Ein dunkles Geheimnis: Der kleine Fürst 349 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Was ist denn los mit dir, Carl?«, fragte Baron Friedrich von Kant verwundert. »Du machst so einen nervösen Eindruck!« »Nervös?«, murmelte Graf Carl zu Grothum, ohne sich dem Baron zuzuwenden. Friedrich war nicht sicher, ob der junge Mann ihm überhaupt richtig zugehört hatte. »Ja, nervös!«, wiederholte er. »Dabei findet dieser Ball in einem der prächtigsten Schlösser des Landes statt! Die Bälle hier auf Wendelshausen sind berühmt dafür, dass regelmäßig die schönsten jungen Frauen zu Gast sind. Du solltest deine Sorgen vergessen und mit ihnen tanzen und flirten, statt Trübsal zu blasen.« Nun war es ihm ganz offensichtlich gelungen, Carls Aufmerksamkeit zu gewinnen. »Aber die schönen jungen Frauen sind doch gerade das Problem, Fritz!«, rief der junge Graf in komischer Verzweiflung. »Eine von ihnen hat mich so beeindruckt, dass ich an Atemnot leide, mich für keine andere mehr interessiere – und mich, was am schlimmsten ist, nicht einmal in ihre Nähe traue. Der ganze Ball ist mir verleidet.« Der Baron brach in Gelächter aus. »Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder? Du bist doch sonst nicht schüchtern, Carl. Ich kenne dich ja gar nicht wieder.«
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Ein dunkles Geheimnis - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 349 –
Ein dunkles Geheimnis
Viola Maybach
»Was ist denn los mit dir, Carl?«, fragte Baron Friedrich von Kant verwundert. »Du machst so einen nervösen Eindruck!«
»Nervös?«, murmelte Graf Carl zu Grothum, ohne sich dem Baron zuzuwenden.
Friedrich war nicht sicher, ob der junge Mann ihm überhaupt richtig zugehört hatte. »Ja, nervös!«, wiederholte er. »Dabei findet dieser Ball in einem der prächtigsten Schlösser des Landes statt! Die Bälle hier auf Wendelshausen sind berühmt dafür, dass regelmäßig die schönsten jungen Frauen zu Gast sind. Du solltest deine Sorgen vergessen und mit ihnen tanzen und flirten, statt Trübsal zu blasen.«
Nun war es ihm ganz offensichtlich gelungen, Carls Aufmerksamkeit zu gewinnen. »Aber die schönen jungen Frauen sind doch gerade das Problem, Fritz!«, rief der junge Graf in komischer Verzweiflung. »Eine von ihnen hat mich so beeindruckt, dass ich an Atemnot leide, mich für keine andere mehr interessiere – und mich, was am schlimmsten ist, nicht einmal in ihre Nähe traue. Der ganze Ball ist mir verleidet.«
Der Baron brach in Gelächter aus. »Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder? Du bist doch sonst nicht schüchtern, Carl. Ich kenne dich ja gar nicht wieder.«
»Ich kenne mich selbst nicht wieder, Fritz«, sagte Carl.
Baronin Sofia, Friedrichs Frau, kam auf sie zu. »Was macht ihr denn für Gesichter?«, wunderte sie sich. »Und warum steht ihr hier herum, statt zu tanzen? Dies ist einer der schönsten Bälle der Saison – also, worauf wartet ihr noch?«
»Carl hat sich verliebt«, erklärte der Baron.
»Fritz!«, rief Carl anklagend. »Musst du mein Geheimnis gleich weitererzählen? Außerdem bin ich nicht verliebt, nur … verunsichert.«
Sofia nahm Carls Arm. »Erzähl«, sagte sie freundlich. »Um wen handelt es sich denn?«
»Ich weiß noch nicht einmal ihren Namen«, antwortete Carl. »Sie steht da drüben, Sofia, die schöne Blonde in dem fließenden silbernen Kleid. Wenn ich sie nur ansehe, bleibt mir schon die Luft weg. Vorhin hat sie mir zugelächelt, da wäre ich beinahe in den Erdboden versunken. Und ich habe ihre Stimme gehört – wie die Stimme eines Engels, das schwöre ich euch.«
Sofia und Friedrich wechselten einen belustigten Blick. »Das ist Helena von Saalen, die junge Frau neben ihr ist ihre Schwester Carina«, sagte Sofia dann. »Wir kennen die beiden gut. Ich darf dir versichern, dass Helena eine reizende junge Frau ist, sie ist klug, hat Humor – und rein zufällig weiß ich auch, dass sie nicht gebunden ist. Also komm mit, ich mache euch miteinander bekannt.«
»Nein!«, rief Carl erschrocken. »Nicht so schnell, Sofia, ich bin innerlich noch nicht darauf vorbereitet, mit ihr zu reden.«
»Ich weiß, dass du kein Draufgänger bist, Carl – aber nun übertreibst du. Du sollst nur ein bisschen höfliche Konversation mit ihr machen für den Anfang, mehr nicht.«
»Höfliche Konversation?«, fragte Carl mit schwacher Stimme. »Wie soll ich das denn anstellen mit zugeschnürter Kehle? Außerdem sind meine Hände schweißnass, das würde sie sofort merken. Und ich kenne mich: Ich habe garantiert einen etwas blöden Blick, so überwältigt bin ich.«
Sofia und ihr Mann fingen an zu lachen. Es war nicht so, dass Carl jedes seiner Worte ernst meinte – er hatte durchaus komisches Talent, das er gelegentlich gern ausspielte, so wie jetzt. Doch obwohl er zweifellos übertrieb, glaubten sie ihm, dass ihn Helena von Saalens bezaubernde Erscheinung verunsicherte.
