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Terra Aluvis Vol. 1
Terra Aluvis Vol. 1
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eBook592 Seiten8 Stunden

Terra Aluvis Vol. 1

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Über dieses E-Book

Die prasselnden Wassermassen auf seinen nackten Schultern kümmerten ihn wenig. Der eisig schneidende Wind um seinen klammen Oberkörper störte ihn nicht. Sacris verharrte auf sein Schwert gestützt am Boden bis zu den Knöcheln im Wasser kniend und ließ den Sturm seine Ängste und Befürchtungen mit all der Macht und Gewalt, die er mit sich brachte, hinwegfegen.
Mochte sein Freund überleben. Mochte er lebend wieder zu ihm zurückkehren.'
---
Was geschieht, wenn alles, woran du geglaubt hast, nur eine Illusion ist? Woran klammerst du dich, wenn die Welt um dich herum von einem Moment zum anderen zusammenbricht? Woher weißt du, wer du bist, wenn es niemals zuvor jemanden wie dich gegeben hat?

Sei gefasst auf einen Kampf der Titanen: Gut gegen Böse, Technologie gegen Magie, Verstand gegen Emotion, Schicksal gegen den Willen des Einzelnen, totale Kontrolle gegen völligen Verlust – und die ultimative Macht von Hass und Liebe.
---
[Der 2. Band ist per E-Mail beim Autor direkt zu erwerben – mit dem 1. Band ebenso möglich (günstiger+Extras). Terra Aluvis ist ein Gesamtkunstwerk, zu dem es auch viele Illustrationen und Soundtracks gibt, die vom Autor selbst erstellt worden sind. Es existieren mittlerweile 6 Buchbände und die Geschichte wird fortgesetzt. Mehr Informationen auf Anfrage unter van-syl-production.net]
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum22. Juli 2014
ISBN9783737501989
Terra Aluvis Vol. 1

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    Buchvorschau

    Terra Aluvis Vol. 1 - Nox Laurentius Murawski

    Terra Aluvis

    I

    Nox Laurentius Murawski

    alias Van Syl Production

    2. Auflage

    Copyright: © 2015 Nox Laurentius Murawski

    alias Van Syl Production

    Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

    ISBN 978-3-7375-0198-9

    Legende:

    1 – Eksaph

    2 – die Prinzresidenz

    3 – Tyurin

    4 – Rafalgar

    5 – Breys Pferdehof

    6 – Kanfar

    Schatten ferner Zeiten

    Sie weinen …

    Nur der Mond lauscht den Tränen jener

    Die zwischen Leben und Tod wanken

    ~Prolog~

    "Mein Freund,

    Die Welt hat sich gewandelt …

    Die Menschen, die sie bevölkern, sind in Angst und Schrecken versetzt, während ihre Zahl auf unerklärliche Art und Weise von Nacht zu Nacht schrumpft. Sie verschwinden einfach und kehren nicht zurück.

    Die Jeremiaden der Verbliebenen gelten den Tieren, denen sie die Schuld geben. Als Opfer außer Kontrolle geratener Verzweiflung werden sie erbarmungslos gejagt und ihres Lebens beraubt. Die Wölfe als 'Inkarnation des Bösen' seien die Ursache von allem, was geschehen ist.

    Mit dieser Illusion haben die Menschen Schilde um ihre Städte errichtet, um sich vor jeglichen Tieren abzuschotten …

    – Nur mit dem kleinen Fehler, dass ihr Feind kein Tier ist."

    (Alran der Weise)

    ~1~

    Die Nebelschleier hingen schwer vor dem Antlitz des Himmels und erlaubten ihm nicht, sein Sternenlicht zur Erde zu tragen. Kein Wind regte sich in dieser Nacht, ja, die Luft schien fast zu stehen, wenngleich einem die Kälte im Tal des Eksaph einen Schauer nach dem anderen über den Rücken zu jagen vermochte.

    Die kleine Siedlung, welche zu jener Nacht nicht mehr als hundert Seelen zählte, war ungewöhnlich weit abseits von der Hauptstadt der Menschen Hymaetica Aluvis gelegen; denn Hymaetica befand sich an der Küste zum Ozean der Träume, um welche sich die anderen Dörfer und Städte angesiedelt hatten. Eksaph hingegen lag tief in der Wildnis des Gebirges des Grauens verborgen und war nur sehr schwer zu erreichen. Und doch hatte diese Kleinstadt, wie alle größeren Menschensiedlungen, diesen einen kleinen Schutz: die Schilde der Wissenden – so unbedeutend, so wertlos gegen das, wogegen sie sich zu schützen erhofften …

    Während dieser mondlosen Nacht inmitten dieser verlorenen Berggegend, ja, ausgerechnet zu diesem abgelegenen Ort – geprägt durch einsame Adler, deren verzweifelter Ruf von den kahlen Gipfeln widerhallte – waren sie gekommen.

    Sie, denen die verfluchten Schatten gehorchten. Sie, die sich zu Herren über das Schicksal gemacht hatten. Sie, welche die Verdammnis mit sich brachten.

    Celine blickte gedankenverloren an die dunkle Decke ihrer Kammer. Vor ihrem inneren Auge sah sie Lewyn gegen das Licht der Sonne vom Pferd zu ihr herab lächeln. Dabei erklärte er ihr, dass er einen Brief an den Prinzen zu überbringen hatte und in einer Woche zurückkehren würde. In einer Woche also …

    Danach war der junge Mann zügig auf seinem Pferd davon­geritten und zu einer verschwommenen Silhouette am Horizont geworden – auf dem Weg zu Sacris Faryen, dem Prinzen der Menschen und zugleich Lewyns und Celines bestem Freund.

    Das Mädchen musste unweigerlich schmunzeln, als sie sich daran entsann, wie sie alle noch vor wenigen Jahren zu dritt herumgetollt hatten … Ach, es waren schöne Erinnerungen …! Voll Leichtigkeit und Unbefangenheit …

    Seitdem Celine im Alter von neun Jahren von Lewyns Eltern aufgenommen worden war, hatte sie viel Zeit mit den beiden verbracht, obwohl jeder letztlich seinen ganz eigenen Weg gegangen war. Sie selbst setzte die Tätigkeit ihrer verstor­­benen Mutter als Heilkundige des Dorfes fort, half den Menschen, wo sie nur konnte, und fand darin ihre Erfüllung. Sacris dagegen wurde in der Hauptstadt Hymaetica gelehrt, eines Tages als König das Reich der Menschen zu regieren. Und Lewyn lebte als Knappe an der Seite eines großen Kriegsveteranen – und zugleich Sacris' Schwertlehrers – und reiste im Reich umher, um die Aufträge seines Herrn auszuführen. Kurz: eine Medica, ein Kronprinz und ein Knappe …

    Die jungen Männer waren für Celine immer wie Brüder gewesen und hatten sich stets um sie gekümmert. In der vergangenen Zeit hatten sie sich allerdings seltener gesehen – zu eingenommen war ein jeder von seinem Leben gewesen. Doch hatte Celine sich nie allein gefühlt; denn die Bewohner Eksaphs liebten und respek­tierten sie für das, was sie tat, und waren dankbar für ihre Hilfe und Mühe. Vielen von ihnen hatte sie bereits das Leben gerettet und würde gewisslich noch vielen weiteren Menschen das Leben retten.

