Falsche Träume: Heimat-Heidi 5 – Heimatroman
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»Sag mal, ist dir aufgefallen, daß die Steffi in letzter Zeit öfter mit der Wagner-Hiltrud zusammen ist?« Luise Berger sah ihre Schwiegertochter fragend an. »Mit der Hiltrud?« Die Berger-Heidi sah erstaunt drein. »Also, das kann ich mir net vorstellen.« »Und wieso net?« »Na weil die beiden ganz unterschiedlich sind. Außerdem ist die Hiltrud ein ganzes End' älter.« »Genau das stört mich bei der Geschicht' am meisten«, erwiderte Luise. Heidi und Luise Berger betrieben zusammen den Berger-Hof, ein Berggasthaus am Geierstein im Oberallgäu zwischen Sonthofen und Oberstdorf gelegen. Seit vor zirka zehn Jahren Heidis Mann Peter beim Holzschlägern tödlich verunglückt war, hatten die beiden mit viel Geschick und oft auch Glück dem alten Bergerhof einen modernen Anbau beigegeben, aber alles erhaltenswerte Alte so belassen wie es war. Deshalb fühlten sich auch jene im Bergerhof wohl, die sich in modernen Gaststätten verloren vorkamen. Vor allem die alte Gaststube, ein niedriger Raum mit kleinen Fenstern, an deren holzgetäfelten Wänden neben Kruzifixen und Heiligenbildern auch Gams-, Hirsch-, und Rehbocktrophäen hingen, hatte es den Gästen angetan. Manche Einheimische hatten die neuen Räumlichkeiten, obwohl sie schon jahrelang standen, bisher nicht ein einziges Mal betreten. Das Gasthaus und alles andere hatte Peter seiner Frau Heidi hinterlassen, was nicht einmal zu einem Streit mit Luise, ihrer Schwiegermutter, geführt hatte. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß die beiden Berger-Frauen sich ausgezeichnet verstanden. Dazu gehörte auch noch Heidis Tochter Steffi, die insofern in einem schwierigen Alter war, als daß sie nicht wußte, ob sie schon erwachsen oder noch jungendlich war. Manchmal, wenn sie unbedingt erwachsen sein wollte, sagte sie bei jeder passenden Gelegenheit, daß sie schließlich bald volljährig werde. »Du meinst, dich stört, daß die Hiltrud annähernd zehn Jahr' älter ist als die Steffi?«
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Buchvorschau
Falsche Träume - Stefanie Valentin
Heimat-Heidi
– 5–
Falsche Träume
Es locken die Lichter der Großstadt
Stefanie Valentin
»Sag mal, ist dir aufgefallen, daß die Steffi in letzter Zeit öfter mit der Wagner-Hiltrud zusammen ist?« Luise Berger sah ihre Schwiegertochter fragend an.
»Mit der Hiltrud?« Die Berger-Heidi sah erstaunt drein. »Also, das kann ich mir net vorstellen.«
»Und wieso net?«
»Na weil die beiden ganz unterschiedlich sind. Außerdem ist die Hiltrud ein ganzes End’ älter.«
»Genau das stört mich bei der Geschicht’ am meisten«, erwiderte Luise.
Heidi und Luise Berger betrieben zusammen den Berger-Hof, ein Berggasthaus am Geierstein im Oberallgäu zwischen Sonthofen und Oberstdorf gelegen. Seit vor zirka zehn Jahren Heidis Mann Peter beim Holzschlägern tödlich verunglückt war, hatten die beiden mit viel Geschick und oft auch Glück dem alten Bergerhof einen modernen Anbau beigegeben, aber alles erhaltenswerte Alte so belassen wie es war. Deshalb fühlten sich auch jene im Bergerhof wohl, die sich in modernen Gaststätten verloren vorkamen.
Vor allem die alte Gaststube, ein niedriger Raum mit kleinen Fenstern, an deren holzgetäfelten Wänden neben Kruzifixen und Heiligenbildern auch Gams-, Hirsch-, und Rehbocktrophäen hingen, hatte es den Gästen angetan. Manche Einheimische hatten die neuen Räumlichkeiten, obwohl sie schon jahrelang standen, bisher nicht ein einziges Mal betreten.
