Heimatkinder 31 – Heimatroman: Habt Mut zur Liebe
Von Isabell Rohde
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Wenn Stefan Baron Weißenberg von der Landstraße abbog und den Weg zum Weißenberg-Hof hochfuhr, breitete sich immer ein Glücksgefühl in ihm aus. Und dann wusste er wieder, wofür es sich zu leben und zuweilen auch anzustrengen lohnte – für Marie und ihre drei gemeinsamen Kinder Reserl, Jossi und den kleinen Dany. Nein, er bereute nichts! Denn als er vor Jahren sein gesamtes Erbe zum Erhalt des heruntergekommenen Traublinger-Anwesens einsetzte, hatte er aus Liebe zu Marie gehandelt! Und war er vom Leben nicht überaus großzügig für diese Entscheidung belohnt worden?
Marie, die Tochter des verstorbenen Bauern Traublinger, war seine Baronin Weißenberg geworden und hatte ihm drei wunderbare Kinder geschenkt.
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Heimatkinder 31 – Heimatroman - Isabell Rohde
Heimatkinder –31–
Habt Mut zur Liebe
Roman von Isabell Rohde
Wenn Stefan Baron Weißenberg von der Landstraße abbog und den Weg zum Weißenberg-Hof hochfuhr, breitete sich immer ein Glücksgefühl in ihm aus. Und dann wusste er wieder, wofür es sich zu leben und zuweilen auch anzustrengen lohnte – für Marie und ihre drei gemeinsamen Kinder Reserl, Jossi und den kleinen Dany.
Nein, er bereute nichts! Denn als er vor Jahren sein gesamtes Erbe zum Erhalt des heruntergekommenen Traublinger-Anwesens einsetzte, hatte er aus Liebe zu Marie gehandelt! Und war er vom Leben nicht überaus großzügig für diese Entscheidung belohnt worden?
Marie, die Tochter des verstorbenen Bauern Traublinger, war seine Baronin Weißenberg geworden und hatte ihm drei wunderbare Kinder geschenkt. Und weil sie beide auch kräftig die Ärmel aufkrempeln konnten, gehörten Felder, Wiesen, alte und neue Gebäude und das wunderschöne Bauernhaus nun nicht mehr den Banken, sondern zum Weißenberg-Hof, wo das feinste und beste Gemüse weit und breit angebaut wurde.
Stefan grinste in sich hinein. Hinter den Fenstern des Bauernhauses brannte Licht. Seine Familie hatte es sich gemütlich gemacht. So sollte es sein. Denn das Wetter war heute mal wieder miserabel, wie oft, wenn der Winter dem Frühling noch nicht weichen will.
Aber mit seiner soliden Holzfassade bot der behäbige Bau jedem Sturm, Schneegestöber und Dauerregen die Stirn. Und schon morgen, wenn der Himmel wieder blau war, musste der herrliche Blick von dort oben bis weit zur Alpenkette auch einen wintermüden Familienvater wie ihn versöhnen.
Von der Rückseite aus konnte man die kurvenreiche Landstraße fast bis zum Stackerl-See verfolgen. Wehte der Wind dazu noch günstig, war auf dem Weißenberg-Hof sogar das Läuten von St. Nicolai in Altendorf zu hören.
Ja, hier im Voralpenland ließ es sich leben … und lieben. Stefan schmunzelte vor sich hin, fuhr am Haus vorbei und parkte im Hof. Dort stellte er fest, dass Maries Auto noch fehlte. Er schaute auf die Uhr. Es war gleich sieben, und da sollte Maries Arbeit als Leiterin des Chors von St. Nicolai schon beendet sein.
Er murrte etwas vor sich hin. Nach Hause zu kommen, ohne von seiner geliebten Marie empfangen zu werden, das war eine Übung, die er immer noch nicht perfekt beherrschte.
Er stapfte durch die Schneereste zum Seiteneingang und wich gerade noch vor einem Gegenstand auf dem Boden aus. Das war das nagelneue Fahrrad von Reserl, seiner zehnjährigen Ältesten. Sie hatte es vor zwei Monaten zu Weihnachten bekommen. Und warum ging sie so achtlos damit um?
»Reserl!«, rief er.
Keiner antwortete. Da stellte er es selbst auf, lehnte es an die Mauer und trat ein. Im Gang war es meistens schummrig, weil Wilma, der gute Geist des Hauses, so gern Energie sparte. Dafür wehten ihm köstliche Gerüche aus der Küche entgegen.
Statt Reserl rutschte Jossi ihm auf Skiern entgegen. Sie war gerade sechs geworden, aber dreimal so frech wie ihre große Schwester.
»Jossi! Was machst du denn? Das sind Dannys allerste Skier und keine Scater! Und außerdem viel zu kurz.«
»Dany hat’s aber erlaubt, Papi!« Sie strich sich die dunklen Locken aus dem Gesicht.
»Mensch, Jossi!« Seufzend beugte er sich zu ihr. »Dany ist noch zu klein. Der weiß noch nicht, wie leicht Skier verschrammen.« Außerdem bezweifelte er, ob sein Jüngster sich wirklich so großherzig gezeigt hatte. Sonst behauptete der Dreijährige sich schon ganz tapfer gegen seine beiden älteren Schwestern.
