hatte mal wieder Hunger. „Und meiner Meinung nach bist du schon dreimal auf Wanderschaft in ihrem Kopf gewesen und sie nur einmal.

    „Aber..."

    „Danke, Felan, meinte Lynn mit einem freundlichen Lächeln und deutete eine Verbeugung an, die der Wolf mit einem Lächeln zur Kenntnis nahm. Um diese Uhrzeit sah nur ein armer Bettler unsere seltsame Unterhaltung und ignorierte uns. Hätte er mein Gesicht gesehen, keine Frage, er hätte für die Belohnung auf der Stelle die Wachen gerufen. „Außerdem hast du noch das eine Mal vergessen, als er meine Gedanken gelesen hat.

    „Wollt ihr beiden wohl damit aufhören!"

    „Warum denn?, beschwerte sich Felan. „Sie ist schließlich nicht freiwillig in deinem Kopf herum gegeistert oder willst du etwa leugnen, dass du sie in deinen Körper gezwungen hast? Felan schüttelte sich und warf mir einen seltsamen Blick zu. „Jetzt verstehe ich, was du immer meinst, Kado... das klingt wirklich vollkommen dämlich!"

    „Sag ich doch!, meinte ich und hob entschuldigend die Hände. „Na schön, es tut mir leid, dass ich dir Vorwürfe mache, Lynn, es ist nur... Ich schmunzelte etwas wehleidig. „Mir gefällt es nicht, dass du meine Vergangenheit kennst, bevor ich sie dir erzählen kann."

    „Ach was! Viel habe ich ja auch nicht gesehen, Kado, meinte sie und grinste breit. „Vor allem würde ich wirklich gerne wissen, wie du als richtiges Wölfchen warst.

    „Da kann ich dir Geschichten erzählen, Lynn, meinte Felan. „Da war zum Beispiel einmal so...

    „Klappe!", zischte ich und vermied es, zu brüllen (auch wenn mir nur zu sehr danach wäre), denn selbst im Hafenviertel waren seit dem gestrigen Tag verstärkt Patrouillen unterwegs und ich wollte nicht wirklich, dass eine von ihnen auf uns aufmerksam wurde.

    Meine kleine Rettungsaktion, um Reena und Aileen vor dem Tod durch den Strick zu bewahren, hatte für Furore gesorgt. Nicht nur war auf einmal halb Alaria entweder ängstlich oder hinter mir mehr, nein, mir wurde auch noch die Schuld für das Attentat auf den König durch den saevianischen Botschafter zugeschoben. Letzteres änderte jedoch leider nichts an den Problemen, die sich jetzt zwischen dem Elfenreich und Meraldia entwickeln würden.

    „Du bist heute aber angespannt!", meinte Lynn lächelnd und ich seufzte. Ja, ich war angespannt, genervt, gestresst, überfordert oder wie auch immer man es jetzt nennen wollte - und das war ich nun einmal nicht gewohnt.

    Vor allem Lynn trug nicht gerade zu einer Besserung bei, auch wenn ich langsam einiges zu verstehen begann, was sie und meine Kräfte betraf. Die Tatsache, dass sie Felan verstand oder einen Teil meiner Erinnerungen kannte, hatte etwas mit dem Moment zu tun, als ich ihre Seele in mich aufgenommen hatte. Vielleicht war etwas schief gelaufen, vielleicht hatte ich durch meine Unwissenheit etwas gepfuscht, aber ich konnte nicht leugnen, dass uns seitdem etwas verband - und damit meine ich mehr als nur die Zuneigung, die wir für einander empfanden.

    Ich atmete tief durch. Stress war etwas, das ich zutiefst hasste und normalerweise nie an mich heranlassen wollte. Selbst früher bei Andrew hatte ich bei der Arbeit immer meine Ruhe behalten und glaubt mir, das war nicht gerade einfach gewesen. Doch jetzt war ich - was innere Ruhe betraf - wahrscheinlich sowohl für Carnor als auch die Elfen eine Schande. Aber das war ja auch egal, denn im Moment hatte ich andere Probleme, als mich mit meiner... Bestimmung als Streiter Carnors oder als Vertreter meiner Art zu beschäftigen.

