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Mami 1765 – Familienroman: Meine berühmte Mami
Mami 1765 – Familienroman: Meine berühmte Mami
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eBook121 Seiten1 Stunde

Mami 1765 – Familienroman: Meine berühmte Mami

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Über dieses E-Book

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese einzigartige Romanreihe ist der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe.


Es war ausgerechnet ein ungewöhnlich kühler Apriltag, an dem Frau Professor Gessner in einem lavendelblauen Kostüm vor ihre Studenten trat. Die jungen Damen unter ihrer Zuhörerschaft tauschten vielsagende Blicke aus. Einige kicherten sogar leise. Die gefürchtete Professorin, von vielen nur Eis-Renata genannt, ließ sich doch nicht etwa von Frühlingsgefühlen treiben?

Sonst kleidete sie sich eher wie eine nicht mehr junge, aber doch ziemlich graue Maus, bevorzugte Strickwaren in allen Breiten und Längen und liebte Farben, die eher düsteren Schattierungen glichen. Und heute? Sie, die als Leiterin des mathematischen Institus so vorbildlich musterhaft beherrscht und pflichtbewußt ihrer Verantwortung nachging, wollte doch nicht etwa im hohen Alter von über Sechzig ein neues Leben beginnen? Renata Gessner bemerkte das Getuschel, aber es störte sie nicht. Noch nie hatte sie sich etwas aus den Gefühlen anderer gemacht. Freude, Heiterkeit und alles andere, was für junge Menschen lebensnotwendig war, galt in ihren Augen als lästige Störung im Ablauf des Alltags. Sie dachte schon gar nicht daran, ein neues Leben zu beginnen. Auch, wenn heute ein besonderer Tag war. Ihr einziger Sohn Martin würde ihr nach sieben Jahren zum ersten Mal wieder gegenüberstehen. Gegen Abend verließ Renata das Institut eine Stunde früher als sonst, nahm sich ein Taxi und fuhr zum Bahnhof. Im Auto prüfte sie ihr Aussehen ganz flüchtig im Spiegel und strich sich das graue Haar ordentlich aus der Stirn. Solange sie denken konnte, trug sie einen strengen Scheitel und einen zur Schnecke gesteckten Zopf im Nacken.
SpracheDeutsch
HerausgeberKelter Media
Erscheinungsdatum21. Apr. 2015
ISBN9783863778439
Mami 1765 – Familienroman: Meine berühmte Mami

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    Buchvorschau

    Mami 1765 – Familienroman - Isabell Rohde

     Mami -1765-

    Meine berühmte Mami

    Isabell Rohde

      Es war ausgerechnet ein ungewöhnlich kühler Apriltag, an dem Frau Professor Gessner in einem lavendelblauen Kostüm vor ihre Studenten trat. Die jungen Damen unter ihrer Zuhörerschaft tauschten vielsagende Blicke aus. Einige kicherten sogar leise. Die gefürchtete Professorin, von vielen nur Eis-Renata genannt, ließ sich doch nicht etwa von Frühlingsgefühlen treiben?

      Sonst kleidete sie sich eher wie eine nicht mehr junge, aber doch ziemlich graue Maus, bevorzugte Strickwaren in allen Breiten und Längen und liebte Farben, die eher düsteren Schattierungen glichen. Und heute? Sie, die als Leiterin des mathematischen Institus so vorbildlich musterhaft beherrscht und pflichtbewußt ihrer Verantwortung nachging, wollte doch nicht etwa im hohen Alter von über Sechzig ein neues Leben beginnen?

      Renata Gessner bemerkte das Getuschel, aber es störte sie nicht. Noch nie hatte sie sich etwas aus den Gefühlen anderer gemacht. Freude, Heiterkeit und alles andere, was für junge Menschen lebensnotwendig war, galt in ihren Augen als lästige Störung im Ablauf des Alltags.

      Sie dachte schon gar nicht daran, ein neues Leben zu beginnen. Auch, wenn heute ein besonderer Tag war. Ihr einziger Sohn Martin würde ihr nach sieben Jahren zum ersten Mal wieder gegenüberstehen.

      Gegen Abend verließ Renata das Institut eine Stunde früher als sonst, nahm sich ein Taxi und fuhr zum Bahnhof. Im Auto prüfte sie ihr Aussehen ganz flüchtig im Spiegel und strich sich das graue Haar ordentlich aus der Stirn. Solange sie denken konnte, trug sie einen strengen Scheitel und einen zur Schnecke gesteckten Zopf im Nacken. Heute sollte keins ihrer Haare, die mit zunehmendem Alter immer weißer und störrischer wurden, stören. Renata wollte ihren Sohn Martin so empfangen, wie er sie in Erinnerung hatte. Ordentlich und korrekt, diszipliniert und zuverlässig.