    Die junge Frau lächelte zufrieden. Sie hatte wirklich keinen Grund, sich zu beschweren. Es ging ihr gut, wirklich gut … Sie kuschelte sich in die weichen Kissen ihres Bettes, schloss glücklich die Augen und verfiel bereits nach kürzester Zeit in einen tiefen Schlummer …

    Im Traum erschien Celine dann jedoch eine eigenartige, fremde Gestalt: eine junge Frau. Sie war zierlich gebaut und besaß ein prächtiges, weißes Kleid, das dennoch zerschlissen wirkte. Ihre blassen Wangen waren von bitteren Tränen benetzt, während ihr langes, seidig hellblondes Haar vom Wind in alle Richtungen geweht wurde. Leises Schluchzen ließ ihre Schultern beben und sie legte sich die fahlen Hände voll Kummer ins Gesicht.

    Celine sah sie sprachlos an. Mutter …, kam es über ihre Lippen, doch klang ihre Stimme viel zu hell, viel zu hoch – eine Stimme, die sie, wenn überhaupt, dann wohl vor vielen Jahren gehabt haben musste. Die Gestalt wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, ehe der Wind drehte und dafür sorgte, dass das lange Haar das halbe Gesicht verdeckte. Die schlanke Frau wurde plötzlich ganz ruhig, hob ihren Kopf zu Celine hin und hauchte: Es tut mir so leid …

    Das Mädchen begriff nicht. Sie setzte zu einer Frage an, nur wollten sich ihre Lippen nicht öffnen! So wandte sich ihr Gegenüber langsam ab und schritt davon. … tut mir leid …, drang es noch leiser als zuvor an ihre Ohren.

    Celine wollte der Frau folgen, zu ihr aufschließen, sie fragen, wovon sie sprach, sie fragen, was das zu bedeuten hatte! – aber ihr Leib gehorchte ihr nicht und fesselte sie an Ort und Stelle. … so leid …, hallten die Worte wie ein Schatten in ihrem Geiste wider, während die Gestalt zum Licht ging, das kleine Mädchen verloren am Boden in der Dunkelheit zurücklassend …

    – Celine schrak schwer atmend auf. Sie bekam kaum Luft und hatte das Gefühl, vergebens darum zu ringen. Also erhob sie sich von ihrem Bett, lief durch das dunkle Zimmer zum Fenster hin und riss es mit einem kräftigen Ruck auf. Ein mächtiger Windzug fuhr durch die Kammer und wirbelte den großen Stapel Karten vom Tisch herab, welcher sich unter dem Fenster befunden hatte. Celine bemerkte es aber nicht und schloss befreit die Augen, um die frische Luft in tiefen Zügen einzuatmen …

    Doch bereits nach wenigen Momenten hatte sich die Brise völlig gelegt. Stattdessen kroch der Nebel der Nacht leise verhängnisvoll in das Zimmer hinein und legte sich als träge Woge in die Lungen des Mädchens. Celine drehte sich nun vom Fenster weg und sah die Karten auf dem Boden liegen. Meine … Seherkarten …, kam es zögernd von ihr, während sie begann, diese langsam wieder aufzusammeln.

    Celine besaß die seltene Gabe, in des Schicksals Fäden hineinspähen zu können. Sie wurde regelmäßig von Visionen und Träumen heimgesucht; ein Schicksalsblick skurriler als der andere. Die Seherkarten verhalfen ihr dazu, den Sinn jener fremdartigen Botschaften zu enträtseln – so hoffte sie zumindest.

    Mit einem Mal hielt die junge Frau inne. Ihr starrer Blick war auf eine einzelne Karte gerichtet: die einzige, welche auf­gedeckt zu Boden gefallen war. Celine griff zögernd nach ihr, besah sich das abgebildete Motiv … und legte ihre Stirn in Falten. Was … hatte das zu bedeut- …?

    Celine zuckte jäh zusammen, als sie ein kaum hörbares Rascheln vernahm – und ließ die aufgedeckte Seherkarte wieder auf das Holz zu ihren Füßen fallen. Sämtliche Kerzen erloschen mit einem kurzen Zischen, dass es plötzlich vollkommen düster im Zimmer war.

    Totenstille.

    Nervös lauschend richtete sich die junge Frau auf und strich sich ihr langes, rotbraunes Haar aus dem Gesicht. Sie fühlte sich unangenehm aufgewühlt und vor allem angespannt. Eine ungute Ahnung beschlich sie …

    Da, wieder dieses Rascheln! Und da, da war es wieder! Wo kam es nur her? Mit huschendem Blick versuchte Celine, etwas in der unheilvollen Finsternis ihrer Wohnung zu erspähen, und ihre Hand klammerte sich verkrampft an die Tischecke, auf welcher sich der Kartenstapel befand. Dort, wieder ein Rascheln! Aber diesmal gleich mehrere! Und- …!

    Ihre geweiteten Augen blieben an einem pechschwarzen Schattenumriss in der Mitte des Zimmers hängen, welcher immer größer und größer wurde. Nun erkannte das Mädchen eine menschliche Gestalt – und obwohl diese vollständig in einen schwarzen Talar gehüllt war, so spürte Celine dennoch ihre immer deutlicher werdende Ausstrahlung: eine Präsenz tiefster Dunkelheit, welche jede einzelne Zelle ihres Körpers alarmierend aufschreien ließ, sofort die Flucht zu ergreifen! Was war das nur für eine Furcht, die sie übermannte? Und warum konnte sie sich nicht rühren?!

    Die junge Frau fühlte sich in einen Bann gezogen und war nicht in der Lage, ihren Blick von der immer näher kommenden Gestalt abzuwenden. Flach atmend wich sie zurück, bis sie das Fensterbrett im Rücken spürte. Wie aus weiter Ferne hörte Celine von der Straße hinter sich weiteres Rascheln. Eine Flucht war unmöglich. Und der vermummte Fremde im Raum vor ihr schloss ruhig und unaufhaltsam zu ihr auf und ließ sich damit alle Zeit der Welt – denn es gab kein Entrinnen.

    Das war der Moment, wo Celine endgültig in Panik verfiel.

    W-was … was wollt ihr …?, kam es verzweifelt, fast wimmernd von ihr, W-wer seid ihr …? Der geheimnisvolle Gewandete verwehrte ihr jedoch jedwede Erklärung und blieb schweigend weniger als einen Schritt von ihr entfernt stehen. Keuchend fasste sich das Mädchen an die Brust, da sie plötzlich das er­stickende Gefühl hatte, als hätte sich eine Schlange um ihren Körper gewunden. W-w- … Ihre Worte blieben ihr im Hals stecken. Mit aller Kraft stützte sich Celine auf dem Tisch und dem Fensterbrett zugleich ab, so fürchtete sie, dass ihre Beine ihr jeden Moment den Dienst versagen würden.

    Ein Schmunzeln.

    Celine zuckte zusammen. Was war das gerade unter der Kapuze gewesen? Ein unkontrolliertes Zittern fuhr durch ihren ganzen Leib und mit einem Mal fühlten sich ihre Gliedmaßen so an, als wären sie von tausend feinsten Nadeln durchdrungen. W-w- …! Das Mädchen schnappte verstört nach Luft und griff sich an den Hals. Ihre Kehle brannte wie loderndes Feuer. Sie spürte ihre Zunge nicht mehr! W-warum nur …?!

