Herzen in Flammen: Karin Bucha Classic 40 – Liebesroman
Von Karin Bucha
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Über dieses E-Book
Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
»Meine Tochter ist verreist?« fragte Iris Mayring erstaunt auf die Mitteilung des Mädchens Gerda. »Herr Doktor holte Fräulein Ingrid ab und übergab mir dieser Brief.« Gerda händigte Frau Iris das schmale Kuvert aus, das diese überlegend in den Fingern drehte. Dann war sie allein. Liebste Muschi-Mutti! Ich muß sofort dringend nach Berlin fahren. Ich habe Ingrid mitgenommen. Entschuldige, daß wir Dich vorher nicht benachrichtigt haben. Wir haben reihum telefoniert, Du warst jedoch bei keinem unserer Bekannten zu erreichen. Wir hoffen, morgen wieder hier zu sein. Iris Mayring ließ den Brief sinken. Ihr schönes Gesicht sah müde und bleich aus. Nein, Michael hätte sie nicht finden können. War sie doch stundenlang umhergeirrt, ohne Ziel, bis sie sich matt, an allen Gliedern wie zerschlagen, wieder in ihrem Heim eingefunden hatte. Iris Mayrings Hände fuhren nach dem Kopf. Sie fand sich in dem Wirrwarr ihrer Gedanken nicht mehr zurecht. Begonnen hatte dieser Zwiespalt mit einer kurzen Zeitungsnotiz. Eine kleine Zeitungsnotiz war fähig gewesen, in ihren Seelenfrieden einzubrechen wie ein beutegieriger Wolf in eine Herde Schafe. Ihre Augen suchten scheu die Zeitung.
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Buchvorschau
Herzen in Flammen - Karin Bucha
Karin Bucha Classic
– 40 –
Herzen in Flammen
Eine dramatische Liebesgeschichte
Karin Bucha
»Meine Tochter ist verreist?« fragte Iris Mayring erstaunt auf die Mitteilung des Mädchens Gerda.
»Herr Doktor holte Fräulein Ingrid ab und übergab mir dieser Brief.«
Gerda händigte Frau Iris das schmale Kuvert aus, das diese überlegend in den Fingern drehte.
Dann war sie allein. Sie brach den Umschlag auf und las:
Liebste Muschi-Mutti!
Ich muß sofort dringend nach Berlin fahren. Ich habe Ingrid mitgenommen. Entschuldige, daß wir Dich vorher nicht benachrichtigt haben. Wir haben reihum telefoniert, Du warst jedoch bei keinem unserer Bekannten zu erreichen.
Wir hoffen, morgen wieder hier zu sein.
Dein Michael
Iris Mayring ließ den Brief sinken. Ihr schönes Gesicht sah müde und bleich aus. Nein, Michael hätte sie nicht finden können. War sie doch stundenlang umhergeirrt, ohne Ziel, bis sie sich matt, an allen Gliedern wie zerschlagen, wieder in ihrem Heim eingefunden hatte.
Iris Mayrings Hände fuhren nach dem Kopf. Sie fand sich in dem Wirrwarr ihrer Gedanken nicht mehr zurecht. Begonnen hatte dieser Zwiespalt mit einer kurzen Zeitungsnotiz. Eine kleine Zeitungsnotiz war fähig gewesen, in ihren Seelenfrieden einzubrechen wie ein beutegieriger Wolf in eine Herde Schafe.
Ihre Augen suchten scheu die Zeitung. Dort lag sie, wie achtlos hingeworfen. Ihr Blick wandte sich voller Verzweiflung von diesem unseligen Zeitungsblatt.
Die Hausglocke schlug an, und sofort fühlte sie, da kam Gefahr. In ihr blasses, ebenmäßiges Gesicht stieg eine unnatürliche Röte. Gespannt war ihr Blick auf die Tür gerichtet.
Gerda kam mit der Karte.
»Der Herr wünscht Sie zu sprechen.«
Iris Mayring griff unwillig nach der Besuchskarte, und noch ehe sie den Namen erfaßt hatte, erschien der Gast in der Tür.
Betreten blickte Gerda in das plötzlich schneeweiße Gesicht ihrer Herrin, die ihr mit einer herrischen Bewegung bedeutete, das Zimmer zu verlassen.
