Die Liebe hat dich stark gemacht: Der Bergpfarrer Extra 45 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern.
Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen.
Die Geschichte, die ich Ihnen, liebe Leser, heute erzähle, könnte auch den Titel 'Das Aschenbrödel von St. Johann' tragen. Es ist die Geschichte der dreiundzwanzigjährigen Angela Kiendl, die ihrer Mutter vor drei Jahren am Totenbett geschworen hatte, immer für ihren Vater und den fünf Jahre jüngeren Bruder da zu sein. Angelas Vater, ein griesgrämiger, verbitterter Landwirt, der sich vom Schicksal ungerecht behandelt fühlt, pocht unerbittlich darauf, dass Angela das Versprechen, das sie ihrer sterbenden Mutter gab, erfüllt, und zwar vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Während ihre Freundinnen und ehemaligen Schulkameraden ihre Jugend genießen, werkelt sie von früh bis spät, hält den Haushalt in Ordnung und kümmert sich um mehr als vier Dutzend Kühe. Doch dann verliebt sich Angela. Und die Probleme sind vorprogrammiert. Oder wendet sich doch alles zum Besseren? Im Wachnertal war der Frühling eingekehrt. Auf den Wiesen blühten der Löwenzahn, das Wiesen-Schaumkraut und der Klee, Bäume und Büsche zeigten zartes Grün, in den Gärten verging die Kirschblüte und die Knospen der Rhododendren begannen aufzuspringen. Oben, auf den Gipfeln des Hochgebirges, lag noch der Schnee. In den Schattenfeldern würde er sogar der Sommersonne widerstehen. Die Bauern hatten ihre Felder bestellt, Rüben und Kartoffeln begannen auszutreiben, das Wintergetreide bedeckte mit seinem dunklen, satten Grün weite Ackerflächen. Ein Tag, der viel Sonnenschein versprach, war angebrochen. Angela Kiendl war seit halb fünf Uhr auf den Beinen, hatte die Kühe gemolken und gefüttert, den Stall sauber gemacht und das Frühstück für die Ihren vorbereitet. Jetzt war es sieben Uhr, und die kleine Familie saß am Frühstückstisch. Bernhard Kiendl, der Bauer, schaute, wie jeden Morgen, verdrossen drein. Schweigend aß er das Stück Butterbrot mit Marmeladeaufstrich, in kleinen Schlucken, geradezu schlürfend, trank er seinen Kaffee, in den er viel Milch und Zucker gerührt hatte. Benjamin, Angelas achtzehnjähriger Bruder, besuchte das Gymnasium in Garmisch und beeilte sich, um rechtzeitig zum Bus zu gelangen, der ihn und einige andere Schüler aus den drei Gemeinden des Wachnertals, die weiterbildende Schulen besuchten, nach Garmisch brachte. Das Schweigen am Frühstückstisch auf dem Kiendlhof empfand Angela schon lange nicht mehr als bedrückend oder unangenehm.
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Der Bergpfarrer Extra
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Buchvorschau
Die Liebe hat dich stark gemacht - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer Extra
– 45 –
Die Liebe hat dich stark gemacht
Wie Angela den Weg ins Leben fand
Toni Waidacher
Die Geschichte, die ich Ihnen, liebe Leser, heute erzähle, könnte auch den Titel ‚Das Aschenbrödel von St. Johann’ tragen. Es ist die Geschichte der dreiundzwanzigjährigen Angela Kiendl, die ihrer Mutter vor drei Jahren am Totenbett geschworen hatte, immer für ihren Vater und den fünf Jahre jüngeren Bruder da zu sein.
Angelas Vater, ein griesgrämiger, verbitterter Landwirt, der sich vom Schicksal ungerecht behandelt fühlt, pocht unerbittlich darauf, dass Angela das Versprechen, das sie ihrer sterbenden Mutter gab, erfüllt, und zwar vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Während ihre Freundinnen und ehemaligen Schulkameraden ihre Jugend genießen, werkelt sie von früh bis spät, hält den Haushalt in Ordnung und kümmert sich um mehr als vier Dutzend Kühe.
Doch dann verliebt sich Angela. Und die Probleme sind vorprogrammiert. Oder wendet sich doch alles zum Besseren?
Im Wachnertal war der Frühling eingekehrt. Auf den Wiesen blühten der Löwenzahn, das Wiesen-Schaumkraut und der Klee, Bäume und Büsche zeigten zartes Grün, in den Gärten verging die Kirschblüte und die Knospen der Rhododendren begannen aufzuspringen. Oben, auf den Gipfeln des Hochgebirges, lag noch der Schnee. In den Schattenfeldern würde er sogar der Sommersonne widerstehen.