    Das Schmunzeln wich einem Grinsen.

    Der verhüllte Fremde ließ eine blasse Hand unter dem rabenschwarzen Gewand zum Vorschein kommen und hielt einen langen Zeigefinger an die Stirn der jungen Frau, berührte sie jedoch nicht. Ein heißer Wirbel begann, sich von ihrem Kopf aus in den Rest ihres Körpers auszubreiten, und die stechenden Nadeln wichen einer versengenden Hitzeglut. Celine erschauderte wie im Fieberwahn und wankte, ehe sie sämtliches Gefühl in ihren Gliedern verlor. 'Du wirst uns jetzt folgen', vernahm sie schleichendem Gift gleich wispernde Worte in ihrem Geist, welcher sich daraufhin in tödlichen Qualen wand und ihr einen Schmerzensschrei entlockte. Der Schrei verließ nie ihre Lippen.

    ***

    Welch herrliches Wetter, findest du nicht auch, Sacris?, rief Lewyn lachend und lief in die leuchtend grüne Wiese hinein, wobei seine Hände durch die hohen Grasspitzen kämmten. Sein hüftlanges, hellblondes Haar schillerte im ungetrübten Sonnenlicht, während seine saphirfarbenen Augen mit dem Himmel um das reinere Blau rangen. Ein beiges Schnürgewand umflatterte seinen schlanken Körper und fügte sich fließend in die Bewegungen des leichten Windes ein.

    Sacris musste unwillkürlich lächeln, als er seinen Freund so munter sah. Ja, das machte ihn aus … Wenn Lewyn lachte, glich er selbst einer strahlenden Sonne, die ihre Umgebung mit ihrem warmen Licht erhellte. Der junge Mann strich sich eine Strähne seines dunklen, handlangen Haares aus dem Gesicht und schritt auf sein Gegenüber zu. Er selbst trug ein weißes, nur zur Hälfte zugeknöpftes Leinenhemd – wodurch ein einfacher Anhänger auf der Brust zum Vorschein kam – und eine bequeme, dunkelbraune Schnürhose. In der Nähe seines Freundes blieb der Prinz schließlich stehen, stemmte die Hände in die Seiten und blickte grinsend zum klaren Himmel hinauf. Tja, wie könnte es denn auch anders sein, wo wir doch heute unseren Ausflug zu den Nayayami Wasserfällen machen werden?

    Bei der Erwähnung des Ausfluges wurde sein Gefährte von einer derart, ja, kindlichen Begeisterung ergriffen, worauf in diesem Moment vermutlich niemandem in den Sinn gekommen wäre, dass Lewyn bereits neunzehn Sommer zählte. Und da sollten wir die Pferde auch nicht länger warten lassen …!, lachte der Blonde heiter und schlug dem dunkelhaarigen Mann verspielt gegen die kräftige Schulter, Na los, brechen wir auf! Er machte auf dem Absatz kehrt und rannte fröhlich die Wiese zur Prinzresidenz zurück. Und beeil dich, Sacris, sonst bist du wieder Letzter! Jener schüttelte den Kopf und folgte seinem Gefährten lachend.

    Die Prinzresidenz befand sich einen guten Tagesritt nördlich von Hymaetica jenseits der Gebirgsarme, die den Tical umgaben. Sie lag weithin abgegrenzt und eher unscheinbar in einer wunderbaren Seenlandschaft an der Grenze zu den Auen der Tausend Seen und den Bergen. So prunkvoll der Name auch klang, bezeichnete er jedoch nur ein verhältnismäßig schlichtes Haus, das auch nicht unbedingt mehr als das Nötigste zu bieten hatte: einen größeren Wohnraum mit einem Schlafplatz, eine Kochstelle mit einer kleinen Vorratskammer, etwas, das an ein Bad erinnern mochte, und eine kleine, private Bibliothek mit einem gemüt­lichen Kamin. In dieses Stübchen zog sich der Prinz zurück, wenn er seinen Studien nachgehen oder in Stille lesen wollte. Vom Bad pflegte Sacris in der Regel kaum Gebrauch zu machen, denn das Wasser der Seen war kristallklar und quellfrisch. Zusätzlich zu allem anderen hatte er sich eine Art Pavillon errichten lassen, welcher ihm eine wunderbare Möglichkeit bot, seine Gedanken zum Abend hin einfach nur schweifen zu lassen – so ganz am Ende einer schmalen Landzunge in den See hinein errichtet, mochte manch einer zuweilen meinen, ganz umringt von Wasser zu sein …

    Somit glich die Prinzresidenz mehr einer Zuflucht vor dem Alltag denn etwas anderem. Lewyn hatte seinen Freund einst gefragt, warum sich jener als eigenen Wohnsitz etwas derart Bescheidenes ausgesucht hatte, wo er sich doch als Prinz hätte einen halben Palast erbauen lassen können …! Daraufhin hatte Sacris lediglich gelächelt und erklärt, er habe genau das gewählt, was für sein eigenes Gleichgewicht von Bedeutung gewesen wäre.

    Dieses Mal nehmen wir aber bitte wieder unseren normalen Weg, sagte der Blonde, während sie mit ge­schulterten Rucksäcken das Haus verließen. Ach, was hast du denn gegen unsere letzte Route gehabt?, grinste der Prinz daraufhin und schloss die Holztür hinter ihnen, War dir die große Felsbrücke etwa zu viel gewesen? Da sah ihn Lewyn ernst und kopfschüttelnd an und meinte: Ich habe nichts gegen Felsbrücken an sich; aber wenn sie mehrere hundert Schritt lang sind und über eine verflucht tiefe Schlucht führen, während in der Breite kaum Platz für zwei Pferde ist – dann ja!, und er setzte seinen Weg über die Wiese zu ihren weidenden Reittieren fort.

    Sacris lachte und holte zu ihm auf. Dadurch haben wir aber nun mal gut ein Fünftel an Weg gespart und waren so auch viel früher bei den Wasserfällen – abgesehen davon war die Aussicht von dort oben ja wohl wirklich genial! Doch sein Freund schüttelte abermals heftig den Kopf und winkte dabei vernichtend mit einer Hand ab. Oh, geh mir bloß weg mit deiner verdammten Aussicht! Und er ahmte plötzlich die überaus begeisterte Stimme des Prinzen nach: 'Ach, komm schon Lewyn, die Aussicht dort ist bestimmt klasse! Lass uns dort hinüber reiten! Na komm schon, Lewyn! Du wirst es bestimmt nicht bereuen!'

