Von zu Hause fortgelaufen: Sophienlust 191 – Familienroman
Von Marisa Frank
()
Über dieses E-Book
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Denise von Schoenecker bog in den Park von Gut Schoeneich ein. Zum Glück hatte sie das Tempo schon gedrosselt, denn Henrik, ihr neunjähriger Sprössling, flitzte ungeniert über die Fahrbahn.
»Mutti, Mutti! Hast du Jens gesehen?«
Kopfschüttelnd brachte Denise ihr Auto zum Stehen. Sie wollte schimpfen, als sie aber in Henriks aufgeregtes Gesicht sah, dessen Haarschopf wieder einmal wild in die Höhe stand, fragte sie nur: »Wer ist Jens?«
»Mein Freund«, lautete die Antwort. Vorwurfsvoll ruhten Henriks graue Augen auf der Mutter. »Erinnerst du dich nicht? Ich habe dir doch schon viel von ihm erzählt. Seit Schulbeginn geht er in meine Klasse. Er ist mit seinen Eltern während der Sommerferien nach Wildmoos gezogen. Er wohnt in einem tollen Bungalow. Ich war schon oft bei ihm. Heute kommt er nun zu mir. Ich habe ihm versprochen, ihm die Pferdekoppeln zu zeigen.« Henrik nahm sich kaum Zeit, Luft zu holen, so schnell sprudelte er alles hervor. »Hattest du Jens wirklich vergessen?«
Denise hatte es. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, dass sie Henrik für diesen Nachmittag Kuchen und Sahne versprochen hatte. Da musste sie schnell Martha Bescheid sagen.
Henrik erriet ihre Gedanken. »Du hast es vergessen«, stellte er fest. »Aber mach dir keine Sorgen, ich habe Martha bereits heute früh, bevor ich in die Schule ging, Bescheid gesagt. Ich kann mich doch vor Jens nicht blamieren.«
»Du bist wirklich ein gescheiter Junge. Außerdem glaube ich deinen Freund gesehen zu haben. Jedenfalls überholte ich einen Jungen, der auf einem Fahrrad fuhr.« Denise wollte Henrik über den Haarschopf streichen, aber sie
Mehr von Marisa Frank lesen
Fürstenkrone Classic
Ähnlich wie Von zu Hause fortgelaufen
Titel in dieser Serie (100)
Sophienlust 108 – Familienroman: Für Mutti tue ich alles Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 101 – Familienroman: Prinzessin Rubinchen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 63 – Familienroman: Unser Sonnenschein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 103 – Familienroman: Eine Mami kommt ins Haus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 106 – Familienroman: Zwei Schlingel brauchen Liebe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 104 – Familienroman: Ein Sommer mit Hannibal Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 68 – Familienroman: Das Kind des Grafen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Junge aus dem Waisenhaus: Sophienlust 124 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine neue Mutter für uns drei: Sophienlust 150 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 105 – Familienroman: Mutterherz in Not! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 115 – Familienroman: Eltern unbekannt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 114 – Familienroman: Von allen geliebt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 111 – Familienroman: Was soll aus uns werden? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 110 – Familienroman: Oliver findet einen Freund fürs Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 107 – Familienroman: Ninas kleine Welt ist wieder heil Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 109 – Familienroman: Wann kann ich wieder lachen? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 100 – Familienroman: Wo ist mein Elternhaus? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 119 – Familienroman: Kleines Herz in Gefahr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 102 – Familienroman: Der vertauschte Sohn Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVon der Mutter spricht sie nicht: Sophienlust 129 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie richtige Mutter für Effi: Sophienlust 119 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 113 – Familienroman: Mit Vati wäre unser Glück erst richtig vollkommen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 112 – Familienroman: Endlich die richtige neue Mutti! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZuviel verlangt: Sophienlust 136 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEltern unbekannt: Sophienlust 144 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 120 – Familienroman: Dein Glück ist auch meins Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 116 – Familienroman: Verloren und wiedergefunden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSophienlust 122 – Familienroman: Nirgends bin ich zu Hause Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVati, ich warte so auf dich: Sophienlust 131 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOhne Vater geht es nicht: Sophienlust 127 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnliche E-Books