      Das letzte Mal, als Martin aus Argentinien in die kleine Universitätsstadt gekommen war, da hatte die Beerdigung seines Vaters stattgefunden. Seine beruflichen Pflichten in Buenos Aires hatten seinen Aufenthalt auf eine Woche beschränkt, aber Renata hatte gemerkt, wie gern er sich wieder verabschiedete.

      In den seltenen Telefongesprächen oder kurzen Briefen danach hatten Mutter und Sohn einander nur immer versichert, daß es ihnen gutging. Wie wenig sie sich zu sagen hatten, war Renata dabei aber nie aufgefallen.

      Von Martin, der inzwischen Mitte Dreißig war, erwartete sie nur, daß er ihr gesund und nicht übermäßig erschöpft entgegentrat. So ein Flug dauerte zwölf Stunden. In Frankfurt hatte er den Zug bis hierher nehmen müssen. Nun ja, gewisse Strapazen konnte sie ihm zumuten. Sie nahm an, daß er noch immer so kühl und beherrscht auftrat, wie ihr verstorbener Mann und sie es ihm anerzogen hatten. Keinesfalls rechnete sie mit dem Ausdruck von erfreuter Zustimmung, wenn sie ihn in einem frühlingsfarbenen Kostüm empfing.

      Sie wollte mit dieser Aufmachung ja nur deutlich machen, daß sie immer noch eine angesehene Frau und bedeutende Persönlichkeit war und die Trauer über den Tod ihres Mannes längst überwunden hatte.

      Sie stieg aus dem Taxi und betrat die Bahnhofshalle, um sich dem Gang, der zu den Bahngleisen führte, langsam zu nähern. Dabei tastete sie flüchtig über die Tasche ihrer Kostümjacke. Darin steckte das Lorgnon griffbereit, das sie außerhalb des Instituts benutzte. Sie würde es vor die Augen heben und Martin ins Gesicht sehen. Ähnelte er seinem Vater? Und wenn ja, waren zwischen Nasenwurzel und Mundwinkel nicht endlich die charakteristischen Falten entstanden, die schon damals bei seinem noch sehr jungen Vater Ehrgeiz und Zielstrebigkeit verrieten?

      Einmal seufzte sie noch kurz. Zu ihrem Bedauern würde Martin es nie wie sein Vater zum Professor bringen, denn er begnügte sich mit dem Titel eines Diplomingenieurs. Weil er seit sechs Jahren eine bekannte deutsche Firma in Buenos Aires vertrat und in dieser Position gut verdiente, würde er wohl nie nach den Sternen akademischer Ehren greifen. Ihm genügte das, was er sich aufgebaut hatte. Ihr, seiner Mutter, der anerkannten Mathematik-Professorin, genügte es nicht. Das hübsche Blau ihres Kostüms mochte darüber hinwegtäuschen, aber sowie sie in den nächsten Tagen Gelegenheit dazu fand, wollte sie mit Martin ein sehr ernstes Gespräch führen und ihn an die Fa-

    milienehre erinnern.

      Als sie ihn Sekunden später im Gewühl entdeckte, rührte sich dann doch so etwas wie mütterlicher Stolz in ihr. Martin sah gut aus. Er war hochgewachsen wie sein Vater, und seine Haltung verriet schon von weitem Weltläufigkeit und Selbstbewußtsein. Das mittelbraune Haar war gut geschnitten, die unauffällige Brille vor seinen klugen grauen Augen verriet diskreten Geschmack. Nur sein Blick, seltsam entrückt und sanft, paßte nicht ganz dazu.

      Sie wollte ihm entgegengehen, aber sie blieb wie versteinert stehen. Vorn auf dem Kofferkuli, auf den Martin sein Gepäck geladen hatte, hockte ein Kind. Es war ein Bub mit dunklen Haaren, und weil er mit Martin sprach, ließ sich auch dessen nach vorn geneigte Haltung erklären. Was war das für ein Junge? Ob er das Kind für Bekannte mitgenommen hatte und es hier irgendwo seinen Eltren übergeben wollte?

      Keinesfalls gehörte das Kind zu ihm, entschied Renata, und ihr Verstand bestätigte diese Feststellung. Martin war nicht verheiratet. Er hatte keine Frau, also konnte er kein Kind haben. Er hatte sich bestimmt nur breitschlagen lassen, um es für kurze Zeit zu betreuen. Martin hatte ja schon als Knabe seltsame Regungen gezeigt und sich für allerlei unwichtige Dinge eingesetzt.

