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Mein zärtlicher Rebell
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eBook331 Seiten4 Stunden

Mein zärtlicher Rebell

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Über dieses E-Book

Als die junge Mary 1899 ins ferne Afrika reist, will sie ihren Mann Cameron, der sie vor vier Jahren verließ, um die Scheidung bitten. Aber dann schlägt das Schicksal in der glühenden Wüste erbarmungslos zu: Ihre kleine Tochter wird entführt! Und plötzlich ist Cameron wieder an ihrer Seite - und ihr so nahe wie einst ...

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum1. Juli 2015
ISBN9783733764999
Mein zärtlicher Rebell
Autor

Elizabeth Lane

Immer auf der Suche nach neuen Abenteuern und guten Stories, hat Elizabeth Lane schon die ganze Welt bereist: Sie war in Mexiko, Guatemala, Panama, China, Nepal und auch in Deutschland, aber am wohlsten fühlt sie sich im heimatlichen Utah, im Westen der USA. Zurzeit lebt sie mit ihrer 18jährigen Katze namens Powder Puff in einem Vorort von Salt Lake City. Seit 1984 erzieht Elizabeth ihre drei Kinder allein. Eine Tochter ist 1985 bei einem Unfall ums Leben gekommen, doch in Elizabeths Herzen wird sie für immer weiter leben. Ihre beiden anderen Kinder sind mittlerweile erwachsen und haben selbst Kinder. Elizabeth liebt ihre Enkel über alles. Sie sagt von sich selbst, dass sie neuen Herausforderungen nur schwer widerstehen kann. So kam es, dass sie Wale vor der kalifornischen Küste beobachtete, im Himalaja gewandert ist, auf einem Raft durch den Grand Canyon trieb und sogar Flugunterricht genommen hat. Ihre Hobbys sind fotografieren, Bauchtanz, Tiere, indianische Kunst und praktisch jede Art von Musik. Seit 1983 entwickelt sie Lern-Software-Programme. Aber am liebsten schreibt sie lebendige Geschichten voller Leidenschaft, die die Leserin von der ersten Seite an fesseln. Ihre Liebesromane sind in mehr als zehn Sprachen übersetzt und werden in vielen Ländern der Welt mit Begeisterung gelesen. Elizabeths erstes Werk, ein historischer Roman über die spanischen Eroberer in Mexiko, wurde 1980 veröffentlicht. Einige weitere folgten, u.a. zwei Romane, die in China spielten. Doch es dauerte noch einige Jahre, bis Elizabeth für sich das Schreiben von Romances entdeckte. Ihr erster historischer Liebesroman wurde 1989 im Verlag Harlequin veröffentlicht. Neben weiteren historischen hat sie seitdem auch einige zeitgenössische Romances verfasst. „Alles hat eine Geschichte“, antwortet Elizabeth, wenn sie gefragt wird, woher sie ihre Ideen nimmt. „Die Frau neben einem in der U-Bahn, der Fremde vor einem an Kasse – man muss nur seine Vorstellungskraft benutzen, beobachten und den Menschen zuhören, und schon hat man mehr Einfälle, als man jemals verwerten kann.“

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    Buchvorschau

    Mein zärtlicher Rebell - Elizabeth Lane

    IMPRESSUM

    Mein zärtlicher Rebell erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © by Elizabeth Lane

    Originaltitel: „MacKenna’s Promiset"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL

    Band 68 - 1995 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Abbildungen: Harlequin Books S.A.

    Veröffentlicht im ePub Format in 04/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733764999

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY, CORA CLASSICS

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    PROLOG

    17. Oktober 1894, Darlmoor, Schottland

    Ein Sperling hatte sich durch ein offenes Fenster in das Gotteshaus verflogen und flatterte auf der Suche nach einem Weg, wieder ins Freie zu gelangen, aufgeregt über die Kirchenbänke. Die meisten Mitglieder der ernst blickenden kleinen Hochzeitsgesellschaft beachteten ihn jedoch nicht.

