Im Sonnenwinkel 50 – Familienroman: Florian - ein Lausbub mit Herz
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Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen.
»Florian, nimm endlich mal das Kaugummi aus dem Mund!«, ermahnte die junge Lehrerin Marion Kugler den Jungen, der vor ihr in der ersten Bank saß.
Florian schien das zu überhören.
Marion Kugler seufzte in sich hinein. An sich hatte sie den lebhaften kleinen Burschen gern, wenn er manchmal auch heftig den Unterricht störte. Aber er war ein so intelligentes Kind, dass sie dies großzügig übersehen hatte.
Seit einiger Zeit aber war Florian nicht mehr lebhaft, sondern nur noch gleichgültig, und seine Leistungen hatten beträchtlich nachgelassen.
Ich muss ihn mir einmal vorknöpfen, dachte Marion. Am besten wird es sein, wenn ich mal mit seinem Vater spreche. Aber hatte der vielbeschäftigte Schallplattenproduzent Bernd Waldenhoff Zeit dafür?
Na, dann werde ich die Mutter anrufen, dachte Marion, als Florian keine Anstalten machte, das Kaugummi herauszunehmen.
Ein paar Kinder kicherten. Sie fanden es natürlich toll, dass Florian sich nicht irritieren ließ. Sie ahnten ja nicht, was hinter seiner Stirn vor sich ging.
Sollen sie mich ruhig in ein Internat stecken, dachte er. Ich werde es ihnen schon zeigen!
Trotzig richtete er nun seinen Blick auf die junge Lehrerin.
Es läutete, die Schulzeit war beendet. Lärmend stoben die Kinder aus dem Klassenzimmer, aber Florian hatte es nicht sehr eilig. Er trottete langsam davon. Marion hielt ihn zurück.
»Was ist eigentlich los mit dir, Florian?«, fragte sie.
»Nichts!«, stieß er hervor.
In seinen Augen war ein ganz seltsamer Ausdruck, der sie nachdenklich stimmte. Er riss sich los und stürmte grußlos davon. Auch das war sie von ihm nicht gewohnt.
Ein paar Minuten später rief sie schon Florians Mutter an. Sie
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Im Sonnenwinkel 50 – Familienroman - Patricia Vandenberg
Im Sonnenwinkel
– 50 –
Florian - ein Lausbub mit Herz
Patricia Vandenberg
»Florian, nimm endlich mal das Kaugummi aus dem Mund!«, ermahnte die junge Lehrerin Marion Kugler den Jungen, der vor ihr in der ersten Bank saß.
Florian schien das zu überhören.
Marion Kugler seufzte in sich hinein. An sich hatte sie den lebhaften kleinen Burschen gern, wenn er manchmal auch heftig den Unterricht störte. Aber er war ein so intelligentes Kind, dass sie dies großzügig übersehen hatte.
Seit einiger Zeit aber war Florian nicht mehr lebhaft, sondern nur noch gleichgültig, und seine Leistungen hatten beträchtlich nachgelassen.
Ich muss ihn mir einmal vorknöpfen, dachte Marion. Am besten wird es sein, wenn ich mal mit seinem Vater spreche. Aber hatte der vielbeschäftigte Schallplattenproduzent Bernd Waldenhoff Zeit dafür?
Na, dann werde ich die Mutter anrufen, dachte Marion, als Florian keine Anstalten machte, das Kaugummi herauszunehmen.
Ein paar Kinder kicherten. Sie fanden es natürlich toll, dass Florian sich nicht irritieren ließ. Sie ahnten ja nicht, was hinter seiner Stirn vor sich ging.
Sollen sie mich ruhig in ein Internat stecken, dachte er. Ich werde es ihnen schon zeigen!
Trotzig richtete er nun seinen Blick auf die junge Lehrerin.
Es läutete, die Schulzeit war beendet. Lärmend stoben die Kinder aus dem Klassenzimmer, aber Florian hatte es nicht sehr eilig. Er trottete langsam davon. Marion hielt ihn zurück.
»Was ist eigentlich los mit dir, Florian?«, fragte sie.
»Nichts!«, stieß er hervor.
In seinen Augen war ein ganz seltsamer Ausdruck, der sie nachdenklich stimmte. Er riss sich los und stürmte grußlos davon. Auch das war sie von ihm nicht gewohnt.
