Kein Glück für Elisa an Weihnachten?: Der kleine Fürst 292 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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Über dieses E-Book
"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Ich kann es immer noch nicht glauben«, sagte Elisa. Sie war blass geworden, ihre Stimme zitterte leicht. »Der kann nicht echt sein, der Picasso, Hans. Sonst hätte meine Oma ihn doch längst verkauft und ihre Schulden damit bezahlt.« »Da könntest du Recht haben«, meinte Hans, »aber sie hat sich große Mühe gegeben, das Bild zu verstecken, das spricht eigentlich dafür, dass sie zumindest geglaubt hat, es sei echt.« »Aber um sicherzugehen, hätte sie es doch nur überprüfen lassen müssen.« Hans zuckte mit den Schultern. »Was wissen wir schon, was in ihr vorgegangen sein mag? Sie hätte dir auch sagen können, dass sie dich als Alleinerbin einsetzen will. Sie hätte dir von ihren Schulden erzählen, dir aber auch sagen können, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst. Sie hätte vieles tun können, hat es aber nicht getan. Diese ganze Geschichte ist seltsam.« Elisa nickte. Sie war durcheinander. So oft hatte sie von einem Wunder geträumt, ohne wirklich daran zu glauben – und jetzt? War das nun ein Wunder oder nicht? Sie betrachtete das Bild nachdenklich. Es zeigte eine Frau, das war zu erkennen, obwohl es ein abstraktes Gemälde war.
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Buchvorschau
Kein Glück für Elisa an Weihnachten? - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 292 –
Kein Glück für Elisa an Weihnachten?
Irrungen, Wirrungen und eine ganz gemeine Fälschung
Viola Maybach
»Ich kann es immer noch nicht glauben«, sagte Elisa. Sie war blass geworden, ihre Stimme zitterte leicht. »Der kann nicht echt sein, der Picasso, Hans. Sonst hätte meine Oma ihn doch längst verkauft und ihre Schulden damit bezahlt.«
»Da könntest du Recht haben«, meinte Hans, »aber sie hat sich große Mühe gegeben, das Bild zu verstecken, das spricht eigentlich dafür, dass sie zumindest geglaubt hat, es sei echt.«
»Aber um sicherzugehen, hätte sie es doch nur überprüfen lassen müssen.«
Hans zuckte mit den Schultern. »Was wissen wir schon, was in ihr vorgegangen sein mag? Sie hätte dir auch sagen können, dass sie dich als Alleinerbin einsetzen will. Sie hätte dir von ihren Schulden erzählen, dir aber auch sagen können, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst. Sie hätte vieles tun können, hat es aber nicht getan. Diese ganze Geschichte ist seltsam.«
Elisa nickte. Sie war durcheinander. So oft hatte sie von einem Wunder geträumt, ohne wirklich daran zu glauben – und jetzt? War das nun ein Wunder oder nicht? Sie betrachtete das Bild nachdenklich. Es zeigte eine Frau, das war zu erkennen, obwohl es ein abstraktes Gemälde war. »Es ist wunderschön«, sagte sie. »Ich kann mir genau vorstellen, in welcher Stimmung Picasso war, als er es gemalt hat. Er muss frisch verliebt gewesen sein.«
»Das kam bei ihm ja offenbar häufiger vor«, murmelte Hans. »Aber ich kann das nicht so sehen wie du. Das ist ein abstraktes Bild …«
»Aber trotzdem sieht man, dass er glücklich und ganz erfüllt war von der Frau! Also, ich sehe es jedenfalls. So glücklich, dass er dieses Gefühl unbedingt auf einem Gemälde festhalten wollte«, fuhr Elisa fort, »damit die Leute auch nach seinem Tod noch sehen können, wie groß seine Liebe war.«
»Du redest, als hätte er dieses Bild gemalt«, sagte Hans. »Glaubst du jetzt doch, dass es echt ist?«
»Nein, eigentlich nicht, aber das Original hat er ja vermutlich gemalt, oder? Und offenbar ist es so ein großartiges Bild, dass kein Fälscher es ruinieren kann.« Noch immer konnte Elisa ihren Blick nicht abwenden. »Wenn es eine wertlose Fälschung ist, behalte ich es auf jeden Fall.«
»Aber wenn es echt wäre, würdest du es schon verkaufen, oder?«
»Mir bliebe wohl kaum etwas anderes übrig.«
»Ich kenne zufällig jemanden im Museum für moderne Kunst, den könnte ich nach einem Gutachter fragen«, sagte Hans nachdenklich. »Was hältst du davon, das Bild erst einmal begutachten zu lassen, bevor du dir weitere Schritte überlegst?«
»Das ist eine gute Idee.« Elisa lächelte erleichtert. »Ich will meiner Mutter am liebsten noch gar nichts davon erzählen. Es reicht schon, wenn ich mir vielleicht falsche Hoffnungen mache.«
»Wenn du willst, frage ich gleich mal nach.«
Elisa nickte, und Hans suchte die Nummer heraus und ging in den Wohnsalon, um zu telefonieren. Sie hörte ihn leise reden und erklären, während sie nachdenklich die Signatur betrachtete. War es denkbar, dass Vera einen solchen Schatz jahrelang in ihrem Kleiderschrank aufbewahrt hatte? Und wenn es eine Fälschung war, warum hätte sie das dann tun sollen? Wenn aber nicht: Wieso hatte sie, in ihrer heiklen Situation, das Bild nicht verkauft?