    Cameron beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und bedauerte ihn, denn er konnte sich vorstellen, wie das arme Geschöpf sich fühlen musste. Ihm erging es ganz ähnlich. Auch er kam sich wie in einer Falle vor und konnte nichts daran ändern. Der wollene Kilt des Vaters kratzte ihn an den bloßen Beinen. Die traditionelle Tracht war erst eine Stunde vor der Zeremonie aus dem Schrank geholt worden und roch noch nach Mottenkugeln. Cameron meinte, er müsse darin aussehen wie das herausgeputzte Äffchen eines Leierkastenmannes. Die Jacke spannte über den Schultern; das alte Leinenhemd war vergilbt, und die Felltasche erweckte den Anschein, als hätten Mäuse daran genagt. Da indes in den vergangenen sechzig Jahren alle Männer in dieser Tracht getraut worden waren, hatten Camerons Einwände nichts gefruchtet. Nicht einmal die Mutter hatte ihm Gehör geschenkt und erklärt, es sei eine Ehre, das Nationalkostüm zu tragen, ganz besonders für ihn, da er nur dem Namen nach ein MacKenna war.

    Seine wie ein Häufchen Unglück wirkende Braut Mary Margaret Owen stand eine Armeslänge von ihm entfernt, und von ihrem durch einen hässlichen Schleier verhüllten Gesicht war nur die Nasenspitze zu erkennen. Die kleine, noch nicht einmal siebzehn Jahre alte Mary war zu bedauern, dass ihr das widerfuhr.

    Mit dreiundzwanzig Jahren hätte Cameron eigentlich wissen müssen, was er tat. Der zufälligen Begegnung mit ihr waren leidenschaftliche Umarmungen gefolgt, ehe Mary und er vollends begriffen hatten, was mit ihnen geschah. Und nun trug sie, die verhätschelte einzige Tochter des Richters, sein Kind unter dem Herzen.

    Erschöpft hatte der Spatz sich auf einem Sims niedergelassen. Cameron warf ihm noch einen mitfühlenden Blick zu und richtete die Aufmerksamkeit dann auf den betagten, tattrigen Vikar, der sich geräuspert hatte und mit der feierlichen Handlung begann.

    „Verehrte Anwesende, wir sind hier vor dem Angesicht Gottes und der Trauzeugen versammelt …"

    Ja, die verdammten Zeugen. Cameron spürte förmlich, wie ihre Blicke sich ihm in den Rücken bohrten, und wusste, dass sie wütend auf ihn waren und ihn verachteten. Zum einen war da Richter John Owen, der ihn für die Schmach, den Ruf seiner Tochter ruiniert zu haben, am liebsten an den Galgen gebracht hätte. „Sie geben meinem Enkelkind höchstens Ihren Familiennamen, mehr nicht, hatte er getobt. „Sobald die Ehe geschlossen ist, verschwinden Sie von hier! Mary kann bei mir leben und das Kind allein aufziehen. Ich will nicht, dass Sie in der Stadt bleiben und ihr mit Ihrem liederlichen Verhalten noch mehr Kummer bereiten.

    Zum anderen befand sich Jock MacKenna unter den Hochzeitsgästen. Noch immer hallten Cameron die verbitterten Äußerungen des Stiefvaters in den Ohren wider. „Ich habe mich bemüht, hatte Jock gesagt, „dich zu einem anständigen Menschen zu erziehen, wie meine eigenen Söhne. Aber alles war vergebens. Nun hast du zum letzten Male Schande über mich und meine Familie gebracht, Cameron! Du hast mich oft gebeten, dich nach Afrika reisen zu lassen, damit du dir Arbeit bei der Eisenbahngesellschaft suchen kannst. Also gut, ich bin einverstanden und gebe dir das Geld für die Hinfahrt auf dem Dampfschiff, vorausgesetzt, du heiratest diese elende Miss Owen und sorgst dafür, dass ich Ruhe vor ihrem Vater habe. Dann kannst du dich meinetwegen zum Teufel scheren! Ich lege keinen Wert darauf, dich je wiederzusehen!

    Cameron nahm das salbungsvolle Gemurmel des Vikars, der in die überlieferten Worte der Trauungszeremonie der Bibel entnommene Beispiele über eheliche Liebe und Treue als Lebensweisheiten einflocht, wie das Summen einer dicken Hummel wahr. Unbehaglich trat er von einem Bein auf das andere, denn der gesteifte Leinenkragen beengte ihn.

