Spiel mit dem Glück: Karin Bucha Classic 32 – Liebesroman
Von Karin Bucha
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Über dieses E-Book
Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
»Schluß, Angela!« Mit vor Ärger gerötetem Gesicht wirft Gert Rosen den Tennisschläger auf den Rasen und überquert ihn mit großen Schritten. Vor der jungen Frau, die ihm mehr erschrocken als schuldbewußt entgegenblickt, bleibt er breitbeinig stehen. »Du spielst heute miserabel, Angela, hundsmiserabel. Was ist nur in dich gefahren? Hast du Kummer?« Verwirrt neigt Angela Worminghaus den Kopf. Kurz entschlossen legt sie den Schläger auf die Bank und blinzelt ihren Partner von der Seite her an. »Habe ich so schlecht gespielt, Gert?« »Schlecht? – Schlecht ist gar kein Ausdruck –« »Ich weiß, ich weiß«, fällt sie ihm lächelnd ins Wort, »hundsmiserabel. Mir ist auch die Lust vergangen. Komm, ruhen wir aus.« Wortlos verlassen sie den Tennisplatz. Sie wiegt sich leicht in den Hüften beim Gehen. Anmutig sinkt Angela auf der Terrasse des Hauses auf einen der aufgestellten Liegestühle unter schützendem Sonnendach. Erst nachdem Rosen sich aufmerksam überzeugt hat, daß es ihr an Bequemlichkeit nicht mangelt, nimmt er neben ihr Platz. Sie liegt in lässiger, entspannter Haltung, den linken Arm hat sie unter den Kopf geschoben.
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Spiel mit dem Glück - Karin Bucha
Karin Bucha Classic
– 32 –
Spiel mit dem Glück
Als Eifersucht alles zu verderben drohte
Karin Bucha
»Schluß, Angela!« Mit vor Ärger gerötetem Gesicht wirft Gert Rosen den Tennisschläger auf den Rasen und überquert ihn mit großen Schritten. Vor der jungen Frau, die ihm mehr erschrocken als schuldbewußt entgegenblickt, bleibt er breitbeinig stehen. »Du spielst heute miserabel, Angela, hundsmiserabel. Was ist nur in dich gefahren? Hast du Kummer?«
Verwirrt neigt Angela Worminghaus den Kopf. Kurz entschlossen legt sie den Schläger auf die Bank und blinzelt ihren Partner von der Seite her an.
»Habe ich so schlecht gespielt, Gert?«
»Schlecht? – Schlecht ist gar kein Ausdruck –«
»Ich weiß, ich weiß«, fällt sie ihm lächelnd ins Wort, »hundsmiserabel. Mir ist auch die Lust vergangen. Komm, ruhen wir aus.«
Wortlos verlassen sie den Tennisplatz. Sie wiegt sich leicht in den Hüften beim Gehen. Anmutig sinkt Angela auf der Terrasse des Hauses auf einen der aufgestellten Liegestühle unter schützendem Sonnendach. Erst nachdem Rosen sich aufmerksam überzeugt hat, daß es ihr an Bequemlichkeit nicht mangelt, nimmt er neben ihr Platz.
Sie liegt in lässiger, entspannter Haltung, den linken Arm hat sie unter den Kopf geschoben. Die Augen hält sie geschlossen. Die junge, straffe Brust hebt und senkt sich unter gleichmäßigen Atemzügen.
Rosen betrachtet sie aufmerksam.
Weiß Gott, der Herrgott hat diese Frau in ganz besonderer Geberlaune erschaffen – geht es ihm durch den Kopf. Von der dunklen Haarflut bis hinab zu den schlanken, zierlichen Füßen ist alles harmonisch und wohlgebildet. Die dunkle Haarflut mit dem roten, metallischen Schimmer umgibt ein edelgeformtes Antlitz. Eine eigenwillige Locke fällt in die hohe, kluge Stirn. Wie gezeichnet stehen die Augenbrauen in diesem zarten, leidenschaftlichen Gesicht, das ganz und gar von dunklen Augen von seltener Tiefe beherrscht wird.