Das Gasthaus und alles andere hatte Peter seiner Frau Heidi hinterlassen, was nicht einmal zu einem Streit mit Luise, ihrer Schwiegermutter, geführt hatte. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß die beiden Berger-Frauen sich ausgezeichnet verstanden.
Dazu gehörte auch noch Heidis Tochter Steffi, die insofern in einem schwierigen Alter war, als daß sie nicht wußte, ob sie schon erwachsen oder noch jungendlich war. Manchmal, wenn sie unbedingt erwachsen sein wollte, sagte sie bei jeder passenden Gelegenheit, daß sie schließlich bald volljährig werde.
»Du meinst, dich stört, daß die Hiltrud annähernd zehn Jahr’ älter ist als die Steffi?« Heidi
sah ihre Schwiegermutter fragend an.
Die nickte. »Zehn komplette Jahr’ sind’s net, die Hiltrud ist sechsundzwanzig. Aber der Altersunterschied von fast zehn Jahren zählt in dem Alter besonders viel.«
»Mir ist gar net aufgefallen, daß die Steffi so viel Zeit mit der Hiltrud verbringt«, erwiderte Heidi.
»Sie tut’s aber«, antwortete Luise. »Mir ist’s aufgefallen, weil die Steffi plötzlich ständig in Modezeitschriften herumgeblättert hat. Auch in ganz teuren. So viel Taschengeld hat sie gar net, um sich diese Zeitungen leisten zu können.«
»Da schau her…!« Heidi sah verwundert drein. »Was du von meiner Tochter alles weißt und ich net.«
»Tja«, Luises Blick wurde ein wenig vorwurfsvoll, »vielleicht arbeitest du zu viel und hast daher zu wenig Zeit für deine Tochter. Grad’ in ihrem jetzigen Lebensabschnitt braucht sie dich. Mehr als alles andere.«
Die Berger-Heidi nickte. »Du hast recht. Ich weiß selbst, daß ich zu wenig Zeit für das Madel hab’.«
»Und ein Vater fehlt ihr auch«, sagte Luise.
»Willst mir wieder einen Mann anreden?« Heidi lächelte amüsiert. »Vergiß es. Es wird genauso daneben gehen wie alle anderen Male auch.«
»Ich will dir ja gar keinen Mann einreden«, sagte Luise. »Aber du solltest nicht von vornherein ausschließen, daß du dich noch mal verlieben könntest.«
»Passieren kann alles«, sagte Heidi, »aber dann müßt’ schon einer kommen, der was in mir wecken würd’, was schon lange nimmer geklungen hat.«
»Du bist sehr anspruchsvoll«, sagte Luise, dann lächelte sie. »Aber du hast recht, dein Herz an irgendwen verschenken mußt net.« Dann legte sie die Stirn in Falten. »Aber wir sind vom Thema abgekommen. Du hast gesagt, daß du dir nicht vorstellen kannst, daß die Steffi viel Zeit mit der Wagner-Hiltrud verbringt.«
Heidi nickte. »So ist es. Ich kann’s mir auch nicht vorstellen. Mein Gott, die Steffi ist doch noch ein Kind.«
»Und die Hiltrud eher das Gegenteil?« Luise zog die Augenbrauen hoch. »Hast du das andeuten wollen?«
Heidi zuckte mit den Schultern. »Irgendwie schon.«
»Eigentlich meinst du nicht erwachsen, sondern erfahren was Männer angeht, oder?« Luise sah ihre Schwiegertochter fragend an.
Die nickte. »Ja, das hab’ ich gemeint. Vielleicht tut man der Hiltrud aber auch unrecht.«
»Vielleicht ist’s ja auch gar keine Schande, mannserfahren zu sein.« Luise zuckte mit den Schultern.