    Die älteren Stiefbrüder, alle drei stramme Kerle, denen nur an den Ländereien und den darauf weidenden blökenden Schafen gelegen war, standen hinter ihm und würden ihn gewiss nicht vermissen. Wiewohl er bei der Hochzeit seiner Mutter mit dem Stiefvater noch ein kleiner Bub gewesen war, hatten dessen Söhne aus erster Ehe ihn bis heute nicht als einen der ihren akzeptiert und für sein Bedürfnis, sich möglichst viel Wissen anzueignen, nie Verständnis aufgebracht. Für sie würde er auch in Zukunft ein Außenseiter sein. Nur von der Mutter, einer hübschen, zarten Frau, hatte er liebevolle Anteilnahme erfahren. Sie hatte, leise in ihr Spitzentaschentuch weinend, ihn sogar dann noch zu begreifen versucht, als er sich aus dem Gefühl des Unverstandenseins mit zügellosen Freunden einließ, Zechgelage veranstaltete, in Schlägereien verwickelt wurde und ständig Ärger machte. Sie war die Einzige, die ihm fehlen würde.

    „Willst du, Mary Margaret Owen, diesen Mann zu deinem rechtmäßig angetrauen Gatten nehmen, ihn von nun an lieben, ehren und achten …"

    Cameron hörte den greisen Vikar, der sich der Ironie des Augenblicks natürlich nicht bewusst war, die Trauungsformel stottern, schaute verstohlen zu seiner Braut hinüber und bemerkte, dass unter dem leicht verrutschten Schleier einige Locken dunkelblonden Haares zu sehen waren. Du lieber Himmel, er kannte die Kleine ja kaum! An jenem Abend, da er zu später Stunde von ihr beim Schwimmen in der Bucht überrascht worden war, hatte er sie für ein unreifes Mädchen gehalten. Lachend hatte er sie aufgefordert, die Sachen abzulegen und ihm Gesellschaft zu leisten. Natürlich hatte er damit gerechnet, dass sie sich entrüstet umdrehen und fortlaufen würde. Zu seinem Erstaunen hatte sie jedoch nicht das Weite gesucht, und die schlanke Gestalt, die er dann im Mondlicht ins Wasser springen sah, war keinesfalls die eines Kindes gewesen.

    Der Pastor näherte sich dem Ende der Zeremonie. Cameron merkte, dass Mary verkrampft war, und ahnte, wie beklommen ihr zumute sein musste. Sie holte hastig Luft und sagte kaum hörbar: „Ja, ich will."

    „Und willst du, John Cameron MacKenna, diese Frau zu deiner rechtmäßig angetrauten Gemahlin nehmen …"

    Der gebrechliche Geistliche leierte die Frage ebenso gleichgültig herunter wie alle anderen Worte der feierlichen Handlung. Der Sperling flog durch die Kirche und flatterte verstört vor einem bunten Glasfenster hin und her. Cameron fühlte das Herz heftiger schlagen und sagte spröde: „Ja, ich will."

    Wo war der Ring? Hastig suchte er in der Tasche nach dem schmalen Goldreif, den er morgens von der Mutter erhalten hatte. Sie hatte ihn bei der Hochzeit mit seinem Vater getragen, der noch vor der Geburt des Sohnes auf See umgekommen war. Es musste ein großes Opfer für sie gewesen sein, sich von diesem Ring zu trennen. Er fand ihn, zog ihn heraus und drehte sich zu der Gattin um.

    Sie hatte sich ihm zugewandt, und zum ersten Male an diesem Tag konnte er sie richtig betrachten. Gott mochte ihm beistehen, aber sie war tatsächlich noch ein Kind. Ein reich mit Stickereien verziertes weißes Kleid, das ihr viel zu weit war, umhüllte die schmächtige Gestalt. Der Ausdruck des schmalen, eckigen Gesichtes war starr. Vorwurfsvoll schaute sie Cameron aus rot geränderten Augen an, aber sie waren nicht feucht. Wahrscheinlich war sie nun nicht mehr fähig zu weinen.

