Das Geheimnis der alten Milli: Heimat-Heidi 71 – Heimatroman
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Über dieses E-Book
»Grüß dich, Hans.« »Habe die Ehre…!« Der junge Bursche deutete lächelnd eine Verbeugung an. »Bist auf dem Weg nach Vorderstein zu deiner Mutti?« Heidi sah Hans fragend an. Der atmete tief durch und nickte. »Ja, ich werd ihr wieder mal erzählen, wie schön die Welt außerhalb des Heims ist, wie die Blumen riechen, wie die Bienen summen und wie die Berge einen mahnen.« Hans Taurer lächelte. »Viel mehr als meine Erzählungen hat sie ja nimmer.« »Aber es geht ihr doch gut?« wollte Heidi wissen. »Jedenfalls ging's ihr gut, als die Luise und ich vor vier Wochen bei ihr waren. Die Schwestern dort haben sich jedenfalls sehr um sie bemüht, und deine Mutter schien recht zufrieden zu sein.« »Das ist sie ja auch«, erwiderte der fesche junge Bursche. »Ich hab das eben nur gesagt, weil sie halt gern wieder mal auf einer Alm wär. Und davon kann ich ihr nur erzählen, weil ich ja auf der Alm leb. Jedenfalls will sie dann alles ganz genau wissen.« »Nimmst der Milli von uns was mit?« fragte Heidi.
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Rezensionen für Das Geheimnis der alten Milli
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Buchvorschau
Das Geheimnis der alten Milli - Stefanie Valentin
Heimat-Heidi
– 71 –
Das Geheimnis der alten Milli
Wer zuletzt lacht, lacht am besten ...
Stefanie Valentin
»Grüß dich, Hans.«
»Habe die Ehre…!« Der junge Bursche deutete lächelnd eine Verbeugung an.
»Bist auf dem Weg nach Vorderstein zu deiner Mutti?« Heidi sah Hans fragend an.
Der atmete tief durch und nickte.
»Ja, ich werd ihr wieder mal erzählen, wie schön die Welt außerhalb des Heims ist, wie die Blumen riechen, wie die Bienen summen und wie die Berge einen mahnen.« Hans Taurer lächelte. »Viel mehr als meine Erzählungen hat sie ja nimmer.«
»Aber es geht ihr doch gut?« wollte Heidi wissen. »Jedenfalls ging’s ihr gut, als die Luise und ich vor vier Wochen bei ihr waren. Die Schwestern dort haben sich jedenfalls sehr um sie bemüht, und deine Mutter schien recht zufrieden zu sein.«
»Das ist sie ja auch«, erwiderte der fesche junge Bursche. »Ich hab das eben nur gesagt, weil sie halt gern wieder mal auf einer Alm wär. Und davon kann ich ihr nur erzählen, weil ich ja auf der Alm leb. Jedenfalls will sie dann alles ganz genau wissen.«
»Nimmst der Milli von uns was mit?« fragte Heidi.
Hans Taurer nickte. »Sicher, warum denn net?«
»Ich hab einen ganzen Stapel Illustrierte gesammelt«, sagte Heidi, »alle aus der letzten Woch. Und dann hab ich heut neue mitgebracht. Und Kuchen hat die Luise gebacken, den nimmst auch mit.«
Hans nickte. »Ist schon recht.«
»Wenn du einen Augenblick hinein zur Luise gehst«, sagte Heidi, »dann pack ich dir die Illustrierten und alles andere in deinen Rucksack. Platz hat’s da doch noch, oder?«
Hans nickte. »Platz hat’s noch leicht. Gar so viel kann ich ihr ja von der Alm net mitbringen. Zwei verschiedene Käs, die sie gern mag und ein paar Blumen, die ich auf dem Weg herunter gepflückt hab.«
Hans Taurer war fünfunddreißig Jahre alt, groß und schlank und man sah ihm an, daß er als Senner den ganzen Tag an der frischen Luft war.
Er arbeitete für den Scheiner-Bauern, für den seine Mutter schon als Sennerin und als Magd gearbeitet hatte und er schien auf seiner Alm mit sich und der Welt zufrieden zu sein.
Einmal in der Woche ging er in der Früh, nachdem er das Vieh versorgt hatte, hinunter ins Tal, um seine Mutter im Heim in Vorderstein zu besuchen.
Die Milli war bis vor neun Jahren, damals hatte sie gerade ihren fünfundsechzigsten Geburtstag gefeiert, auf dem Scheiner-Hof gewesen, als der Bauer ganz überraschend verstorben war.
Seine Frau war ein Jahr vorher verstorben und so war der Hof plötzlich verwaist, weil die beiden keine direkten Nachkommen hatten.