    Sacris grinste daraufhin schelmisch, beugte sich seitlich zu seinem langhaarigen Gefährten hin und zog ihn mit singender Stimme auf: Du hast doch einfach nur Hö~hen~angst, gib's zu~hu! – Tseh!, gab Lewyn prompt zur Antwort und wandte seinen Kopf dabei überheblich von ihm ab, Ich bin lediglich überlebensorientiert. Ich weiß ja nicht, wie du das siehst, aber ich möchte gerne noch einige Jahre am Leben bleiben. Das Grinsen des Prinzen wurde breiter, als er beteuerte: Aber ich weiß gar nicht, was du hast …! Es ist doch gar nichts passiert! Ich meine: Du lebst, ich lebe, Lydia lebt, Concurius lebt. Was willst du mehr? Infolgedessen wandte sich ihm Lewyn gereizt zu und ergänzte bestimmt: Aber meine Nerven leben danach nun mal nicht mehr! – Oooh, deine Nerven …!, wiederholte der dunkelhaarige Mann daraufhin übertrieben mitleidig und sah ihn aus großen, mit Wimpern klimpernden, dunkelbraunen Augen an. Vergiss es!, schüttelte der Blonde entschlossen den Kopf, Mich kriegst du dort nicht nochmal rüber!

    Da schlug Sacris spontan vor: Nun, wir könnten dir auch einfach die Augen verbinden; dann siehst du den Abgrund nicht mehr. Lydia bringt dich vollkommen sicher hinüber, auch ohne deine Hilfe. – Ja, davon bin ich überzeugt, murrte Lewyn missmutig und stapfte finster vor sich hin. Auf diese Reaktion hin fügte der Prinz mit einem provozierenden Grinsen hinzu: Oder vielleicht gerade ohne deine Hilfe? – Oargh!, empörte sich der Blonde augenblicklich, verengte die Augen zu Schlitzen und fauchte ihn wild an, Jetzt reicht's aber! Ich verbinde dir auch gleich deine Augen – und deine Arme und Beine noch dazu! – und werfe dich danach am besten hier in den See! Und dann werden wir ja sehen, wer ohne wessen Hilfe klarkommt! Sacris lachte darauf nur und entgegnete: Achja? Dazu müsstest du mich überhaupt erst einmal zu fassen kriegen! Und er machte einen flinken Satz zur Seite, als Lewyn sogleich nach ihm griff.

    Da ließen beide Männer plötzlich ihre Rucksäcke ins Gras fallen und lieferten sich eine erbitterte Verfolgungsjagd. Ich kriege dich noch, du elender Idiot!, knurrte der Blonde, während sein dunkelhaariger Gefährte laut lachend vor ihm davonrannte. Na los, komm doch! Komm doch!, rief Sacris neckend hinter sich, Mensch, bist du langsam, Lewyn! Wirst du etwa schon alt? Als sein Freund daraufhin abermals knurrte und einen Zahn zulegte, lachte der Prinz – einfach herrlich amüsiert! – noch lauter los und wurde ebenfalls schneller.

    Sie hatten den Rand des Sees bei der Prinzresidenz erreicht und preschten nun durch das hohe Ufergras. Sacris blickte dabei immer wieder grinsend hinter sich und ließ seinen Gefährten ganz kontrolliert fast an sich herankommen, ehe er ihm erneut davonrannte – und ihm anschließend wiederholt eine vermeintliche Chance gab, ihn einzuholen.

    Argh, jetz- …!, begann Lewyn, rutschte dann aber unerwartet am schlammigen Boden aus, stolperte dadurch zur Seite ins Schilf weg und … landete geräuschvoll im tiefen See. Als der Blonde kurz darauf wieder gurgelnd an die Wasseroberfläche kam – und mit den Armen rudernd seine langen, nassen Haare nach hinten strich, um Luft zu bekommen – hockte der Prinz bereits am Ufer und sah ihn besorgt an. Hey, Lewyn, fragte jener ernst nach, Alles in Ord- …? Da fühle Sacris jäh eine Hand an seinem Unterarm und fiel kurz darauf ebenfalls ins kalte Gewässer. Als er daraufhin auftauchte und das Wasser aus seinen Lungen heraus hustete, blickte ihn sein Freund mit einem triumphierenden Grinsen an. Was-, doch dann stellte der dunkelhaarige Mann fest, dass er ihn an seinem Anhänger festhielt.

    Tja, 'gefangen', würde ich dann mal sagen, meinte Lewyn feixend und schwamm rückwärts weiter in den See hinein, während er seinen neuen Gefangenen mit der Rechten hinter sich herzog. Perplex schaute Sacris von der Hand an seiner Halskette zu seinem Freund auf und war auf einmal gezwungen, hinter ihm her zu schwimmen, weil der Zug an seinem Hals zu stark wurde. Lewyn, ich … ich hoffe doch sehr, … dass deine 'Ich-ertränke-meinen-besten-Freund-im-See' – Aktion nicht ernst gemeint war …, gab der Prinz ein wenig beunruhigt von sich, während er ihm in die Tiefen des Gewässers hinaus folgte.

    Der Blonde hatte sich halb von ihm weggedreht, um besser voranschwimmen zu können, und lachte nun betont bösartig auf. Nyahaha, das ist dein Ende, Freundchen! Gleich wirst du geknebelt, gefoltert, ertränkt und an die Fische verfüttert! Und dasselbe tue ich mit Concurius und Lydia – damit mich niemals je wieder jemand über diese verdammte Felsbrücke schleifen kann!

    Ach, und dann auch noch unsere armen Pferde?, klagte Sacris wehleidig und verdrehte die Augen, Die haben dir nun wahrlich nichts getan! Dann seufzte er jedoch auf einmal leise und meinte resigniert: Tja, weißt du, wenn nur ich allein davon betroffen wäre, wäre das ja was ganz Anderes – doch unter diesen Umständen …, und er packte mit einem Mal das Handgelenk seines Freundes, drehte es dabei routiniert herum, bis jener seinen Anhänger loslassen musste, und zog Lewyn selbst danach entschieden zu sich her, … lässt du mir keine andere Wahl.

    Lewyn schnappte überrascht nach Luft, als er sich plötzlich im Griff des Prinzen wiederfand. Seine Rechte – die doch noch eben dessen Kette festgehalten hatte! – befand sich nunmehr bewegungsunfähig auf seinem Rücken und wurde durch die Linke seines dunkelhaarigen Gefährten fixiert. Zudem hatte Sacris den anderen Arm sicher um seinen Hals gelegt und zitierte mit einer nicht zu verkennenden Spur von Selbstzufriedenheit: 'Tja, 'gefangen', würde ich dann mal sagen' …

    Und während der Prinz sich und seinen sprachlosen Freund mit den Beinen rückwärts schwimmend wieder Richtung Ufer brachte, schloss er grinsend: Nun, Lewyn, ich fürchte, das Ertränken wird wohl noch ein wenig warten müssen – bis du gelernt hast, große Fische auch festzuhalten, sobald du sie einmal gefangen hast. Jener wusste darauf nichts mehr zu sagen.

    Anschließend kehrten die beiden Männer zur Prinzresidenz zurück, zogen sich trockene Kleidung an und unternahmen schließlich einen zweiten Anlauf, um zu ihrem Ausflug aufzubrechen …

    Das Geräusch von rasch aufschlagenden Hufen ließ Lewyn vom Satteln seiner schneeweißen Stute aufblicken. Erwartest du jemanden, Sacris? Ein wenig verwirrt sah dieser ihn an. Nein, … sollte ich? Schließlich wären wir eigentlich schon längst unterwegs. Der Blonde hob eine Augenbraue und blickte zum Horizont. Nun, du bekommst Besuch … Da scheint es aber jemand wirklich eilig zu haben. Sacris runzelte die Stirn und folgte seinem Blick. Dann hörte auch er das näherkommende Hufschlagen und erspähte kurz darauf ein bemanntes Pferd auf dem schmalen Trampelpfad, welcher zur Residenz führte. Die dunkelblaue Tunika des Reiters trug das goldene Wappen des Königshauses.