    Plötzlich wurde ihm klar, dass durch ihn ihr sorgenfreies Leben eine jähe Veränderung erfahren hatte, und gern hätte er ihr gesagt, wie sehr er es bedauere. Im Moment waren jedoch weder Ort noch Stunde dazu geeignet, und außerdem wusste Cameron, dass Mary ihm nicht zuhören würde. Ihr Vater hatte ihm deutlich genug zu verstehen gegeben, dass sie ihn nie mehr sehen wolle. Nun, dieser Wunsch sollte ihr bald erfüllt werden, denn Cameron gedachte, noch vor Anbruch der Nacht nach Aberdeen unterwegs zu sein. Dort wollte er dann den nächsten nach Mombasa auslaufenden Dampfer nehmen. Wenn alles für ihn gut ging, würde er Jahre fort sein und vielleicht nie zurückkehren.

    Mary hielt ein offensichtlich hastig zusammengebündeltes, kläglich aussehendes Heidesträußchen in den Händen. Sie nahm es in die Rechte und hielt, die Finger spreizend, dem Gatten die linke Hand hin. Seinerseits keinesfalls die Ruhe selbst, schob er ihr den Reif auf den Ringfinger und war verwundert, dass er ihr so gut passte, als sei er für sie angefertigt worden.

    Der Vikar räusperte sich und sagte: „Kraft des mir von der Kirche von Schottland verliehenen Amtes erkläre ich euch nun zu Mann und Frau."

    Die nachfolgende Stille wurde nur vom Flattern des umherirrenden Spatzes unterbrochen. Unvermittelt wurde Cameron sich bewusst, dass er der Gemahlin nun einen Kuss geben musste. Seit jener rauschhaften Nacht am Strand hatte er sie nicht mehr geküsst, sie überhaupt nie mehr berührt, und der Gedanke, sie jetzt vor aller Leute Augen in die Arme nehmen zu sollen, verursachte ihm Unbehagen. Linkisch wandte er sich ihr zu, doch durch ihre Haltung, den gesenkten Kopf, die verkniffenen Lippen und die schlaff herabhängenden Arme ließ sie erkennen, dass die Zärtlichkeit ihr nicht erwünscht war.

    Cameron hörte, wie die Gäste sich regten und anfingen, die Kirchenbänke zu verlassen. Er harrte so lange aus, bis er sicher war, die Gattin müsse inzwischen an der Seite ihres Vaters sein, mit dem sie das Gotteshaus verließ, und folgte beiden dann in gemessenem Abstand, in grüblerisches Schweigen versunken. Seine Stimmung war so düster wie die über das Moor jagenden Sturmwolken. Die meiste Zeit seines Lebens hatte er nur sinnlos vergeudet und nichts Vernünftiges geleistet. Sein Groll galt weniger der Umgebung, in der er groß geworden war, noch dem Stiefvater oder den langweiligen Halbgeschwistern, sondern weitaus mehr sich selbst. Durch die Zeugung eines Kindes mit einem sechzehnjährigen Mädchen, das ihn nie zum Gatten gewählt hätte, hatte er jede Verbindung zu seinen Angehörigen und der Heimat abgeschnitten. Der Schaden, den er angerichtet hatte, war in der Tat groß genug, und es wurde höchste Zeit, alle Brücken hinter sich abzubrechen und zu verschwinden, ehe er noch mehr Unheil anrichten konnte.

    Die Aussicht, bald doch nach Afrika reisen zu können, in dieses weite, ungezähmte Land, das seiner wie eine lohfarbene, parfümierte Geliebte harrte, besserte seine Laune beträchtlich. Er würde Tage, Wochen, ja Monate unterwegs sein, und dann, eines Tages, die wilde Schönheit Afrikas genießerisch und schwelgerisch genießen können.

    Der Sperling flog mit hoher Geschwindigkeit gegen eine Fensterscheibe. Es gab einen dumpfen Aufprall, und dann fiel der Vogel wie ein Stein zu Boden.

    Mary hatte das Vögelchen herabstürzen gesehen, schrie leise auf und machte zwei hastige Schritte auf die Stelle zu, wo es lag, stolperte dann jedoch über den Saum des Kleides.

