Und Lieb wird ewig sein: Karin Bucha Classic 54 – Liebesroman
Von Karin Bucha
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Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
In rasender Passage lief der Bogen des Geigers über die Saiten und legte damit beredtes Zeugnis von der unerhörten Technik des Künstlers ab. Die Geige klagte und weinte und griff den Zuhörern ans Herz. In stolzer, freier Haltung stand Egon Heymar auf dem Podium des Konzertsaales. Den Kopf ein wenig zur Seite geneigt, ein Lächeln um den Mund, sich seiner und seines Könnens sehr bewußt – so spielte er sich in die Herzen der hingebungsvoll lauschenden Menschen hinein. Der letzte Geigenton schwang wie ein unendlich zarter Hauch aus. Und gleich einem Orkan brauste der Beifall durch den Saal. Egon Heymar wußte, er galt nicht allein seinem meisterhaften Spiel, nicht nur seinem Können – sondern ihm selber, dem Mann! Seine hohe, schlanke Gestalt neigte sich dankend; der schmale, rassige Künstlerkopf mit den dunklen, leidenschaftlichen Augen wandte sich nach allen Seiten des Parketts. Dann nickte er grüßend hinauf zu den Logen. Als würden ihn weiche, schöne Frauenhände liebkosen, so umschmeichelte ihn der Beifall der Menge, den er niemals missen mochte, den er brauchte wie die Luft zum Atmen. Das wußte auch die junge Frau, die in der Direktionsloge allein saß – seine, Egon Heymars Frau. Was würde sein, wenn Egon einmal nicht mehr der Liebling des Publikums war, wenn ihn der Beifall nicht mehr Tag für Tag umbrandete? Auch jetzt ging ihr wieder dieser Gedanke durch den Kopf, während sich ihre hellen, klaren Augen an seinem Gesicht festsogen. Ach, sie liebte ihn, liebte ihn mit der ganzen Kraft ihres reichen Herzens; und sie liebte ihn mit all seinen Fehlern und Schwächen. Ihre große Liebe ließ sie durchaus nicht blind gegen diese Fehler sein; sie entschuldigte sie nur immer wieder. All ihre guten Gedanken galten ihm; und ihre ganze Liebe offenbarte sich in ihren großen, seelenvollen Augen. Herrliche Augen besaß die junge Frau. Sie waren von einer seltsamen Leuchtkraft. Das strahlende Lächeln um Egon Heymars Mund vertiefte sich, als er jetzt zu ihr hinsah. Ihr Herz schlug rascher.
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Und Lieb wird ewig sein - Karin Bucha
Karin Bucha Classic
– 54 –
Und Lieb wird ewig sein
Karin Bucha
In rasender Passage lief der Bogen des Geigers über die Saiten und legte damit beredtes Zeugnis von der unerhörten Technik des Künstlers ab. Die Geige klagte und weinte und griff den Zuhörern ans Herz.
In stolzer, freier Haltung stand Egon Heymar auf dem Podium des Konzertsaales. Den Kopf ein wenig zur Seite geneigt, ein Lächeln um den Mund, sich seiner und seines Könnens sehr bewußt – so spielte er sich in die Herzen der hingebungsvoll lauschenden Menschen hinein.
Der letzte Geigenton schwang wie ein unendlich zarter Hauch aus.
Und gleich einem Orkan brauste der Beifall durch den Saal. Egon Heymar wußte, er galt nicht allein seinem meisterhaften Spiel, nicht nur seinem Können – sondern ihm selber, dem Mann!
Seine hohe, schlanke Gestalt neigte sich dankend; der schmale, rassige Künstlerkopf mit den dunklen, leidenschaftlichen Augen wandte sich nach allen Seiten des Parketts. Dann nickte er grüßend hinauf zu den Logen.
Als würden ihn weiche, schöne Frauenhände liebkosen, so umschmeichelte ihn der Beifall der Menge, den er niemals missen mochte, den er brauchte wie die Luft zum Atmen.
Das wußte auch die junge Frau, die in der Direktionsloge allein saß – seine, Egon Heymars Frau. So sehr sein wundervolles Spiel sie auch stets in seinen Bann zog – niemals konnte sie eines quälenden Gedankens Herr werden:
Was würde sein, wenn Egon einmal nicht mehr der Liebling des Publikums war, wenn ihn der Beifall nicht mehr Tag für Tag umbrandete?