    „Ich bin überhaupt nicht angespannt, meinte ich und kratzte mich nachdenklich am Kopf. „Na schön, vielleicht ein kleines bisschen, aber genervt trifft es wohl eher. Sofort hob ich abwehrend die Hände in Richtung Lynn. „Bevor du etwas falsch verstehst, nein, nicht von euch beiden, sondern von der Gesamtsituation. Naja, egal." Ich erlaubte mir ein Schmunzeln.

    „Du hältst es so wie immer?", fragte Felan grinsend und ich nickte nur.

    „Was heißt bei dir denn wie immer?", fragte Lynn und unterdrückte deutlich ein Lachen.

    Ich dachte an den Abend vor der Hinrichtung. Wie hatte Felan es noch gleich treffend beschrieben? „Dumme Sprüche reißen, lächeln und einfach ignorieren, dass mir das alles so ganz und gar nicht passt." Lynn kicherte leise.

    Am Ende der Gasse lagen der Hafen und die Spaltenbucht. Zwischen den Masten der kleinen Fischerboote und an den Rümpfen der großen Handelsschiffe vorbei erstreckte sich das dunkle Wasser, welches von den Leuchtfeuern an den Seiten der Bucht bis hinaus zum Meer erleuchtet wurde und die Schiffe durch die Bucht führte - wobei die Bucht mehrere Meilen lang war und dementsprechend sah man bis an den Horizont Lichter in der Dunkelheit tanzen. So manche Seele mochte dieser Anblick der Leuchtfeuer erwärmen und ja, ich zählte auch dazu, jedoch endete dies sobald meine Augen wieder zum Hafen zurückkehrten.

    Abgesehen von wenigen großen Handelsschiffen, die angedockt auf ihre Ent- oder Beladung warteten, lagen fast nur kleine Schiffe im Hafenbecken, während die größeren Galeeren weiter außerhalb vor Anker lagen. Kisten über Kisten stapelten sich an den Stegen und würden wahrscheinlich erst am nächsten Morgen in die Lagerhallen direkt daneben getragen werden, denn die Hafenarbeiter waren bereits in der nächsten Taverne oder dem nächsten Bordell verschwunden. Ein paar Frachtkräne standen unbenutzt auf den Stegen und erwarteten gespannt das nächste Schiff, das sie mit Arbeit beschenkte.

    Neben den Anlegestellen für Handelsschiffe und Fischkutter gab es natürlich auch noch die Docks, in denen Schiffe gefertigt, gewartet oder schlicht gelagert wurden. Von diesen größeren Hallen gab es gleich mehrere über den ganzen Hafen verteilt, sodass ich gar nicht erst versuchte ihre Anzahl zu bestimmen. Zumindest fünf Stück gab es bestimmt von ihnen.

    Eine Hand packte mich am Arm und Lynn zog mich ruckartig zurück in die Gasse, aus der wir gerade gekommen waren. Bestimmend drückte sie mich in den Schlagschatten einer Hauswand, während sich Felan die nächstbeste Ecke suchte und sich dort so klein wie möglich einrollte.

    Im nächsten Moment stapfte eine Patrouille der Stadtwache angeführt von einer Dreiergruppe Soldaten an der Gasse vorbei und warfen nur einen flüchtigen Blick die Gasse entlang. Sie sorgten sich wohl viel mehr darum, dass ich mein Unwesen direkt am Hafen und nicht in irgendwelchen dunklen Ecken trieb - oder sie hatten einfach zu viel Respekt vor den Gestalten, die sich normalerweise in solchen Gassen verbergen konnten.

    Als die Schritte der Wachen in der Ferne verhallt waren, entglitt mir ein leiser Fluch. Ich verdammter Vollidiot, ich minderbemitteltes Beispiel eines Wolfes und Elfen!

    Ich war derart in Gedanken versunken gewesen, dass ich die gestiefelten Schritte der Soldaten nicht bemerkt hatte - und das, obwohl ich die Sinne eines Elfen und eines Wolfes hatte! Irgendwann wird mir meine fehlende Konzentration noch zum Verhängnis...

    „Wir sollten vorsichtiger sein, meinte Lynn nachdenklich und ließ mich wieder los. „Seit wir aus der Handelszentrale gekommen sind, wären wir jetzt schon bald fünf oder sechs Mal in eine Patrouille rein gerannt. Ich grummelte ihr eine Antwort entgegen.