Die Bauern hatten ihre Felder bestellt, Rüben und Kartoffeln begannen auszutreiben, das Wintergetreide bedeckte mit seinem dunklen, satten Grün weite Ackerflächen.
Ein Tag, der viel Sonnenschein versprach, war angebrochen.
Angela Kiendl war seit halb fünf Uhr auf den Beinen, hatte die Kühe gemolken und gefüttert, den Stall sauber gemacht und das Frühstück für die Ihren vorbereitet. Jetzt war es sieben Uhr, und die kleine Familie saß am Frühstückstisch. Bernhard Kiendl, der Bauer, schaute, wie jeden Morgen, verdrossen drein. Schweigend aß er das Stück Butterbrot mit Marmeladeaufstrich, in kleinen Schlucken, geradezu schlürfend, trank er seinen Kaffee, in den er viel Milch und Zucker gerührt hatte.
Benjamin, Angelas achtzehnjähriger Bruder, besuchte das Gymnasium in Garmisch und beeilte sich, um rechtzeitig zum Bus zu gelangen, der ihn und einige andere Schüler aus den drei Gemeinden des Wachnertals, die weiterbildende Schulen besuchten, nach Garmisch brachte.
Das Schweigen am Frühstückstisch auf dem Kiendlhof empfand Angela schon lange nicht mehr als bedrückend oder unangenehm. Es war zur Gewohnheit geworden. Jetzt aber brach es Benjamin, nachdem er den letzten Schluck Kaffee getrunken hatte:
»Ich verschwinde. Der Schulbus wartet net.« Mit dem letzten Wort stemmte er sich am Tisch in die Höhe. An seine Schwester gewandt, endete er: »Ich komm’ um die gleiche Zeit wie jeden Tag heim, Angela.«
Benjamin eilte zur Tür.
»Trödel mit dem Mittagessen net zu lang herum!«, rief ihm sein Vater hinterher. »Ich brauch’ dich im Wald.«
»Ja, ja, ist schon gut, Papa«, erwiderte Benjamin, ohne seinen
Vater anzuschauen. Er warf lediglich seiner Schwester einen genervten Blick zu und verdrehte die Augen. Draußen im Flur schnappte er sich die alte Aktentasche mit seinen Schulsachen, deren Leder schon recht mitgenommen und brüchig war, und verließ das Haus. Er atmete auf. Mit Angela kam er gut zurecht. In der Gegenwart seines Vaters war die Atmosphäre dagegen immer angespannt und bereitete Unbehagen.
In der Küche erhob sich jetzt der Bauer. »Ich fahr’ ins Holz und schneid’ kaputte Bäume heraus«, gab er zu verstehen. »Du kannst, wenn du hier im Haus fertig bist, auf den Friedhof gehen und das Grab ein bissel richten. Gegen sechs Uhr komm’ ich wieder nach Hause. Dann steht ein vernünftiges Essen auf dem Tisch, verstanden? Sollt’ der Benjamin, nachdem er von der Schule heimgekommen ist, recht herumtrödeln, dann tret’ ihn ins Kreuz. Im Wald wartet eine Menge Arbeit auf ihn. Irgendwelche Fragen?«
»Die Lena hat mit mir gestern Abend telefoniert«, sagte Angela. Sie sprach fast zaghaft, mit dünner, unsicherer Stimme. »Sie möcht’, dass ich am Samstagabend mit ihr und ein paar Freunden nach Garmisch fahr’.«
»Was willst du denn in Garmisch?«, erkundigte sich Bernhard brummig. Seine Brauen hatten sich zusammengeschoben.
