ir trinken Ostfriesentee. Vor dem Fenster fegt norddeutscher Wind über einen hellgrauen Himmel. Gegenüber dem Haus, in dem Henschel lebt, fließt die Ilmenau, vorbei an noch blassem Schilf, Wiesen und Kopfweiden. Den „guten Thiele-Tee“ hat Gerhard Henschel schon mit seiner Oma Jever getrunken. Ich habe gelesen, welche Kinderreime diese ihm 1963 aufgesagt hat, kenne unglaublich komische Briefe, die der Schriftsteller als Teenager schrieb, und könnte in Band neun und zehn seiner fulminanten Schlosser-Biografie nachzählen, mit wie vielen Frauen er in den Neunzigern geschlafen hat. Und es waren viele. Aber das ist Nebensache, Teil des Milieus eines Zeitkolorits der Ungezwungenheit. Die sich auch in Schlossers Wortwitz spiegelt, der sich mit dem seiner Freunde und Kollegen wie Eckhard Henscheid, Wiglaf Droste, Max Goldt, Robert Gernhardt, Kathrin Passig, Harry Rowohlt, Eugen Egner oder Heribert Lenz mischt. Lesungen von Fanny Müllers Kolumnen über Frau K. oder Simone Borowiaks Gedichte zeigen großartige Blüten des teils derben Humors. Es gibt Nonsens-Poetik und intellektuelle Polemik, Politik-und Gesellschaftskritik, eingebettet in den Kontext der Zeit, die je nach Jahrgang mit Ananas-Quark und Helmut-Kohl-Porträts dräut. Auch mit
SCHLOSSERS NEUE WELTGESCHICHTE
Mar 30, 2024
6 Minuten
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