Im Sonnenwinkel 55 – Familienroman: Die Kinder vom Lauritzhof
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Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen.
»Ich hätte eigentlich Hunger, Daddy«, sagte Vivi, als an der Autobahn eine Raststätte in Sicht kam.
Philipp von Malten wusste, dass seine Tochter keinen Hunger hatte und nur das Beisammensein mit ihm noch ausdehnen wollte.
Die Pfingstferien waren zu Ende. Sie hatten wunderschöne Tage in den Schweizer Bergen verlebt. Nun musste Vivi zurück ins Internat.
Sie war gern auf dem Lauritzhof, aber noch lieber war sie halt mit ihrem Daddy beisammen, an dem sie mit inniger Liebe hing. Leider hatte der vielbeschäftigte Fernsehautor wenig Zeit für seine vierzehnjährige Tochter, und mit ihrer Tante Hella verstand sich Vivi gar nicht.
Hella, die Schwester von Philipp von Maltens verstorbener Frau, hatte ganz bestimmte Vorstellungen von der Kindererziehung, aber ein heranwachsendes Mädchen, das dazu noch von Jahr zu Jahr hübscher wurde, verstand sie gar nicht zu nehmen. Die Spannungen waren immer größer geworden, und so war Vivi einverstanden gewesen, als sie vor einem halben Jahr auf den Lauritzhof kam.
Vivi war immer ein friedfertiges Kind gewesen, und jetzt wurde sie ein sanfter träumerischer Teenager, in keiner Weise störrisch oder aufsässig.
Tante Hellas Nörgeleien entsprangen der eigenen Unzufriedenheit der Mittdreißigerin, die krampfhaft aber erfolglos einen Mann gesucht hatte.
Philipp war jetzt ganz froh, dass sich das Verhältnis mehr und mehr lockerte und er nicht mehr ständig zu hören brauchte, dass Hella seiner Tochter die besten Lebensjahre geopfert hätte. Natürlich auch ihm, denn insgeheim hatte sie wohl gehofft, dass er sie in Anbetracht ihrer Verdienste heiraten würde. Daran hatte er allerdings nicht einen Augenblick gedacht.
Die Ehe mit Birgit war nicht unglücklich gewesen,
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Im Sonnenwinkel 55 – Familienroman - Patricia Vandenberg
Im Sonnenwinkel
– 55 –
Die Kinder vom Lauritzhof
Patricia Vandenberg
»Ich hätte eigentlich Hunger, Daddy«, sagte Vivi, als an der Autobahn eine Raststätte in Sicht kam.
Philipp von Malten wusste, dass seine Tochter keinen Hunger hatte und nur das Beisammensein mit ihm noch ausdehnen wollte.
Die Pfingstferien waren zu Ende. Sie hatten wunderschöne Tage in den Schweizer Bergen verlebt. Nun musste Vivi zurück ins Internat.
Sie war gern auf dem Lauritzhof, aber noch lieber war sie halt mit ihrem Daddy beisammen, an dem sie mit inniger Liebe hing. Leider hatte der vielbeschäftigte Fernsehautor wenig Zeit für seine vierzehnjährige Tochter, und mit ihrer Tante Hella verstand sich Vivi gar nicht.
Hella, die Schwester von Philipp von Maltens verstorbener Frau, hatte ganz bestimmte Vorstellungen von der Kindererziehung, aber ein heranwachsendes Mädchen, das dazu noch von Jahr zu Jahr hübscher wurde, verstand sie gar nicht zu nehmen. Die Spannungen waren immer größer geworden, und so war Vivi einverstanden gewesen, als sie vor einem halben Jahr auf den Lauritzhof kam.
Vivi war immer ein friedfertiges Kind gewesen, und jetzt wurde sie ein sanfter träumerischer Teenager, in keiner Weise störrisch oder aufsässig.
Tante Hellas Nörgeleien entsprangen der eigenen Unzufriedenheit der Mittdreißigerin, die krampfhaft aber erfolglos einen Mann gesucht hatte.
Philipp war jetzt ganz froh, dass sich das Verhältnis mehr und mehr lockerte und er nicht mehr ständig zu hören brauchte, dass Hella seiner Tochter die besten Lebensjahre geopfert hätte. Natürlich auch ihm, denn insgeheim hatte sie wohl gehofft, dass er sie in Anbetracht ihrer Verdienste heiraten würde. Daran hatte er allerdings nicht einen Augenblick gedacht.