    „Nein!, sagte Cameron unwirsch. „Lass das! Ich kümmere mich um den Spatz.

    Wie erstarrt blieb sie stehen und schaute gekränkt dem durch eine Kirchenbank gehenden Gatten nach.

    Er bückte sich, hob behutsam den Sperling auf und spürte das kleine Herz noch schlagen. „Er ist nur benommen, murmelte er. „Geh mit deinem Vater weiter, Mary.

    John hatte die Tochter beim Arm ergriffen und zog sie zum Portal.

    Cameron bemerkte, dass sie ihm rasch einen letzten flüchtigen, Angst, Zärtlichkeit und hilflose Wut ausdrückenden Blick zuwarf, ehe sie das Gotteshaus verließ. Er atmete tief durch und verweilte einen Moment in der Kirchenbank, den Anblick der Gemahlin und werdenden Mutter seines Kindes noch immer vor Augen. Wie aus weiter Ferne drangen die schleifenden Schritte des Stiefvaters und der Halbbrüder zu ihm herüber, die den Mittelgang hinunterschlurften, und er hörte auch das Weinen der Mutter.

    „Nun, das haben wir hinter uns!, sagte Jock MacKenna zufrieden. „Die Sache ist erledigt. Lasst uns zum Hof zurückfahren. Auf uns wartet Arbeit.

    Der Spatz regte sich wieder in Camerons geschlossener Hand und versuchte, die Flügel zu öffnen. Vorsichtig brachte Cameron ihn ins Freie und ließ ihn davonfliegen.

    1. KAPITEL

    PROTEKTORAT OSTAFRIKA, 24. Februar 1899

    Flirrender Glast lag über der schläfrig unter der glühenden Sonne dösenden Stadt. Hitzewellen waberten über den orangefarbenen Ziegeldächern der korallenrot getünchten Häuser; das Gewirr der Gassen war nur hie und da von der jadegrünen Kuppel eines Mangobaumes oder dem knorrigen Geäst eines Affenbrotbaumes unterbrochen. Der leichte Wind, der die langen Wedel der an der Küste wachsenden Palmen fächelte, blähte die Segel der gemächlich im Hafen dahintreibenden Sambuken, Baggalas und Bumboote.

    Eine Seemeile vor dem Hafen von Mombasa stand Mary Margaret MacKenna in einem schlichten zweiteiligen Reisekleid mit den anderen Reisenden an der Reling der „S. S. Horatius", und schaute, gegen das grelle Licht blinzelnd, zu der im Hitzedunst nur verschwommen wahrnehmbaren Küste hinüber. Es war erdrückend heiß, und erst die im März oder April einsetzende Regenzeit würde etwas Erleichterung von der unerträglichen Glut des afrikanischen Sommers bringen.

    „Ich möchte etwas sehen. Das kleine Mädchen zupfte die Mutter am Rock. Mary nahm die Tochter auf die Arme und hob sie hoch. „Was ist das?, fragte Jennifer mit heller, klarer Stimme. „Ist das Afrika?"

    „Ja, Jenny, das ist Afrika", antwortete Mary und drückte sie, um die Beklemmung zu überspielen, lachend an sich. Endlich war die anstrengende fünfwöchige Reise von Tilbury nach Suez, durch das Rote Meer und um das Kap Guardafui vorbei. Mary befürchtete indes, dass alles, was noch vor ihr lag, weitaus schlimmer sein würde. Sie war jedoch fest entschlossen, nicht ergebnislos heimzukehren und Afrika nicht zu verlassen, ehe sie den Gatten gefunden und das Einzige von ihm bekommen hatte, das er ihr geben konnte – die Freiheit.

    „Wo sind Elefanten?, quengelte Jennifer. „Wann können wir welche sehen?

    „Noch nicht." Mary strich der vierjährigen Tochter über die zerzausten Locken und fragte sich, wo das Kind die mit einem roten Filzband geschmückte Cappeline diesmal verloren hatte. Ständig kamen Jennifer die Hüte abhanden. Mary argwöhnte, dass Jenny sie absichtlich irgendwo liegen ließ. Aber sie regte sich nicht darüber auf. In den vergangenen Wochen hatte das Töchterchen durch die gleißende Sonne einen goldbraunen Teint bekommen und das blonde Haar einen glänzenden weizenfarbenen Ton. Die Wirkung war bezaubernd.