Der Mund ist weich und schwellend und – wie es Gert Rosen scheint – im Augenblick herb zusammengepreßt. Und aus diesem Gedanken heraus sagt er:
»Du hast doch etwas, Angela!«
Angelas Gedanken sind ganz woanders. Immer glaubt sie die Stimme ihres Mannes zu hören, diese tiefe, warme Stimme, die so modulationsfähig ist, von warmer Güte bis zur eisigen Strenge; und so streng, wie er manchmal zu seinen Patienten sprechen muß, der Herr Professor Worminghaus, so streng hat er heute morgen zu ihr gesprochen: »Ich erwarte dich Punkt ein Uhr in meinem Privatzimmer in der Klinik.«
Und diese Worte verfolgen sie seither. – Um ein Uhr erwartet ihr Mann sie zu einer Besprechung, und wie diese auslaufen wird, das weiß sie jetzt schon. Ein eisiger Schauer läuft ihr über den Rücken, so daß sie fröstelnd die Schultern zusammenzieht:
»Ist dir kalt, Angela?«
Schreckhaft fährt sie zusammen. Sie hat ihn ganz und gar vergessen, Gert Rosen, den Freund ihrer Jugend, ihrer Kindheit, den einzigen und treuesten Freund, den sie überhaupt besitzt.
»Verzeih, Gert, ich war sehr unaufmerksam.«
Mit einem Ruck sitzt er aufrecht und neigt den Oberkörper ihr zu.
»Hast du mit deinem Mann gesprochen, Angela? Weiß er, daß ich dich liebe?«
Sie lächelt wehmütig und streift ihn mit einem Blick, den er schwer deuten kann. Fast glaubt er, Mitleid darin zu lesen.
»Das weiß er doch schon lange, Gert!«
»Dann ist ja alles gut.«
»Nichts ist gut, denn du hast das Wichtigste dabei vergessen.«
»Das Wichtigste?« Er neigt sich noch tiefer zu ihr hin.
Groß und ehrlich schlägt sie die Augen zu ihm auf. »Ja, das Wichtigste, Gert. Ich liebe dich – nicht!«
»Angela!« Mit einem Satz steht er auf den Beinen. »Du lügst, Angela.«
»Freunde belügen sich nicht. Und wir sind doch gute Freunde.«
Kreidebleich ist sein frisches Jungengesicht geworden.
»Dann hast du die ganze Zeit über nur mit mir gespielt?« stößt er in großer Aufregung hervor.
»Gert, ich bitte dich!« Sie hat sich aufgerichtet und versucht, ihn mit sanfter Gewalt wieder in den Stuhl neben sich zu drücken. Doch er reißt sich los und tritt an die Brüstung. In seinem Kopf wirbelt alles durcheinander, und er weiß nicht, was sie alles spricht. Nur die dunkle Stimme vernimmt er, die er so sehr liebt, wie er überhaupt der Frau unsagbar zugetan ist, die ihm soeben kaltlächelnd eröffnet hat, daß sie ihn nicht liebe.
Ich Narr, ich tausendfältiger Narr, sinnt er verzweifelt.
Angela ahnt, daß jedes Wort in die Luft gesprochen ist. Sie erhebt sich und tritt zu ihm, legt ihre Hand beruhigend auf seinen Arm.
»Gert, ich bitte dich, höre mich in Ruhe an. Du hast dich in eine fixe Idee verrannt.«
»Fixe Idee nennst du das, wenn man einen Menschen von ganzem Herzen liebt?« fällt er ihr erbittert ins Wort.
