Die schöne Lisa: Der neue Dr. Laurin 78 – Arztroman
Von Viola Maybach
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Über dieses E-Book
Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt.
Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen.
Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert.
»Wie gehts denn Ihren Kindern, Frau Böhringer?«, fragte Leon Laurin, während sich die junge Frau nach seiner gründlichen Untersuchung wieder anzog und er unter dem Mikroskop den Abstrich betrachtete, den er gerade gemacht hatte. Lisa Böhringers vier Kinder waren in der Kayser-Klinik geboren worden, er hatte jedes von ihnen auf die Welt geholt, zuletzt vor drei Jahren ihre Zwillinge. »Gut, sehr gut sogar, aber ich klopfe sofort auf Holz, damit es auch so bleibt. Sie sind nur traurig, weil unser wunderbarer Nachbar uns verlassen hat.« Lisa verließ die Umkleidekabine in dem Augenblick, da Leon sich wieder auf den Stuhl an seinem Schreibtisch setzte. Der Abstrich war unauffällig gewesen, auch sonst hatte er bei seiner Patientin nichts Beunruhigendes entdecken können. Sie war eine lebhafte, sehr hübsche Blondine, mit schöner heller Haut und ein paar Sommersprossen auf der Nase. Ihrer Figur sah man die vier Kinder, die sie ausgetragen hatte, nicht an. Sie war schlank, mit vollem Busen, den sie gern betonte. Sie kleidete sich sportlich, aber niemals nachlässig. Die langen Haare hatte sie an diesem Morgen lose im Nacken zusammengebunden. Ihre blauen Augen hatten einen wachen Blick, und nur an den feinen Linien, die sich zwischen dem hübsch geschwungenen Mund und der kleinen, geraden Nase abzeichneten, ließ sich ablesen, dass ihr das Leben bereits einiges abverlangt hatte. »Sie meinen Herrn Wittgenstein?«, fragte er überrascht. Von diesem Herrn war nämlich oft die Rede gewesen, wenn er sich mit Lisa Böhringer unterhalten hatte – und Gespräche hatten sie, auch wegen ihrer vier Kinder, im Verlauf der letzten neun Jahre viele geführt. Er hatte die Kinder ja nicht nur auf die Welt geholt, sondern auch die jeweiligen Schwangerschaften intensiv begleitet. »Ist ihm etwas passiert?« Er kannte Emil Wittgenstein auch persönlich, denn der alte Herr hatte im vergangenen Jahr wegen einer Hüftoperation, die Leon selbst durchgeführt hatte, in der Kayser-Klinik gelegen. Damals war es Leon so vorgekommen, als wäre sein Patient ein alter Bekannter, so viel hatte er bis dahin schon über ihn gehört.
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Buchvorschau
Die schöne Lisa - Viola Maybach
Der neue Dr. Laurin
– 78 –
Die schöne Lisa
... doch David will nur seine Ruhe haben!
Viola Maybach
»Wie gehts denn Ihren Kindern, Frau Böhringer?«, fragte Leon Laurin, während sich die junge Frau nach seiner gründlichen Untersuchung wieder anzog und er unter dem Mikroskop den Abstrich betrachtete, den er gerade gemacht hatte. Lisa Böhringers vier Kinder waren in der Kayser-Klinik geboren worden, er hatte jedes von ihnen auf die Welt geholt, zuletzt vor drei Jahren ihre Zwillinge.
»Gut, sehr gut sogar, aber ich klopfe sofort auf Holz, damit es auch so bleibt. Sie sind nur traurig, weil unser wunderbarer Nachbar uns verlassen hat.« Lisa verließ die Umkleidekabine in dem Augenblick, da Leon sich wieder auf den Stuhl an seinem Schreibtisch setzte. Der Abstrich war unauffällig gewesen, auch sonst hatte er bei seiner Patientin nichts Beunruhigendes entdecken können.
Sie war eine lebhafte, sehr hübsche Blondine, mit schöner heller Haut und ein paar Sommersprossen auf der Nase. Ihrer Figur sah man die vier Kinder, die sie ausgetragen hatte, nicht an. Sie war schlank, mit vollem Busen, den sie gern betonte. Sie kleidete sich sportlich, aber niemals nachlässig. Die langen Haare hatte sie an diesem Morgen lose im Nacken zusammengebunden. Ihre blauen Augen hatten einen wachen Blick, und nur an den feinen Linien, die sich zwischen dem hübsch geschwungenen Mund und der kleinen, geraden Nase abzeichneten, ließ sich ablesen, dass ihr das Leben bereits einiges abverlangt hatte.
»Sie meinen Herrn Wittgenstein?«, fragte er überrascht. Von diesem Herrn war nämlich oft die Rede gewesen, wenn er sich mit Lisa Böhringer unterhalten hatte – und Gespräche hatten sie, auch wegen ihrer vier Kinder, im Verlauf der letzten neun Jahre viele geführt. Er hatte die Kinder ja nicht nur auf die Welt geholt, sondern auch die jeweiligen Schwangerschaften intensiv begleitet.
»Ist ihm etwas passiert?« Er kannte Emil Wittgenstein auch persönlich, denn der alte Herr hatte im vergangenen Jahr wegen einer Hüftoperation, die Leon selbst durchgeführt hatte, in der Kayser-Klinik gelegen. Damals war es Leon so vorgekommen, als wäre sein Patient ein alter Bekannter, so viel hatte er bis dahin schon über ihn gehört.
»Nein, aber Herrn Wittgenstein wurde alles zu viel. Dabei hat Noah oft für ihn eingekauft, und ich habe die Treppe für ihn geputzt.«
Der achtjährige Noah war ihr Ältester.