»Ich bin nicht zu klein, Papi!«
Stefan drehte sich um. Er hatte seinen Stammhalter doch tatsächlich im Schummerlicht des Ganges übersehen! Der hockte mit dem Kater Pascha auf dem Schoß unter der Garderobe. Pascha, der Dicke, schnurrte hochzufrieden. Das tat er immer, wenn sich die beiden Katzendamen Luschi und Buscha zum Mäusefangen irgendwo draußen auf dem Hofgelände aufhielten und er vor ihnen Ruhe hatte.
»Jossi hat eigene Skier, Dany.« Stefan setzte Pascha auf den Boden und hob seinen Sohn auf die Arme. »Deine sollte sie schonen.«
»Reserl hat gesagt, es schneit heute Nacht, Papi«, meldete Jossi sich völlig unbeeindruckt. »Machst du dann morgen wieder den Ski-Lehrer auf dem Hügel für uns?«
»O ja, Papi!«, freute Dany sich.
»Reserl soll erst mal ihr Fahrrad in den Schuppen fahren!«, entschied Stefan. Er ließ Dany runter, zog seine Jacke aus und schnupperte in Richtung Küche.
»Was gibt’s denn zu Abend?«
»Wilma macht Pischa-Mal-Kartoffeln mit Bratwurst«, wusste Dany.
»Und danach Apfelcreme mit alten Weihnachtsplätzchen obendrauf!«, fügte Jossi hinzu. Sie stellte die Skier an die Wand und rannte dann hoch zu Reserl, um sie ans Fahrrad zu erinnern.
Mit Dany an der Hand, stieg der Baron nun über den dicken Pascha und betrat die riesige Küche. Wilma schnippelte gerade Kartoffeln in die Bechamel-Soße. Sie begrüßte ihn mit einem flüchtigen Blick.
Dem Alter nach hätte Wilma Maries Mutter sein können und ließ das gern heraushängen. Aber wie Stefan stammte sie aus Norddeutschland und hatte sich als Zugereiste im schönen Bayernland auch erst bewähren müssen. Das verband die beiden und ließ ihn ihre Marotten gut ertragen.
Bewundernd stellte er fest, dass Wilma beim Kartoffelschnippeln die vor sich hinbruzzelnden Würstchen keine Sekunde aus den Augen ließ und sich doch nicht in den Finger schnitt.
»Warum denn Weihnachtsgebäck zur Apfelcreme?«, versuchte er sie abzulenken. »Die Plätzchen schmecken auch noch zu Ostern.«
»Nicht die zerbröselten, Baron. Oder wollen Sie die in die Ostereier für die Kinder stopfen?«
»Hm«, machte er nur. Natürlich hatte sie mal wieder recht. »Und meine Frau? Hat sie nicht angerufen, dass sie später kommt?«
»Ach, nu’ werden Sie doch nicht gleich miesepetrig!«, tadelte Wilma ihn. »Die Baronin war vormittags im Büro und den ganzen Nachmittag beim Sellerie und beim Karottenlager. Vorher hat sie mit Reserl Hausaufgaben gemacht. Wenn sie nun bei ihrer Musik ist, gönnen Sie’s ihr doch.«
»Ich gönne meiner Frau alles! Alles Schöne auf der Welt, Wilma.«
»Na, dann ist ja gut, Baron.« Dann erhob sie ihre Stimme und rief ins Haus: »Reserl, Jossi … Tisch decken.«
»Wums!«, machte draußen die Haustür. Das war Reserl, die ihr Fahrrad inzwischen in den Schuppen gestellt hatte. Sie betrat die Küche, als sei nichts geschehen und meldete: »Mami fährt gerade in den Hof!« Und schon hing sie ihrem Papi am Hals. »Morgen schneit’s wieder! Ich hab’s im Radio gehört. Laufen wir dann Ski auf dem Hügel?«
»Wenn Mami nichts dagegen hat, vielleicht.«
»Hat sie nicht. Hat sie nicht!«, triumphierte sie sofort. »Sie will doch morgen nach München auf Schnäppchen-Suche für Wintersachen. Neue Anoraks und so. Nur für uns.«
»Feinste Sachen werden preislich herabgesetzt und sind dann erschwinglich, Baron«, belehrte Wilma ihn mal wieder.
»Soso. Na, ich geh ihr mal entgegen.«
Wenn er seine Marie mit einer Umarmung empfangen konnte, glitt auch der Unmut über Wilmas ständige Besserwisserei an ihm ab. Auch die Probleme mit der Baubehörde und dem Landratsamt wurden zu Nichtigkeiten. Daran hatte sich seit ihrem ersten zarten Kuss vor vielen Jahren nichts geändert. Und das war gut so!
Er trat in die feuchte Dunkelheit hinaus. Marie stieg gerade aus ihrem Wagen. In der Mitte des Hofes bemerkte sie ihn, schlug sich das Wolltuch um den Kopf und beschleunigte ihre Schritte.
»Puh! Jetzt schneit’s auch noch. Das fehlt mir gerade!«, seufzte sie, als er sie in die Arme nahm. Stefan schmunzelte. Marie gehörte zum Glück zu den Frauen, die weder Freude, noch Ärger, Wut oder Trauer unterdrückten. Bei ihr wusste er immer, woran er war.
»Du hättest deine Freundin Anette ja zum Essen mitbringen können, anstatt nach der Chorprobe wieder so lange mit ihr