»Das mag alles sein«, erwiderte Heidi, »jedenfalls muß die Steffi da net mithalten. Ich werd’ mal mit ihr reden.«
»Meinst du, das wär’ klug? Sie könnt’ sich rasch auf die Zehen getreten fühlen. Und dann geschieht oft grad’ das Gegenteil von dem, was man möcht’.« Luise sah ihre Schwiegertochter skeptisch an.
»Und?« fragte die. »Was soll ich deiner Meinung nach tun? Alles laufen lassen?«
»Ein bissel weniger ums Geschäft kümmern«, schlug Luise vor, »dafür mehr Zeit deiner Tochter widmen.«
»Und wenn sie das net will?« Heidi war skeptisch.
»Du mußt dich ja net aufdrängen«, schlug Luise vor, »nur verfügbar sein, wenn es gefragt ist.«
Heidi nickte. »Du hast recht. Ich werd’ mich mehr um die Steffi kümmern müssen.«
Im gleichen Augenblick läutete das Telefon. Die beiden waren in ihren Privaträumen im ersten Stock, Heidi nahm den Hörer ab und meldete sich.
»Also, das ist jetzt aber eine Überraschung«, sagte sie, »ich hab’ letztens mit der Luise von dir geredet. Wir haben uns gefragt, wohin es dich inzwischen verschlagen hat.«
Heidi redete noch eine Weile, man sah ihr an, daß sie sich freute, angerufen worden zu sein. Als sie den Hörer auflegte, sah sie Luise an und sagte: »Also, wer grad’ angerufen hat, das rätst du nicht.«
»Mach’s nicht so spannend«, erwiderte Luise, »wer hat dich so froh gestimmt?«
»Die Sandra…!«
»Welche Sandra?«
»Wieviel Sandras kennst du denn?«
»Oje«, murmelte Luise, »meinst etwa die Wellner-Sandra?«
Heidi nickte. »Genau die meine ich.«
»Was macht sie denn inzwischen?« Luise sah ihre Schwiegertochter fragend an.
»Das wird sie uns alles erzählen, wenn sie herkommt«, antwortete die.
»Sandra kommt uns besuchen?« Auch die Luise freute sich offensichtlich darauf.
Ihre Schwiegertochter nickte. »Ja, sie kommt uns besuchen. Es hat sich angehört, als würd’ sie ein paar Tage bleiben wollen. Die kleine Suite wär’ frei und im alten Gasthaus ein Zimmer.«
»Die Sandra nimmt die Suite«, sagte Luise, »die ist inzwischen anderes gewohnt, als unseren Standard.«
»Meinst, weil sie in New York und sonstwo gewesen ist?« Heidi schüttelte lächelnd den Kopf. »Also, wenn die Sandra so geblieben ist wie sie damals war, als wir sie kennengelernt haben, dann wird sie das Zimmer im alten Teil des Bergerhofs nehmen.«
»Wir könnten ja mal wetten…«, sagte Luise, dann widmeten sie sich die beiden Berger-Frauen wieder ihren Arbeiten.
*
Sandra Wellner war sechsundzwanzig Jahre alt und stammte aus der Nähe von Füssen, wo ihre Eltern eine kleine Pension besaßen. Sandra hatte zweimal in den Ferien im Berger-Hof gearbeitet, um, wie sie mit amüsiert klingender Stimme gesagt hatte, das Hotel- und Gaststättengewerbe auf Allgäuer Art zu lernen.
Dann hatte sie Abitur gemacht, Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Werbung und Marketing studiert und war in eine Werbefirma eingestiegen, die sehr rasch expandierte, Büros in Paris und New York eröffnete und heute zu den Marktführern gehörte.
Das Hauptbüro war nach wie vor in München, Sandra war Teilhaberin, und man konnte ohne Übertreibung sagen, daß sie es geschafft hatte, zumindest wirtschaftlich.
Sandra war mittelgroß, gertenschlank, man hätte sie auch als zierlich bezeichnen können. Sie trieb gerne Sport, ohne Höchstleistungen erzielen zu wollen und sie wünschte sich sehr, wieder