»Wir waren immer nur Freunde«, spricht sie unbeirrt weiter. »Gute Freunde, Gert. Nie habe ich etwas anderes in dir gesehen. Wir haben zusammen gespielt, du hast mich stets beschützt. Du warst ein großer Bruder für mich, mehr nicht. Nie habe ich dich darüber in Zweifel gelassen. Und als du vor zwei Jahren hier an die Oper kamst, da haben wir die alte Kinderfreundschaft wiederaufgenommen. Bitte, sage nie wieder, daß ich mit dir gespielt habe. Damit tust du mir nur weh, denn ich habe nie andere als freundschaftliche Gefühle in dir erwecken wollen.«
»Und hast es doch getan.«
»Dann unbewußt, Gert.«
Hat er bisher in die Luft gesprochen, so wendet er sich ihr jetzt zu und umfaßt ihre Schultern. »Warum hast du mich dann nicht bereits vor zwei Jahren fortgeschickt? Es hätte dir doch schon damals klar sein müssen, daß es eine Freundschaft zwischen Mann und Frau für die Dauer nicht gibt. Ich bin schließlich nur ein Mensch und habe Blut in den Adern wie jeder andere – und ich liebe dich, Angela. Ich möchte dich besitzen, du sollst mir gehören, als meine Frau. Hast du nicht selbst gesagt, daß ich dich erst zum Leben erweckt habe? Was warst du für ein verkümmertes Menschenkind, als ich hier in die Stadt kam!«
»Gert, ich bitte dich, höre auf«, stöhnt Angela und schlägt die Hände vor das Gesicht. »Ich liebe – meinen Mann.«
»So, du liebst deinen Mann. Und was tut dein Herr Gemahl, diese Operationsmaschine? Weiß er überhaupt noch, daß er eine junge, schöne Frau sein eigen nennt?«
»Gert«, bittet sie leise, eindringlich. »Sprich nicht so abwertend von meinem Mann. Denk an die vielen Menschen, die verehrungsvoll zu ihm aufsehen, denen er das Leben gerettet hat, für die er, wenn es sein muß, Tag und Nacht da ist.«
»Und läßt dabei die eigene Frau in Einsamkeit verkümmern.«
Sie läßt die Hände sinken. Ihre Augen sehen über ihn hinweg in eine unbekannte Ferne. Um ihren Mund zuckt es. Wie ein Hauch kommt es von ihren Lippen:
»Dann teile ich das Schicksal aller einsamen Frauen, die große Männer haben.«
Stille lastet zwischen ihnen, bis sie leise den Faden wieder aufnimmt.
»Gert, sei wieder gut. Ich bin dir so dankbar, daß du deine Freizeit mir geschenkt hast. Ich habe dir wirklich viel zu verdanken.«
»Dankbarkeit – Mitleid –«, er lacht hart auf.
»Verzichte auf beides. Ein Spielzeug war ich für dich. Ich muß dir danken, danken für deine Offenheit. Du brauchst Zerstreuung, und ich hielt es für Liebe. Ich Narr, ich großer. Gut, daß es zwischen uns klar ist. Leb’ wohl, Angela.«
Mit einem Satz springt er die Stufen hinab und eilt über den Kies der Garage zu, wo sein Sportwagen parkt.
»Gert! Gert!«
Sinnlose Angst überfällt sie und läßt sie hinter ihm hereilen. Da stürmt er dahin, der junge Hitzkopf, in dem es gärt wie junger Wein. Sie weiß, daß sie ihn jetzt nicht allein lassen darf, daß er irgend etwas Sinnloses tun wird, was er hinterher schwer bereuen wird. Aber sie kommt zu spät. Er sitzt schon am Steuer seines Wagens und reißt ihn so hart herum, daß sie zur Seite springen muß.
»Gert! Gert!«
Aber er braust davon, und ihr Ruf verhallt ungehört. Angela bebt an allen Gliedern, und als sie ins Haus zurückkehrt, hat sie keinen Tropfen Blut mehr im Gesicht, so daß Malchen, die alte Haushälterin, die Hände über dem Kopf zusammenschlägt.
»Mein Gott, Kindchen, wie siehst du aus?« jammert die Alte und nimmt Angela, an der sie Mutterstelle vertreten hat, behutsam in ihre Arme. »Was hat es denn gegeben mit Gert?«
»Ach, Malchen«, weint Angela Worminghaus leidenschaftlich los. »Gert ist wie ein Rasender davongefahren. Es wird ein Unglück geschehen! Es wird ein Unglück geschehen, ich fühle es! Er war wie von Sinnen, und ich konnte doch nicht anders. Ich mußte ihm die Wahrheit sagen.«
»Alle guten Geister, daß ihr euch das Leben so schwer machen müßt. Und an alledem ist dein Mann schuld –«
Angela hält ihr den Mund zu und sieht sie dabei mit einem so flehenden Blick an, daß Malchen einlenkt.
