Mami 1747 – Familienroman: Für immer ohne Vater?
Von Myra Myrenburg
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Der Morgen war kühl und neblig. Die Märzsonne kämpfte sich nur mühsam durch die Dunstglocke, die über dem westlichen Vorort der Stadt Frankfurt lag. "Ich zieh keine Mütze mehr an", sagte Bille entschieden. "Wieso nicht?" fragte Leonie zerstreut. "Weil kein Winter mehr ist." "Aber auch noch kein Frühling." Bille stapfte zum Frühstückstisch und wandte sich an ihren Vater, der sein tägliches Ritual mit einem Plastiklöffel vollführte, den er in ein Honigglas tauchte und auf sein gebuttertes Brötchen abtropfen ließ. "Warum muß ich eine Mütze anziehen?" Er legte die Stirn in tiefe Denkfalten und drehte das Löffelchen so lange, bis es nicht mehr tropfte. "Weil es draußen kalt ist, nehme ich an." Bille schüttelte heftig den blonden Krauskopf. "Weil Mama es sagt!"
"Das dürfte auf dasselbe herauskommen", lautete die wenig aufschlußreiche Antwort ihres Vaters. Bille kletterte auf den Stuhl neben ihm und versuchte, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Sie war ebenso intelligent wie willensstark, und Bertolt Adelmann fragte sich zuweilen, ob er dieser Herausforderung in Zukunft gewachsen sein würde, wenn Bille nicht vier, sondern vierzehn Jahre zählte. Im Grunde seines Herzens setzte er alle diesbezüglichen Hoffnungen auf seine Frau Leonie, die gerade den Frühstückskaffee einschenkte. Sie hatte ein harmonisches Wesen und viel Geduld, im entscheidenden Moment jedoch zeigte sie eine erstaunliche Durchsetzungskraft. Das Tischgespräch drehte sich ausschließlich um Mützen, die um diese Jahreszeit niemand mehr trug, kein Kind im Kindergarten, kein Kind auf der Straße, kein Kind auf dem Spielplatz. Im übrigen: Mützen kratzten.
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Mami 1747 – Familienroman - Myra Myrenburg
Mami -1747-
Für immer ohne Vater…
Roman von Myra Myrenburg
Der Morgen war kühl und neblig. Die Märzsonne kämpfte sich nur mühsam durch die Dunstglocke, die über dem westlichen Vorort der Stadt Frankfurt lag.
»Ich zieh keine Mütze mehr an«, sagte Bille entschieden.
»Wieso nicht?« fragte Leonie zerstreut.
»Weil kein Winter mehr ist.«
»Aber auch noch kein Frühling.«
Bille stapfte zum Frühstückstisch und wandte sich an ihren Vater, der sein tägliches Ritual mit einem Plastiklöffel vollführte, den er in ein Honigglas tauchte und auf sein gebuttertes Brötchen abtropfen ließ.
»Warum muß ich eine Mütze anziehen?«
Er legte die Stirn in tiefe Denkfalten und drehte das Löffelchen so lange, bis es nicht mehr tropfte.
»Weil es draußen kalt ist, nehme ich an.«
Bille schüttelte heftig den blonden Krauskopf.
»Weil Mama es sagt!«
»Das dürfte auf dasselbe herauskommen«, lautete die wenig aufschlußreiche Antwort ihres Vaters.
Bille kletterte auf den Stuhl neben ihm und versuchte, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Sie war ebenso intelligent wie willensstark, und Bertolt Adelmann fragte sich zuweilen, ob er dieser Herausforderung in Zukunft gewachsen sein würde, wenn Bille nicht vier, sondern vierzehn Jahre zählte. Im Grunde seines Herzens setzte er alle diesbezüglichen Hoffnungen auf seine Frau Leonie, die gerade den Frühstückskaffee einschenkte.
Sie hatte ein harmonisches Wesen und viel Geduld, im entscheidenden Moment jedoch zeigte sie eine erstaunliche Durchsetzungskraft.
Das Tischgespräch drehte sich ausschließlich um Mützen, die um diese Jahreszeit niemand mehr trug, kein Kind im Kindergarten, kein Kind auf der Straße, kein Kind auf dem Spielplatz. Im übrigen: Mützen kratzten.
Und wenn schon Bille Adelmann dazu verurteilt wurde, eine Kopfbedeckung zu tragen, warum dann nur sie und nicht ihr Vater? Den hatte sie noch nie mit einer Mütze gesehen!
»Ich kann es nicht leugnen«, sagte Bertolt und nahm einen Schluck Kaffee, »aber das wird sich ändern. Gleich heute kaufe ich mir eine, am besten eine Pelzmütze.«
Bille blinzelte ihn ungläubig an.
»Ehrlich, Papi?«
»Ich bin immer ehrlich mit dir«, gab er leicht entrüstet zurück, »oder etwa nicht?«
Bille nickte widerstrebend.
Um ihre gehobenen Ansprüche weiter zu verfolgen, nahm sie einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse, den sie tapfer hinunterwürgte, obwohl er gräßlich bitter schmeckte. Sie bemerkte, daß ihre Mutter immer noch zerstreut und nicht ganz bei der Sache war.