    Ihre Ohrfeige war erstaunlich sanft dieses Mal, woraufhin sie mir drohend den Finger entgegenstreckte. „Dürfte ich anmerken, dass ich von uns beiden diejenige bin, die ihr gesamtes Leben, so wie sie es kannte, verloren hat und nun niemanden mehr hat als einen Wolf und einen sich selbstbemitleidenden Elfen? Sie warf Felan einen Blick zu. „Versteh das bitte nicht falsch. Felan schüttelte nur wissentlich mit dem Kopf.

    Sie wandte sich wieder mir zu. „Auf jeden Fall bist du hier nicht der einzige mit Problemen, Wölfchen! Ich schluckte. Eines war mir seit dem Tag zuvor an ihr aufgefallen: es bedeutete nichts Gutes, wenn sie mich Wölfchen nannte. „Nicht nur du hast dein Leben verloren, so wie du es kanntest - und im Gegensatz zu mir, will dich deine Familie nicht tot sehen!

    Sie stieß mich leicht genervt gegen die Hauswand und drehte sich um, wobei ich nach ihrer Hand griff. Sie blieb stehen, drehte mir jedoch immer noch den Rücken zu. „Warum warst du dann heute so freundlich und gut gelaunt?"

    Lynn warf mir einen nicht zu deutenden Blick zu und verdrehte genervt die Augen. „Wegen dir, du völlig unsensibler Idiot!, fauchte sie mich an und zog die Hand weg, bevor sie ihre Kapuze richtete und mich mit ihrem Blick durchbohrte. Ich erwiderte den Blick, bis sie aufgab und nur traurig lächelnd den Kopf schüttelte. „Du musst noch viel lernen, Wölfchen. Mit diesen Worten schritt sie dann auch davon und ich bemühte mich ihr zu folgen.

    Was meint sie damit? Ich warf einen fragenden Blick zu Felan, der breit grinsend neben mir her trottete. Ganz einfach, er erwiderte meinen Blick, du redest zu viel, Kado. Oh... Er lachte leise. Und du hast weniger Ahnung von Menschenfrauen als ich!

    „Felan und ich warten hier draußen und passen auf", meinte Lynn nur und lehnte sich ohne ein weiteres Wort gegen die nächstbeste Hauswand. Felan schaute einen kurzen Moment unsicher zwischen mir und ihr hin und her, bevor er gemütlich von mir weg trabte. Vielen Dank auch, Felan!

    Der Wolf grinste zu mir herüber, bevor er sich zu Lynns Füßen einrollte. Hass mich nicht dafür, dass sie recht hat, lachte er in meinem Kopf. Außerdem sind das deine Freunde...

    Ich seufzte nur und gab es auf mit Felan zu diskutieren oder Lynn zu besänftigen. Stattdessen richtete ich meinen Blick auf das Haus vor mir.

    Viel wusste ich über die Verfluchte Krähe nicht gerade - bis auf das, was ich von Seldrin erfahren hatte. Es war eine sehr beliebte Spelunke hier im Hafenviertel und wurde vor allem zu dieser Uhrzeit gerne von Gaunern wie Hafenarbeitern gleichermaßen aufgesucht. Sie galt als einer der Orte, um den die rechtschaffenen Bürger Alarias einen weiten Bogen machten - und genau deshalb hatten die Diebe Reena, Aileen und Sebastian hier versteckt.

    Das Problem, welches sich dabei allerdings ergab, war, dass mich wahrscheinlich so ziemlich jeder in dieser Taverne an die Stadtwache verkaufen würde, wenn sie wüssten, wie viel ich wert war. Also zog ich meine Kapuze noch tiefer in mein Gesicht, prüfte den Sitz von Schwert und Messer und trat ein.

    Der übliche Geruch von Bier und Schnaps schlug mir entgegen und mischte sich mit dem Schweiß der Gäste und dem leichten Hafengeruch zu einer ganz eigenen Duftnote - wenn auch nicht unbedingt zur Angenehmsten.

    Neben dem Geruch schlug mir sofort der Lärm entgegen. Wie zu erwarten, besoffen sich ein paar Hafenarbeiter lautstark in einer der Ecken und begannen ein Lied anzustimmen. Zwar war es nicht unbedingt eine Wohltat für meine empfindlichen Ohren, jedoch schienen sie mir singend mehr als friedlich und ich machte mir keine Sorgen wegen ihnen. Wahrscheinlich hatten sie mich noch nicht einmal bemerkt.