Von zu Hause fortgelaufen: Sophienlust Bestseller 126 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas geheimnisvolle Waldhaus: Sophienlust 460 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin überraschendes Geständnis: Sophienlust Extra 76 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas geheimnisvolle Waldhaus: Sophienlust 356 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMutters Einzige: Sophienlust Extra 104 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Lady und das Findelkind: Sophienlust Extra 119 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Lady und das Findelkind: Sophienlust Extra 93 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Mädchen ohne Namen: Sophienlust Extra 49 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Unfall und seine Folgen: Sophienlust 300 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAuch ich will glücklich sein: Sophienlust Bestseller 38 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSteffi kann nicht sprechen: Sophienlust 177 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHochzeitsglocken in Sophienlust: Sophienlust Extra 1 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeimweh im Herzen: Sophienlust Extra 19 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPlötzlich war Holger allein: Sophienlust 293 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSie waren der Tante lästig: Sophienlust 296 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie kleine Intrigantin: Sophienlust 288 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Findelkind aus Indien: Sophienlust Bestseller 110 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleines Herz in großer Not: Sophienlust 442 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Kind gehört nur mir: Sophienlust 195 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Kind gehört nur mir: Sophienlust Bestseller 122 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFerdi zieht das Große Los: Sophienlust 128 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNur Simon überlebte: Sophienlust 307 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Findelkind aus Indien: Sophienlust 216 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnsere geliebten Kinder: Sophienlust Extra 22 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMutterliebe ist stärker: Sophienlust 132 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Stich gelassen: Sophienlust 399 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTexaner-Treck: U.H. Wilken 4 – Western Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleines Herz in großer Not: Sophienlust 372 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein kleiner Bernhardiner: Sophienlust Extra 35 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBlumen für meine Mami: Sophienlust 421 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Zeitgenössische Romantik für Sie
Eine Braut für den spanischen Playboy Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHot Shot: BDSM Romance Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenToskanische Liebesmelodie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLiebesspiele auf Schloss Nymphenburg: Sexy Storys aus der Weltstadt mit Herz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Gefangene der Mafia: Mafia Ménage Trilogie, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerführung wie in 1001 Nacht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEntehrt von einem Highlander Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleines Biest | Kurzgeschichte: Der etwas andere Bar-Besuch Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Urlaubsromanzen Kurzgeschichten: Jahreszeit des Verlangens Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJulia Ärzte zum Verlieben Band 9: Verliebt in den Arzt aus Italien / Zu spät für das Glück? / Dr. Knight - retten Sie mein Herz / Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegluckte Investitionen: Milliardär Liebesromane Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Rancher Und Die Zweckdienliche Braut Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDenn ich will nur dich: Für Immer, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Licht, in dem wir glänzen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDoktorluder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRules Of Pain Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Heilung des Ranchers Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGestohlene Unschuld Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie verbotene Babysitterin: Ein Milliardär - Liebesroman: Nachtclub-Sünden, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Hilfe: Könige der Linwood-Akademie, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAuf Seinen Knien: Ein Liebesroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Duke, der mein Herz stahl Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGefährliches Vorspiel: Black Light Roulette: Chicago Bratwa, #1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLieben Sie mich, Marquess! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRotten Love Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Braut des italienischen Milliardärs Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Wie erobert man einen Earl? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIhre Vergeltung: Milliardär Liebesromane: Ein Leuchtturm im Sturm, #2 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHochzeitsnacht auf Spanisch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFinnische Träume - Teil 1 | Roman: Eine verbotene Liebe ... Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Von zu Hause fortgelaufen
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Von zu Hause fortgelaufen - Marisa Frank
Sophienlust
– 191 –
Von zu Hause fortgelaufen
… als seine heile Welt zerbrach
Marisa Frank
Denise von Schoenecker bog in den Park von Gut Schoeneich ein. Zum Glück hatte sie das Tempo schon gedrosselt, denn Henrik, ihr neunjähriger Sprössling, flitzte ungeniert über die Fahrbahn.
