Mordanschlag im OP: Kurfürstenklinik 69 – Arztroman
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Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist.
Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich.
»Was ist los, Ben?« fragte Nora Holleben ihren jüngeren Bruder Benjamin. Er stocherte lustlos in dem Essen herum, das sie ihm vorgesetzt hatte. »Hast du keinen Hunger?«
Er schüttelte den Kopf. »Nee. Außerdem mag ich keinen Spinat, das weißt du doch!«
»Ich habe ihn geschenkt bekommen«, erklärte Nora, »und ich finde auch, daß er sehr gut schmeckt.«
Sie beobachtete Benjamin verstohlen. Die Geschwister sahen einander sehr ähnlich. Beide hatten hohe Wangenknochen, ein klassisches Profil, große dunkle Augen und braune Haare. Nora war schlank und sehr zierlich, Ben überragte sie bereits jetzt um einen halben Kopf. Bis vor kurzem war es seine größte Sorge gewesen, er werde vielleicht nicht mehr wachsen. Aber seit einigen Monaten war das kein Thema mehr.
Ihre Eltern waren vor drei Jahren im Abstand von wenigen Wochen gestorben, seitdem sorgte Nora für ihren Bruder. Sie war acht Jahre älter als er. Ben ging noch zur Schule, er war gerade sechzehn geworden. Ein schwieriges Alter, wie sie wohl wußte. Und sie wußte auch, daß sie ihm vielleicht die Mutter, nicht aber den Vater ersetzen konnte. Ben brauchte eine starke Hand, ein Vorbild. Er fühlte sich unsicher, konnte sich nicht gut ausdrücken, träumte viel und fraß alles in sich hinein. Sie hätte ihm gern geholfen, doch es war nicht so einfach, an ihn heranzukommen. Das war vor zwei Jahren noch anders gewesen, aber er war jetzt richtig in der Pubertät, und sein Verhalten machte sie oft hilflos.
Sie dachte an Paul Elfert, den jungen Tiertrainer, in den sie seit einigen Wochen verliebt war. Wie
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Kurfürstenklinik
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Buchvorschau
Mordanschlag im OP - Nina Kayser-Darius
Kurfürstenklinik
– 69–
Mordanschlag im OP
Der Chefarzt sieht sich einer kriminellen Verschwörung gegenüber
Nina Kayser-Darius
»Was ist los, Ben?« fragte Nora Holleben ihren jüngeren Bruder Benjamin. Er stocherte lustlos in dem Essen herum, das sie ihm vorgesetzt hatte. »Hast du keinen Hunger?«
Er schüttelte den Kopf. »Nee. Außerdem mag ich keinen Spinat, das weißt du doch!«
»Ich habe ihn geschenkt bekommen«, erklärte Nora, »und ich finde auch, daß er sehr gut schmeckt.«
Sie beobachtete Benjamin verstohlen. Die Geschwister sahen einander sehr ähnlich. Beide hatten hohe Wangenknochen, ein klassisches Profil, große dunkle Augen und braune Haare. Nora war schlank und sehr zierlich, Ben überragte sie bereits jetzt um einen halben Kopf. Bis vor kurzem war es seine größte Sorge gewesen, er werde vielleicht nicht mehr wachsen. Aber seit einigen Monaten war das kein Thema mehr.
Ihre Eltern waren vor drei Jahren im Abstand von wenigen Wochen gestorben, seitdem sorgte Nora für ihren Bruder. Sie war acht Jahre älter als er. Ben ging noch zur Schule, er war gerade sechzehn geworden. Ein schwieriges Alter, wie sie wohl wußte. Und sie wußte auch, daß sie ihm vielleicht die Mutter, nicht aber den Vater ersetzen konnte. Ben brauchte eine starke Hand, ein Vorbild. Er fühlte sich unsicher, konnte sich nicht gut ausdrücken, träumte viel und fraß alles in sich hinein. Sie hätte ihm gern geholfen, doch es war nicht so einfach, an ihn heranzukommen. Das war vor zwei Jahren noch anders gewesen, aber er war jetzt richtig in der Pubertät, und sein Verhalten machte sie oft hilflos.
Sie dachte an Paul Elfert, den jungen Tiertrainer, in den sie seit einigen Wochen verliebt war. Wie sehr hatte sie gehofft, Paul und Ben würden sich gut verstehen! Diese Hoffnung hatte sich jedoch nicht erfüllt. Ben war von eisiger Ablehnung ihrem Freund gegenüber, Paul hatte bisher nicht die geringste Chance gehabt, ihm näher zu kommen oder gar von Ben als Vorbild anerkannt zu werden. Dabei hätte er dem Jungen so viel geben können, sie wußte das. Paul war mutig und ehrlich, aber er konnte auch sehr einfühlsam und sanft sein. Sie war glücklich, ihm begegnet zu sein.