    Wirklich Sorgen machte ich mir dagegen eher um ein paar andere Gestalten, die erstaunlich ruhig und besonnen an ihren Tischen saßen und an ihren Bechern nippten. Diese schickten mir nämlich den ein oder anderen misstrauischen Blick zu, welchen ich vermied zu erwidern. Wenn sie meine roten Augen zu sehen bekämen, könnten sie Verdacht schöpfen. Wer diese Gestalten waren, vermochte ich nicht zu sagen.

    Ich setzte einen Fuß vor den anderen und ging langsam hinüber zum Wirt, der nur eine Augenbraue hob, als er den neuen Gast sah. Vermutlich war ausgerechnet im Hafenviertel unter Dieben und Halsabschneidern ein einzelner vermummter Besucher nicht gerade selten.

    „Was darf’s sein?", fragte er, als ich mich gegen das alte Holzbrett lehnte, welches der Theke als Ablage diente. So manche tiefe Kerbe zeugte von einem wütenden Gast, der sein Messer in das arme Holz getrieben hatte und auch die Brandflecke ließen nicht gerade auf gute Pflege der Taverne schließen.

    „Ein Bier, meinte ich und griff nach der Kapuze, um sie ein Stück zurückzuziehen, sodass nur der Wirt mein Gesicht sehen konnte. „Und ein Besuch bei meinen Freunden, ergänzte ich leise und legte ein paar Münzen auf die Theke.

    Die Augen des Wirts weiteten sich kurz, jedoch versuchte er jegliche weiteren Reaktionen zu vermeiden, bevor er sich einen Krug griff und sich zu einem Fass umdrehte. Recht wortlos zapfte er das Bier, während ich ihm dabei zuschaute und ein wenig meinen Gedanken nach hing. Nicht den tristen Gedanken, die ich sonst meistens hatte (und in diesem Moment nur zu sehr vermeiden wollte), sondern vielmehr einem kleinen Gedankenspiel: Was würde passieren, wenn ich meine Kapuze genau in diesem Moment abziehen würde? Der Wirt ließ sich Zeit, also schloss ich nachdenklich die Augen.

    Ich schmunzelte. Wahrscheinlich würde es recht schnell still werden. Selbst die betrunkenen Hafenarbeiter oder Seefahrer würden sich wundern, wer der Elf war, der sich da gerade ein Bier bei dem schlecht gelaunten Wirt bestellt hatte. Die seltsamen Gestalten, die mich schon seit meinem Eintreten beobachteten, würden sich dagegen wahrscheinlich schnell an die Belohnung erinnern, die auf meinen Kopf ausgeschrieben war - und wenn die Trunkenbolde erst etwas von einer Belohnung hörten, konnte es nur Ärger geben.

    Kurz um, ich kam zu dem Schluss, dass es in jedem Fall zu einem Kampf kommen würde. So wie ich das sah, würden zuerst die seltsam ruhigen Männer aufstehen und auf mich zu gehen, nur um daraufhin von den Trunkenbolden überholt zu werden. Die anderen Gäste würden sich bedeckt halten, um sich bloß nicht mit einer Horde Betrunkener einzulassen - oder diesen anderen Typen.

    Die Säufer würden wohl kaum ein Problem für mich darstellen. Ja, ich weiß. Das klang jetzt recht arrogant, aber mit Betrunkenen hatte ich mich schon damals im Jägersmann herumgeschlagen. Ich wusste, wie man mit ihnen und ihren uneinsichtigen Sturköpfen umgehen musste. Schätzungsweise würde dabei allerdings der ein oder andere Tisch seine erdachte Funktionsweise einbüßen. Aber wie bereits gesagt, mehr Sorgen machte ich mir um die Gestalten, die mich so misstrauisch beäugten. Mich würde es nicht verwundern, wenn unter ihnen ein Agent der Krone war und dieser über meine Unsterblichkeit Bescheid wusste. Dann würde aus einer schönen Schlägerei schnell eine Messerstecherei oder gar ein Schwertkampf werden - und meine Fähigkeiten mit der Klinge waren um Längen schlechter als mit den Fäusten. Mit denen hatte ich wenigstens etwas Übung aus meiner Zeit im Jägersmann.

    „Dein Bier, meinte der Wirt auf einmal. Ich öffnete die Augen, als er das flüssige Gold vor mir abstellte. Dabei glitt ein Schlüssel aus seiner Hand direkt neben den Bierkrug. „An der Theke vorbei letzte Tür links, ergänzte er leise und drehte sich wieder weg, als wäre nichts gewesen.

