Das Mädchen mit dem Kupferhelm: Karin Bucha Classic 10 – Liebesroman
Von Karin Bucha
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Über dieses E-Book
Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
! Rotkopf!« Ruckartig verhält Gig den Schritt. Ihr eben noch strahlend heiteres Gesichtchen verfinstert sich. Noch zögert sie. Soll sie sich umdrehen, soll sie sich gegen die Schmähung wehren? Dann wirft sie das Haupt mit dem kupferroten Haar in den Nacken. Warum empört sich alles in ihr, wenn man sie wegen ihres Haares, das wirklich wie eine feurige Lohe das durchsichtig zarte Antlitz umrahmt, verspottet? Längst müßte sie sich daran gewöhnt haben, daß sie, wo eben sie auftaucht, wegen ihres leuchtenden Haares gehänselt wird. Sie weiß selbst nicht, wie sehr sie mit ihrer aparten Schönheit von der Jugend des abseits der Großstadt gelegenen Dorfes absticht. Sie weiß überhaupt nicht, daß sie schön ist, eigenartig, faszinierend schön. Es ist wirklich eine unbändige Fülle kupferroten Haares, das ihr schwer bis auf die Schultern fällt, und ein ovales, regelmäßig geschnittenes blasses Gesichtchen einhüllt. Zwei grüngraue Augen beherrschen dieses jetzt so zornige Antlitz und der sonst so weiche, schwellende Mund preßt sich wütend zusammen. »Rotkopf! Rotkopf!« Von allen Seiten ertönt der Ruf. Er scheint über die schmale Hecke zu kommen, die die Wiese von zwei Seiten einsäumt. Hinter den Bäumen hervor, die ihre Äste weitverzweigt über den Garten strecken. Ja, selbst vom Hause her kommt er, dem sie nunmehr voller Hast zustrebt. Die kleinen Hände hat sie zu Fäusten geballt. Atemlos kommt sie in der Diele des Hauses an und stürzt der alten Haushälterin fast in die Arme.
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Buchvorschau
Das Mädchen mit dem Kupferhelm - Karin Bucha
Leseprobe:
Eine Bucht in Florida
LeseprobeTessa will ein paar ruhige Tage im Florida-Urlaub verbringen. Der gut aussehende Typ, der sie in der Hotelbar anspricht, wird ihr schnell sympathisch, sie verliebt sich in ihn. Es handelt sich um Hollywoodschauspieler Johnny, der während Dreharbeiten vor Ort ist. Tessa erkennt ihn zunächst nicht und flüchtet sofort zurück nach München, als sie herausfindet, wer er ist. Sie geht davon aus, dass sie für ihn nur eine nette Abwechslung bei der Arbeit war. Und schließlich wartet da ja auch noch Bernd, ihr Verlobter. Vergessen kann sie Johnny trotzdem nicht ...
Karin Bucha Classic
– 10 –
Das Mädchen mit dem Kupferhelm
Karin Bucha
! Rotkopf!«
Ruckartig verhält Gig den Schritt. Ihr eben noch strahlend heiteres Gesichtchen verfinstert sich. Noch zögert sie. Soll sie sich umdrehen, soll sie sich gegen die Schmähung wehren?
Dann wirft sie das Haupt mit dem kupferroten Haar in den Nacken. Warum empört sich alles in ihr, wenn man sie wegen ihres Haares, das wirklich wie eine feurige Lohe das durchsichtig zarte Antlitz umrahmt, verspottet? Längst müßte sie sich daran gewöhnt haben, daß sie, wo eben sie auftaucht, wegen ihres leuchtenden Haares gehänselt wird.
Sie weiß selbst nicht, wie sehr sie mit ihrer aparten Schönheit von der Jugend des abseits der Großstadt gelegenen Dorfes absticht. Sie weiß überhaupt nicht, daß sie schön ist, eigenartig, faszinierend schön. Es ist wirklich eine unbändige Fülle kupferroten Haares, das ihr schwer bis auf die Schultern fällt, und ein ovales, regelmäßig geschnittenes blasses Gesichtchen einhüllt. Zwei grüngraue Augen beherrschen dieses jetzt so zornige Antlitz und der sonst so weiche, schwellende Mund preßt sich wütend zusammen.
»Rotkopf! Rotkopf!«
Von allen Seiten ertönt der Ruf. Er scheint über die schmale Hecke zu kommen, die die Wiese von zwei Seiten einsäumt. Hinter den Bäumen hervor, die ihre Äste weitverzweigt über den Garten strecken.