Das Mädchen schloß die Tür hinter dem Gast, und Iris Mayring erwachte aus ihrer Lähmung.
»Doktor Hellberg! Gütiger Himmel, die Toten stehen auf!«
Die Augen des Mannes ruhten kalt auf dem schreckverzerrten Gesicht der Frau.
»Ich habe niemals zu den Toten jener Katastrophe gezählt. Sie haben mich wohl nur im Innern totgeschwiegen, um Ihr eigenes Gewissen damit zu beruhigen«, spottete er. » Sie scheinen zu ahnen, was mich zu Ihnen führt.«
»Ach, nichts von Bedeutung, gnädige Frau, nur die Beantwortung einiger Fragen«, sagte er in fast gleichgültigem Tone, der Iris Mayring jedoch erzittern ließ. »Sie werden doch die Zeitungsnotiz gelesen haben. Oder ist sie Ihnen nicht aufgefallen?«
Iris Mayring hob furchtsam die Hand.
»Lassen Sie mich mit diesen Angelegenheiten in Ruhe!« rief sie leidenschaftlich. »Die Vergangenheit ist tot für mich. Ich – ich will damit nichts mehr zu schaffen haben.«
Doktor Hellberg zog gelassen seine Zigarettendose und fragte verbindlich: »Sie gestatten doch?«
Iris Mayring brachte nicht die geringste Bewegung zustande.
Sie starrte nur aus übergroßen Augen auf den Mann, dessen Anblick sie in diesen Zustand grenzenloser Aufregung versetzt hatte.
»Sie haben eine merkwürdige Art, Unangenehmes von sich abzuschütteln«, begann Doktor Hellberg in leichtem Plauderton, der Iris mahnte, auf der Hut zu sein.
Oh, sie kannte diesen Mann, der mit seiner eisernen Ruhe ein gefährlicher Gegner war, und der, wenn er ein bestimmtes Ziel verfolgte, nicht eher ruhte, bis er es erreicht hatte.
War er ihr Gegner?
»Ich schwöre Ihnen, ich bin nicht schuldig. Ich…«
Ihre Stimme brach. Stöhnend barg sie das Gesicht in den Händen.
Doktor Hellberg beachtete den Schmerzensausbruch der Frau nicht.
Er blickte an der Frau vorbei. Seine Augen waren in eine unbestimmte Ferne gerichtet. Ohne Gemütsbewegung sagte er:
»Ich habe weder Vater- noch Mutterliebe gekannt, aber ich hatte einen Freund, einen einzigen, treuen Freund. Wir waren unzertrennlich, und wir ergänzten uns vorzüglich.
Dann trat eine Frau in das Leben meines Freundes. Sie war unser beider Schicksal, denn auch ich liebte diese Frau.«
Doktor Hellberg stockte. Er fühlte den erstaunten Blick Iris Mayrings auf sich ruhen, und er fühlte auch, daß diese Frau immer noch Macht über ihn hatte. Ihre Nähe ließ sein Herz erzittern, genau wie damals, vor vielen Jahren.
Aber nein. Er kannte nur noch ein Ziel, und das würde er erreichen, selbst wenn er über das Herz dieser Frau schreiten müßte.
Härter wurde seine Stimme.
»Ich habe damals wenig gekämpft um diese Frau, denn für mich stand von vornherein fest, daß ich verzichten mußte, verzichten zugunsten meines Freundes.
Mein Freund liebte die Frau abgöttisch, und er wurde doch von dieser Frau verraten.
Ich sah den Freund leiden und war hilflos. So wurde ich aus Freundestreue zum Feind der Frau, und sie streute ein häßliches Gift aus.
Mein Freund wurde irre an mir. Er ist mit dem Zweifel an meine Treue gestorben, ohne zu ahnen, daß ich über ihn und sein Werk gewacht hatte, treu und selbstlos.
Ich werde auch weiterhin wachsam sein, gnädige Frau!« Nun wandte er sich direkt an Iris Mayring. »Ich warne Sie, Iris Mayring! Gehen Sie den Weg der Pflicht, ehe es zu spät ist!