    Mit einem Schnauben kam die große Stute direkt vor ihnen zum Stehen. Der Bursche – welcher nicht minder gehetzt aussah als sein Reittier – beugte sich zu ihnen hinab und reichte dem Prinzen einen ledernen, versiegelten Umschlag. Sacris schaffte es gerade noch, einen ratlosen Blick mit Lewyn zu wechseln und den Brief entgegenzunehmen, bevor der Junge auch schon atemlos zu erzählen begann: Eure Hoheit …! Es … es ist furchtbar! Eure Freundin, Celine …!, er hielt keuchend inne, Sie ist spurlos verschwunden! Die Gesichter der jungen Männer entgleisten in Entsetzen.

    Während Lewyn zunächst gar nicht zu begreifen schien, was er soeben vernommen hatte und zu einer Verständnisfrage ansetzte, packte der Prinz den Boten am Arm und zog ihn näher zu sich heran. Was sagst du da, Bursche?! – J-ja, Eure Königliche Hoheit!, fuhr jener hilflos fort, A-als Seine Königliche Majestät davon erfahren hat, bin ich, b-bin ich sofort damit beauftragt worden, Euch davon in Kenntnis zu setzen …! – Was genau ist passiert?, setzte Sacris drängend nach, Wann ist sie verschwunden? Wo ist sie verschwunden?! Während er auf den Boten einredete, ruckte er mehrmals an dessen Arm und riss ihn dabei um Haares­­breite vom Sattel herunter.

    Ich … i-ich weiß nicht, Eure Hoheit …!, erklärte der Gesandte eingeschüchtert stotternd, S-sie sollte ja eigentlich in Eksaph sein! D-der Bote, den Ihr vor einigen Tagen zu ihr geschickt habt, konnte sie aber nirgends auffinden! Er schüttelte mit ent­schuldigendem Bedauern den Kopf. Und auch die Stadtbewohner wissen nicht, was mit ihr geschehen ist, ja, seit über einer Woche ist sie von keinem mehr gesehen worden! Ihre Wohnung verlassen, Fenster und Türen geöffnet, keine Nachricht, keine Spuren, nichts!

    Der dunkelhaarige Prinz betrachtete ihn mit verengten Augen und legte in deutlichem Missfallen die Stirn in Falten … Ihm gefiel nicht, was er da hörte. Und der Gedanke an die Konse­quenzen des Ganzen gefiel ihm noch weit weniger.

    Der Bote bekam es bei diesem Anblick mit der Angst zu tun und hob beschwichtigend die Hände in die Höhe. Bitte, d-das ist alles, was ich weiß! Doch der Ausdruck in den dunklen Augen des Kronprinzen verfinsterte sich infolgedessen nur noch mehr, dass der schmächtige Knabe schon mit dem Schlimmsten rechnete und in einem Moment seinen Kopf rollen sah! – Und er rief flehend: Oh bitte, Hoheit, vergebt mir! Ich überbringe Euch doch nur das, was Seine Königliche Majestät mir auf­getragen hat!

    Nun ließ der Prinz ihn beherrscht los und ging langsam einen Schritt zurück. Dabei drehte er sehr nachdenklich und sichtlich unglücklich den Kopf zur Seite … Lewyn schaute auch weiterhin fassungslos zum Boten hinauf und wusste nicht, wie er auf diese Nachricht reagieren sollte. Sacris wandte seinen Blick daraufhin ebenfalls wieder dem Burschen zu und fragte gefasst: Gibt es sonst noch irgendetwas? Doch der Knabe schüttelte schüchtern den Kopf und erwiderte: N-nein, Eure Königliche Hoheit … Nur der Brief von Seiner Königlichen Majestät. Damit wagte es der Bote, sich wieder aufzurichten und seinen Atem zur Ruhe kommen zu lassen.

    Es folgte ein bedrückter Moment der Stille.

    Den jungen Männern dämmerten die Umstände, unter welchen ihre gute Freundin verschwunden war – und es behagte ihnen überhaupt nicht. Denn wenn Celine sie auf diese Art und Weise verlassen hatte, konnte es nur eines bedeuten …

    Der Prinz nickte resigniert und räusperte sich. Nun gut …, sprach er und wandte sich schließlich erneut Lewyn zu. Dieser erwiderte seinen Blick in stillem Einverständnis … So atmete Sacris einmal durch, ehe er schloss: Ich denke, dann wird unsere Reise heute wohl nirgendwohin sonst als nach Hymaetica gehen. Wir müssen schnellstmöglich mit meinem Vater sprechen. Mit diesen Worten drehte der dunkel­haarige Mann dem Reiter den Rücken zu und schritt zu seinem leise wiehernden Rappen hin. Auf dem Weg dorthin legte er seinem Freund schweigend eine ermutigende Hand auf die Schulter …

    Sacris wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Auch wenn es zu­gegebenermaßen eigentlich keinen Grund gab, allzu opti­mistisch zu sein. Aber sie würden Celine schon irgendwie finden … – Und er fuhr sich mit einem aufgeregten Zischen durch das halbkurze Haar. Verdammt, da ließ man sie einmal aus den Augen …! Er hatte ihr schon immer angeboten, ihre Dienste als Heilerin vom Schloss aus in Hymaetica zu verrichten, doch sie hatte stets ab­gelehnt und in ihrem abge­legenen Dörfchen bleiben wollen! 'Die Menschen hier brauchen mich, Sacris. Hier gibt es keinen außer mir, der ihnen helfen kann. Also bleibe ich bei ihnen.' – Immer und immer wieder hatte sie ihm das entgegnet! Und jedes Mal hatte sie dabei dieses sture Lächeln aufgesetzt.

    Der dunkelhaarige Mann schüttelte missbilligend den Kopf und rümpfte unterschwellig die Nase, während er auf seinen Hengst aufstieg. Tz! Das hatte sie jetzt davon, dass sie ihren Willen hatte unbedingt durchsetzen müssen. Dieses dick­köpfige Ding hatte es ja nicht einmal zugelassen, dass henxische Wachen auf sie aufpassten! Ja, und wohin hatte ihr verdammter Eigensinn sie jetzt gebracht …?! – Genau!

    Aber dann riss sich Sacris zusammen und zügelte seinen Ärger.

    Ja, Celine war stark … sehr stark. Sie ertrug das Leid so vieler Menschen, obwohl sie noch in ihrer zartesten Blüte stand und nicht einmal gänzlich erwachsen war. Und doch hatte sie nie aufgehört, ihr Lächeln und ihre Kraft an ihre Mitmenschen zu verschenken … – Aber dennoch! Argh!