Die Ehe mit Birgit war nicht unglücklich gewesen, aber sie hatte ihm doch nicht die Erfüllung gebracht, die er erhofft hatte. Aber an Vivi hing er mit der gleichen Liebe wie sie an ihm.
Sie machten also an der Raststätte halt. Vivi suchte den Tisch aus und beschäftigte sich so intensiv mit der Speisekarte, dass man meinen konnte, sie wollte den ganzen Tag damit verbringen. Dann entschied sie sich doch wie immer für Wiener Schnitzel.
»Ich möchte auch Wiener Schnitzel, Mami«, sagte eine helle Bubenstimme deutlich vernehmbar.
»Du wirst eines Tages noch selbst eins werden«, erwiderte eine sehr melodische Altstimme humorvoll.
Philipp mochte solche warmen weichen Stimmen und warf einen verstohlenen Blick zu dem anderen Tisch hinüber, dem Vivi den Rücken zudrehte. Die Stimme harmonierte mit der Erscheinung dieser jungen Frau, die sehr apart aussah. Der Junge war bildhübsch und hatte eine kecke Stupsnase.
»Andere mögen auch Schnitzel«, sagte er wieder sehr deutlich. »Auch Mädchen«, fügte er mit einem verschmitzten Grinsen hinzu.
»Du brauchst nicht das ganze Lokal zu unterhalten, Robin«, sagte Kristina Schönhoff zu ihrem Sohn.
»Das habe ich mir eben so angewöhnt, weil Meta so schwerhörig ist«, erwiderte Robin, aber Kristina wusste ziemlich genau, dass er die Aufmerksamkeit des Mädchens erregen wollte, das sich auch Schnitzel bestellt hatte.
Robin war von geselliger Natur. Er schloss gern Bekanntschaften, seine Mutter dagegen gar nicht.
»Du bekommst dein Schnitzel«, sagte sie gedämpft. »Und Salat«, trompetete Robin.
»Was würdest du sagen, wenn du so einen Sohn hättest, Daddy?«, fragte Vivi.
Liebend gern hätte ich so einen Sohn, dachte Philipp, aber das sagte er natürlich nicht, um Vivi nicht zu kränken. Auf sie hätte er freilich nicht verzichten wollen, aber abgesehen davon, dass sich ein Einzelkind immer ein bisschen hart tat, hätte er schon noch gern einen Jungen gehabt. Da er jedoch nicht geneigt war, seine Freiheit ein zweites Mal zu opfern, würde dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen.
Während er noch nach einer Antwort suchte, sagte Robin: »Wer weiß, was wir in dem Internat für einen Fraß kriegen.«
Vivi horchte auf. Kristina sagte mahnend: »Robin, benimm dich.« Und Robin sagte: »Tschuldigung, Mami, ist mir so herausgerutscht.«
Dann herrschte eine Weile Schweigen. Das Essen wurde an beiden Tischen serviert, und Robin stellte fest, dass Metas Schnitzel doch besser schmeckten.
Philipp konnte sich nicht verkneifen, ab und zu doch einen Blick zu dem Tisch hinüberzuwerfen. Selten bekam man eine so aparte Frau zu sehen, bei der wirklich alles stimmte, Aussehen, Kleidung, Bewegungen und Stimme. Und sie war nicht landläufig hübsch, sondern hatte eine ausgeprägte persönliche Note, ein kluges ausdrucksvolles Gesicht und auffallend schöne Hände.
Vivi stocherte auf ihrem Teller herum. »Wirst du in den Sommerferien auch Zeit für mich haben, Daddy?«, fragte sie.
»Aber gewiss, Kleines. Drei Wochen fährst du zu Großmama, und die übrige Zeit verbringen wir miteinander.«
»Bei Großmama?«
»Ja, sie will ihren Sohn auch ab und zu mal um sich haben.«
Vivi hätte nichts dagegen gehabt, immer bei ihrer Großmama zu leben, aber das war eben nicht eine Großmama im üblichen Sinne, sondern eine noch sehr jugendliche Frau und eine sehr bekannte Bildhauerin, die von sich aus sagte, dass sie überhaupt kein Talent zur Hausfrau oder Kindererzieherin hätte. Vivi fand ihre Großmama toll und bewunderte sie heiß. Mit ihrem Daddy hatte sie immer etwas zu reden, und sie brachen dann erst auf, als Kristina und Robin längst gegangen waren.
