Hartwig Imgerhofs seltsame Ehe: Karin Bucha Classic 23 – Liebesroman
Von Karin Bucha
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Über dieses E-Book
Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
Dorina Martin huscht aus der Küche über den dunklen Flur in das Wohnzimmer der Mansardenwohnung, das noch einen Schimmer einstiger Pracht aufweist. Leise klinkt sie die Tür auf. Richtig! Elisabeth, ihre Mutter, sitzt an ihrem Tisch, den sie nahe an das Fenster geschoben hat, und ist eifrig dabei, zu schreiben. »Mutti, hast du keinen Hunger?« Elisabeth wendet unwillig den Kopf mit dem dunklen Haar und den strahlenden Blauaugen. Noch lebt sie mit ihren Romanfiguren und kann nicht so schnell in die Wirklichkeit zurückfinden. »Hunger?« fragt sie geistesabwesend und weist auf die fertig vor ihr liegenden Manuskripte. »Das weiß ich gar nicht, Kind«, erwidert sie in ihrer sanften Art. »Noch bin ich ganz von meiner Arbeit gefangen.« »Die dir kaum etwas einbringt«, erwidert Dorina bitter und kommt näher. Als sie das traurige Gesicht ihrer Mutter gewahrt, legt sie den Arm um deren Schulter und preßt sie an sich. »Verzeih, Mutti, ich habe es nicht böse gemeint. Ich weiß ja, wie sehr du deine Arbeit liebst.« Elisabeth Martin strahlt sie versöhnt an. »Ich arbeite am Schluß meines Romans, Kind. Paß auf, diesmal habe ich Erfolg damit.
Ähnlich wie Hartwig Imgerhofs seltsame Ehe
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Buchvorschau
Hartwig Imgerhofs seltsame Ehe - Karin Bucha
Karin Bucha Classic
– 23 –
Hartwig Imgerhofs seltsame Ehe
Karin Bucha
Dorina Martin huscht aus der Küche über den dunklen Flur in das Wohnzimmer der Mansardenwohnung, das noch einen Schimmer einstiger Pracht aufweist.
Leise klinkt sie die Tür auf. Richtig! Elisabeth, ihre Mutter, sitzt an ihrem Tisch, den sie nahe an das Fenster geschoben hat, und ist eifrig dabei, zu schreiben.
»Mutti, hast du keinen Hunger?«
Elisabeth wendet unwillig den Kopf mit dem dunklen Haar und den strahlenden Blauaugen. Noch lebt sie mit ihren Romanfiguren und kann nicht so schnell in die Wirklichkeit zurückfinden.
»Hunger?« fragt sie geistesabwesend und weist auf die fertig vor ihr liegenden Manuskripte.
»Das weiß ich gar nicht, Kind«, erwidert sie in ihrer sanften Art. »Noch bin ich ganz von meiner Arbeit gefangen.«
»Die dir kaum etwas einbringt«, erwidert Dorina bitter und kommt näher. Als sie das traurige Gesicht ihrer Mutter gewahrt, legt sie den Arm um deren Schulter und preßt sie an sich. »Verzeih, Mutti, ich habe es nicht böse gemeint. Ich weiß ja, wie sehr du deine Arbeit liebst.«
Elisabeth Martin strahlt sie versöhnt an.
»Ich arbeite am Schluß meines Romans, Kind. Paß auf, diesmal habe ich Erfolg damit. Ich fühle es. Ganz bestimmt.«
»Ganz bestimmt«, wiederholt Dorina, wenn ihren Worten auch die Überzeugung fehlt. Dann eilt sie schnell wieder aus dem Zimmer und in die Küche.
Sorgsam legt Elisabeth das bereits fertig geschriebene Manuskript zusammen. Jede Seite streichelt sie zärtlich. Sie liebt ihren Beruf, sie lebt mit ihren Romanfiguren in inniger Verbundenheit, und immer tut es ihr leid, wenn sie eine Arbeit beendet hat und von den Figuren Abschied nehmen muß.
Gleich nach dem Abendessen wird sie weiterarbeiten, und wenn sie die halbe Nacht dazu nehmen muß. Es arbeitet in ihr, und sie hat nicht eher Ruhe, bevor das Werk vollendet ist. Ob diesmal ihr Verleger zufrieden ist? Er schon, er hat ihr überaus herzliche Briefe geschrieben. Wie er wohl aussehen mag?
Sie ist ganz in Gedanken versunken. Seit dem Tode ihres Mannes hat sie sich nie wieder für das andere Geschlecht interessiert. Dorina war damals fünf Jahre alt.
Elisabeth seufzt. Sie möchte ihrem Kind eine bessere Jugend bieten, als sie es vermag. Leider hat sie immer nur wenig Honorar bekommen.
Wie Dorina nur mit dem wenigen Geld auskommen mag?
Ein angenehmer Duft steigt ihr in die Nase. Dorina ist mit einem Tablett ins Zimmer gekommen und deckt flink den Tisch.