Auch jetzt ging ihr wieder dieser Gedanke durch den Kopf, während sich ihre hellen, klaren Augen an seinem Gesicht festsogen. Ach, sie liebte ihn, liebte ihn mit der ganzen Kraft ihres reichen Herzens; und sie liebte ihn mit all seinen Fehlern und Schwächen.
Ihre große Liebe ließ sie durchaus nicht blind gegen diese Fehler sein; sie entschuldigte sie nur immer wieder.
All ihre guten Gedanken galten ihm; und ihre ganze Liebe offenbarte sich in ihren großen, seelenvollen Augen.
Herrliche Augen besaß die junge Frau. Sie waren von einer seltsamen Leuchtkraft.
Das strahlende Lächeln um Egon Heymars Mund vertiefte sich, als er jetzt zu ihr hinsah.
Ihr Herz schlug rascher. Sie neigte etwas den Kopf und grüßte stumm durch einen lächelnden Blick. Dann lehnte sie sich tiefer in den Sessel und schloß die Augen.
Nun würde sie hier in der Loge warten – bis der Beifall gänzlich verstummt war und er Zeit für sie hatte.
Geduld, viel Geduld mußte sie haben, denn es dauerte oft lange, bis er zu ihr kam. Wenn er jedoch dann bei ihr war und sich über sie beugte, wenn seine dunklen Augen tief in die ihren blickten – dann schien es ihr, als sei nur eine Sekunde vergangen
Heute jedoch würde er sofort zu ihr kommen. Das hatte er ihr ganz fest versprochen. Denn heute war ja ihr einjähriger Hochzeitstag. Und den wollten sie allein für sich feiern – ohne Gäste.
Ein ganz klein wenig Schadenfreude empfand sie, daß sie gerade heute – nach diesem überwältigenden Erfolg – den Freunden und Bekannten einen Strich durch die Rechnung machen würden; denn die hatten bestimmt gehofft, von Egon und ihr zu einer Feier eingeladen zu werden.
Gabriele fühlte sich zu keinem von ihnen besonders hingezogen – außer zu Intendant Falkner und dessen Gattin. Sie konnte trotz aller Mühe, die sie sich gab, nicht warm in der Gesellschaft werden, die Egon um sich zu versammeln liebte.
Sie begann wieder zu zweifeln.
»Gabriele, kleine süße Frau, träumst du schon wieder?«
Sie fuhr zusammen. Ihr zartes Gesicht übergoß sich mit glühender Röte.
»Egon«, stammelte sie verwirrt, »so früh kommst du zu mir? So schnell hast du dich freimachen können?«
Dankbarkeit und Freude strahlten aus ihren Augen, und sie streckte ihm beide Hände entgegen, die er an seinen Mund zog.
Sein Blick glitt dabei über ihren Kopf hinweg nach dem Parkett. Dort standen einige Herren und die gefeierte Sängerin Marina Delmont. Unverwandt sahen die Augen der schönen Frau zu ihm herauf. Sein Gesicht nahm einen bedauernden Ausdruck an, als er sich jetzt wieder seiner jungen Frau zuneigte.
»Leider mußt du noch ein wenig auf mich warten, Gabriele.«
»Egon!« Erschrecken und Angst lagen in ihrem Ausruf. »Du hast ihnen doch keine Zusage gegeben, mit ihnen auszugehen?«
»Mach nicht so bange Augen, du kleiner Hasenfuß! Der heutige Abend gehört uns – uns allein. Nur«, er zögerte, richtete sich auf und sprach, in einen entschlossenen Ton verfallend, weiter:
»Ich habe noch eine kleine Besprechung mit einigen Herren. Da es sich um die morgige Probe zu ›Traumland‹ handelt, zu der der Komponist erscheinen wird, mußt du schon Rücksicht nehmen, nicht wahr? Die Unterredung wird außerdem nicht lange dauern.«
Gabriele ließ den Kopf sinken. Wo war die große Freude auf den heutigen Abend geblieben? Und warum klopfte das Herz plötzlich so sehr, daß es sie fast schmerzte?
