Sommernachtsball bei Fürst von Trakstein: Karin Bucha Classic 59 – Liebesroman
Von Karin Bucha
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Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
»Wie lange gedenkst du, die Komödie noch fortzuführen?« Annette d'Albert, ein zierliches, temperamentvolles Persönchen, steht kampflustig, beide Hände in die Hüften gestützt, vor ihrer Cousine. Michaela läßt den schönen Kopf hängen. »Das weiß ich nicht, Annette«, meint sie kläglich. »Ich weiß es wirklich nicht. Jetzt kann ich nicht mehr zurück. Zu sehr habe ich mich in Lügen verstrickt.« »Und warum, wenn man das wissen darf?« forscht Annette unerbittlich. Ihre blauen Augen sprühen. »Mein Gott, Annette, kennst du meinen Vater wirklich so schlecht? Er ist der gütigste, liebevollste Mensch, aber einen Dr. Stein würde er niemals als seinen Schwiegersohn anerkennen.« Michaela hat sich etwas aufgerichtet. In ihren wundersamen blaugrünen Augen steht helle Verzweiflung. Leise setzt sie hinzu: »Außerdem hat Friedrich Wilhelm bis jetzt noch kein Wort von Heirat gesprochen. Er hält mich für eine kleine Kunststudentin, die sich ihren Unterhalt selbst verdienen muß.« »Wenigstens in dieser Beziehung hast du nicht gelogen«, wirft Annette trocken dazwischen.
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Sommernachtsball bei Fürst von Trakstein - Karin Bucha
Karin Bucha Classic
– 59 –
Sommernachtsball bei Fürst von Trakstein
Als für Michaela ein Märchen wahr wurde
Karin Bucha
»Wie lange gedenkst du, die Komödie noch fortzuführen?« Annette d’Albert, ein zierliches, temperamentvolles Persönchen, steht kampflustig, beide Hände in die Hüften gestützt, vor ihrer Cousine.
Michaela läßt den schönen Kopf hängen.
»Das weiß ich nicht, Annette«, meint sie kläglich. »Ich weiß es wirklich nicht. Jetzt kann ich nicht mehr zurück. Zu sehr habe ich mich in Lügen verstrickt.«
»Und warum, wenn man das wissen darf?« forscht Annette unerbittlich. Ihre blauen Augen sprühen.
»Mein Gott, Annette, kennst du meinen Vater wirklich so schlecht? Er ist der gütigste, liebevollste Mensch, aber einen Dr. Stein würde er niemals als seinen Schwiegersohn anerkennen.« Michaela hat sich etwas aufgerichtet. In ihren wundersamen blaugrünen Augen steht helle Verzweiflung. Leise setzt sie hinzu: »Außerdem hat Friedrich Wilhelm bis jetzt noch kein Wort von Heirat gesprochen. Er hält mich für eine kleine Kunststudentin, die sich ihren Unterhalt selbst verdienen muß.«
»Wenigstens in dieser Beziehung hast du nicht gelogen«, wirft Annette trocken dazwischen. »Kunststudentin bist du ja wirklich, aber sonst…«
Michaela preßt die Hände im Schoß zusammen.
»Ach, Annette, bis jetzt habe ich mir eigentlich nicht ernstlich den Kopf zerbrochen. Ich liebe ihn – und er liebt mich. Das ist für mich das Wichtigste. Wenn du mir all das andere allerdings so deutlich vor Augen hältst, bekomme ich Furcht, ihn zu verlieren. Und ich will ihn nicht verlieren! Todunglücklich würde ich! Nein, ich glaube, er würde mir meinen Schwindel niemals verzeihen. Schon deshalb muß es so weitergehen. Wir sind glücklich im Bewußtsein unserer Liebe und leben in der Gegenwart. An die Zukunft haben wir beide noch nicht gedacht.«
»Eine vollkommen verfahrene Situation«, stellt Komteß d’Albert sachlich fest. »Selbstverständlich werde ich dich nicht verraten. Auf mich kannst du dich verlassen.«
Michaela springt wie erlöst auf und schlingt die Arme um Annette.