Ja, selbst vom Hause her kommt er, dem sie nunmehr voller Hast zustrebt. Die kleinen Hände hat sie zu Fäusten geballt. Atemlos kommt sie in der Diele des Hauses an und stürzt der alten Haushälterin fast in die Arme.
»Oh, wie sind sie gemein«, sprudelt Gig unter Tränen hervor. »Sie sollen mich noch kennenlernen. Ich werde sie verdreschen, daß sie ewig daran denken sollen.«
»Aber Kind, Kind.« Begütigend nimmt die alte Letty das am ganzen Körper bebende Mädchen in die Arme. »Laß die Menschen schwatzen, was sie schwatzen wollen. Sie können dir das Wasser doch nicht reichen. Komm, Kind, beruhige dich.« Sie streicht Gig das wirre Haar aus der zornig geröteten Stirn. »Gleich wird gegessen. Dein Vater ist schon im Eßzimmer. Wasch und kämm dich, und komm dann sofort runter.«
Sekundenlang steht Gig bestürzt vor der Haushälterin. »Vater ist schon da?«
»Ja, ja«, drängt Letty und schiebt das Mädchen der breiten Treppe mit dem kunstvoll geschnitzten Geländer zu. »Spute dich, sonst –«
Das »sonst« hört Gig schon nicht mehr. Sie fürchtet den Zorn des Vaters beinahe noch mehr als den Spott der Dorfjugend über ihr Haar.
In ihrem entzückend eingerichteten Zimmer, dem Traum aller jungen Mädchen, läßt sie sich vor dem dreiteiligen, bis zum Erdboden reichenden Spiegel auf dem mit buntem Chintz bezogenen Hocker nieder.
Hier ist alles hell, licht und sonnig, angefangen von dem bunten, weichen Teppich, den gemütlichen Sesseln, bis zu den Vorhängen, die das riesige Fenster schmücken.
Gig seufzt und bringt ihr jetzt wieder erschreckend blasses Gesicht dem Spiegel ganz nahe. Jeden Zug darin studiert sie. Dann macht sie ihrem Spiegelbild eine lange Nase.
»Bah, ich bin und bleibe eine Vogelscheuche«, flüstert sie vor sich hin. »Auch Letty kann daran nichts ändern. Papa mag mich sowieso nicht leiden und nur wegen dieser Haarfarbe.«
Papa! Sie springt auf, säubert sich im Bad, streift hastig ein sauberes Kleid über und versucht, mit der Fülle kupferroten Haares fertig zu werden.
Warum ausgerechnet sie solches Haar haben muß? Könnte sie nicht so semmelblond wie die meisten der Dorfkinder sein, oder braun – oder schwarz?
Brennend steigt es ihr in die Augen. Was wissen die Großen, wie sehr sie unter dem Spott der anderen schon gelitten hat?
Rotkopf! Dieses Wort wird sie wohl ihr ganzes Leben lang begleiten.
Sie hat schon ihre Sorgen, die erst vierzehnjährige Georgia Halden, mit der langaufgeschossenen Gestalt, den eckigen, unausgeglichenen Bewegungen und dem fein modellierten Kopf.
Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, läuft sie die Treppe hinunter und stößt vor der Tür des Eßzimmers mit Letty zusammen.
»Letty«, flüstert sie atemlos, »was für Laune hat Papa?«
»Geh man ruhig rein, Gig«, fordert Letty das verängstigte Mädchen auf. »Gute Laune hat er heute, der Herr Ferdinand Halden.«
Zaghaft betritt Gig den Raum, der Wohlhabenheit und Tradition ausströmt. »Tag, Papa«, grüßt sie und setzt sich schnell auf ihren Platz.
»Tag, Füchslein«, erwidert Ferdinand Halden und lacht dröhnend, als er Gigs Zusammenzucken bemerkt. »Bist doch nun einmal ein Füchslein. Oder ist dir Rotkopf lieber?«
Aus einem vom Wein geröteten Gesicht beobachten sie dunkle brennende Augen, deren Blick ihr einen Schauer über den Rücken rinnen lassen. Am liebsten wäre sie davongelaufen, aber dann würde sie es noch schlimmer machen.
Sie stochert lustlos auf ihrem Teller herum, so daß John, der Butler, ihr beim Tellerwechseln zuraunt: »Sie haben wieder nichts gegessen.«
An der Nachspeise nippt sie nur. Jeder Bissen würgt im Halse, während Ferdinand Halden unaufhörlich plaudert. Allerdings fast nur über Dinge, die für Gig unverständlich sind.