Doch ein paar Stunden später sollten sie sich schon wiedersehen. Kristina hatte ihren Sohn Robin nämlich auch zum Lauritzhof gebracht. Er allerdings hatte sich diesem Entschluss widerwillig gefügt und noch gründlich gemeckert während der Fahrt.
»Du musst endlich einmal einsichtig werden, Robin«, sagte Kristina sehr ernst. Leicht fiel ihr das nicht und die Trennung von ihrem Jungen schon gar nicht, aber sie musste als geschiedene Frau ihren Lebensunterhalt für sich und Robin selbst verdienen, und da sie nun eine Stellung als Chefredakteurin einer Frauenzeitschrift gefunden hatte, wollte sie ihre Chance erst einmal nützen.
»Meta wird nicht mehr mit dir fertig«, fuhr sie fort, als Robin trotzig schwieg. »Wenn du nicht sitzen geblieben wärest, wäre es anders, aber du wirst einmal einsehen, dass es gut ist, etwas zu lernen und nicht so dahinzutrödeln. Die gebratenen Tauben werden dir nicht in den Mund fliegen, mein Sohn.«
Robin war tief beschämt, weil er es wahrhaft nicht darauf anlegte, seiner Mami Kummer zu bereiten. Er fand die Schule eben einfach doof. Er langweilte sich. Er spielte lieber draußen herum. Na, und verschweigen konnte man auch nicht, dass er recht oft solchen Blödsinn gemacht hatte, dass Kristina dauernd Differenzen mit den Lehrern bekam. In Bezug auf Streiche auszuhecken war er nämlich außerordentlich erfinderisch.
Das hatte Kristina Dr. Thiessen, dem Direktor des Internats ›Lauritzhof‹, nicht verschwiegen. Aber der lächelte verständnisvoll.
»Damit steht er nicht allein da«, sagte er. »Er wird sich anpassen lernen, wie es die andern auch taten. Unsere Erzieher sind keine Despoten. Wir haben die besten Erfahrungen auch mit schwierigen Kindern gemacht.«
»Schwierig ist er eigentlich gar nicht«, sagte Kristina. »Nur sehr verspielt. Mit unserer guten alten Meta konnte er machen, was er wollte. Seinen Vater hat er nicht kennengelernt, doch da muss ich sagen, glücklicherweise. Aber verstehen Sie mich recht, Herr Dr. Thiessen, mein geschiedener Mann war sehr leichtlebig, oder besser gesagt, er ist es noch, und ich habe doch ein bisschen Angst, dass Robin ihm ähnlich werden könnte.«
Die Angst aller Mütter, deren Ehe an solchen Eigenschaften scheiterte, dachte Dr. Thiessen. Er kannte das. In einem Internat, auch in seinem, kamen viele Kinder aus gescheiterten Ehen zusammen.
Robin schmollte, und so benahm er sich anständig. Von dem Internat, das ein Schloss war, war er recht beeindruckt. Er witterte bereits Abenteuer, Geheimgänge, Geister und Mitternachtsspuk. Für so etwas war er zu haben. Allerdings bereitete ihm vorerst der Abschied von seiner Mami großen Kummer, und er kämpfte schwer mit den Tränen, als er sie zum Wagen begleitete.
Doch da lenkte ihn das überraschende Wiedersehen mit dem Mann ab, den er schon in der Raststätte gesehen hatte. Robin staunte, aber auch Kristina erkannte Philipp sofort und war ein ganz klein wenig aus der Fassung gebracht.
Philipp war hier schon wohlbekannt. Wann immer er Zeit hatte, besuchte er seine Tochter, und so oft wie er kamen selten Eltern.
»Herr von Malten«, stellte Dr. Thiessen vor, nachdem er Robin herzlich begrüßt hatte. »Frau Schönhoff hat uns gerade ihren Sohn gebracht.«
»Wir haben uns schon mal gesehen in der Raststätte«, erklärte Robin sofort, und diesmal in dezentem Ton.
Vivi wurde bereits von Freundinnen umringt und freudig begrüßt.
»Das Mädchen ist nicht neu hier, Mami«, sagte