Ein Herz kann man nicht kaufen: Der Bergpfarrer 269 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Endlich Ferien! Mit einem Schwung warf Ilka Jensen die Tasche in die Ecke ihres Arbeitszimmers und stieß hörbar die Luft aus. »Puh! Das wäre geschafft.« Die junge Lehrerin ging in die kleine Küche ihrer Dreizimmerwohnung in der Bremer Innenstadt, und nahm eine Karaffe mit Tee aus dem Kühlschrank, die sie am Morgen hineingestellt hatte. Schwarzer Tee, mit Zitronengras und Ingwer gewürzt. Ilka trank ihn sehr gerne, vor allem, wenn er so schön gekühlt war. Mit einem vollen Glas setzte sie sich auf das Sofa und sah die Liste durch, die sie am Abend zuvor schon teilweise abgehakt hatte. Darauf standen all die Dinge, die sie für ihre Urlaubsreise benötigte. Bis auf die Zahnbürste und einige Kosmetikartikel hatte sie bereits alles zusammen. Den Rest wollte sie heute Nachmittag einkaufen. Ilka sah auf die Uhr. Höchste Zeit, loszugehen. Anja wartete vermutlich schon. Sie warf einen hastigen Blick in den Spiegel und fuhr sich rasch noch einmal durch das kurze blonde Haar. Dann griff sie nach ihrer Handtasche und ignorierte das Klingeln ihres Telefons. Wenn es wichtig war, konnte der Anrufer ja eine Nachricht hinterlassen. Sie hatte jedenfalls keine Zeit mehr. Anja Bonge wartete in ihrem Lieblingsbistro, ein paar Straßen weiter. Vor ihr auf dem Tisch standen eine Flasche Mineralwasser und ein großer bunter Salatteller, mit gebratener Hähnchenbrust und Baguette.
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Buchvorschau
Ein Herz kann man nicht kaufen - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 269 –
Ein Herz kann man nicht kaufen
Was wird aus Ilka und Thomas?
Toni Waidacher
Endlich Ferien! Mit einem Schwung warf Ilka Jensen die Tasche in die Ecke ihres Arbeitszimmers und stieß hörbar die Luft aus.
»Puh! Das wäre geschafft.«
Die junge Lehrerin ging in die kleine Küche ihrer Dreizimmerwohnung in der Bremer Innenstadt, und nahm eine Karaffe mit Tee aus dem Kühlschrank, die sie am Morgen hineingestellt hatte.
Schwarzer Tee, mit Zitronengras und Ingwer gewürzt. Ilka trank ihn sehr gerne, vor allem, wenn er so schön gekühlt war. Mit einem vollen Glas setzte sie sich auf das Sofa und sah die Liste durch, die sie am Abend zuvor schon teilweise abgehakt hatte. Darauf standen all die Dinge, die sie für ihre Urlaubsreise benötigte. Bis auf die Zahnbürste und einige Kosmetikartikel hatte sie bereits alles zusammen. Den Rest wollte sie heute Nachmittag einkaufen.
Ilka sah auf die Uhr. Höchste Zeit, loszugehen. Anja wartete vermutlich schon. Sie warf einen hastigen Blick in den Spiegel und fuhr sich rasch noch einmal durch das kurze blonde Haar. Dann griff sie nach ihrer Handtasche und ignorierte das Klingeln ihres Telefons. Wenn es wichtig war, konnte der Anrufer ja eine Nachricht hinterlassen. Sie hatte jedenfalls keine Zeit mehr.
Anja Bonge wartete in ihrem Lieblingsbistro, ein paar Straßen weiter. Vor ihr auf dem Tisch standen eine Flasche Mineralwasser und ein großer bunter Salatteller, mit gebratener Hähnchenbrust und Baguette.
»Ich nehme das Gleiche«, bestellte Ilka bei der Bedienung, nachdem sie ihre Freundin begrüßt hatte.
»Na, du Glückspilz!«
Anja lächelte.
»Nicht, dass ich neidisch wäre«, sagte sie. »Ich gönne dir deinen Urlaub von Herzen …«
»Aber?«
»Aber ich wäre sehr gerne mitgefahren. Ich liebe die Berge über alles! Und vor allem St. Johann. Grüß mir bloß die Frau Stubler und den Pfarrer Trenker! Und nimm dich vor den Burschen in Acht. Das sind allesamt fesche Kerle, die nichts Besseres im Sinn haben, als den Madeln den Kopf zu verdrehen.«
Ilka hob abwehrend die Hände.
»Da werden sie bei mir kein Glück haben«, erwiderte sie. »Ich will den Urlaub in erster Linie nutzen, um mich zu erholen.«
Anja trank einen Schluck.
»Und zu vergessen, nehme ich an«, sagte sie ernst.
Genauso ernst nickte die junge Lehrerin. Ja, dem Vergessen sollte dieser Urlaub auch dienen. Abstand wollte sie gewinnen, von Joachim Jäger, diesem gut aussehenden Mann, der ihr den Kopf verdreht hatte, mit seinen Liebesschwüren.
Liebe am Arbeitsplatz – niemals würde das für sie infrage kommen, das hatte Ilka immer behauptet. Und dann war es doch geschehen. Der Kollege hatte gleich an ihrem ersten Arbeitstag an der neuen Schule mit ihr geflirtet, und viel zu schnell war sie seinem Charme erlegen. Ganz bestimmt wäre mehr daraus geworden, wäre Ilka nicht rechtzeitig dahintergekommen, dass Joachim seine Gunst nicht nur ihr schenkte. Sie hatte die Beziehung genauso schnell wieder beendet, wie sie begonnen hatte.
