EVA LOHMANN
Vom leisen Platzen unserer Träume
Deutsche Originalausgabe
EISELE, 224 Seiten, 22 Euro
Das Schwanken zwischen Stadt-Jule und Land-Jule fühlt sich ehrlich und echt an. Als Frau in ihren Vierzigern lebt Jule mit ihrem Mann den Traum vom Haus auf dem Land, und trotzdem ist da eine große Leere. Während David als Arzt jeden Tag in die Stadt pendelt, hat Jule einen Job im Dorf als Köchin im alten Gutshaus, einer wild-romantischen Location für Feste und Seminare. Eva Lohmann hat eine federleichte Wechselwirkung zwischen zwei Frauen entworfen, deren Leben sich vorerst nur durch einen Mann berühren. Jeweils in wechselnden Kapiteln tauchen wir in Jules Leben ein, doch es ist nur Helen, die aus der Ich-Perspektive erzählt. Die alleinerziehende Mutter mit zwei Kleinkindern verdient ihr Geld als Influencerin, indem sie über ihr prekäres, aber selbstbestimmtes Leben täglich einen bunt-chaotischen Bilderbogen postet. Sie liebt ihre Freiheit, David ist für sie ein willkommener Liebhaber, kein neuer Traummann. Doch von Anfang an fühlt auch Helen mit Jule. Und so bahnt sich das Platzen von Jules Träumen langsam, aber sicher an, ohne dass sie sich selbst verliert. Im Gegenteil, es ist erstaunlich, was sie alles gewinnt, als sie sich endlich ihren Gefühlen stellt. (ts)
Eva Lohmann schreibt herrlich schwerelos über Träume auf dem Prüfstand und wie ihr Platzen uns befreit.
CHARLOTTE WOOD
Tage mit mir
Übersetzt von Michaela Grabinger
KEIN & ABER, 300 Seiten, 25 Euro
Religiöse Empfindungen sind für die Icherzählerin „neuroelektrische Fehlzündungen“. Dennoch kehrt sie nach einem Retreat im Kloster dorthin zurück, um lange zu bleiben. Im Rhythmus des kargen Lebens brechen Schmerz und Erinnerungen auf. Hier kann sie Reflexionen über ihr Leben zulassen, die im Alltag nicht möglich waren: den Schmerz über den frühen Tod ihrer Eltern, ihre enttäuschende Arbeit in einem Schutzzentrum für bedrohte Arten, die Trennung vom Ehemann. Zugleich lösen drei Herausforderungen Fragen aus: eine Mäuseplage, offenbar Folge der drohenden Klimakatastrophe, die sterblichen Überreste einer ermordeten Nonne sollen bestattet werden, und die Ankunft der Aktivistin Helen Parry im Kloster löst tiefe Schuldgefühle in ihr aus. Niemand war in ihrer Schulzeit freundlich zu Helen, auch sie nicht. Indem die Autorin Vergangenheit und Gegenwart assoziativ und dezent verwebt, eingerahmt von kleinen Pflichten und Ritualen im Kloster, gewinnt