Er spricht über Geschäfte, von denen sie keine Ahnung hat, denn Ferdinand Halden, Herr auf Haldenhof, scheint den sechsten Sinn zu haben.
Er hat sein Geld überall hineingesteckt, in Schnapsbrennereien, in die Industrie, in Webereien und Chemische Betriebe.
Gigs Augen irren immer wieder hinüber zu dem Platz, den sonst Miß Linda Bentley einnimmt und der heute leer bleibt.
Schließlich kann sie die brennende Frage nicht länger zurückhalten: »Wo ist Miß Linda, Papa?«
Er nimmt einen tiefen Schluck aus dem funkelnden Pokal, setzt ihn bedächtig auf das Damasttuch und lehnt sich bequem in seinem Sessel mit der hohen geschnitzten Lehne zurück. »Fort!«
Gigs Augen werden groß. »Fort?« wiederholt sie und spürt ihr Herz bis zum Halse herauf klopfen. »Wohin ist sie denn gegangen?«
Um seinen vollen Mund zuckt es spöttisch. »Entlassen habe ich sie..«
»Nein!«
Mit einem Ruck steht Gig auf. Fassungslos starrt sie ihren Vater an.
»Das kann doch nicht möglich sein, Papa. Du treibst sicherlich nur einen deiner üblichen Scherze mit mir. – Papa!« schreit Gig entsetzt. »Das ist nicht wahr. Das kann nicht wahr sein.« Schluchzen steigt in ihr empor. Sie schluckt tapfer. Nein, vor diesen spöttischen Augen darf sie einfach nicht weinen. »Warum hast du Linda fortgeschickt?«
»Warum?« Er betrachtet sie mit abschätzenden, amüsierten Blicken. »Eigentlich ist das meine Angelegenheit. Aber wenn du es durchaus wissen willst. Du bist alt genug, um außer Haus unterrichtet zu werden. Ich habe dich bereits in der Schweiz bei Madame Bonnier angemeldet. In vierzehn Tagen bringe ich dich zu ihr. Letty wird dafür sorgen, daß du entsprechend ausgestattet wirst.«
Linda fort! Ihre innigstgeliebte Linda nicht mehr auf Haldenhof! Deshalb also wurde sie fortgeschickt, damit Linda das Haus verlassen konnte. Nicht einmal die Zeit zum Abschiednehmen hat man ihr gelassen.
In diesem Augenblick fühlt Gig einen so starken, alle Hemmungen durchbrechenden Haß in sich aufsteigen, daß sie plötzlich mit geballten Fäusten vor ihrem Vater steht.
»Alles nimmst du mir, woran mein Herz hängt. Zuerst schickst du Miß Linda fort, und nun muß ich Haldenhof verlassen. Ich hasse dich!« schreit sie so außer sich, daß Letty herbeigestürzt kommt und versucht, das zitternde Mädchen mit sich fortzuziehen. Doch Gig reißt sich los und geht abermals mit geballten Händen auf den Vater los. »Ja, ich hasse dich. Manchmal zweifle ich überhaupt, ob du mein Vater bist…«
»Gig, Liebling!« Letty zieht das am ganzen Körper bebende Mädchen mit sich, das sich nun nicht mehr weigert, das sich an die alte Frau klammert und bitterlich weint.
Gehorsam läßt sich Gig in ihr Zimmer bringen, auskleiden und ins Bett bringen. Sie weint und weint, alles, was mit ihr geschieht, ist ihr gleichgültig.
»Laß mich doch sterben, lieber Gott«, wimmert sie in die Kissen, und Letty, die gute Seele, hockt auf dem Bettrand und streicht zärtlich über den schmalen Rücken Gigs.
»So leicht stirbt man nicht, Kind«, versucht Letty das Kind zu trösten. »Das hat deine Mutter auch gespürt –«
»Meine Mutter –?« Gig hat den Kopf emporgerissen. Totblaß ist sie. Die Augen sind dick verquollen. »Meine Mutter –?« wiederholt sie. »War sie auch unglücklich? So wie ich?«
Verlegen irrt Lettys Blick ab. »Unglücklich nicht direkt, nur –«
Da packt Gig sie an den Schultern. Ganz dicht bringt sie die grüngrauen Augen dem runzligen Gesicht der alten Haushälterin. »Was verschweigst du mir, Letty? War meine Mutter unglücklich?«
»Ich weiß es nicht.« Letty macht sich aus Gigs Griff frei und schüttelt mißbilligend den Kopf. »Frage nicht so viel, Kind. Das verstehst du alles nicht. Du bist viel zu jung, später…«
Damit läßt sie Gig allein, von deren grübelndem Blick verfolgt. Wie seltsam die gute alte Letty war, die schon bei Mama Dienst getan hat. Gig legt sich zurück in das Kissen, die Augen groß zur Decke emporgerichtet. Sie denkt über Lettys Worte nach und kommt immer mehr zu der Überzeugung, daß sie mehr weiß, als sie ihr gesagt hat.