»Zwei Gänge«, sagt sie triumphierend. »Bratkartoffeln, knusprig und im letzten Fett gebacken, und anschließend als zweiten Gang für jeden ein Leberwurstbrot. Ist das nicht wunderbar, Mutti?«
Jetzt erst merkt Elisabeth, daß sie Hunger hat. Sie setzt sich zu Dorina und läßt es sich schmecken.
Bewundernd blickt sie auf die Tochter. »Ich weiß nicht, wie du das schaffst, Kind. Wenn wir doch einmal ohne Sorgen leben könn-
ten.«
Dorina winkt mit gespielter Sorglosigkeit ab. »Das ist gar nicht so schlimm, Mutti. Wenn du erst einmal Erfolg hast, paß auf, dann kommt das Glück von allen Seiten. Du wirst berühmt –«
Elisabeth hebt entsetzt die Hände. »Um Gottes willen, Dorina! Ich will gar nicht berühmt werden. Ich möchte in aller Zurückgezogenheit arbeiten können und dir die häuslichen Sorgen erleichtern.«
Nachdenklich sieht Dorina auf ihren leergegessenen Teller hinab. Bevor sie antworten kann, schellt es. Dorina zuckt zusammen. Es muß etwas Unangenehmes sein. Sie eilt durch den Flur und öffnet die Tür. Vor ihr steht die massige Gestalt des Kolonialwarenhändlers. Dorinas Beine beginnen zu zittern. Mit aller Liebenswürdigkeit sagt sie:
»Lieber Herr Schneider –«
Schneider fällt ihr mürrisch in die Rede.
»Hören Sie auf mit Ihrem ›lieber Herr Schneider‹, damit können Sie meine Frau herumkriegen, mich nicht. Also, wie ist es, können Sie zahlen?«
Dorina strafft sich.
»Es tut mir so leid. Aber wir erwarten demnächst Geld. Meine Mutti –«
»Hören Sie mit dem Gequatsche auf. Ihre Mutter wird mit ihrer Schreiberei nie richtig verdienen. Firlefanz ist das in meinen Augen. Sie sollten lieber beide eine ordentliche Arbeit annehmen.« Er atmet tief und spricht polternd weiter. »Also, hören Sie gut zu. Ich gebe Ihnen noch zehn Tage Zeit, dann muß alles bezahlt sein. Auf Pump wird nichts mehr bei mir geholt. Verstanden?«
Als die Flurtür sich hinter ihm geschlossen hat, lehnt sich Dorina aufatmend an die Wand. Er ist und bleibt ein ungehobelter Mensch. Aber schließlich ist er im Recht.
Sie rafft sich auf, zwingt ein Lächeln auf die Lippen und kehrt ins Wohnzimmer zurück.
»Wer hat denn da draußen so geschrien?« empfängt Elisabeth sie. Dorina beginnt das Geschirr auf das Tablett zu räumen. So kann sie dem forschenden Blick der Mutter entgehen.
»Och, nichts weiter, Mutti. Der Mieter von unten wollte sich ein paar Streichhölzer ausleihen.«
»Und dabei hat er solchen Krach geschlagen?«
Dorina wird immer verlegener. »Das ist so seine Art, Mutti.«
Dorina ist heilfroh, daß sie das Zimmer verlassen kann, um die kleine Küche in Ordnung zu bringen.
Sie weiß, daß ihre Mutter den kleinen Zwischenfall bei ihrer Arbeit, in die sie sich sofort wieder vergräbt, gleich vergißt.
*
»Herein!«
Dr. Frank Altenau, Besitzer des Altenau-Verlages, lehnt sich in seinem Sessel zurück und sieht seiner Sekretärin erwartungsvoll entgegen. »Schon fertig mit Sortieren?«
Gertie Sonntag, ein überschlankes, in seiner Blondheit etwas fad wirkendes Mädchen, das aber enorm tüchtig und zuverlässig ist, reicht dem Chef einen Brief, den sie gleich obenauf auf die Postmappe gelegt hat.
»So etwas haben wir noch nicht erlebt, Herr Doktor. Bitte, lesen Sie ihn zuerst.«
Dr. Altenau vertieft sich in den Inhalt des Schreibens. Es kommt von einem Rechtsanwalt aus München. Der Ausdruck auf seinem Gesicht wird immer erstaunter.
»Donnerwetter«, sagt er und legt den Brief vor sich hin. »Da haben Sie recht. Das ist mir während meiner ganzen Praxis noch nicht passiert.«
»Wir müssen Frau Martin sofort verständigen«, meint die Sekretärin.
»Hm!« macht Dr. Altenau und denkt nach. Er hat die Romane Eli-sabeth Martins mit großer Begeisterung gelesen und versucht, sich ein Bild von der Schreiberin zu machen. Es ist ihm nie gelungen. Sie hat in ihren Romanen Saiten in ihm zum Klingen gebracht, wie er es bei keiner anderen Autorin erlebt hat. Leider hat er Elisabeth Martin bisher nur kleine Honorare überweisen können. Das hat ihn oft geärgert, weil er ihre Arbeiten für gut hält. Aber der Durchbruch zum Erfolg ist schwer.
