Ein Traum für zwei: Aus der Reihe "Zärtliche Stunden"
Von Sima G. Sturm
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Buchvorschau
Ein Traum für zwei - Sima G. Sturm
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1
»Drehen Sie sich um, aber ganz langsam!«, forderte Lena Meyer mit der Pistole im Anschlag die vermummte Gestalt auf, die mit dem Rücken zu ihr gewandt in der Mitte des Wohnzimmers stand. Sie konnte die Anspannung im Griff ihrer Hände spüren, die das kühle Eisen fest umklammert hielten.
Nur zögernd, fast schon widerwillig und mit gesenktem Haupt gehorchte das Kapuzenwesen. Der schwarze Mantel und die tief ins Gesicht gezogene Kopfbedeckung gaben nicht preis, wer sich darunter verbarg. »Erschießen Sie mich jetzt, Frau Kommissar?«
Das war eindeutig eine weibliche Stimme. Sie hörte sich vorsichtig, aber nicht unbedingt ängstlich an.
Lena klappte der Unterkiefer nach unten, und ihre Augen weiteten sich. »Jessi!«, stieß sie entgeistert hervor. »Bist du verrückt geworden, hier einfach so bei mir einzubrechen?« Schweratmend und etwas zittrig schob sie ihre Waffe ins Holster zurück.
»Ich wollte dich überraschen«, erwiderte Jessica. Sie schaute auf und bedachte Lena mit einem betörenden Augenaufschlag, der vermutlich Eisberge zum Schmelzen hätte bringen können.
Einen Moment lang verschlug es Lena den Atem. »Mit einer Kapuze auf dem Kopf?«, platzte es dann umso ungestümer aus ihr heraus. Das war doch nicht zu fassen! Verständnislos schüttelte sie den Kopf.
»Mir war kalt, während ich auf dich gewartet habe . . .« Jessica lächelte kokett. »Aber du kannst mich ja wärmen.«
»Ganz bestimmt nicht!«, schimpfte Lena. Sie war immer noch aufgebracht. »Wie bist du überhaupt in meine Wohnung gekommen?«
Jessica zwinkerte ihr unschuldig zu. »Das bleibt mein Geheimnis, meine Schöne«, hauchte sie. Sie schien sich tatsächlich keiner Schuld bewusst zu sein. Langsam streifte sie ihren Mantel ab und offenbarte sich nun im Evakostüm.
Lena schluckte mühsam beherrscht. Jessi so gänzlich nackt in ihrer prallen Schönheit vor sich zu haben machte es ihr unmöglich, noch einen klaren Gedanken zu fassen.
»Bist du dir sicher, dass du mich nicht wärmen willst?«, fragte Jessi. Ganz selbstverständlich, als wäre sie hier zu Hause, legte sie sich auf die Couch, winkelte ein Bein an und legte ihren Arm mit einer sinnlichen und zugleich provozierenden Geste über den Kopf. Sie glich einem Gemälde, sündhaft und verführerisch.
»Denkst du etwa, ich könnte dir nicht widerstehen?« Lena bemühte sich, ihre Stimme zu kontrollieren, sie kühl und lässig klingen zu lassen. Aber es gelang ihr nicht wirklich. Zu verlockend war Jessis Anblick. Es erregte sie, ohne Zweifel, und sie fühlte bereits, wie die Hitze sich zwischen ihre Beine verlagerte.
Jessi lächelte wissend. »Ich kenn dich besser, liebste Lena . . . Widerstand ist zwecklos«, raunte sie mit einem heiseren Lachen.
Lena unterdrückte ein Stöhnen, das ihr schon über die Lippen zu rutschen drohte. Sie spürte die Trockenheit in ihrem Hals, dieses lästige Kratzen. »Was soll ich bloß mit dir machen?«, krächzte sie.
»Also, ich wüsste da was . . .«, erwiderte Jessi, während sie sich aufreizend auf der Couch räkelte und ihr Becken ein klein wenig in die Höhe hob. Sie spielte mit einer Strähne ihres langen, schwarzen Haares, das ihre Schultern zärtlich umschmeichelte, und wickelte sie sich um den Finger.
In diesem Moment fühlte sich Lena genau wie diese Strähne. Jessi wickelte sie einfach so um den Finger – und dazu brauchte sie sich noch nicht mal anzustrengen. Ein Blick aus ihren strahlend blauen Augen genügte. Jedes Mal verlor sich Lena in diesem tiefen Blau, das einem Ozean glich und wie die Wellen schillerte, die auf ihm tanzten.
Sie tat das, was sie schon so oft getan hatte, als befände sie sich in einer Endlosschleife oder in einem Film, der immer wieder an derselben Stelle abgespult wurde. Sie legte ihr Schulterholster ab, danach zog sie ihre Schuhe und ihre Hose aus.
Ein Kribbeln strömte durch ihren Körper, wurde stärker und zog sich bis unter die Kopfhaut.
Nur noch ein paar Schritte . . .
Pure Lust beherrschte sie.