Dann kehren ihre Gedanken zu ihrem Vater zurück. Wie sie ihn haßt, diesen selbstgefälligen Mann, der die Menschen je nach Lust und Laune behandelt. Der mit den Schwächen der ihm Untergebenen seine Späße treibt, dessen dröhnendes Lachen aus allen Ecken des Haldenhofes wie ein Echo donnert.
Alle unterjocht er, und, merkwürdig, alle bleiben bei ihm. Sie versteht nichts davon. Aber das weiß sie, daß man ihn einen schönen Mann nennt, der voller Charme und Witz sein kann, geradezu »unwiderstehlich«, wie sie einmal ein Gespräch zwischen zwei Stubenmädchen mit anhören mußte.
Wie ein drohendes Gespenst steht die Zukunft vor ihr. Vierzehn armselige Tage stehen ihr noch zur Verfügung, vierzehn Tage bleiben ihr, um von ihrem geliebten Haldenhof Abschied zu nehmen. Und Linda hat man zuerst von ihrer Seite gerissen. Linda, die ihr junges Leben sonnig gemacht hat, soweit es in ihrer Macht stand und sofern ihr Vater nicht in seiner derben Art dazwischenfunkte.
Und die gute alte Letty wird sie auch nicht mehr in Schutz nehmen können vor den Zornesausbrüchen des Vaters.
Aber das ist ja nicht mehr nötig. Weit fort kommt sie, in die Schweiz. Vater selbst will sie wegbringen. Es muß ihm viel daran gelegen sein, daß er sich um sie so viel Mühe macht.
Unter solchen Erwägungen schläft das junge Menschenkind endlich ein.
Als Letty sich besorgt über ihr Bett neigt, sieht sie in ein noch im Schlaf schmerzvoll verzogenes Gesichtchen, auf einen herbgeschlossenen Mund. Dabei schaut das Kind schön wie ein Engel aus, denkt die treue Alte, die einzige wohl, die dem Herrn vom Haldenhof die Zähne zeigt. Man traut es den verarbeiteten Händen nicht zu, wie sanft und zärtlich sie über die blassen Wangen Gigs streicheln können. Bewundernd ruht ihr Blick auf den feingezeichneten Brauen, auf den dichten, gebogenen Wimpern, die sich dunkel und geheimnisvoll wie ein Schleier heben, wenn Gig die Augen langsam öffnet.
Beruhigt verläßt Letty das kostbar ausgestattete Zimmer Gigs, das doch schon so viele Tränen gesehen und viel Kummer und Herzeleid seiner jungen Besitzerin erlebt hat.
*
Nach vierzehn Tagen steht Gig, von unzähligen Gepäckstücken umgeben, in der prachtvoll ausgestatteten Halle.
»Leb wohl, Gig, Liebling«, flüstert Letty und hält das Mädchen fest an ihr Herz gepreßt. Noch darf sie sich gehen lassen, noch ist Ferdinand Halden nicht sichtbar. Nur die Pferde scharren unruhig vor dem Portal.
Gig weint lautlos vor sich hin, die Arme innig um die treue Alte geschlungen. »Ich vergesse dich nicht und meinen geliebten Haldenhof auch nicht. Und wenn ich es nicht aushalten kann, dann laufe ich einfach davon«, droht sie. Sie raunt es Letty leise, unter Schluchzen, ins Ohr.
»Das darfst du nicht, Kind. Dein Vater würde sehr böse werden«, sagt Letty, erschrocken über den tiefen Ernst.
Wie ertappte Sünder fahren sie auseinander, als Haldens schwere Schritte auf der Galerie erklingen.
»Ekelhaft, diese Sentimentalität«, herrscht er die beiden an.
Gig preßt die Lippen zusammen, und Letty wirft dem Herrn vom Haldenhof einen wütenden Blick zu.
»Man wird doch wohl noch Abschied von dem Kind nehmen können«, brummelt sie.
»Wie oft soll ich dir noch sagen, daß Gig kein Kind mehr ist«, herrscht er die Alte an. »Tränen, wenn ich das schon sehe. Verdammte Wehleidigkeit. Steh nicht herum, trag die Koffer zum Wagen.«
Wortlos dreht sich Letty um und verläßt die Halle. Von