»Ich danke dir! Du bist ein feiner Kerl!«
»Danke für die Blumen«, entgegnet Annette. »Man kann dich doch nicht einfach im Stich lassen! Obwohl ich nur ein Jahr älter bin als du, komme ich mir manchmal uralt vor.«
Sie löst sich von Michaela und drängt: »Nun zieh dich aber rasch zum Abendessen um! Gleich wird der Gong schlagen. Du weißt, meine Mutter wartet nicht gern. Oder soll ich dir helfen?«
»Ist nicht nötig, Annette, aber wenn du so lieb sein willst, schicke mir Lucie.« Sie wendet sich ihrem angrenzenden Schlafzimmer zu.
Sekundenlang geht es ihr besorgt durch den Kopf: Wenn Friedrich Wilhelm wüßte…?
Wenig später überläßt sie sich den geschickten Händen der Zofe, dabei kann sie in Ruhe nachdenken.
Gräfin Sigrid d’Albert hat Michaela, deren Geburt ihrer Mutter das Leben kostete, mütterlich an ihr Herz genommen. Sigrids Bruder, der durch den Tod der geliebten Frau in tiefster Verzweiflung und Hilflosigkeit lebte, war ihr von Herzen dankbar, daß sie das mutterlose Kind zu sich nach Paris nahm und es zusammen mit ihrer einjährigen Tochter Annette erzog.
Die besten Schulen, später die teuersten Internate haben sie gemeinsam besucht. Sie sind unzertrennlich, die beiden Cousinen. Beinahe hätte man vergessen, daß Michaela die Nichte der d’Alberts war, die ein gastliches Haus führten. Sie lebten in großem Stil, wie es ihrem Rang und ihrem Reichtum zukam. Und so hatten sie auch die beiden Mädchen erzogen.
Annette, die zierlichere von beiden, hatte kupferrotes Haar und blaue Augen. Die zauberhafte Michaela war etwas größer und hatte lackschwarzes Haar. Blaugrüne Augen beherrschten das zarte Oval des aparten Gesichtchens.
Sie waren einfach eine Augenweide, die beiden Geschöpfe, die aber außer ihrer ungewöhnlichen Schönheit auch einen wertvollen Charakter und Klugheit geerbt hatten.
»Fertig!« Die Zofe tritt zurück, und Michaela betrachtet mit Gleichmut ihr Spiegelbild. Eitelkeit liegt ihr fern, obgleich sie Wert auf gute Garderobe und Gepflegtheit legt.
Sie seufzt ein wenig. Ach, warum mußte sie sich ausgerechnet in den Arzt Dr. Friedrich Wilhelm Stein verlieben? Verlieben? Nein! Sie liebt ihn aus ganzem Herzen, und sie wüßte nicht, wie sie jemals eine Trennung von ihm ertragen sollte.
*
»Was hast du, Friedrich Wilhelm? Du bist schon seit ein paar Tagen so nachdenklich.«
Baron Klaus von Helmesberg betrachtet forschend die hochgewachsene Gestalt des Freundes, der schon ein paarmal durch das geräumige Zimmer gewandert ist.
Mit einem Ruck bleibt er jetzt vor Klaus stehen.
»Ja, Klaus, du sollst es als erster wissen: Ich habe mich bei Professor Henry Lawrence für Afrika gemeldet.«
Ungläubig starrt der Baron auf den Freund.
»Bist du verrückt?« entfährt es ihm.
»Warum?« entgegnet Friedrich Wilhelm gelassen. »Ich bin nicht nur Arzt, sondern auch Wissenschaftler. Es werden dringend Ärzte für die neue Station in Afrika gebraucht, also habe ich mich gemeldet. Ist das so verwunderlich?«
Baron von Helmesberg schüttelt den Kopf.
»Allerdings, das ist es! Hast du nicht an deine Familie gedacht? Man wird mir die Schuld geben, daß du diesen Entschluß gefaßt hast. Wird man mir glauben, wenn ich erzähle, daß du mich einfach vor die vollendete Tatsache gestellt hast?«
»Das laß nur meine Sorge sein, Klaus. Dich trifft wirklich keine Schuld. Und du hättest mich auch auf keinen Fall davon abhalten können. Was ich mir vorgenommen habe, führe ich auch aus.«
»Und Michaela?« wirft Klaus bedrückt ein. »Hast du dabei gar nicht an sie gedacht?«
Wieder nimmt Friedrich Wilhelm seine Wanderung durch das Zimmer auf, von den hellen wachen Augen des Freundes verfolgt.