Ein paar Minuten später rief sie schon Florians Mutter an. Sie bat Sibylle Waldenhoff um eine Unterredung, und Florian sollte davon vorerst nichts erfahren.
Sibylle zögerte, aber dann willigte sie doch ein und versprach, Marion gleich nachmittags aufzusuchen.
Marions Kollege Klaus Fink hatte das Gespräch mit angehört. Er war nicht nur Marions Kollege, er war auch befreundet mit ihr.
»Was ist denn mit Florian?«, erkundigte er sich beiläufig. »Hat er bei dir auch so nachgelassen, Marion?«
»Ja, und wenn es so weiter geht, schafft er den Sprung aufs Gymnasium nicht. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, deswegen will ich mit seiner Mutter sprechen.«
»Die vielbeschäftigten Eltern«, spottete Klaus. »Vor lauter Publicity vergessen sie ihr Kind. Mit Geld kann man eben nicht alles ausgleichen. Aber vielleicht stimmt’s in der Ehe nicht.«
Marion konnte das nicht glauben. Die Waldenhoffs galten als ein ideales Ehepaar. Natürlich wurden sie häufig in den Klatschspalten erwähnt, aber sie waren nun mal prominent, und dass Bernd Waldenhoff von Starlets und Schlagersängerinnen umschwärmt wurde, war kein Wunder, denn er hatte schon viele Talente entdeckt und gemanagt. Marion wusste da ziemlich gut Bescheid, denn sie hatte eine Cousine, die Bernd Waldenhoff unter seine Fittiche genommen hatte.
Sibylle Waldenhoff dachte noch immer über Marion Kuglers Bitte nach, als Florian nach Hause kam.
»Tag«, sagte er gleichmütig und marschierte sofort in sein Zimmer.
»Wir können gleich essen, Flori«, sagte Sibylle dennoch im freundlichen Ton.
»Hab’ keinen Hunger. Habe unterwegs schon Brötchen gegessen.«
»Das sollst du doch nicht.«
»Da hatte ich eben Hunger, jetzt habe ich keinen«, sagte er bockig. »Oder kommt Papi nach Hause?«
Ein merkwürdiger Unterton war in seiner Stimme. Sibylle wurde die Kehle eng.
»Er hat zu tun«, erwiderte sie gepresst.
»Hab’ ich es mir doch gedacht«, knurrte Florian und verschwand nun endgültig in seinem Zimmer.
Da stand sie nun vor dem gedeckten Tisch und hatte auch keinen Appetit.
So kann es nicht weitergehen, dachte sie, der Junge merkt es ja auch schon!
*
»Das war ganz großartig, Mona«, sagte Bernd Waldenhoff zur gleichen Zeit zu dem bildhübschen jungen Mädchen. »Jetzt haben wir uns eine Pause verdient.«
»Ich habe Hunger«, erklärte Mona Kugler.
»Dem kann abgeholfen werden«, sagte er lächelnd. »Komm, ich lade dich ein.«
Es schmeichelte ihr, dass er sie so bevorzugte, denn sie hatte nichts als ihre Karriere im Sinn. Aber außerdem war Bernd Waldenhoff auch ein Mann, mit dem man sich sehen lassen konnte, wenn er auch doppelt so alt war wie sie. Denn Mona war zwanzig und Bernd hatte bereits seinen vierzigsten Geburtstag gefeiert.
Er war ein lässiger Typ, trug mit Vorliebe Jeans und hatte eine Figur, die ihm dies gestattete.
Er hatte ein interessantes, ausdrucksvolles Gesicht, dichtes dunkelbraunes Haar, das schwer zu bändigen war, und Augen von einem durchsichtigen hellen Grau. Besonders anziehend wirkte sein Lächeln. Er war kein Snob, er war trotz seines Erfolges irgendwie ein großer Junge geblieben, und er war auch gern mit jungen Leuten zusammen. Besonders gern mit der temperamentvollen Mona, die ihm neue Impulse verlieh.
Das hatte er vor ein paar Wochen seiner Frau gegenüber geäußert. Sibylle kannte Mona und zweifelte, dass wirklich alles harmlos war.
Sibylle war eine Dame vom Scheitel bis zur Sohle, die sich in jeder Situation zu beherrschen verstand. Vielleicht war das von Nachteil für ihre Ehe mit diesem ideenreichen, sprunghaften Mann, aber immerhin bestand diese Ehe bereits zwölf Jahre.