Vernichten Sie die Dokumente, und falls sie sich nicht in Ihrem Besitz befinden – ich weiß es nicht –, dann zwingen Sie den Mann, bei dem ich sie vermute, zur Vernichtung der Papiere. Ersparen Sie sich und allen daran Beteiligten neues Herzeleid.«
Sie hob die schreckgeweiteten Augen. »Sie sind gekommen, Ihren Freund zu rächen?«
»Ja!«
»Sie wollen den Kampf?« fragte sie mühsam beherrscht.
»Ja, denn ich diene der Gerechtigkeit«, antwortete er.
»Gut!« Iris Mayring richtete sich hoch auf. Ihr Gesicht war unbeweglich, wie aus Stein gemeißelt. »Ich nehme den Kampf auf. Sie dienen der Gerechtigkeit. Sie wollen Ihr Ziel erreichen, rüchsichtslos, selbst wenn Sie dabei über das Herz einer Mutter schreiten müssen. Ich aber kämpfe um die Liebe und Achtung meiner Kinder. Niemals – hören Sie –, niemals werden sie erfahren, was sich damals Furchtbares abspielte.«
»Sie sind unklug, Iris Mayring«, antwortete Doktor Hellberg nach kurzem, eisigem Schweigen fast traurig. »Sie begeben sich in Gefahr, und Sie werden darin umkommen, wenn Sie nicht rechtzeitig Vernunft annehmen.
Sie haben mir einen wertvollen Fingerzeig gegeben. Nun weiß ich, wo ich anzugreifen habe. Sie haben die Zeitungsnotiz wohl gelesen und deren Sinn gut verstanden. Guten Abend!«
Die Tür klappte hinter dem Besucher ins Schloß.
Iris Mayring stand immer noch hochaufgerichtet inmitten des Zimmers, entschlossen zu kämpfen.
Es geht mir nur um die Liebe und Achtung meiner Kinder. Nicht nur um meinen Seelenfrieden allein handelt es sich, es geht auch um das Seelenheil meiner Kinder. Ingrid und Michael dürfen niemals in den Schmutz der Vergangenheit gerissen werden, dachte sie krampfhaft, dann fiel sie völlig erschöpft in einen Sessel und barg, bitterlich schluchzend, das Gesicht in den Händen.
*
Totenstille herrschte in Doktor Eck-brechts Arbeitszimmer. Der Notar ließ seinem Gegenüber Zeit, zu begreifen, was er ihm eben vorgelesen hatte.
Endlich hob Doktor Michael Mayring den Kopf. In seinen hellen Augen lag das Grauen.
»Damit wäre das Geheimnis um den rätselhaften Tod meines Vaters vor beinahe zwanzig Jahren gelöst«, sagte er im Ton tiefster Erschütterung. »Und was veranlaßte Sie, Herr Doktor, mir heute diese Tragödie zu enthüllen?«
Doktor Eckbrecht griff nach einer Zeitung und legte sie vor Doktor Mayring nieder. Er wies auf eine rotumrandete Stelle.
Michael Mayring las und legte kopfschüttelnd die Zeitung nieder.
»Ich verstehe nicht. Was hatte dieser Doktor Murphy mit der Katastrophe vor zwanzig Jahren zu schaffen?«
Das Gesicht des Älteren nahm einen harten Ausdruck an.
»Die Teilnehmer der damaligen Expedition, die um den eigentlichen Zweck wußten, waren ein Freund Ihres Vaters, Doktor Hellberg, dann ein gewisser Sommerfield, ein Amerikaner, der der Expedition wertvolle Dienste leisten konnte, da er mit den Örtlichkeiten gut vertraut war, und Ihre Frau Mutter.
Sommerfield hatte es verstanden, völlig das Vertrauen Ihres Vaters zu gewinnen. Inwieweit er über alles unterrichtet war, entzieht sich meiner Kenntnis. Meine Aufgabe war es, die Personen, die damals an der Expedition teilnahmen, zu überwachen.
Doktor Hellberg ist wie vom Erdboden verschwunden, vielleicht ist er auch ums Leben gekommen. Sommerfield lebt aber noch. Er ist jetzt erst wieder an die Öffentlichkeit getreten. Sein Name Sommerfield war nur ein angenommener, was zählte damals schon ein Name, Hauptsache, er war ein ganzer Kerl.