Das gibt eine Revolution! denkt der Baron bei sich. So einfach, wie Friedrich Wilhelm es sich gedacht hat, geht es bestimmt nicht. Er wird allerlei Kämpfe zu bestehen haben.
Plötzlich bricht ein belustigtes Lachen von Klaus von Helmesbergs Lippen.
»Was gibt es dabei zu lachen?« fährt Friedrich Wilhelm ihn an.
Der Baron dämpft seine Heiterkeit.
»Wenn ich mir dich, den Salonlöwen, den Herzensbrecher, im Urwald vorstelle, reizt das wirklich zum Lachen. Aber du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet. Was soll aus Michaela werden? Sie liebt dich!«
Ungewöhnlich ernst sind Friedrich Wilhelms männliche Züge.
»Das ist es, was mir Kopfschmerzen bereitet, Klaus. Das kannst du mir glauben. Ich liebe Michaela tief und aufrichtig, und doch habe ich gemein an ihr gehandelt. Ich hätte mich rechtzeitig von ihr zurückziehen sollen. Nun ist es zu spät. Aber ich liebe auch meinen Beruf«, fügt er verzweifelt hinzu. »Wenn ich jedoch nach Afrika gehe, dann weiß ich, daß ich ein gebrochenes Herz zurücklasse. Siehst du keinen Weg, der von mir zu Michaela, der kleinen Kunststudentin, führt?«
»Nein, denn es gibt keinen Weg«, entgegnet der Baron. »Aber mußtest du es denn erst so weit kommen lassen? Mir tut das Mädel leid. Sie wäre wie keine andere geeignet, als deine Frau an deiner Seite zu leben. Sie könnte einen Fürstenthron zieren.«
Beide Hände schlägt Friedrich Wilhelm vor das Gesicht. Zwischen den Zähnen preßt er hervor: »Das habe ich mir alles durch den Kopf gehen lassen. Wie ein Lump komme ich mir vor. Weiß Gott, es tut mir unendlich leid. Warum nur dürfen wir nicht nach unserem Herzen wählen?«
Das klingt wie ein Schrei aus tiefster Verzweiflung.
Baron Klaus steht auf und tritt zu dem Freund. Er legt ihm die Hand auf die Schulter.
»Beruhige dich, Friedrich Wilhelm! Allerdings mußt du dich jetzt entscheiden. Entweder Michaela oder deine Reise nach Afrika. Vielleicht hat das Mädel Verständnis?«
Friedrich Wilhelm hebt den Kopf. Ratlosigkeit liegt in seinen blauen Augen.
»Die Wahrheit kann ich ihr nicht sagen. Es würde sie zutiefst verletzen. Erklären kann ich ihr deshalb meine Reise nach Afrika nur damit, daß ich eine Zeit der Prüfung zwischen uns legen möchte. Verstehst du?«
Klaus von Helmesberg nickt. In seinem Innern ist er jedoch skeptisch. Da hat sich Friedrich Wilhelm etwas Schönes eingebrockt. Aber wie es auch ausgehen mag: er steht in unwandelbarer Treue zu dem Freund.
*
Als Michaela die Sorbonne verläßt, sieht sie schon von weitem die große elegante Gestalt Dr. Friedrich Wilhelm Steins. Sie spürt ihr Herz heftig klopfen und möchte am liebsten auf ihn zueilen.
Aber sie hält sich zurück und geht ihm damenhaft entgegen. Ihre Augen strahlen wie zwei Sonnen.
»Friedrich Wilhelm!« sagt sie leise und reicht ihm mit glücklichem Lächeln die schmale Hand.
»Guten Tag, Michaela!« begrüßt er sie herzlich und küßt ihr die Hand. »Ich habe zwei Stunden frei. Wollen wir gemeinsam essen gehen?«
Strahlend nickt sie und hängt sich in seinen Arm.
»Wie schön, Friedrich Wilhelm! Gerade habe ich an dich gedacht, und schon bist du da.«
Ihre dunkle schwingende Stimme bezaubert ihn wie immer. Stundenlang kann er ihr zuhören. Sie versteht es auch wie keine, amüsant und klug zu plaudern. Langeweile ist eigentlich noch nie zwischen