    „Warum nicht gleich?, nörgelte Jennifer. „Ich möchte jetzt Elefanten sehen!

    „Das kannst du nicht, weil wir in einer Stadt sein werden, erklärte Mary. „Dort gibt es keine Elefanten. Du wirst jedoch Papageien, Affen und Pfauen sehen, denn wir wohnen im Haus des Emirs.

    „Keine Elefanten?", schmollte Jennifer und schaute die Mutter aus blauen Augen an, die denen des Vaters glichen.

    „Nein, Liebling, keine Elefanten", sagte Mary, erinnerte sich des Gatten, wie sie ihn zuletzt gesehen hatte, und schluckte unwillkürlich. Die schwarzen Locken hatten ihm in die Stirn gehangen, und sein Blick war zornig gewesen. Seit der Hochzeit hatte sie keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt und ihm auch nicht angekündigt, dass sie nach Afrika kommen würde. Gewiss würde er überrascht sein, ihr nach vier Jahren wiederzubegegnen, und wütend. Er hatte nur seiner Mutter geschrieben, und durch sie war Mary freundlicherweise über seine verschiedenen Aufenthaltsorte auf dem Laufenden gehalten worden. Das Geld, dass er ihr über Gladys MacKenna für seine Tochter geschickt hatte, war sorgsam für die Erziehung des Kindes gespart worden.

    Er hatte es nicht einmal für nötig gehalten, auf das Schreiben des Anwaltes zu reagieren, in dem ihm im vergangenen Jahr die Scheidungsunterlagen zur Unterschrift übersandt worden waren. Monatelang hatte Mary vergebens auf eine Nachricht von ihm gewartet. Vielleicht wäre es ihrem Vater gelungen, eine schnellere gerichtliche Trennung der Ehe zu erreichen, doch er war nur wenige Wochen nach Jennifers Geburt gestorben. Nun war Mary ganz auf sich allein angewiesen und musste mit dem kleinen Erbe auskommen, das er ihr vermacht hatte. Ungeachtet der angespannten finanziellen Lage hatte sie sich schließlich doch dazu entschlossen, die Reise nach Afrika zu unternehmen und den Gatten aufzusuchen. Es war höchste Zeit, der Ehefarce ein Ende zu machen und sich voneinander zu befreien, damit jeder sein eigenes Leben führen konnte.

    Die „S. S. Horatius", tuckerte durch eine Öffnung im halbkreisförmigen Korallenriff vor der Hafeneinfahrt. Hinter dem Riff war die Wasseroberfläche ruhiger und spiegelte den azurblauen Himmel wider. In der Ferne stand auf einer Landzunge ein wie ein Minarett aussehender Leuchtturm, und dahinter konnte Mary die Befestigungsanlagen eines Forts erkennen. Möglicherweise traf sie den Gatten hier in Mombasa an. Die Schwiegermutter hatte ihr gesagt, er arbeite noch bei der Eisenbahn. Dann war es gewiss leicht, seine Anschrift im Büro des Unternehmens zu erfahren und bei ihm mit den Dokumenten vorstellig zu werden. Nein, vermutlich würde es nicht so einfach sein. Sie hatte ihn in den Jahren vor der Hochzeit in Darlmoor oft genug beobachtet und wusste, dass er unberechenbar war. Er konnte überall sein, denn ihn verlangte nach Abenteuern wie andere Männer nach Whisky, Wein oder Opium. Doch wo immer er sein mochte, sie war entschlossen, das Land nicht eher zu verlassen, bis sie ihn aufgespürt hatte.