»Wir gehen alle drei zu Helena«, beschloss der Baron. »Das fällt weniger auf, und du musst nichts sagen, das nehmen wir dir ab, Carl.«
Der junge Graf atmete tief durch. Er war ein gut aussehender Mann mit dichten braunen Haaren und freundlichen braunen Augen. Wenn er richtig in Stimmung war, konnte er ein blendender Unterhalter sein, meistens jedoch spielte er lieber den zurückhaltenden Beobachter. Dass er Witz und Geist hatte, erschloss sich in der Regel erst im Gespräch, wenn er allmählich aus sich herausging. »Sie ist von Verehrern umringt«, sagte er jetzt. »Ich glaube, der Zeitpunkt ist nicht günstig …«
Die Baronin verlor die Geduld. »Herrje, Carl, hör auf!«, sagte sie. »Du hast die Rolle des Verzagten jetzt lange genug gespielt. Gehen wir?«
»Aber natürlich, liebste Sofia. Ich wollte nur mal sehen, wie lange es dauert, bis du ärgerlich wirst.«
»Pass bloß auf!«, schimpfte sie gut gelaunt. »Komm an meine andere Seite, Carl. Wir sollten uns beeilen, das Orchester wird bald wieder spielen, und dann gibt es keine Gelegenheit mehr, mit Helena zu reden – sie hat, glaube ich, bisher noch keinen Tanz ausgelassen.«
»Auf in den Kampf«, murmelte Carl.
*
»Verdammt!«, schimpfte Eva Monn leise. Sie lehnte sich zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. Es war schon spät, aber sie saß noch immer im Büro und forschte im Auftrag einer älteren Dame einen Betrüger aus. Gerade eben war eine ihrer heißesten Spuren im Sande verlaufen.
»Was ist denn los?«, erkundigte sich Henry Widmann, der am
gegenüberliegenden Schreibtisch ebenfalls noch in seine Arbeit vertieft war. Er hieß eigentlich Heinrich, fand aber, dass dieser Name für einen Ermittler eine Belastung darstellte, und so nannte er sich Henry. Er war ein knorriger Typ von achtundfünfzig Jahren, der schon viel gesehen und erlebt hatte. Seit drei Jahren war Eva seine Geschäftspartnerin, und die lebhafte junge Frau mit den roten Haaren und den leicht schräg stehenden grünen Augen und er, der erfahrene Privatdetektiv, waren ein erfolgreiches Team geworden.
»Ich dachte, ich hätte ihn, aber ich habe mich zu früh gefreut. War wieder nur eine Scheinadresse – der Kerl ist gerissener, als ich dachte.«
»Sonst hätte er kaum so viel Erfolg«, bemerkte Henry trocken. »Er muss mittlerweile, wenn er das ergaunerte Geld klug angelegt hat, steinreich sein.«
»Ich will ihn unbedingt kriegen, Henry, und das schaffe ich auch«, murmelte sie.
Er stand auf. »Ich hole uns noch einen Kaffee, ja? Wie ich dich kenne, gehst du ja doch noch nicht nach Hause, dabei sollte man eigentlich annehmen, dass eine schöne junge Frau wie du ab und zu auch ein Privatleben haben möchte.«
»Du weißt, dass das auf mich nicht zutrifft. Ich liebe meine Arbeit, Henry.«
»Das tue ich auch, aber lass dir von einem alten Mann gesagt sein, dass es noch andere lohnenswerte Dinge gibt. Wäre ich damals nicht so verbohrt gewesen, hätte Loretta mich vielleicht nicht verlassen. Ich vermisse sie immer noch.«
»Ist sie ohne dich eigentlich glücklich geworden?«
»Jedenfalls hat sie ziemlich schnell wieder geheiratet«, antwortete er wehmütig.
»Das hättest du auch tun können.«
Er schüttelte den Kopf. »Kein Interesse«, sagte er knapp. Er reichte ihr einen Becher Kaffee mit viel Milch, wie sie ihn gerne trank, nahm sich selbst auch einen und kehrte an seinen Computer zurück.
Danach sprachen sie nicht mehr. Zu hören war nur noch das Klacken der Tastaturen, die sie beide in rasender Geschwindigkeit bedienten.
*
»Ich glaube, sie kommen direkt auf uns zu«, wisperte Carina von Saalen ihrer älteren Schwester Helena