2
Nach einer unruhigen Nacht trudelte Lena niedergeschlagen auf ihrer Dienststelle ein.
Ihre Kollegin und Freundin Sybille brauchte ihr nur in die müden Augen zu schauen. »Oh je, hattest du etwa wieder diesen heißen Traum?«
Lena rollte mit den Augen und schwieg. Zu oft war sie von diesem nächtlichen Erlebnis schon heimgesucht worden, und jedes Mal fühlte sie sich danach wie durch den Fleischwolf gedreht. Es lohnte sich nicht mehr, darüber zu reden.
Sybille sah das freilich anders. Unaufgefordert drückte sie Lena eine Tasse Kaffee in die Hand und machte es sich in Lenas Büro bequem. »Also? Hast du oder hast du nicht?«
»Hm«, grummelte Lena nur. Sie warf einen Blick auf ihre Akten, die sich auf dem Schreibtisch stapelten. An Ablenkung würde es glücklicherweise auch heute nicht mangeln.
Sybille stieß einen quietschenden Laut aus. »Hab ich es doch geahnt! Meine liebe Lena, du bist ein wandelndes Bilderbuch . . . für mich zumindest.« Sie grinste vielsagend. »Vielleicht solltest du ja mal eine Annonce aufgeben: Suche Jessica, attraktiv, schwarzes Haar, blaue Augen, die bei mir einbricht und mich im günstigsten Fall gleich nackt empfängt.« Lachend prustete sie in ihren Kaffee.
»Sehr witzig«, brummte Lena missgelaunt. »Ich hätte dir nie davon erzählen sollen. War ja klar, dass das ein Riesenspaß für dich ist.« Sie funkelte ihre Freundin böse an.
Seit einem halben Jahr ging das nun schon so, dass sie mindestens einmal in der Woche von dieser geheimnisvollen Frau träumte, derselbe Traum, dieselbe Frau . . . Und dabei kannte sie überhaupt keine Jessica.
»Ach, komm schon«, versuchte Sybille sie milde zu stimmen, »du musst doch zugeben, dass das ein sehr aufregender Traum ist, und von einem Albtraum kann da wohl keine Rede sein. Warum also genießt du ihn nicht, anstatt danach jedes Mal so übelgelaunt aus dem Bett zu steigen?«
Lena hob eine Augenbraue und musterte Sybille eindringlich. »Das ist doch wohl nicht dein Ernst? Schon mal darüber nachgedacht, dass das Problem darin liegt, dass es eben nur ein Traum ist? Und dann hört er auch noch stets an der Stelle auf, an der es am schönsten wird.« Sie biss sich auf die Unterlippe und hätte das Gesagte am liebsten einfach fortgewischt.
Sybille verzog die Mundwinkel. »Schon klar, die Realität wäre dir natürlich viel lieber.« Nachdenklich wiegte sie ihren Kopf hin und her. »Kann ich gut verstehen«, fügte sie hinzu, während sie aufstand, ihre Kaffeetasse absetzte und sich hinter Lena stellte. Sie begann ihr mit angenehmem Druck die Schultern zu massieren. »Vielleicht hat das ja etwas zu bedeuten. Traumdeutung oder so, da gibt es auch Bücher drüber.«
Ein amüsiertes Lachen drang aus Lenas Kehle. Sie legte ihren Kopf zurück und spürte bereits, wie die Verspannungen in ihrem Nacken sich allmählich lösten. »Na, soweit kommt’s noch, dass ich jetzt auch noch Nachforschungen wegen dieses Traums anstelle!«
»Ich meinte ja nur«, erwiderte Sybille. Sie tat, als schmollte sie ein wenig. »Interessiert es dich denn nicht, ob deine Traumfrau nicht doch real ist? Vielleicht bist du ihr sogar schon über den Weg gelaufen und hast es nur nicht registriert?«
Wieder musste Lena lachen. Was für eine Absurdität. Kopfschüttelnd drehte sie sich zu ihrer Freundin um. »Glaub mir, diese Frau hätte ich ganz bestimmt nicht übersehen!«
Sybille zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Gut möglich. Aber so hartnäckig und deutlich, wie du von dieser Frau träumst, muss es sie in Wirklichkeit geben. Oder sie ist eine Vision, die deine geheimen Wünsche von der perfekten Frau in Vollendung verkörpert.«
»Du glaubst tatsächlich an diesen Unsinn, hm?« Lena erhob sich und rieb sich den Nacken. »Ich tu es jedenfalls nicht. Wahrscheinlich habe ich einfach nur eine blühende Fantasie oder zu viele Filme gesehen. Reflektion, sage ich da nur.« Sie nahm noch einen Schluck von dem inzwischen kalten Kaffee und verzog das Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen.
»Na ja . . .« Sybille schob zweifelnd ihre Unterlippe nach vorn, aber sie sagte nichts weiter dazu. Stattdessen drückte sie Lena einen Schmatz auf die Wange. »Halt mich auf dem Laufenden, ja?« Als Lena