Sibylle wollte sich keiner Selbsttäuschung hingeben. Etwas war in ihrer Ehe doch anders geworden.
Sie versuchte, es nüchtern zu betrachten. Es gab wohl keine Ehe, die nicht irgendwann mal in eine Krise geriet. Sie jedenfalls hatte die Ehe nicht als Altersversorgung begriffen. Sie war immer selbstständig gewesen und hatte die Kunstgalerie ihrer Eltern weitergeführt. Allerdings mit der Unterstützung ihrer sehr tüchtigen Freundin Angela.
Zwei Menschen wie sie und Bernd waren auf die Dauer nicht unter einen Hut zu bringen, wenn man nicht kompromissbereit war. Sie waren, jeder auf seine Art, viel zu starke Persönlichkeiten, um sich einem Partner unterzuordnen. Das hatte sie von Anfang an gewusst.
Sibylle war sieben Jahre jünger als Bernd, und bei beiden war es Liebe auf den ersten Blick gewesen, als sie sich kennenlernten.
Es war keine Verliebtheit gewesen, sondern eine starke Bindung. Sie waren Partner. Jeder respektierte die Eigenheiten des anderen, und so konnten sie sich auch in ihrer Ehe weiterhin frei entfalten.
Allerdings hatte alles seine Grenzen, zumindest für Sibylle, die auf unbedingte Treue großen Wert legte, ohne spießige Ansichten zu vertreten.
Nun begegnete Bernd in seinem Beruf vielen attraktiven Mädchen, aber Sibylle hatte nie beobachten können, dass er eine besonders bevorzugte. Sie hatte anfangs auch gelächelt, wenn er Monas Talent fast schwärmerisch hervorhob. Vielleicht war sie wirklich ein ungewöhnliches Talent, schließlich brachte ihm eine Förderung dann auch Erfolg und Geld. Ihr Familienleben hatte bisher nicht darunter gelitten, und er hatte immer Zeit für Florian gehabt. Doch das war in letzter Zeit anders geworden.
Florian hatte sich verändert, das war nicht zu übersehen. Sie hing genauso an dem Jungen wie sein Vater. Sie waren keine autoritären Eltern, aber einen gewissen Stil hatten sie immer geschätzt, und bei allen Lausbübereien hatte Florian diesen Stil auch akzeptiert.
Nun wollte seine Lehrerin sie sprechen. Es gab also auch in der Schule Schwierigkeiten. Sibylle war vormittags immer in der Galerie, um sich nachmittags ihrem Sohn widmen zu können. Mehr und mehr distanzierte sich Florian jetzt aber auch von ihr, und das bereitete ihr große Sorgen, denn sie war sich keiner Versäumnisse bewusst.
Sibylle kleidete sich um und ging zu Florian ins Zimmer. Er lag auf der Couch, auf dem Bauch, die Arme aufgestützt, ein Buch vor der Nase.
»Ich muss noch einmal weg«, sagte Sibylle leicht befangen. »Wenn du Hunger bekommst, musst du es dir selbst warm machen. Lonni hat Ausgang.«
»Ist gut«, brummte er.
Er war auch selbstständig, und wenn man ihn als einen verwöhnten Jungen bezeichnete, dann nur deshalb, weil ihm jeder Wunsch erfüllt wurde.
Er hatte ein Zimmer, um das er von seinen Schulfreunden beneidet wurde, mit Radio und Plattenspieler, Tonbandgerät und Kassettenrecorder. Warum auch nicht, hatte sich Sibylle immer wieder gesagt. Er geriet seinem Vater nach. Er war ungeheuer musikalisch, ohne jedoch die Ausdauer zu haben, ein Instrument zu spielen. Er hatte Klavierunterricht gehabt, eine Gitarre bekommen und dann eine Heimorgel. Wenn er Lust und Laune hatte, spielte er, aber Ehrgeiz besaß er nicht.
»Das kommt noch«, sagte sein Vater stets, wenn Sibylle darüber doch mal eine Bemerkung fallen ließ.
»Ich gehe jetzt«, sagte sie nochmals.
»Wiedersehn«, sagte Florian mürrisch.
*
Marion Kugler