»Aber er hatte das Gefühl, dass das Leben allein in einer Wohnung für ihn nicht mehr das Richtige war. Die Wohnung war ja auch zu groß für ihn, aber er wollte sich auch keine andere suchen, weil ja seine Frau und er da so glücklich gewesen sind. Letzten Endes hat er sich entschieden, in ein Seniorenheim zu gehen. Wir vermissen ihn wirklich sehr. Nicht nur die Kinder, ich auch. Er war immer ansprechbar, und er ist einfach ein sehr liebenswürdiger Mensch.«
»Aber Sie können ihn ja auch weiterhin besuchen.«
»Oh, das tun wir auch, aber es ist ein Unterschied, ob man mal eben an die Nachbartür klopft oder ob man einen Weg von zwanzig Minuten hinter sich bringen muss, um jemanden zu sehen. Er hat in dem Heim immerhin ein kleines Appartement, er ist ja kein Pflegefall und kommt noch gut allein zurecht.«
»Fühlt er sich denn dort wohl?«
»Den Eindruck habe ich schon, ja. Er sagt auch ganz offen, dass er es schön findet, sich um nichts mehr kümmern zu müssen, nur das Frühstück macht er sich selbst, die anderen Mahlzeiten nimmt er im Speisesaal ein. Er sitzt offenbar mit netten Leuten am Tisch, es gibt immer Gesprächsstoff, und das tut ihm gut. Er freut sich, wenn wir kommen, wir sind ja so etwas wie seine Ersatzfamilie, aber er vermisst uns weniger als wir ihn, glaube ich.«
»Ich hatte keine Ahnung, dass er umgezogen ist«, sagte Leon. »Grüßen Sie ihn doch bitte von mir, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen.«
»Oh, das mache ich gern, der nächste Besuch ist heute Nachmittag geplant. Wir wollen Eis essen. Und? Wie stehts mit der Gesundheit meines Unterleibs?«
»Bestens, Frau Böhringer. Der Abstrich ist in Ordnung, alles andere auch. Keine Zysten, keine sonstigen Auffälligkeiten, ich bin sehr zufrieden. Sie hatten ja auch keinerlei Beschwerden.«
»Zum Glück nicht, nein. Ich habe auch so genug um die Ohren. Manchmal frage ich mich, wie das werden soll, wenn ich erst wieder arbeite. Ich habe schon jetzt keine freie Minute am Tag. Wenn die Kinder in der Schule oder im Kindergarten sind, bin ich vollauf mit einkaufen, kochen und dem Haushalt beschäftigt – und wenn die Kinder zu Hause sind, habe ich sowieso alle Hände voll zu tun.« Sie hielt kurz inne und stieß einen langen Seufzer aus. »Aber meine Arbeit fehlt mir. Mit Noah und Louise allein würde es auch gehen, aber bis die Zwillinge so weit sind, werde ich wohl noch ein bisschen warten müssen.«
Sie war Buchhändlerin, wie Leon wusste, und zwar mit Leib und Seele. Wenn sie von Büchern sprach, die ihr gefallen hatten, leuchteten ihre blauen Augen, ihre Stimme bekam einen anderen Klang, sie unterstrich ihre Worte mit lebhaften Gesten. Er war, als er sie das erste Mal über einen Roman hatte sprechen hören, der sie beeindruckt hatte, ganz fasziniert gewesen. Aber seit der Geburt der Zwillinge arbeitete sie nicht mehr. Wenig später war sie zudem Witwe geworden. Ihr Mann war in sehr jungen Jahren an Krebs gestorben.
Er hatte sie einmal gefragt, wie sie finanziell zurechtkam, und sie hatte freimütig erwidert, dass es ihr und ihren Kindern gut ging. »Wir sind für die nächsten Jahre abgesichert, mein Mann und ich haben Lebensversicherungen abgeschlossen, er war ja Freiberufler. Ich darf gar nicht daran denken, was gewesen wäre, wenn wir nicht so vorausschauend gehandelt hätten. Uns geht es gut, wegen des Geldes müsste ich also nicht so bald wieder arbeiten. Aber ich möchte gern, und sobald es möglich ist, werde ich es auch tun. Ich bin nicht dafür geschaffen, ausschließlich die Mama und Hausfrau zu spielen.«
Sie war jetzt neunundzwanzig Jahre alt, ihr Mann und sie hatten sich schon in der Schulzeit gekannt und offenbar schon damals beschlossen, früh zu heiraten und eine Familie zu gründen.
»Wir wollten junge Großeltern werden«, hatte sie Leon einmal erzählt, »und dann, wenn unsere Kinder auf eigenen Beinen stehen würden, noch einmal die Welt bereisen. Zuerst hatten wir überlegt, es andersherum zu machen, also erst reisen, die Kinder später, aber ich bin froh, dass wir letztlich anders entschieden haben, sonst hätten wir die Kinder, wie es aussieht, ja überhaupt nicht bekommen.«
Leon bewunderte sie dafür, wie sie ihr Schicksal angenommen hatte. Sicherlich, in der ersten Zeit nach dem Tod ihres Mannes war sie bleich und niedergeschlagen gewesen, hatte abgenommen, einmal sogar bei ihm in der Praxis geweint. Aber sie hatte ihre Kraft schnell wieder gewonnen, wohl auch, weil ihr nichts anderes übrig geblieben war. Sie war schließlich für vier Kinder verantwortlich.
»Vielleicht ziehen in die Wohnung von Herrn Wittgenstein nette Menschen, die Kinder mögen und sich gern gelegentlich um Ihre Zwillinge kümmern.«
Lisa Böhringers Gesicht verdüsterte sich. »Fehlanzeige, Herr Dr. Laurin. In diese große Wohnung ist doch tatsächlich