    Und der Prinz verzog plötzlich gequält leidend das Gesicht, während er das androgyn anmutige Profil seines langjährigen Freundes im Licht der Sonne betrachtete. Ein Stechen fuhr durch seine Brust, als hätte sich ein glühender Dorn in seine Seite gebohrt. Der junge Mann atmete tief durch und schluckte schwer, doch ging der Schmerz nicht fort, sondern blieb, wo er war – als dunkle Vorahnung in seinem Inneren. Und ihr Vorgeschmack entfaltete sich bitter auf seiner Zunge …

    Sacris war nämlich nicht nur um das Wohl des Mädchens besorgt … Nein … Celine war zwar nett, aber zumindest für ihn nur eine recht gute Bekannte, mit welcher er durch die Verbindung zu Lewyns Familie regelmäßig Kontakt gehabt hatte. Nein, es war vor allem Lewyn, der besonders an Celine hing und sie liebte wie eine leibliche Schwester, die er nie ge­­habt hatte. Und er, Sacris, konnte jetzt nur hoffen, dass Lewyn – welcher ihm selbst nun mal mehr bedeutete, als er in Worte zu fassen vermochte! – in dieser Situation nichts Unüberlegtes tat … Und er hoffte es wirklich inständig …

    Lewyn hatte kurz die Augen geschlossen, nachdem ihm Sacris eine Hand auf die Schulter gelegt hatte, und war still­schwei­gend auf seinen Schimmel aufgestiegen. Der Sonnenschein war verblasst, so wunderte sich der junge Mann, woher die jähen Wolken hergekommen waren; doch der Himmel war noch immer genauso klar und blau wie je zuvor …

    Ein Seufzer entfuhr Lewyn, sobald er sein Pferd in Bewegung setzte. Eine leise Unruhe breitete sich in ihm aus – und als der Blonde seinen Blick noch einmal über die weiten Seen, üppigen Wiesen und das kleine, friedliche Haus am Ufer schweifen ließ, wurde ihm irgendwie schwer ums Herz. Er wurde plötzlich das furchtbar beklemmende Gefühl nicht los, als würde er diesen Ort zum letzten Mal sehen.

    ***

    "Qu'al 'tshev! Die Gestalt stampfte wütend auf und ballte die Hand zur Faust, während sie ein blutiges Fell vor den Thron warf. Die Wachen regten sich und machten auf der Stelle Anstalten, den Mann zu bändigen, doch der König wies sie mit einer zügigen Handbewegung an, Ruhe zu bewahren. Der König Rex Faryen sah fragend zu seinem Berater auf. Was hat das zu bedeuten, Hal?"

    Der Mann neben ihm trug eine goldverzierte, dunkelblaue Robe und legte die Kuppen seiner schmalen Finger aneinander. Nun, Eure Majestät …, begann der kahlköpfige Berater mit gedämpfter Stimme, Die Elfen scheinen einen weiteren Boten zur 'Warnung' entsandt zu haben … Sie werden der 'Frevel' langsam überdrüssig.

    Die Gestalt vor ihnen war bis auf einen Lendenschurz und Waffengürtel völlig unbekleidet und offenbarte so einen schlanken, wenn auch kräftigen Körper, welcher über und über mit blauen Tätowierungen bedeckt war. Der Elf hielt einen Speer in der Hand, trug einen Bogen am Rücken und hatte silbrig langes Haar, in welches Blätterranken hineingeflochten waren. Sein Gesicht war filigran gehalten, seine Ohren spitz zulaufend und seine türkisblauen Augen in funkelndem Zorn auf den König vor sich gerichtet.

    "Z'ehynn'dha qu'an th'eyza! N'nin'ktshu qu'av! M'ekethz! M'ekethz 'nnu ah'nya vez'kynth!" Immer aufbrausender und fluchender kamen die Worte über die Lippen des Fremdlings. Sie klangen hart, sogar beißend und hatten doch eine natürliche Melodie, die dazu verleitete, mehr von ihr vernehmen zu wollen. Immer wieder deutete er auf das Fell und anschließend auf alle anderen Anwesenden um ihn herum.

    König Faryen wandte den Kopf merklich beunruhigt zu seinem Berater. "Der Gesandte schwört, dass die Menschen 'ein böser Fluch' treffen wird, solltet Ihr nicht damit aufhören, 'ah'nya zu spotten' und ihre … 'Kinder' zu töten …, dann beugte sich Hal ein wenig zu ihm herunter und flüsterte: Eure Majestät, es wäre höchst ratsam, dass Ihr ihnen ein Zeichen Eurer 'guten Absicht' gebt, ansonsten ist es nur eine Frage von Monaten oder gar Wochen, bis sie zuhauf vor Eurem Palast stehen und 'Rechenschaft' fordern – wenn Ihr versteht, was ich meine …, und er hob eine kahle Augenbraue, Es scheint, als würden sie keine Ruhe geben, bis die Wolfsschlachtung aufgehört hat."

    Der König nickte langsam und räusperte sich schließlich, woraufhin sich der Mercurio Hal wieder aufrichtete. Nun …, begann der Menschenkönig – jedoch nicht, ohne vorher einen bedeutungsvollen Blick mit seinem Berater gewechselt zu haben, Ihr habt da etwas missverstanden: Wir haben …, er zögerte und wählte seine Worte mit Bedacht, … bereits in die Wege geleitet, dass … unsere Menschen keine sinnlosen Tieropfer mehr bringen. Er sah kurz zu Hal, welcher daraufhin begann, das Gesagte in Qu'elza, die Sprache der Elfen, zu übersetzen.

    Der Fremdling hielt nun inne und lauschte den Worten des Königs. Dieser fuhr fort: Aber wie das bei uns Menschen leider so ist, brauchen Veränderungen …, Rex zögerte erneut, … ihre Zeit, bis sie sich vollkommen durchgesetzt haben. Deswegen bitte ich euch um ein wenig Geduld. Gebt den Menschen die Zeit, die sie brauchen, um sich an die neuen Umstände zu … 'gewöhnen' … Beim Sprechen vollzog seine rechte Hand leichte, kreisende Bewegungen, welche die latente Nervosität des alten Mannes verrieten. So nehmt denn als Zeichen meines guten Willens diesen … diesen …, was sollte er ihnen bloß geben?, … ja, diesen Baumsamen entgegen! Der König ließ einen Diener hastig ein kleines Lederbeutelchen auf einem Tablett bringen. Er stammt vom großen Baum unserer Väter und kann nur in einer einzigen Nacht in sieben Jahren gewonnen werden, da die Blüte ihn nur für diesen kurzen Augenblick preisgibt …!

    Auf einen flüchtigen Wink hin schritt der Diener an den Elfen heran, während der Mercurio die Worte zu Ende übersetzte. Der Bursche wartete, bis der Gesandte das Beutelchen vom Tablett genommen hatte, und entfernte sich danach wieder. Der Waldbewohner besah sich das Säckchen und öffnete es, um den Inhalt in Augenschein zu nehmen. Er tunkte seinen Finger vorsichtig in diesen hinein und zog ihn mit einer hauchfeinen, staub­artig glitzernden Schicht an der Fingerkuppe wieder heraus. Höchst neugierig, wenn auch skeptisch, musterte er seinen Finger und sah dabei immer wieder zum König auf dem Thron auf. Dieser erwiderte seinen Blick ruhig und wartete …

    Letztendlich schloss der elfische Gesandte das Säckchen wieder, band es an seinem Gürtel fest und neigte kaum merklich den Kopf. "Ay'zawa qu'enn ah'nya", sagte er leise, legte dabei seine Hand flach auf die Brust und wandte sich zum Gehen.