»Mutti, Mutti! Hast du Jens gesehen?«
Kopfschüttelnd brachte Denise ihr Auto zum Stehen. Sie wollte schimpfen, als sie aber in Henriks aufgeregtes Gesicht sah, dessen Haarschopf wieder einmal wild in die Höhe stand, fragte sie nur: »Wer ist Jens?«
»Mein Freund«, lautete die Antwort. Vorwurfsvoll ruhten Henriks graue Augen auf der Mutter. »Erinnerst du dich nicht? Ich habe dir doch schon viel von ihm erzählt. Seit Schulbeginn geht er in meine Klasse. Er ist mit seinen Eltern während der Sommerferien nach Wildmoos gezogen. Er wohnt in einem tollen Bungalow. Ich war schon oft bei ihm. Heute kommt er nun zu mir. Ich habe ihm versprochen, ihm die Pferdekoppeln zu zeigen.« Henrik nahm sich kaum Zeit, Luft zu holen, so schnell sprudelte er alles hervor. »Hattest du Jens wirklich vergessen?«
Denise hatte es. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, dass sie Henrik für diesen Nachmittag Kuchen und Sahne versprochen hatte. Da musste sie schnell Martha Bescheid sagen.
Henrik erriet ihre Gedanken. »Du hast es vergessen«, stellte er fest. »Aber mach dir keine Sorgen, ich habe Martha bereits heute früh, bevor ich in die Schule ging, Bescheid gesagt. Ich kann mich doch vor Jens nicht blamieren.«
»Du bist wirklich ein gescheiter Junge. Außerdem glaube ich deinen Freund gesehen zu haben. Jedenfalls überholte ich einen Jungen, der auf einem Fahrrad fuhr.« Denise wollte Henrik über den Haarschopf streichen, aber sie kam nicht mehr dazu. Wie ein Wirbelwind drehte sich der Junge herum und stürzte mit einem wahren Indianergebrüll der Straße zu.
Lächelnd fuhr Denise die paar Meter bis zum Gutshaus, das mitten in einem großen Park lag und ein schlossähnlicher Bau mit einem großen Turm war. Schoeneich, der Stammsitz der Familie von Schoenecker, war ein wunderschöner Besitz. An den dunklen Mauern rankte sich wilder Wein empor. Das Haus glich einem Märchenschloss und entlockte den Besuchern immer wieder Entzückensrufe.
Dafür hatte Denise, die schlanke, noch sehr jugendlich aussehende Frau, im Moment keinen Blick. Sie eilte ins Haus und machte sich sofort auf die Suche nach der Köchin Martha. Sie wollte auf Nummer Sicher gehen. Henrik sollte seinen Kuchen haben. Falls Martha keinen hatte, würde sie rasch zurück nach Sophienlust fahren, denn dort hatte es an diesem Tag zum Nachtisch Kuchen gegeben. Obwohl die Kinder tüchtig zugelangt hatten, waren doch einige Stücke übrig geblieben.
Als Denise das Martha sagte, war die gute Seele zutiefst empört. »Für Schoeneich bin noch immer ich zuständig. Da Henrik mir heute Morgen von seinem Besuch erzählte, habe ich natürlich sofort einen Kuchen gebacken«, erklärte sie energisch. »Magda mag eine gute Köchin sein, aber vom Kuchenbacken versteht sie nicht viel. Das hat unsere Mutter schon immer gesagt.« Sie stemmte die Hände in die Seiten und sah Denise von Schoenecker herausfordernd an.