    „So, nun sind wir endlich da! Die dünne Stimme des alten Arabers unterbrach sie in den Gedanken. Der lange Binisch raschelte, als der Emir, wie er sich nannte, an die Reling trat. In dem wallenden weißen Untergewand und der bestickten Dschubbeh wirkte er wie eine Gestalt aus „Tausendundeiner Nacht. Er war ein schmächtiger, verhutzelter Greis von majestätischem Auftreten, in Suez an Bord gekommen, lebte jetzt mit seinen drei Frauen bequem in Mombasa im Exil und behauptete, er habe früher ein halbes Königreich beherrscht. Er sprach ausgezeichnet englisch, wenngleich mit charmant klingendem Akzent, war indes für die feinen Engländer an Bord ein viel zu exotischer Passagier gewesen, von dem sie sich bewusst ferngehalten hatten. Von den anderen Passagieren gesellschaftlich missachtet, war er, nur von einem hageren, ihm wie ein Schatten folgenden Leibwächter begleitet, während der Fahrt allein an Deck promeniert.

    Jennifer hingegen hatte ihm gegenüber keine Berührungsängste gezeigt. In ihrem kindlichen Gemüt hatte sie in ihm einen bärtigen Weisen aus einem Märchenland gesehen, war unbefangen zu ihm gegangen und hatte, ihn an der Gibbeh zupfend, nach seinem Namen gefragt. Zwei Tage später hatte sich zwischen ihnen eine herzliche Freundschaft entwickelt, in die dann auch Mary eingeschlossen worden war. Einige Mitreisende hatten missbilligend die Nase über diese harmlose Bekanntschaft gerümpft, ganz besonders, nachdem bekannt geworden war, dass Halil ibn Aybak al Gahiz Mrs. MacKenna und ihre Tochter eingeladen hatte, in Mombasa seine Gäste zu sein. Mary hatte das bei den übrigen Passagieren erregte Missfallen gleichmütig hingenommen, denn sie betrachtete den Emir als Freund. Zudem geschah es nicht zum ersten Male, dass sie sich gegen die Konvention auflehnte. Sie hatte in jener Nacht damit begonnen, da sie, vollkommen entkleidet und zitternd, zu dem verrufenen Cameron MacKenna ins Wasser gesprungen war, und seither nie aufgehört, auf die ihr eigene stille, gefasste Weise gegen Althergebrachtes aufzubegehren.

    „Falls Sie Hilfe bei der Suche nach Ihrem Gemahl benötigen, Mrs. MacKenna, sagte der Emir, „versichere ich mich gern der Unterstützung von Freunden, die Ihnen die benötigten Informationen verschaffen können.

    Mary schaute auf die an der Bordwand entlanglaufenden Wellen. „Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, Sir, doch ich möchte zunächst allein versuchen, den Aufenthaltsort meines Gatten herauszufinden. Sollte er noch immer für die Eisenbahngesellschaft von Uganda arbeiten, muss dort bekannt sein, wo er sich befindet. Danach …" Mary seufzte und wappnete sich innerlich gegen die Konfrontation, der sie ausgesetzt sein würde, sobald sie vor ihm stand.

    Halil ibn Aybak schüttelte den Kopf. „Muss denn gleich die Scheidung erreicht werden? Warum schieben Sie die Sache nicht auf, bis Sie gesehen haben, welche Art Mensch Ihr Mann inzwischen geworden ist? Vielleicht besteht noch die Chance …"

    „Nein!, fiel Mary dem Emir leise, doch in hartem Ton ins Wort. „Diese Möglichkeit gibt es nicht! Er kannte nur einen Teil ihrer Beweggründe, sich endgültig vom Gatten zu trennen. Sie hatte ihm verschwiegen, dass es mittlerweile Arthur Tarrington-Leigh in ihrem Leben gab, den Mann, der ihrer Tochter eine abgesicherte Zukunft und ein respektables Dasein gewährleisten konnte.

    Die „S. S. Horatius" ging mitten im Hafen vor Anker und war Minuten später von einer großen Schar bunt bemalter Scows umgeben.

    „Siehst du, Kleines, unser großes Schiff kann nicht bis zum Pier fahren, erklärte Halil ibn Aybak dem Mädchen. „Das Wasser ist nicht tief genug. Deshalb bringen uns die Leichter an Land.

    Jennifer hatte nur mit halbem Ohr zugehört. Von der Mutter auf den Armen gehalten, beugte sie sich über die Reling und winkte den auf den Wellen schwankenden Schuten zu. Bezaubert von dem blondhaarigen Kind, grinsten die abgerissen aussehenden arabischen Ruderer und winkten zurück.