Um sie aufzuheitern, fuhr er jetzt fort: »Wenn ich dir sage, Gabriele, daß auch Dr. Falkner bei der Besprechung anwesend ist, dann weißt du, daß sie sehr kurz sein wird. Falkner drängt stets auf Eile. – Und nun bist du ganz beruhigt – oder?«
Sie strich zart über seine Hand, die auf der Logenbrüstung lag. »Ja, wenn Dr. Falkner dabei ist – dann ist alles gut.«
Gabriele hing mit schwärmerischer Verehrung an dem Intendanten des Städtischen Opernhauses. Und auch sie war dem gütigen, älteren Mann und dessen Frau ans Herz gewachsen. Wie viele schöne Stunden hatte sie in dem Falknerschen Hause verlebt. Dort war alles heiter, sonnig.
Harmonie!
Weshalb mußte sie gerade jetzt daran denken?
Eine kleine Falte erschien auf ihrer Stirn.
Da hörte sie Egons Stimme. »Mach doch kein so finsteres Gesicht, Gabi, Liebstes. Freust du dich denn nicht über meinen Erfolg?«
Sie hob den Kopf und bemerkte, daß er schon ungeduldig zu werden begann.
»Von ganzem Herzen freue ich mich, Egon«, versicherte sie eifrig. »Du weißt doch, daß niemand so regen Anteil an deiner Arbeit nimmt wie ich. Ich will dir auch niemals hinderlich sein. Aber heute – gerade heute –«
»Herrgott, Gabriele«, unterbrach er sie aufbrausend und mühte sich dabei, seine Stimme leise zu halten. »Sei doch nicht immer so schwerfällig! Das kleine Opfer, eine Stunde zu warten, muß die Frau eines Künstlers mit lachendem Gesicht bringen. Aber dir steht es ja auf der Stirn geschrieben, wie wenig du dazu bereit bist.«
Das war der Ton, der ihr so weh tat und der sie ganz demütig werden ließ. Sie stand langsam auf.
»Ich bin schon wieder vernünftig, Egon. Verzeih mir. Ich hatte mich nur so sehr gefreut.«
Gabriele schaute noch einmal hinunter in das Parkett. In diesem Augenblick winkte Direktor Freudenberg zu ihr herauf. War sie nicht kindisch, war es nicht töricht von ihr, zu glauben, daß nur Marina Delmont auf Egon wartete? Warum eigentlich war sie gegen die berühmte Sängerin so mißtrauisch?
Egon Heymar, der des Direktors Gruß ebenfalls bemerkt hatte, nützte diesen geschickt für sich aus.
»Siehst du, Kind, Freudenberg dauert es zu lange. Er winkt mir schon zu. Ich bringe dich zum Wagen und komme spätestens in einer Stunde nach. Mach es zu Hause noch ein bißchen festlich. Es kann sein, ich bringe noch einen Kollegen mit.«
Sie preßte jetzt fest die Lippen zusammen, sonst hätte sie ihn daran erinnert, daß er ihr eben noch versprochen hatte, heute keine Gäste zu empfangen.
Eine große Niedergeschlagenheit bemächtigte sich ihrer. Sie wollte sich zu einem Lächeln zwingen; aber es blieb nur bei einem schwachen Versuch.
Egon bemerkte es. Zärtlich legte er den Arm um ihre schmalen Schultern.
»So ist es lieb von dir, kleine Frau. Du darfst nur lachen – keine Amtsmiene aufsetzen. Dazu bist du viel zu schön. Also bitte, zeig deine Kunst heute besonders. Ich will doch mit dir glänzen.«
Jetzt lächelte sie tatsächlich.
Meine Sorgen sind völlig unbegründet, wies sie sich zurecht. Egon wird mir den heutigen Abend nicht verderben!
Willig folgte sie ihm zum Wagen, ließ sich küssen und winkte ihm noch einmal zu. Dann ließ sie sich mit einem schwachen Seufzer in die Polster fallen.
Immer ging es ihr so: Nach jedem Konzert, dem sie beiwohnte, trat die Sehnsucht nach ihrem Heim doppelt stark an sie heran.
Sie war wieder ganz ruhig geworden, die kleine Gabriele. Sie gewöhnte sich auch an den Gedanken, heute doch noch eine kleine Gesellschaft im Haus zu haben. Ganz leise hoffte sie, daß man eine Möglichkeit finden würde, das Beisammensein nicht zu lange auszudehnen. Dann würde Egon ihr auch noch eine Stunde ganz allein gehören.
Eine Stunde? Er gehörte ihr ja immer! Ihr allein! Diese Gewißheit ließ sie ihre Enttäuschung restlos überwinden.
Leichtfüßig sprang sie aus dem Wagen, entlohnte den Fahrer und eilte ins Haus.