»Ich dachte ja nur …«, wagte Denise einzuwenden, wurde aber sofort unterbrochen.
»Ich habe Magda erst kürzlich mein bestes Kuchenrezept verraten. Kann sein, dass ihr der Kuchen heute besser gelungen ist.«
Nun musste Denise herzlich lachen. Sie kannte die Rivalität, die zwischen den beiden Schwestern herrschte. Magda war Köchin in Sophienlust, in dem Kinderheim, das an Schoeneich grenzte und von ihr, Denise, verwaltet wurde. Sonst waren die beiden Schwestern ein Herz und eine Seele, wenn es aber um ihre Kochkunst ging, konnten sie einander ganz schön in die Haare geraten.
»Magdas Kuchen habe ich nicht gekostet, aber deinen würde ich ganz gern probieren. Vielleicht hebst du ein Stück für mich auf.«
»Es ist genügend da«, brummte die Köchin, schon wieder halbwegs versöhnt, und schlurfte in ihre Küche zurück.
Da hörte Denise auch schon Henriks helle Stimme, und als sie einen Blick aus dem Fenster warf, sah sie, dass Henriks Freund bereits angekommen war.
Der Junge gefiel Denise auf Anhieb. Er war etwas größer als ihr Sohn, schien aber der ruhigere der beiden Jungen zu sein. Als er sie sah, grüßte er höflich zu ihr herauf.
»Mutti, das ist Jens. Du kannst ihn dir später genau anschauen. Jetzt will ich ihm die Ponys zeigen. Stell dir vor, er ist noch nie auf einem Pferd gesessen.« Für Henrik, dessen Vater und Halbbruder begeisterte Reiter waren, war das ein unvorstellbarer Gedanken.
»Wenn Janosch auf der Koppel ist, dann könnt ihr es ja versuchen.«
»Sie meinen das Reiten?« Jens riss die Augen auf. »Ich soll wirklich reiten dürfen?«
»Warum nicht? Du wirst sehen, es ist kinderleicht. Alle Kinder von Sophienlust können reiten. Für den Anfang suche ich das zahmste Pony für dich aus«, antwortete Henrik gelassen.
»Wirklich?« Plötzlich machte Jens einen Luftsprung und zeigte damit, dass auch er ein richtiger Junge war. »Ich darf reiten, hurra«, brüllte er, sah dann aber sofort erschrocken auf Denise.
»Du kannst hier schreien, so viel du willst«, meinte Henrik. »Meine Mutti ist so etwas gewöhnt. Sie schimpft auch nur höchst selten.«
Das war ein Kompliment. Denise wusste es, aber trotzdem mahnte sie: »Seid aber vorsichtig und vergesst nicht, Janosch Bescheid zu geben. Er soll für Jens das Pony aussuchen.«
»Gut!« Henrik wandte sich an Jens. »Du wirst sehen, Janosch ist große Klasse.« Er ergriff die Hand seines Freundes und rannte mit ihm davon.
»In zwei Stunden gibt es Kuchen!«, rief Denise hinter den Jungen her, war aber nicht sicher, ob sie das noch gehört hatten.
Für Jens war alles neu. Bis vor Kurzem hatte er noch mitten in der Kreisstadt Maibach gelebt und war selten aufs Land gekommen. Er bestaunte die Pferde, betastete zaghaft die Ponys, und als dann der alte Janosch in sein Blickfeld geriet, brachte er vor Staunen den Mund nicht mehr zu.
Henrik grinste. Er war auf diese Reaktion seines Freundes gefasst. Janosch war ein ehemaliger Pferdehirt aus der Puszta, der noch immer die Tracht der Pusztahirten trug. Eine weiße Leinenhose, hohe schwarze Schaftstiefel, ein hochgeschlossenes weißes Leinenhemd, dazu eine dunkle Weste.