    Noch lange nachdem das leise Tapsen der nackten Füße auf dem Steinboden verhallt war, verharrten alle anderen Anwesenden regungslos an Ort und Stelle, … bis der König selbst laut ausatmete und dem unangenehmen Schweigen ein Ende bereitete. Augenblicklich brach ein reges Gemurmel unter den Menschen im Thronsaal aus: Eine Hand voll weiterer Gestalten in dunkel­blauen Roben beriet sich durch lautlosen Blickkontakt mit dem Mann im goldverzierten Umhang neben dem Thron, der als Mercurio offensichtlich eine leitende Funktion inne zu haben schien. Unter den anwesenden Dienern des Königs wurde mit aufgebrachter und verängstigter Stimme diskutiert, was das denn nun zu bedeuten hatte, und auch die henxischen Wachen wirkten sichtlich beunruhigt.

    König Faryen legte die Stirn in Falten und stützte sie mit einer Hand ab. Sein Blick fiel wieder auf das blutige Fell vor seinen Füßen und er ließ es mit einem knappen, genervten Wink entfernen. Dann schloss Rex die Augen und atmete tief durch. Sein langes, grau gewelltes Haar vermochte nicht, die Sorge in seinem Gesicht zu verdecken, und die Falten darin schienen tiefer denn je …

    Nun, Eure Königliche Majestät …, ertönte die schneidende Stimme des Mercurios laut im Raum, sodass wieder Stille einkehrte, Wie genau … gedenkt Ihr jetzt vorzugehen?

    König Faryen setzte sich schwermütig auf und schaute in die Runde seiner Untertanen. Er sah in all ihre verunsicherten Gesichter und wusste, was er zu tun hatte. So festigte Rex seinen Blick und setzte ruhig, aber bestimmt an: Die Elfen wissen nicht im Geringsten, wie wir uns fühlen; sie wissen nicht, was es heißt, eines Morgens aufzuwachen und fest­stellen zu müssen, dass die, die uns am wichtigsten, am liebsten waren!, nicht mehr da sind und von ihnen keine Spur mehr zu finden ist.

    Die Anwesenden hörten ihm aufmerksam zu und nickten vereinzelt. Der alte Mann schüttelte seinen Kopf, während sein Tonfall zunehmend anklagender und bitterer wurde: Sie haben also auch keine Ahnung, wie es uns dabei ergeht. Sie wissen nichts über uns und unsere Sitten oder Kultur; aber dafür meinen sie, alles an Getier, ja, jeden Wurm und jeden Käfer beim Eigennamen zu kennen!, und er lachte trocken auf, während seine Untertanen es ihm gleich taten und spottendes Gelächter hören ließen, Jaaah, sie 'kennen' die Tiere als ihre 'Kinder von Mutter Natur' – doch wir wissen nun mal über ihre wahre Natur Bescheid!

    Der König verengte die Augen zu Schlitzen und ballte die Hand zur Faust. Voller Boshaftigkeit sind sie doch nur darauf aus, uns zu hintergehen und uns zu vernichten! Aber wir dürfen uns nicht täuschen lassen! Wir werden unsere Verlorenen nicht im Stich lassen! Und wir werden auch nicht zulassen, dass weitere Verluste auf uns zukommen! Nein, wir werden uns mit aller Macht gegen diese Bestien wehren und das ist unser ur­­eigenes Recht!!!

    Zum Schluss hin war Rex aufgestanden und hatte mit der Faust in die Luft geschlagen, um die Macht seiner Worte zu bekräftigen. Nun strahlte König Faryen wieder Selbstsicher­heit aus, dass in seinen dunklen Augen das lodernde Feuer des Lebens aufflackerte. Angesteckt von seinem Enthusiasmus riefen die Anwesenden jubelnden Beifall und sahen ihre Gemüter wieder beruhigt.

    'Welch einfaches Volk', schoss es dem alten Mann traurig durch den Kopf – und als er zur Seite blickte, wunderte es ihn nicht, dass sein königlicher Berater mitsamt dessen Anhanges an dunkel­blau gekleideten Gefährten herzlich unbeeindruckt von seiner Rede war. König Faryen schmunzelte ein wenig. Richtig … Wie hätte es auch anders sein können? Sie würden ohnehin noch einiges zu besprechen haben. Doch für den Moment waren die anderen ruhiggestellt. So schickte er alle Anwesenden bis auf den Mercurio hinaus.

    Als der König mit seinem Berater allein zurückgeblieben war, seufzte er leise und stieg von seiner Thronerhöhung herunter. Der Saal war recht schmal, aber dafür lang gebaut und wurde zu beiden Seiten von marmornen Säulen flankiert. Die Wände waren in schlichtem Weiß gehalten und große, runde Buntglasfenster in sie eingelassen, sodass stets ein farbenfrohes Lichtspiel auf dem hellen Steinboden stattfand. Die Wappen der vier Grafenhäuser zierten das Gewölbe über den Säulengängen, wobei das Wappen des Königshauses allein­stehend über dem Thron hing.

    Der Sitz des Königs befand sich mittig in der Hälfte des Raumes auf einem kleinen Sockel. Hinter ihm war eine große Öffnung im Gewölbe eingelassen, die weitere säulengestützte Stockwerke sowie ein gläsernes Dach offenbarte. Durch die Öffnung zum Himmel hinaus wuchs ein großer, stämmiger Baum mit heller Rinde und üppig verdrehten, blassgrünen Blättern, die mit Weiß gesprenkelt waren. Die Borke schälte sich zum Teil in feinen Streifen ab und bildete eine gekräuselt abstehende Rindenschicht um den eigentlichen Stamm herum. Um den Baum selbst waren die verschiedensten exotischen Grünpflanzen gesetzt, sodass sie insgesamt ein harmonisches und überaus malerisches Bild abgaben. Hinter dem rund gehaltenen Innenhof erstreckte sich eine große Treppe zum Festsaal im ersten Stock – und abgesehen davon gab es noch vier Seitengänge, die zu anderen Räumen sowie zu den könig­lichen Gemächern führten.

    Der König schritt bedächtig zum Baum der Väter hin und blieb vor der bepflanzten Grünfläche stehen. Er blickte nachdenklich von den mächtigen Wurzeln am langen Stamm entlang bis hinauf in die zahlreichen Blätter der verzweigten Krone. Wir haben vieles geschafft …, sprach Rex Faryen leise, Unsere Väter … haben vieles geschafft … Sein Berater war ihm still gefolgt und stand nun diskret schweigend neben ihm. Der alte König wandte sich ihm zu und sah ihn eindringlich an. Und das darf jetzt nicht alles umsonst gewesen sein.

    Der Mercurio Hal hatte die Fingerkuppen aneinander gelegt und hob nun eine Augenbraue. Ihr sprecht vom Zucht­programm? – Ganz recht, erwiderte König Faryen, Ihr habt die Wölfe ja bereits gefangen, die wir dafür benötigen, nicht wahr? – Selbstverständlich, kam es in sachlichem Tonfall vom kahlköpfigen Berater, Alles ist in die Wege geleitet. Wir erwarten nur Euren Befehl. Der König schien einen Moment lang nach­zudenken, bis er schließlich nickte und sagte: Dann geh jetzt. Du weißt, was du zu tun hast. Hal verneigte sich leicht – wodurch ein fremdartiges, hellblaues Zeichen auf seinem kahlen Schädel zum Vorschein kam – und verließ anschließend lautlos den Raum.