»Ich werde selbst zu Frau Martin fahren«, unterbricht er die Stille, und die Sekretärin nickt dazu.
»Das würde ich auch tun.«
*
Verzweifelt sitzt Dorina in der Küche. Tränen laufen ihr über das Gesicht. Der Schlachter hat ihr auch nichts mehr gegeben. Der Hauswirt hat großen Krach wegen der fälligen Miete geschlagen, und die Lichtrechnung wird demnächst auch präsentiert werden…
Sie schnellt empor, als die Flurglocke anschlägt, fährt sich eifrig über die nassen Wangen und eilt an die Tür. Alles an ihr zittert. Wer mag das schon wieder sein? Vielleicht der Gasmann?
Zaghaft öffnet sie. Vor ihr steht ein Fremder, ein hochgewachsener Mann, elegant gekleidet, der sie höflich grüßt.
»Sind Sie Frau Elisabeth Martin?« erkundigt er sich und behält den Hut in der Hand.
»Nein – leider bin ich nur die Tochter.«
»Darf ich Ihre Mutter kurz sprechen?«
Ehe Dorina ihr einläßt, fragt sie zaghaft:
»Hoffentlich bringen Sie meiner Mutter keine schlechte Nachricht. Sie müssen nämlich wissen, daß sie Schriftstellerin ist und äußerst sensibel.«
Dr. Altenau lächelt, und mit diesem Lächeln wird er Dorina schon sympathisch.
»Ganz im Gegenteil. Ich bringe eine gute Nachricht. Gestatten Sie, Dr. Altenau. Ich bin der Verleger Ihrer Mutter –«
»Sie sind –?«
Dorina verschlägt es den Atem. Wenn er sich aufgemacht hat, um Mutter zu besuchen, kann es sich wirklich nur um eine gute Nachricht handeln. Sie streicht sich das dunkelbraune Haar glatt und läßt Dr. Altenau eintreten.
»Daß Sie überhaupt hierhergefunden haben«, plaudert sie, während sie vorangeht und die Wohnzimmertür öffnet.
»Besuch für dich, Mutti«, posaunt sie förmlich in den nicht gerade großen, aber sehr behaglich ausgestatteten Raum. Dann verschwindet sie in die Küche. Zwar plagt sie die Neugier, aber sie hat das Gefühl, jetzt muß sie Mutti und ihren Verleger allein lassen.
Was für ein imposanter Mann, denkt sie. Am Fenster läßt sie sich nieder und wartet voller Ungeduld.
»Frau Martin?« eröffnet im Wohnzimmer Dr. Altenau das Gespräch.
Elisabeth runzelt unwillig die Stirn. Mitten aus der Arbeit gerissen zu werden, verursacht ihr immer Unbehagen. Aber höflich erhebt sie sich und bietet dem Fremden einen Stuhl an.
»Bitte, nehmen Sie Platz.«
Aufmerksam betrachtet Dr. Altenau die Frau, um deretwillen er sich auf die Reise gemacht hat.
Er sieht in ein paar wunderschöne Blauaugen. Die Wimpern sind dicht, seidig und etwas nach oben gebogen.
»Sie wünschen?« Elisabeth wird es unter den forschenden Blicken des Mannes ganz eigenartig zumute.
»Zunächst möchte ich mich vorstellen. Mein Name ist Altenau.«
Elisabeth lehnt sich in ihrem Stuhl zurück und schließt die Augen. Jetzt bringt er ihr das letzte Manuskript zurück. Mein Gott! Soll denn alles vergeblich gewesen sein? Die ganze Arbeit, die vielen Nachtstunden, die sie dabei verbracht
hat?
Langsam hebt sie die Lider und blickt mitten hinein in ein Paar warme, gütige Augen, die von einem hellen Braun sind.
»Sie – sind Dr. Altenau?« Ihr versagt fast die Stimme. »Sicherlich bringen Sie mir den letzten Roman zurück.«
Er schüttelt den Kopf. Sein Mund verzieht sich zu einem weichen Lächeln.
»Aber nein, gnädige Frau. Etwas ganz anderes hat mich zu Ihnen geführt.«
»Es hängt nicht mit meiner Arbeit zusammen?« fragt sie erleichtert.
Er wiegt den Kopf hin und her. »Man könnte ja und auch nein sagen«, fährt er fort. »Sie haben eine Erbschaft gemacht, und zwar hat Ihnen eine Leserin, die Ihre Bücher mit Begeisterung gelesen hat, ein Erbe hinterlassen.«
Dr. Altenau entnimmt seiner Aktentasche die Unterlagen.
»Rechtsanwalt Meininger aus München hat an mich geschrieben, da ja seine Mandantin Ihre Adresse nicht wußte. Darf ich Ihnen den Brief vorlesen – oder wollen Sie