Sie versuchte es anders. »Wie war’s in der Schule?«
»Wie schon?« brummte Benjamin. »Ätzend wie immer. Wir lernen nichts, womit man etwas anfangen kann. Ich weiß wirklich nicht, warum du so scharf darauf bist, daß ich weiter hingehe.«
Nora seufzte. »Weil es wichtig ist, daß du eine gute Ausbildung bekommst«, sagte sie geduldig. Wie oft hatte sie ihm das schon erklärt? Sie wußte es nicht. Fast kam es ihr so vor, als führten sie dieses Gespräch jeden Tag, aber natürlich war das eine Übertreibung. Sie war es nur leid, das war alles. »Du willst doch nicht nach der Schule arbeitslos werden, oder? Arbeitslose gibt es schon genug, Ben. Je besser du ausgebildet bist, desto besser sind deine Chancen später.«
»Ich kenne einen ganzen Haufen Leute, die studiert haben, und die haben auch keinen Job!« murrte er.
»Ich weiß, daß es das gibt. Du mußt ja auch nicht studieren, aber mach wenigstens dein Abitur, danach hast du die freie Auswahl. Du kannst jeden Beruf wählen, den du möchtest. Und deine Chancen sind bestimmt besser, als wenn du jetzt abgehst und eine Lehre machst, auf die du dann nach ein paar Monaten vielleicht auch keine Lust mehr hast. Warum bist du überhaupt so ungeduldig? Was würdest du denn gern machen, wenn du nicht mehr zur Schule gingst?«
»Was weiß ich«, sagte er undeutlich. »Irgendwas eben. Bloß nicht länger mit dreißig anderen in einem Klassenzimmer hocken und sich zu Tode langweilen.«
»Du sollst dich nicht langweilen, sondern aufpassen, was dir die Lehrer erzählen«, erwiderte sie schärfer als beabsichtig. »Fremdsprachen zum Beispiel sind im Leben sehr nützlich, das sollte dir eigentlich einleuchten. Deinem letzten Zeugnis nach zu urteilen, hast du das aber immer noch nicht begriffen.«
»Wenn ich ein paar Monate in einem Land bin, lerne ich die Sprache ganz von selbst«, behauptete er großspurig. »Das sagt jeder. In der Schule ist das alles eine endlose Quälerei, und wenn du dann im Land bist, geht alles wie von selbst.«
Allmählich reichte es ihr. »Von selbst geht gar nichts!« widersprach sie heftig. Von wem hatte er diese Hirngespinste nur? Wer setzte ihm solche Ideen in den Kopf? Seine Mitschüler wahrscheinlich. Schlimm genug war das.
Sie räumte die Teller zusammen. »Der Müll muß noch runtergebracht werden«, sagte sie kurzangebunden. »Und einen Kasten Wasser brauchen wir.«
»Immer ich«, beschwerte er sich. »Ich muß viel mehr machen als andere in meinem Alter.«
»Ich auch!« Wieder war ihr Ton scharf, und sie erschrak. Sie durfte sich von ihm nicht aus der Reserve locken lassen, denn darauf legte er es doch nur an. Aber er hatte sie wirklich geärgert, und diesem Ärger mußte sie jetzt Luft machen. »Oder dachtest du, ich hätte immer schon davon geträumt, für meinen kleinen Bruder zu putzen, zu waschen und zu kochen? Und gleichzeitig noch Geld zu verdienen, damit er sich seine CDs und Videospiele kaufen kann? Ich kann mir was Schöneres vorstellen, Ben, das darfst du mir glauben!« Mit blitzenden Augen stand sie nun vor ihm, beide Arme in die Seiten gestemmt.
»Schon gut, tut mir leid«, sagte er verlegen, wobei er ihrem Blick auswich. »Echt, Nora, ich hab’s nicht so gemeint. Jetzt krieg dich wieder ein. War ein Scheiß-Tag heute.«
So schnell ihre Wut aufgeflammt war, so schnell war sie auch wieder verflogen. »Dann krieg du dich aber auch wieder ein! Und rede nicht so ordinär, du weißt, daß ich das nicht schätze«, sagte sie ruppig.
Er stand auf. »Scheiße zu sagen ist gesellschaftsfähig, das sagt heute jeder«, behauptete er.
»Ich nicht! Und ich wünschte, du würdest es auch nicht tun«, erwiderte sie.
»Na schön, ich kann ja versuchen, es nicht mehr zu sagen«, meinte er lässig. »Dann bringe ich jetzt zuerst den Müll weg und hole das Wasser. Bis gleich.«
»Bis gleich.« Sie sah ihm gedankenverloren nach.
Sie war vierundzwanzig Jahre alt, arbeitete als Fremdsprachenkorrespondentin von zu Hause aus für eine große internationale Firma, und sie bildete sich ein, mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen. Aber im Umgang mit Ben kam sie sich manchmal so hilflos vor, als trüge sie nicht bereits seit drei Jahren die Verantwortung für ihn. Eigentlich sollte sie sich längst an seine Launen gewöhnt haben, aber er brachte sie immer noch recht leicht aus der Fassung.
Sie trug das Geschirr zum Spülbecken und ließ Wasser einlaufen. Wenn er nur erst erwachsen wäre! Sie gestand sich ein, daß sie sich Sorgen um ihn machte. Er war noch ein ziemlicher Kindskopf, trotz seiner sechzehn Jahre, von Vernunft keine Spur. Und er ließ sich so leicht irgendwelche verrückten Ideen in den Kopf setzen. Jeder, den er bewunderte, konnte ihm dummes Zeug erzählen, und Ben glaubte es erst einmal. Lag es an ihr, daß das so war? Hatte sie in den vergangenen drei Jahren versagt, ihn nicht