Henrik stieß Jens in die Seite. »Das ist Janosch. Er besitzt sehr viel Pferdeverstand. Du solltest ihn einmal in seiner Sonntagstracht sehen. Mit seinem weißgrundierten, buntbestickten Mantel wirkt er noch toller.«
Jens sagte nichts. Der alte Mann sah auch so für ihn abenteuerlich genug aus. Er war hager, hatte ein wettergebräuntes Gesicht, weißes Haar und buschige Augenbrauen. Das Eigenartigste an ihm aber waren die Koteletten und der hängende Lippenbart.
Bald hatte Jens jedoch zu dem Siebzigjährigen Vertrauen gefasst. Er ließ sich von ihm auf den Rücken eines Ponys setzen und herumführen.
Jens war begeistert. »Ich komme wieder«, versicherte er immer wieder.
»Wird auch Zeit«, sagte Henrik. »Bisher war immer nur ich bei dir zu Gast. Janosch wohnt im Tierheim Waldi & Co. Er ist ein vortrefflicher Betreuer der Tiere und kennt viele Wundermittel.«
»Waldi & Co? Was ist denn das schon wieder?«
»Ach so, das kennst du ja auch noch nicht.« Henrik kratzte sich am Hinterkopf. »Ich muss dir wirklich noch viel zeigen.« Dann erklärte er aber: »Waldi & Co. ist ein Tierheim. Dort werden herrenlose, kranke oder vernachlässigte Tiere aufgenommen. Meine Schwester wohnt dort. Sie ist mit einem Tierarzt verheiratet.«
»Aha«, sagte Jens. Mehr wusste er nicht zu sagen. Damit kam er jedoch bei Henrik schlecht an. »Nichts aha! Wir haben dort ein Bambi, das im Freigehege lebt, den Esel Fridolin, der aus Italien stammt, und dann lebt dort seit kurzem Mogli. Das ist ein junger Schimpanse, der mit der Flasche aufgezogen wurde.«
»Mensch!«, sagte Jens staunend.
»Ich zeige dir morgen alles«, erklärte Henrik und kam sich dabei sehr wichtig vor. Schließlich war Jens’ Vater Galeriebesitzer in Maibach.
Henrik hatte sich inzwischen erklären lassen, was dies war, und es imponierte ihm mächtig. »Wenn wir Glück haben, erzählt Janosch uns dann eine Geschichte. Er hat sehr viel erlebt«, meinte er.
Daran zweifelte Jens keine Sekunde. Herzlich streckte er dem alten Pferdehirten zum Abschied die Hand entgegen.
Auch Henriks Mutter gefiel dem kleinen Besucher sehr gut. Denise hatte sich zu den beiden Jungen gesetzt und aß nun mit ihnen den herrlichen Apfelkuchen. Jens vergaß beinahe das Heimgehen. Erst als Henriks Vater, Alexander von Schoenecker, heimkam, sah er auf die Uhr, wobei ihm einfiel, dass er seiner Mutter versprochen hatte, spätestens um sechs Uhr zu Hause zu sein.
»Bis dahin schaffe ich es nicht mehr, aber wenn ich meiner Mama erzähle, was ich hier alles erlebt habe, wird sie nicht schimpfen.«
»Ich hoffe, du kommst bald wieder«, sagte Denise. Henriks neuer Freund gefiel ihr. Er war höflich und hatte gute Manieren. Henrik, der etwas wild war, konnte von ihm nur lernen.
»Das ist Ehrensache«, meldete sich ihr Jüngster sofort zu Wort. »Ich muss Jens ja noch so viel zeigen. Du brauchst dir um uns keine Sorgen zu machen. Wir sind und bleiben die besten Freunde.«
Das war wieder typisch Henrik. Denise versetzte ihm einen liebevollen Klaps.
*
Die Freundschaft der beiden Jungen vertiefte sich in den nächsten Tagen