    Ein Schmunzeln huschte über mein Gesicht, als ich den Schlüssel in meinen Ärmel gleiten ließ. Ich wusste immer noch nicht, wer die Diebin war, die mir für ein paar Münzen so bereitwillig geholfen und auch dieses Versteck organisiert hatte. Wer auch immer sie war, ich schuldete ihr weit mehr, als die Münzen, die sie bereits erhalten hatte.

    Ich nahm einen kräftigen Zug von dem Bier (welches nebenbei bemerkt gar nicht so schlecht war), legte ein paar Münzen auf den Tresen und stand auf. Die Blicke in meinem Rücken waren mehr als deutlich spürbar, als ich am Tresen vorbei durch eine Tür ging, doch ich ignorierte sie schlicht und lies eben jene Tür wieder hinter mir ins Schloss fallen.

    Die letzte Tür links sagte er. Ja gut, viel mehr Auswahl gab es in dem Gang auch nicht wirklich... Es gab drei Türen, wovon zumindest eine in irgendetwas Küchenähnliches führen dürfte und die andere in einen Keller, Abstellraum oder sonst etwas - zumindest wenn ich die Krähe geführt hätte, wäre dies so gewesen.

    Es klickte leise, als sich der Schlüssel im Schloss herumdrehte. Mit einem Schmunzeln im Gesicht öffnete ich die Tür und trat ein. Ich war schon gespannt, wie die drei reagieren würden, wenn sie mein Gesicht erblickten. Wenn die Diebin ihnen nicht verraten hatte, wem sie die Hilfe zu verdanken haben, wäre mein Erscheinen eine wahre Überraschung.

    Hinter der Tür befand sich eine recht kleine Kammer mit zwei Betten, einer Kommode und einer kleinen Waschschüssel, welche von zwei Lampen an den Wänden beleuchtet wurde. Aileen saß ruhig auf dem Bett und unterhielt sich gerade mit Reena, welche nervös auf und ab ging.

    Sofort drehten sich die beiden in meine Richtung um und Reenas Hand glitt reflexartig zu einem Schwert an ihrer Seite, welches ich bei meinem ersten Blick nicht ganz wahrgenommen hatte.

    Sofort hob ich abwehrend die Hände. „Ganz ruhig!, meinte ich beschwichtigend und griff langsam an meine Kapuze, um sie abzuziehen. Reena verfolgte langsam und zutiefst misstrauisch meine Hand, bis sie meine roten Augen sah, die sich freundlich unter der Kapuze zeigten. „Nennt ihr das eine Begrüßung?

    „Du?!", riefen die beiden fast gleichzeitig aus und starrten mich mit weit aufgerissenen Augen an. Die ehemalige Agentin ließ die Hand vom Knauf ihrer Waffe rutschen und verschränkte die Arme vor der Brust. Aileen hingegen sprang auf der Stelle auf, als sie mich sah.

    „Ja, ich, meinte ich grinsend und schloss die Tür hinter mir, bevor ich mich suchend umschaute „Wo steckt Sebastian?

    „Dummes Zeug anstellen, meinte Reena schlecht gelaunt und kratzte sich am Hals, an dem man noch die roten Striemen erkennen konnte. Bei Aileen war es ähnlich, auch wenn jene bei beiden schon fast verblasst waren. „Sich in Gefahr bringen, wie sonst auch immer. Sie schien sichtlich gereizt zu sein.

    Ich nickte leicht und warf einen Blick zu Aileen, die nur stumm auf den Boden schaute, während sie ein paar Schritte auf mich zu ging. Sie wirkte irgendwie abwesend. Als wäre sie nicht wirklich hier... oder als wollte sie gar nicht hier sein. „Ist was?", fragte ich sie und schaute sie nachdenklich an, doch sie machte noch ein paar Schritte auf mich zu.

    Ohne ein Wort trat sie an mich heran und umarmte mich. Sie schlang ihre Arme um mich, lehnte den Kopf gegen meine Brust und drückte ihn fest dagegen, während ich etwas zögernd die Umarmung erwiderte und ihr sanft über den Rücken strich.

    Ein leichtes Zittern ging durch ihren Körper und ich hörte ein leises Schluchzen. Sie weinte, zwar recht leise, doch ich hörte es und Reena wahrscheinlich auch. Ich seufzte.

    Es

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