Heute ist dieser Sommerfield unter seinem richtigen Namen in Deutschland wieder aufgetaucht. Er ist kein anderer als dieser Doktor Murphy.
Sie lasen soeben, daß dieser Doktor Murphy eine neue Expedition plant, und zwar in das gleiche Gebiet, das schon auf Ihren Herrn Vater eine so große Anziehungskraft ausübte.«
»Und was hat meine Mutter mit der ganzen Angelegenheit zu schaffen?«
»Sie war nur die Leidtragende, denn sie verlor dabei den treuen Lebenskameraden, ihren Gatten. Als gebrochene Frau kehrte sie mit Ihnen und Ihrer Schwester nach Deutschland zurück.«
»Arme Mutter«, flüsterte Michael mitleidig. Dann richtete er sich straff auf. »Mein Vater soll nicht vergebens aus dem Grab heraus zu mir gesprochen haben.
Ich werde die Dokumente herbeischaffen, um sie für immer verschwinden zu lassen. Es soll so sein, wie mein Vater bestimmt hat. Es ist genug Blut geflossen um das Gold.«
Mit Wohlgefallen ruhten die Augen des Notars auf Michael Mayrings scharfgeschnittenem Gesicht. Genauso wie jetzt sein Sohn, so hatte der Professor in seiner Jugend ausgesehen. Er reichte ihm herzlich die Hand. »Recht so, mein junger Freund. Meines Beistandes sind Sie gewiß. Und vergessen Sie nicht: Lassen Sie Ihre Mutter völlig aus dem Spiel. Ihr Vater hat es so gewünscht. Er wird seinen Grund dabei gehabt haben.«
*
Eine scharfe Falte lag auf Doktor Mayrings Stirn, als er das Haus des väterlichen Freundes verließ.
Er stieg in seinen Wagen und fuhr, benommen von den Ereignissen der letzten Stunde, durch den regen Verkehr zum Hotel zurück.
Gewaltsam zwang er seine Gedanken in eine andere Richtung, aber immer wieder liefen sie in einem Punkt zusammen: Gunhild Bruckner – Dr. Hellberg – Dr. Murphy – die Dokumente – und die Mutter, die völlig ahnungslos von alledem bleiben mußte.
Ein heller Schrei riß ihn jäh aus seinen Grübeleien.
Dicht vor seinem Wagen kam ein Kind zu Fall. Michael gelang es, den Wagen noch rechtzeitig herumzureißen, hart an der Bordkante kam er zum Stehen.
Augenblickslang war Doktor Mayring wie erstarrt, und ehe er noch aus seinem Wagen war, sah er eine Frauengestalt auf die Unglücksstelle zugelaufen kommen.
Jetzt kniete die Frau am Boden und nahm das Kind mütterlich in die Arme.
Doktor Mayring öffnete den Schlag und stand, nun wieder Herr seiner Nerven, vor dem jungen Geschöpf, das vorwurfsvoll zu ihm aufsah.
»Da haben Sie noch einmal Glück gehabt. Das Kind ist unverletzt.«
Doktor Mayring fand kein Wort zu seiner Verteidigung.
Eine energische Stimme ließ ihn herumfahren.
»Der Herr hat gar keine Schuld«, sagte ein Radfahrer. »Ich habe es genau gesehen, denn ich fuhr hinter dem Wagen her. Der Herr ist sehr langsam gefahren, die Kleine lief ihm direkt in den Wagen hinein.«
Doktor Mayring atmete tief. Er fühlte sich nicht ganz frei von Schuld, da seine Gedanken nicht bei der Fahrt gewesen waren. Die Rede des Mannes brachte ihm etwas Erleichterung.
Immer noch sah er in die großen, rätselhaften Augen des jungen Mädchens, und der vorwurfsvolle Blick, der ihm daraus entgegensprang, störte ihn ungemein.
Er beugte sich liebevoll zu der weinenden Kleinen hinab.
»Hast du dir auch wirklich nicht weh getan?«
»Nei-ei-n«,weinte das Kind auf. »Ich will zu meiner Mutti.«
»Wo wohnst du denn?« fragte die Fremde und erhob sich. Schlank und rank stand sie vor Doktor Mayring, der keinen Blick von dem glühenden Mädchengesicht ließ.
»Dort!« Die Kleine wies auf eines der nächsten Häuser, und