Außerdem hatte Ilka bei der Schulbehörde einen Versetzungsantrag stellen wollen, doch da war Joachim Jäger ihr zuvorgekommen und hatte seinerseits die Schule verlassen. Wenn die Gerüchte stimmten, dann arbeitete er jetzt an einer deutschen Schule in Kairo.
Indes war es Ilka nicht so gleichgültig, wie sie es gerne gehabt hätte. Noch lange Zeit sollte Joachim ihr nicht aus dem Kopf gehen – aus dem Herzen schon gar nicht.
Anja Bonge war ihre beste Freundin. Sie kannten sich seit ewigen Zeiten, sie hatte ihr den Tipp mit dem Urlaub in den Wachnertaler Alpen gegeben. Als Kind war Anja oft mit den Eltern nach St. Johann gefahren, eine herrliche Zeit war es gewesen, an die sie sich heute noch gerne erinnert.
Als junge Frau hatte sie es erst einmal geschafft, ihre Ferien wieder dort zu verbringen. Wie früher, bei den Urlauben mit den Eltern, war die Journalistin in der Pension Stubler abgestiegen, die sie nun Ilka ans Herz gelegt hatte. Anjas Karriere hatte bei einer kleinen Zeitung begonnen, jetzt arbeitete sie beim Fernsehen, und das war auch der Grund, warum sie die Freundin nicht begleiten konnte. Ihr nächster Urlaub stand erst in einigen Wochen an – wenn sich nicht noch etwas daran änderte, was bei den aktuellen politischen Ereignissen durchaus der Fall sein konnte.
»Ja, ich beneide dich«, gab Anja ganz offen zu. »Aber ich wünsche dir einen wunderschönen Urlaub, mit ganz viel Sonnenschein und guter Laune.«
Lächelnd prosteten die Freundinnen sich zu.
Nach dem Essen machten sie ihren Einkaufsbummel. Ilka besorgte sich noch die letzten Sachen für die Fahrt, und den Abend verbrachten die Freundinnen bei Rotwein, Käse und einem Liebesfilm auf DVD.
Ilka startete am nächsten Morgen fröhlich und in aller Herrgottsfrühe in die wohlverdienten Ferien.
*
Sebastian Trenker wanderte von der Nonnenhöhe zum Geißenpass und stieg über den alten Pilgerpfad zur Hirschkopfalm hinauf. Neben der Kandereralm war hier die zweite von einstmals sechs Sennereien im Wachnertal übrig geblieben, bis auch sie vor sechs Jahren aufgegeben wurde. Es lohne nicht mehr, hatte der damalige Besitzer gemeint und die Alm samt Hütte verkauft. Allerdings hatte sich der neue Besitzer hier nie blicken lassen. Von ihm wusste nicht einmal der Berghahnbauer den Namen, weil der Verkauf seinerzeit über einen Münchner Makler abgewickelt wurde.
Dem guten Hirten von St. Johann gefiel dies ganz und gar nicht, und er versuchte den Besitzer der Alm ausfindig zu machen. Leider war der Makler inzwischen verstorben, die Firma erloschen, und Unterlagen über die getätigten Geschäfte gab es nicht mehr. Immerhin konnte Sebastian anhand der Grundbucheintragung feststellen, dass eine Allgäuer Immobilienfirma als Besitzer beim Katasteramt registriert war. Daraufhin war er nach Kempten gefahren, um mit den Leuten zu sprechen und in Erfahrung zu bringen, was mit der Alm geschehen soll.
Indes bereitete man dem Bergpfarrer einen frostigen Empfang, und zu einem der Inhaber wurde er gar nicht erst vorgelassen.
Seither ließ es sich der Geistliche aber nicht nehmen, immer wieder mal zur Hirschkopfalm hinaufzuwandern und nachzusehen, ob sich dort vielleicht nicht doch etwas tat.
Bisher allerdings ohne irgendein Resultat.
Sebastian setzte sich auf einen abgesägten Baumstumpf und aß seine Brotzeit, die Sophie Tappert ihm wie immer überreichlich mitgegeben hatte. Dazu trank er heißen Kaffee aus der Thermoskanne. Dabei schaute er nachdenklich zur Hütte hinüber. Dort war die jahrelange Vernachlässigung deutlich zu sehen. Das Holz, ohnehin schon von Wind und Wetter gegerbt, war ohne Pflege hier oben den eisigen Winden des Winters ausgesetzt. Schnee und Hagel setzten ihm zu, und im Frühjahr kam niemand herauf, um nach der Hütte zu sehen. Die Eingangstür war mit Brettern vernagelt, und die Fenster, deren Scheiben zum Teil zerbrochen waren, wirkten wie leere Augen.
Sebastian fragte sich, wie lange es wohl noch dauern würde, bis die Hütte ganz in sich zusammenfiel.
Lange konnte es eigentlich kaum noch dauern. Mehr aus reiner Gewohnheit, denn aus Neugier, spazierte der Bergpfarrer nach dem Essen hinter die vom Zusammenbruch bedrohte Terrasse und von dort weiter zur Rückseite. Dort befand sich nicht nur eine weitere Tür, die schief in den Angeln hing, sondern auch der Eingang zum ehemaligen Reifelager der Sennerei.
Gerade wollte Sebastian an der Tür vorübergehen, als er stutzte.
Im Gegensatz zu seinem letzten Besuch hing sie nicht mehr in den Angeln, sondern war fachgerecht instand gesetzt worden und mit einem neuen