»Wir wollen einen Heimatabend besuchen, ein bissel Tanzen und alle fünfe gerade sein lassen. Der Winter war lang und …«
Eine wegwerfende Handbewegung ihres Vaters ließ Angela verstummen. »Tanzen! Alle fünfe gerade sein lassen!«, stieß er geradezu verächtlich hervor. »Bei dir geht’s wohl langsam los, Tochter. Ich denk’, du hast hier auf dem Hof genug Arbeit, um ausgelastet zu sein. Wenn du am Samstag die halbe Nacht auf dem Tanzboden herumhopst, bist du am Sonntag kaum einsatzfähig. Aber die Kühe wollen auch am Sonntag versorgt werden, und net nur die Kühe. Auch ich, Tochter, und der Benjamin. Der Haushalt muss auch am Sonntag in Ordnung gehalten werden.«
Angela duckte sich ein wenig, als hätte ihr Vater nach ihr geschlagen. Ihre Augen begannen unruhig zu flackern. »Ist ja schon gut, Papa«, murmelte sie. »Ich sag’ der Lena ab.«
»Das rate ich dir«, knurrte Bernhard unwirsch. »Wir auf dem Kiendlhof haben keine Zeit für solchen Firlefanz. Bei uns heißt’s ranklotzen. Und jeder muss mitmachen. Wer versucht, aus der Reihe zu tanzen, kriegt ein Problem, und zwar mit mir. Ich denk’, wir verstehen uns, Madel.«
»Natürlich, Papa. Gib auf dich acht im Wald. Die Arbeit ist net ungefährlich. Ruf’ von Zeit zu Zeit mal an, damit ich mir keine Sorgen machen muss.«
»So viel Fürsorge lob’ ich mir«, versetzte der Bauer. »Aber du kannst beruhigt sein, Madel, ich bin immer vorsichtig und darauf bedacht, dass alles seinen geregelten Gang geht. Was der Hof heut’ ist, hab’ ich aus ihm gemacht. Wenn ich nimmer könnt’, wenn ich vielleicht gar nimmer da wär’, wär’s schlecht um das Anwesen bestellt. Der Benjamin fühlt sich zu Höherem berufen, und bei dir bin ich mir auch net sicher, ob du in meine Fußtapfen treten würdest. Du hast immer noch viel zu viele andere Dinge im Kopf. Ich käm’ nie auf die Idee, am Samstagabend zum Tanzen nach Garmisch fahren zu wollen.«
»Es ist halt, weil ich …«
»Es ist, weil dir die Lena lauter Flausen in den Kopf setzt«, schnitt Bernhard seiner Tochter schroff das Wort ab. »Mir wär’s lieber, du würdest dich net so sehr nach ihr richten. Sie lebt in den Tag hinein und macht sich keine Gedanken, was morgen oder übermorgen ist. Aber es ist halt mal so, dass der Apfel net weit vom Stamm fällt. Ihre Leut’ haben ihr Leben lang von der Hand in den Mund gelebt. So ein Leben möcht’ ich net geschenkt. Das sind Hungerleider, und schuld sind s’ selber, weil s’ nix aus sich gemacht haben. – Hör’ auf mich, Madel, und du tust gut dran. Tust du’s net, wirst du schon sehen, was dabei herauskommt. – Ich fahr’ jetzt. Wie gesagt, geh’ auf den Friedhof und richt’ das Grab. Und koch’ mir abends ein vernünftiges Essen.«
Mit schweren Schritten verließ er die Küche. Draußen im Flur verklangen sie, dann klappte die Haustür. Angela ging zum Fenster und beobachtete, wie ihr Vater den Traktor aus der Garage holte. Wenig später fuhr er vom Hof. Angela seufzte, ging vom Fenster weg und nahm ihr Smartphone, das auf einer Anrichte lag, holte eine Nummer aus dem digitalen Telefonbuch und stellte die Verbindung her.
Eine helle Stimme erklang: »Grüaß di, Angie. Ich hoff’, du sagst mir jetzt gleich, dass du am Samstag mit uns nach Garmisch fährst.«
»Tut mir leid, Lena, aber der Papa ist gleich wieder ausgeflippt, als ich es ihm gesagt hab’. Du kennst ihn ja.« Angelas Stimme klang traurig.
»Viel zu gut«, stieß Lena Nordgauer, Angelas beste Freundin, fast ein bisschen aggressiv hervor. »Wahrscheinlich gibt’s keine schlimmere Zwiderwurzn als deinen alten Herrn. Warum stellst du dich net mal auf die Hinterfüß’ und setzt deinen Willen durch? Du bist doch net seine Sklavin.«
»Ich will keinen Streit«, erklärte Angela. »Hier, auf dem Hof, gilt sein Wort. Wenn ich net tu’, was er sagt, gibt’s Ärger.«
»Ich würd’s drauf ankommen lassen, Angie«, sagte Lena. »Aber du bist ein richtiges Schaf, das zu allem, was von deinem Vater kommt, Ja und Amen sagt. Das ist doch kein Leben. Irgendwann bist du eine alte, verbitterte Jungfer, die anderen keine Freud’ gönnt.«
»Wenn ich mich gegen ihn auflehn’, muss ich damit rechnen, dass er mich vom Hof jagt«, erwiderte Angela. »Ich hab’ niemand, zu dem ich