»Soll ich schon mal Probe packen?« fragte Leonie, an Bertolt gewandt.
»Ja, das könnte ganz hilfreich sein.«
»Gut, dann fange ich heute damit an.«
»Aber nur, wenn du dazu kommst, Leo.«
Bille verfolgte das Gespräch, indem sie ihre Blicke vom Gesicht ihres Vaters zum Gesicht ihrer Mutter wandern ließ. Dann beschloß sie, sich endlich wieder in Erinnerung zu bringen, indem sie mit Nachdruck auf ihr Früchtebrot hinwies und ihren Joghurt, der noch nicht in ihrem Kindergartentäschchen verstaut war.
Anschließend starrte ihr Vater verblüfft auf seine Armbanduhr, trank hastig seinen Kaffee aus und sprintete in den Flur.
Er tat das jeden Morgen.
Bille rannte hinter ihm her, zwängte sich in ihre Steppjacke und ließ sich unwillig die dunkelblaue Angoramütze überziehen. Leonie füllte das Täschchen, hängte es ihrer Tochter um den Hals, küßte sie, küßte ihren Mann und winkte den beiden vom Balkon aus nach, als sie ins Auto stiegen, um Laura abzuholen und weiterzufahren zum Kindergarten.
Laura war Billes Cousine, ebenfalls vier Jahre alt, ein vergleichsweise fügsames Kind, das sehr niedlich aussah, weil es den von seiner Mutter ausgewählten hübschen Sachen keinen Widerstand entgegensetzte.
Lauras Mutter und Billes Mutter waren Schwestern, und damit nicht genug. Im Rahmen einer Doppelhochzeit, von der unzählige Fotos und ein Videofilm existierten, hatten sie zudem noch zwei Brüder geheiratet.
Laura und Bille waren daher eng miteinander verwandt. Man nannte sie scherzhaft die doppelten Cousinen.
Leonie Adelmann schloß die Balkontür und rieb sich fröstelnd die Arme, bevor sie begann, das morgendliche Chaos zu beseitigen. Ein weniger hektischer Aufbruch wäre ihr lieber gewesen.
Andererseits: Bertolt war kein Morgenmensch. Er brauchte den Druck, Bille und Laura pünktlich im Kindergarten abliefern zu müssen, andernfalls würde er erstens nicht aus dem Bett finden und sich zweitens nicht vom Frühstückstisch trennen. Insofern also war die Abmachung, die mit Schwester und Bruder getroffen worden war, durchaus heilsam.
Sie besagte, daß Bertolt die Kinder morgens hinbrachte und Adrian oder Amelie sie mittags abholten.
Früher, als Bertolt noch in der Exportabteilung einer großen Firma arbeitete, war er morgens um halb acht bereits unterwegs ins Büro gewesen, wenn auch murrend, knurrend und gähnend.
Aber vor zwei Jahren hatte er sich selbständig gemacht, mit nicht viel mehr als einem Computer, einer Halbtagsschreibkraft und einem Büroraum, der eigentlich zur Anwaltskanzlei seines Bruders gehörte. Der Raum war nicht genutzt worden, bis Bertolt sich darin niederließ, um Industriegüter per Knopfdruck um den ganzen Globus zu dirigieren.
Eigentlich war Leonies Mitarbeit in Bertolts Ein-Mann-Unternehmen vorgesehen gewesen, das zunehmend florierte und einer mehrsprachigen Kraft immer dringender bedurfte. Aber im Januar war Leonie überraschend schwanger geworden, und alle Pläne für ihre Berufsarbeit mußten wieder einmal aufgeschoben werden.
Sie wußte nicht, ob sie sich darüber mehr freuen oder mehr ärgern sollte. Jetzt, wo Bille selbständig genug war, um über Mittag im Kindergarten zu bleiben, hätte sich erstmals die Möglichkeit geboten, eine Tätigkeit außer Haus anzunehmen.
Zwar waren sie nicht darauf angewiesen, denn Bertolts Unternehmen boomte, seit er in den Osthandel eingestiegen war.
Aber Leonie hätte nichts dagegen gehabt, einen gewissen Einblick zu gewinnen in die Transaktionen, die nur über den Bildschirm getätigt wurden. Sie wollte nicht nur partizipieren an Bertolts Erfolgen und dem damit verbundenen Wohlstand. Sie wollte verstehen. Sie wollte wissen, wie das funktionierte.
Daraus wurde nun nichts. Statt dessen mußte man sich auf ein neues Baby einrichten, das heißt, man mußte sich an den Gedanken gewöhnen, weitere vier oder fünf Jahre Hausfrau und Mutter zu spielen.
Es sei denn, man spannte Amelie ein, die ohnehin keine beruflichen Ambitionen hatte, sich in ihrer gemütlichen Villa und dem märchenhaft schönen Garten durchaus wohl fühlte und einem erweiterten Familienkreis bestimmt gewachsen wäre.
Leonie hatte diesen Gedanken eine Weile in ihrem Herzen bewegt und wieder beiseitegelegt.
Vielleicht würde sie ihn später einmal aufgreifen, vielleicht auch nicht. Es kam darauf an,