      Und schon standen die beiden vor ihr.

      »Ich habe mich auf dich gefreut, Mutter«, begrüßte Martin seine Mutter, ließ die Hand des Jungen los und umschlang sie mit beiden Armen. »Wunderbar, dich munter und gesund zu sehen nach so vielen Jahren. Du bist überhaupt nicht älter geworden! Die Arbeit am Institut bekommt dir anscheinend sehr gut.«

      Sie lächelte mit ihren schmalen Lippen, dann strich sie sich wieder automatisch übers graue Haar. Martin sah es, lächelte und beugte sich vor, um sie zu küssen. Er kannte diese flüchtige Geste seit seiner Kindheit. Sie war ihm das einzig Vertraute an seiner Mutter, denn sie verriet für Sekunden eine liebenswerte Verstörung.

      »Was ist mit dem Kind?« fragte sie auch sofort und zog ihr Lorgnon hervor.

      Martin nahm den Jungen auf den Arm.

      »Das ist André, mein Sohn. André, das ist deine liebe Großmutter.«

      Renata trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Sie mußte dem Angriff auf ihre Gefühle zunächst mal ausweichen, indem sie eine gewisse Entfernung zwischen sich, ihrem Sohn und diesem Kind herstellte.

      »Ihr werdet euch ja noch kennenlernen«, hörte sie Martin wie aus weiter Ferne sagen. Er setzte den Jungen wieder auf die Koffer und lächelte. »Willst du nicht gleich Renatas Hand nehmen, André? Wenn du sie schön festhältst, weiß ich, ihr beide verliert einander nicht.«

      »Bitte nicht!« preßte Renata hervor. 

      »Mutter! André ist dein Enkel!«

      »Kinder haben gewöhnlich eine Mutter. Wo ist sie, Martin?«

      »Später!« murmelt er. »Später erfährst du alles. Aber mach ihm den Empfang doch nicht so schwer.«

      »Wo ist sie?« wiederholte Renata unerbittlich.

      Martin senkte die Stimme. »Marcia ist in London, dann in Paris und Ende des Monats in Amsterdam. Sie ist eine wunderbare Frau, kann sich aber nicht so um unseren Sohn kümmern.«

      »Was soll das heißen? Ist sie nicht deine Frau?«

      Er lächelte, neigte sich zu ihr und flüsterte: »Nein, das ist sie leider noch nicht. Es ist mir bis jetzt nicht gelungen, sie von den Vorzügen einer Ehe zu überzeugen. Aber sie ist eine gute Mutter. Und nun bitte ich dich, keine weiteren Fragen zu stellen. André versteht Deutsch und Spanisch. Er soll keinen falschen Eindruck von dir bekommen. Ich denke doch, er will seine Großmutter von Herzen liebhaben.«

      »Mich? Mich will er liebhaben?« fragte Renata atemlos. »Wenn seine Mutter sich in der Welt herumtreibt und dich mit dem Jungen allein nach Deutschland fliegen läßt, dann soll er mich als Ersatz liebhaben? Das ist wohl die bequemste Lösung, wie? Ich empfinde es als Zumutung!«

      Martin Gessner bewahrte Haltung, wie es ihm eigen war. »Ich habe An-dré erzählt, daß du eine wunderbare, sehr gescheite und tüchtige Frau bist, Renata. Also bitte, stell mich nicht als Lügner hin.«

      Während der Taxifahrt saß André zwischen ihnen, und der Blick seiner tiefbraunen Augen wanderte unsicher von einem zum anderen. Aber Renata blieb stocksteif, als wäre der Kleine gar nicht vorhanden. Mit verärgertem Gesicht blickte sie hinaus.

      »Ich dachte, du hättest in Deutschland für einige Zeit geschäftlich zu tun«, äußerte sie nun auf Englisch.

      »Das habe ich«, antwortete Martin hastig in der gleichen Sprache, weil André das Gespräch nicht verstehen sollte. »Ich wollte André nicht wieder ohne seine Mutter in Buenos Aires zurücklassen. Er verbringt sonst immer viel Zeit mit seiner anderen Oma, Marcias Mutter. So war es auch diesmal geplant. Ich habe anders entschieden. Aus einem Gefühl der Ungeduld und Verzweiflung heraus.«

      Sie hob die Augenbrauen. »Ungeduld? Verzweiflung? Du? Martin, wo bleibt dein Verstand?«

      Martin schwieg. Ja, wo blieb sein Verstand? Aber hätte er sie

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