»Ich sage ja schon gar nichts mehr. Aber bitte, beruhige dich und schau auf die Uhr. Du mußt um ein Uhr in der Klinik sein.«
Wie geistesabwesend streicht Angela sich über die Augen und wendet sich der Treppe zu. Malchen verfolgt die Bewegungen der jungen Frau, die wie eine Kranke die Stufen emporschleicht, mit kummervollen Augen. Als sich die Tür hinter der schlanken Gestalt geschlossen hat, murmelt die Haushälterin:
»Was soll daraus nur werden? Wenn das man kein Unglück gibt.«
*
Wohl schon zum hundertsten Male hat sich Oberschwester Elsbeth in dem Empfangszimmer zu schaffen gemacht. Sie, die sonst die Ruhe in Person ist, wird heute von einer Unruhe gequält, die sie sich selbst nicht erklären kann. Aber nie verläßt sie den weiten, eleganten Raum, ohne einen langen Blick nach der Tür zu werfen, die in das Privatzimmer des Chefs, Professor Worminghaus, führt. Manchmal bleibt sie auch lauschend stehen, dann hört sie die Schritte des Chefs; immer gleichmäßig auf und ab hört sie ihn gehen.
Nur widerwillig verläßt sie den Raum. Wann ist es einmal vorgekommen, daß der Professor sich tagsüber so lange isoliert hat7
»Ich wünsche auf keinen Fall gestört zu werden. Wenn meine Frau kommt, dann führen Sie sie zu mir. Ich erwarte ihren Besuch um ein Uhr«, hat er gesagt.
Und jetzt fehlen nur noch einige Minuten an ein Uhr.
›Was er nur haben mag‹ – denkt sie und begibt sich hinüber in die Halle. Es ist ein weitläufiger Raum mit vielen bequemen Sitzgelegenheiten, marmornem, spiegelglattem Fußboden und freundlichen Blumengruppen, von tiefen und breiten Fenstern flankiert, die das helle Sonnenlicht ungehindert bis in die äußerste Ecke einlassen.
Die Klinik Professor Worminghaus’ ist nicht nur die modernste, sie genießt auch Weltruf, denn ihr Chef ist als Chirurg berühmt.
Man sagt ihm nicht nur die sicherste Hand nach, man schätzt ihn auch als Internist.
Im Augenblick kümmert den Chef des Hauses seine Berühmtheit wenig, da sie ihn mehr bedrückt als erfreut, weil er spürt, daß ihn sein Beruf und die Wissenschaft so in Fesseln geschlagen haben, daß er den Menschen, sein eigenes Ich, dabei verloren hat.
Und nun ist er dabei, Bilanz zu ziehen, die Bilanz seiner Ehe. Hart geht er dabei mit sich ins Gericht und gibt sich selbst die Schuld. Er hätte die junge, hübsche Angela Wendloh nicht an sich ketten dürfen. Ein Verbrechen hat er an ihrer kostbaren Jugend begangen. In seinem Leben ist kein Raum für Liebe und Glück.
Etwas bäumt sich bei dieser Feststellung in ihm auf. Hat er nicht wie jeder andere Mensch auch ein Recht auf Liebe und Glück? Und liebt er Angela nicht über alles? – Kann er sich überhaupt ein Leben ohne diese kindhafte Frau noch vorstellen? Nein! Und abermals – nein!
Seit wann herrscht die Entfremdung zwischen ihnen? – Seitdem Gert Rosen in ihrem Hause aus und ein geht! – Nein! Bestimmt auch nicht! Sie bestand vorher schon zwischen ihnen. Nur das Auftauchen des Jugendfreundes hat den Riß noch vergrößert. Warum hat er nur so tatenlos zusehen können, wie dieser ungewöhnlich begabte und sympathische Mensch Angela immer mehr zu sich herüberzog?
Bis hierher ist er gekommen, der kluge und berühmte Mann. Er stöhnt aus tiefstem Herzen voller Qual auf.
Zu spät! – Furchtbar, dieses ›Zu spät‹! Ein Esel war er, ein ausgemachter Esel, sonst hätte ihm nicht geschehen können, daß es einem Gert Rosen gelang, unter seinen Augen das Herz seiner Frau zu erringen. Nicht einen Augenblick kommen ihm Zweifel, daß Angela diesen Menschen nicht liebt.
Und heute kommt die Entscheidung! Er weiß genau, Angela wird ihre Freiheit von ihm fordern. Und er wird sie ihr nicht verweigern, denn er liebt Angela. Er will nur ihr Glück. Angela hat das Glück nicht an seiner Seite gefunden, also hat sie es woanders gesucht – bei Gert Rosen, dem allseits beliebten Opernsänger.
Warum hat er ihn nicht gleich zu