    Mary drückte die Arme fester um die strammen Beinchen der Tochter. Wochenlang hatte sie sich mit der Frage gequält, ob sie Jennifer nach Afrika mitnehmen solle, und Nacht für Nacht über eine andere Lösung nachgegrübelt. Aber die Schwiegermutter war nicht bei bester Gesundheit, und Arthur Tarrington-Leigh, der sich zwar erboten hatte, Jenny zu sich zu nehmen, wohnte mit einer zänkischen Haushälterin, die Kinder nicht mochte, in einem großen, einschüchternd stillen Haus. Da Mary sich ihm noch nicht verpflichtet fühlen wollte und es keine andere Alternative gab, hatte sie sich schließlich entschieden, die Tochter bei sich zu behalten.

    Das sonnige Klima und die frische Meeresluft hatten Jennifer gutgetan, und bei den Passagieren wie der Besatzung des Dampfers war sie schnell beliebt gewesen. Selbst das Problem, wo sie bleiben solle, wenn Mary sich mit dem Gatten auseinandersetzte, war durch die Einladung des Emirs geklärt worden. Das Angebot hatte Mary erleichtert, und sie war Halil ibn Aybak al Gahiz von Herzen dankbar. Es gab Situationen, in die ein Kind nicht hineingezogen werden sollte, und die Aussprache über die Scheidung gehörte dazu.

    Mary schaute durch den flirrenden Glast zur Stadt und redete sich ein, alles würde sich für sie zum Guten wenden. Der Gatte hatte keinen Anlass, sich ihrem Wunsch zu widersetzen. Im Gegenteil, er würde gewiss froh über die Möglichkeit sein, sich von den Banden einer Ehe zu befreien, die er ohnehin nicht hatte eingehen wollen.

    Ein Schatten fiel neben Mary auf die Reling. Sie drehte sich um, blickte in das pockennarbige Gesicht des Leibwächters und erschrak im Stillen. Die hageren Wangen eingesogen, starrte er sie dreist aus dunklen, eingesunkenen Augen an. An seiner linken Hüfte hing in perlenbestickter Scheide ein langer Dolch mit elfenbeinernem Heft. Nach einem Moment lächelte er, entblößte dabei vom Tabak braun verfärbte Zähne und verbeugte sich devot. Mary holte tief Luft und bezwang das Unbehagen, das sie trotz seines stets höflichen Betragens in seiner Nähe empfand. Wann immer ihr Blick auf ihn gefallen war, hatte er verschlagen gegrinst. Außerdem war er nicht zum ersten Male so geräuschlos hinter ihr aufgetaucht und hatte sie erschreckt. Das war schon oft der Fall gewesen und hatte bei ihr den Argwohn geweckt, er sei in sie verliebt.

    „Ja, was gibt es?", fragte sie in bemüht gleichmütigem Ton.

    Hassans Grinsen wurde breiter. Belustigt die dunklen Augen verengend, zog er die Hand hinter dem Rücken hervor.

    In den Fingern hielt er Jennifers verschwundene Cappeline.

    Die Nervosität, die Mary empfunden hatte, wandelte sich in Verdruss, und verlegen bedankte sie sich bei Hassan. Sie nahm das Strohhütchen entgegen, setzte es der Tochter auf das blonde Haar und warf sich vor, überempfindlich gewesen zu sein, da er wohl nur hilfsbereit hatte sein wollen. Er verbeugte sich noch einmal und entfernte sich dann geschmeidig. Sie beschloss, aus dem kleinen Zwischenfall eine Lehre zu ziehen und beim nächsten Mal nicht so voreilig zu urteilen.

    An Steuerbord ließen die Matrosen Taljen herunter, damit die sich mit ihrer persönlichen Habe versammelnden Passagiere in die wartenden Hafenschuten gebracht und die Gepäckstücke hinunterbefördert werden konnten. Hassan hatte den Emir beim Arm genommen. Mary setzte die Tochter ab und ergriff sie bei der Hand. Mit der Linken hob sie die Gladstone hoch, in der sich Kopien der unterschriftsreifen

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