»Nichts ergibt einen Sinn«, murmelte sie. »Omi, was war nur los mit dir? Wie viele Geheimnisse hattest du?«
Als Hans zurückkam, lächelte er. »Wir können das Bild gleich morgen vorbeibringen, ich habe auch schon mit dem Gutachter gesprochen. Als ich ihm gesagt habe, welche Signatur draufsteht, hat er ein bisschen gelacht und gesagt, du solltest nicht zu viel erwarten.«
»Tue ich nicht«, beteuerte Elisa, aber die ganze Wahrheit war das nicht. Wider besseres Wissen hoffte sie, der Gutachter werde schon nach einem Blick die Echtheit des Gemäldes erkennen und sie mit Neid in der Stimme beglückwünschen.
»Doch, tust du«, sagte Hans. »Ich an deiner Stelle täte es auch. Was machen wir jetzt damit?«
»Wir stellen es zurück in sein Versteck und hängen die Kleider wieder davor. Hier wird schon niemand einbrechen«, meinte Elisa. »Ich habe nämlich keine Lust, einen angeblichen Picasso durch die Gegend zu schleppen.«
Hans öffnete den Mund, um etwas einzuwenden, aber er überlegte es sich anders. »In Ordnung. Morgen holen wir es ab, und dann werden wir ja hören, was der Gutachter sagt.«
An diesem Abend fiel es Elisa sehr schwer, sich ihrer Mutter gegenüber nicht zu verraten, aber sie hatte Glück: Amelie war so beschäftigt mit einem unzufriedenen Kunden, dass sie von der Unruhe ihrer Tochter nichts mitbekam.
Als Elisa im Bett lag, rief sie sich noch einmal die letzte Stunde im Leben ihrer Großmutter ins Gedächtnis. Sie hatte hinterher sogar aufgeschrieben, wie ihr Besuch bei Vera verlaufen war, weil sie sicher sein wollte, dass sie nichts davon jemals vergessen würde. Deshalb musste sie die Worte, die sie niedergeschrieben hatte, nicht noch einmal lesen, um sich die Szene wieder in Erinnerung zu rufen. Sie sah ihre Großmutter in dem frisch bezogenen Bett liegen, spürte ihre zerbrechliche Hand mit der so kühlen Haut, und hörte sie die entscheidenden Worte flüstern: »Sag Amelie … es tut mir leid.«
So hatte sie es gesagt, und so hatte sie es gemeint. Sie war kurz nach diesen Worten friedlich für immer eingeschlafen, mit ihrer Enkelin und mit Betty an ihrer Seite, der guten Seele, die all die Jahre bei ihr geblieben war.
Vera hatte sich bei Elisas Mutter entschuldigt, nicht aber bei ihr, für das Testament, das sie nun zu ruinieren drohte. Was bedeutete das? Es konnte, Elisas fester Überzeugung nach, nur eins heißen: dass ihre Großmutter nicht die Absicht gehabt hatte, ihr zu schaden. Aber vielleicht dachte sie auch falsch?
Ihr letzter Gedanke, bevor sie schließlich doch einschlief, war: Vielleicht gibt der echte oder falsche Picasso ja die Antworten, die ich suche.
*
Der kleine Fürst war sehr still am nächsten Tag, als er aus der Schule kam. Da Anna wieder einmal viel zu erzählen hatte, fiel Christians Schweigen zunächst nicht auf, irgendwann aber fragte Baronin Sofia doch: »Ist etwas passiert, Chris? Du sagst ja gar nichts.«
»Ich möchte etwas mit euch besprechen«, erwiderte er, »aber ich wollte warten, bis Anna sich alles von der Seele geredet hat.«
Anna sah ihn verdutzt an. »Von der Seele? Spinnst du? Ich kann jederzeit still sein, so wichtig ist das, was ich erlebt habe, nun auch wieder nicht.«
»Gut, also dann …« Christian biss sich auf die Lippen, schien aber nicht zu wissen, wie er am besten anfangen sollte. Er setzte ein paar Mal an, brach wieder ab und sagte schließlich: »Es geht um Ben, diesen krebskranken Jungen, den Steffi jetzt schon zwei Mal besucht hat.«
»Ja?«, fragte Sofia.
»Ich hatte die Idee, ob wir ihn nicht mal einladen könnten. An einem von den Weihnachtstagen, nur für einen Nachmittag oder so – er wird nämlich nicht entlassen, er muss in der Klinik bleiben. Aber die Chemo hat er dann hinter sich, und zu Weihnachten muss es besonders hart sein in der Klinik.