Zuerst schaute sie in die Küche. Dort wirtschaftete Rosel noch immer herum.
Rosel, die alte treue Seele! In Gabrieles Elternhaus war sie der Mutter schon zur Hand gegangen. Jahrzehntelang. Wie oft hatte sie das Baby Gabriele in den Schlaf gewiegt! An ihrer Seite hatte Gabriele die ersten Gehversuche getan. Beim ersten Schulgang war Rosel ihre Begleiterin gewesen. Später, als sich Freundinnen einstellten, hatte sie ihnen ein kleines Paradies voll Kinderseligkeit geschaffen. Und in Gabrieles Jungmädchenzeit – mit Tanzstunde und Ball, mit Einladungen und Besuchen, konnte keiner außer der Mutter sich über Gabrieles Anmut, über ihre bezaubernde Liebenswürdigkeit so selbstlos freuen wie Rosel.
Dann aber kam der Tag, an dem Egon Heymar in Gabrieles Leben trat. Oh, Rosel würde niemals die Stunde vergessen, in der sie den Geiger zum erstenmal sah. Damals war ein Erschrecken über sie gekommen, das sie sich nicht erklären konnte, denn das Benehmen des Künstlers war ausgesprochen liebenswürdig. Nein, sie hatte wirklich keine Ursache, ihm gegenüber ablehnend zu sein. Aber manchen Äußerungen der Mutter glaubte sie entnehmen zu können, daß auch sie mit Gabrieles Wahl nicht restlos einverstanden war.
Es war zwei Tage vor der Hochzeit gewesen. Da trat sie eines Tages zu Frau Sophie ins Wohnzimmer. Ihrem geröteten Gesicht und ihren unruhigen Augen war anzusehen, daß sie irgend etwas stark beschäftigte.
»Ich möchte Sie etwas fragen, gnädige Frau«, sagte sie ohne Umschweife und so schnell, wie sie sonst niemals sprach.
»Nun frag schon, Rosel.«
»Was mit dem Kind werden soll, möcht’ ich wissen?«
Frau Sophie lächelte. »Gabriele heiratet – was gibt es da weiter zu fragen.«
»Sie heiratet! Eben! Aber man kann sie doch nicht allein lassen!«
»Aber Rosel, sie ist nicht allein. Sie hat ihren Mann.«
Die gute Alte holte tief Luft. Und dann sagte sie etwas, was Frau Sophie sich oft selbst schon gesagt hatte. »Man kann auch dann sehr allein sein, wenn man einen Mann hat, gnädige Frau.«
»Und?«
Rosel seufzte schwer auf. »Ich glaube, es muß jemand auf das Kind aufpassen«, rang sie sich mühsam ab.
Frau Sophie lächelte immer noch, aber jetzt lag ein leiser Schmerz darin. »Du meinst, daß du…«
»Ja, das meine ich! Ich will mit ihr gehen, gnädige Frau. Auf mich können Sie sich verlassen. Kochen und die Wohnung sauberhalten, das kann jede andere Frau auch, dafür finden Sie leicht jemanden! Aber auf das Kind aufpassen, das kann wohl am besten ich.«
Und so war es gekommen, daß Rosel mit in das Heim der jungen Leute übersiedelte. Zu Gabrieles größter Freude – zu ihres Mannes Ärger. Der mochte die alte Frau nicht. Sie war ihm unbequem. Rosel scherte sich nicht darum.
Als Gabriele plötzlich in der Tür stand, blickte Rosel auf und sah sie forschend an. Nanu, da stimmte doch etwas nicht!
»Ich habe alles vorbereitet, gnädige Frau. Ich habe in Ihrem Salon gedeckt.«
Gabriele schüttelte den Kopf. »Wir müssen noch vier weitere Gedecke auflegen, wir erwarten Gäste. Mein Mann kommt mit ihnen etwas später nach Haus.«
Rosel bemühte sich, eine gleichgültige Miene zu zeigen.
»Da möchte ich doch schnell den Tisch im Speisezimmer decken. So etwas, Gäste, und Sie wollten heut’ allein sein!«
Sie verschwand mit Gabrieles Abendmantel. Es war ihr wie ein Stich ins Herz gegangen: Rosels Aufmerksamkeit war es also nicht verborgen geblieben, daß zwischen ihr und Egon heute eine Mißstimmung entstanden war.
In Gabrieles Salon hatte die alte treue Seele