Am Tag der Beisetzung war Gustls Neffe Franz gekommen, hatte gesagt, da der Gustl keine näheren Verwandten gehabt habe, deshalb sei er jetzt der Bauer.
Er ließ die Milli zu sich kommen und sagte, sie müsse entweder zurück auf die Alm, um als Sennerin zu arbeiten, auf dem Hof könne er sie nicht brauchen.
Dies war für die Milli insofern ein Schock gewesen, weil ihre Senn-Stelle inzwischen ihr Sohn Hans eingenommen hatte, dem das Leben auf der Alm ausgesprochen gut gefiel. Ihm die Stelle streitig zu machen, kam ihr nicht in den Sinn und so erfuhr niemand etwas von dem Ultimatum des neuen Scheiner-Bauern.
Zum Begräbnis vom Scheiner-Gustl kamen so gut wie alle Bauern des Oberallgäus. So viele Menschen wie an jenem Tag, waren auf dem Kirchhof schon lange nicht mehr beisammen gewesen.
Die Milli hatte herzerweichend geweint, als man den Gustl zur letzten Ruhe gebettet hatte, sie war die Einzige gewesen, die Tränen vergossen hatte. Nichten und Neffen waren eher unberührt dagestanden.
Der Franz hatte die Milli dann am Abend noch auf seine Forderung angesprochen.
»Du willst net auf die Alm?« hatte er gefragt.
Die Milli hatte den Kopf geschüttelt. »Nein, da soll der Bub bleiben. Da ist er glücklich und da werd ich mich ihm net in den Weg stellen.«
»Dann hast einen Monat Zeit, dir was anderes zu suchen«, hatte der Franz gesagt. »Du mußt mich verstehen«, hatte er dann noch hinzugefügt.
»Mach dir um mich mal keine Gedanken«, hatte die Milli geantwortet, »ich werd schon net umkommen.«
Da war die Milli fünfundsechzig gewesen und hatte noch nicht an den Ruhestand gedacht. Genau vierzig Jahre war sie zu dem Zeitpunkt auf dem Scheiner-Hof gewesen, entweder als Sennerin auf der Alm oder im Haus, wo sie für die Milchkühe und die Verarbeitung der Milch zuständig gewesen war.
Genau eine Woche nachdem man den Scheiner-Gustl zu Grab getragen hatte, war die Milli dann hinunter zur Bushaltestelle gegangen, um nach Fischen zu fahren, wo der örtliche Almbauernverband eine erfahrene Sennerin suchte.
Bei der Bushaltestelle war dann ein Auto ins Schleudern gekommen und hatte die Milli noch erfaßt. Sie hatte sich nur schwer von ihren Verletzungen erholt und nach wenigen Wochen war abzusehen, daß sie zeitlebens auf andere angewiesen sein würde.
Das Vordersteiner Heim wurde von Borromäerinnen geleitet, die ihr Kloster in der Nähe hatten und die der Milli anboten, sie aufzunehmen.
Zuerst tat sich die Milli schwer, doch dann gewöhnte sie sich an die neue Umgebung, vor allem, weil die Ordensschwestern einen sehr freundlichen und lieben Umgang mit ihren Heimbewohnerinnen pflegten, von denen die meisten den ganzen Tag liegen mußten.
Das mußte die Milli nicht, denn ein wenig hatte sich ihr Zustand gebessert und es gab Tage, da konnte sie schon mal ohne Hilfe in den Garten gehen, wenn auch nur mit einer Gehhilfe.
In den letzten Monaten war sie jedoch stiller geworden, nur ihre Blicke, mit denen sie in die Berge blickte, wo sie mal Zuhause gewesen war, war unverändert sehnsüchtig.
Heidi kam mit dem inzwischen fertig gepackten Rucksack und stellte ihn neben Hans.
»So, da ist alles drin«, sagte sie, »und richt der Milli bitte aus, daß ich sie in der nächsten Woch einen Nachmittag her zu uns hol. Da kommt der Lois von der Granten-Alm, die Mädi aus der Wertacher Gegend und die Marei aus dem Kleinwalsertal.«
»Und was sollen s’ da?« Hans sah die Bergerhof-Heidi fragend an.
Die lachte. »Was tun alle Almleut, wenn sie beisammen sind? Sie erzählen, wie schön’s auf der Alm früher war und wie fad das Leben dagegen heut ist…!«
*
»Grüß dich, Bub…!« Die Taurer-Milli strahlte ihren Sohn an, als der auf die Terrasse kam, wo sie ihn auf den eigenen Beinen stehend begrüßte. »Da schaust, gell? Es bessert sich allweil jeden Tag ein bissel und wenn’s so weiter geht, dann kann ich mir bald Gedanken um eine Wohnung machen, denn dann werfen s’ mich da nämlich hinaus.«