    Kaum war der Mercurio verschwunden, erschien ein äußerst gehetzt wirkender Diener: Eure Königliche Majestät, Seine Königliche Hoheit, der- …!, in dem Moment öffneten sich bereits die Tore und ein schwarz uniformierter Mann mit dunkel­rotem Mantel und kurzem, dunkelbraunem Haar betrat zügigen Schrittes den Saal. Direkt hinter ihm folgte ein etwa einen halben Kopf kleinerer Mann in beigem Gewand und langem, blondem Haar. Sie durchquerten den Raum bis hinter den Thron, während sich der Diener eilig zurückzog.

    Vor dem König blieb der vordere Mann abrupt stehen, warf seinen Mantel schwungvoll nach hinten und nickte seinem älteren Gegenüber respektvoll zu. Vater. Der Blick des Königs wurde sanft, als er die jungen Ankömmlinge musterte – und er legte beiden jeweils eine Hand auf die Schulter. Sacris, mein Sohn … Lewyn … Seid mir herzlich willkommen.

    Noch ehe Sacris etwas sagen konnte, meldete sich Lewyn noch ganz atemlos vom Laufen zu Wort: Eure Königliche Majestät, ich grüße Euch …! Der Bote …, doch er zögerte plötzlich, Wegen … wegen Celine … was … König Faryen nahm seine Hände wieder herunter, wandte sich um und begann, langsam entlang der Säulen des Innenhofes zu schreiten. Die jungen Männer schlossen zu ihm auf und liefen nun auf gleicher Höhe neben ihm.

    Es scheint, dass die Tragödie jetzt wohl auch uns betrifft …, begann der König leise, Ich glaube nicht, dass eure Unruhe getilgt wäre, indem ihr zwei wehrlose, arme Wesen niederstrecktet, nicht wahr? Die zwei Freunde schüttelten daraufhin schon fast ungläubig ihre Köpfe und Lewyn fügte ein wenig verzweifelt hinzu: Sie ist doch nicht schon …! Ich meine, wer weiß, wo sie ist? Sie- – Richtig, Lewyn, unterbrach ihn der König bestimmt, Wer weiß, wo sie ist. Wir haben alles absuchen lassen, aber keinerlei Spuren, geschweige denn Anhaltspunkte gefunden, was mit ihr geschehen sein könnte, und er seufzte in Resignation, Es ist ausweglos … Genau wie in all den anderen Fällen, in welchen die Angehörigen einfach ohne jeden Hinweis verschwunden sind.

    Bevor einer der jüngeren Männer etwas einwerfen konnte, fügte Rex Faryen allerdings noch mit beschwichtigend erhobener Hand hinzu: Und nein, ich selbst glaube auch nicht, dass es die Wölfe gewesen sind, die unsere Schilde durchdrungen haben. Das schaffen sie nämlich gar nicht. Abgesehen davon hätten diese wenigstens Fährten hinterlassen. Und dass sie 'magische Wesen' sein sollen?, er lachte und führte seinen Monolog sarkastisch fort, Tseh, das glaubt ihr ja wohl selbst nicht …! So etwas wie Magie gibt es nicht. Alles lässt sich logisch begründen. Irrationale Erklärungen sind völliger Unfug.

    Der König redete ununterbrochen weiter und benutzte dabei eine Hand zur Argumentation. Zudem gibt es nur ausgewählte Tiere, die wir mit Chips versehen haben, damit sie durch die Schilde hindurchgelangen können, und er ließ die andere Hand der ersten in die Höhe folgen, Aber auch das nur, weil Händler und Reisende ihre Pferde und Esel ansonsten jedes Mal vor den Städten zurücklassen müssten …! Dann ließ der alte Mann plötzlich beide Hände fallen und schüttelte unglücklich den Kopf. Aber, was rede ich da? Das wisst ihr ja alles schon. Er seufzte schwermütig und blickte wieder nachdenklich bedrückt zum Baum der Väter hinauf …

    Die beiden Freunde hörten dem König geduldig zu – so kannten sie seinen Hang zu Monologen nur zu gut – und liefen an seiner Seite entlang, während er gedankenverloren weitererzählte: Ich frage mich, wie lange es noch dauern wird, bis es zum Krieg kommt; sei es der Krieg zwischen den Menschen und Elfen – oder … sei es der Krieg zwischen uns Menschen selbst …

    Da merkte Sacris auf einmal beunruhigt an: Vater, ich habe deinen Brief erhalten. Ist es wirklich wahr? Der alte Mann nickte schweren Herzens und ließ seinen Kopf hängen. Ja, mein Sohn, du hast richtig gelesen …, entgegnete er ihm, Wir befinden uns in einer mehr als heiklen Situation. Wollen wir es der einen Seite recht machen, wird sich unweigerlich die andere gegen uns auflehnen, und Rex gestikulierte wieder mit den Händen, Bewahren wir also den Frieden im Inneren unseres Reiches, werden wir uns mit den Elfen bekriegen – sind wir mit den Elfen im Reinen, zerbricht unser Reich … So oder so: Es wird Krieg geben.

    Da ergriff Lewyn verständnislos das Wort: Aber … was ist dann bloß sonst für das Verschwinden der Menschen verantwortlich, wenn nicht irgendwelche Bestien? Wenn wir doch nur endlich den wahren Grund herausfinden könnten, wären beide Probleme auf einmal gelöst, oder? Sacris nickte langsam und fragte: Haben deine Landeskundschafter denn mittler­­weile etwas herausfinden können, Vater? Doch König Faryen seufzte und schüttelte den Kopf. Nein, nichts …, meinte er bedauernd und atmete einmal tief durch.

    Daraufhin dachte der Prinz lange nach und runzelte schließlich die Stirn. Aber … wenn das so ist, was wirst du dann jetzt machen, Vater? Ein Krieg im inneren des Reiches würde alles zunichte machen, wofür du dich in deinem Leben eingesetzt hast. Und eine offene Auseinandersetzung mit den Elfen- – Weißt du, mein Sohn …, unterbrach ihn der König auf einmal mit auffallend träger Stimme und einem fatalistischen Lächeln, … ich bin mit meinen Kräften langsam am Ende … – Vater …? Sacris sah ihn latent bestürzt an. Was hat das … zu bedeuten …?

    Der König blieb stehen und schaute seinen Sohn müde, sehr müde an. Die Ringe um seine dunklen Augen waren tiefer als alle anderen Falten in seinem alten und vom Leben gezeichneten Gesicht. Meine Zeit geht langsam aber sicher zu Ende …, und er legte ihm bedeutungsvoll nickend eine Hand auf die Schulter, Nicht mehr lange und du wirst meine Nachfolge antreten, weißt du? Nur noch zwei Jahre, dann hast du endlich deinen dreiundzwanzigsten Geburtstag erreicht … Dann wirst du … der neue König sein …

    Rex Faryen ließ erneut ein tiefes Seufzen hören und murmelte unhörbar: Ja, ja, … der neue König …, und er wandte sich unter geistesabwesendem Nicken ab, um weiterzugehen. Weder Sacris noch Lewyn behagte der

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