Der Bergpfarrer 275 – Heimatroman: Ich lass mein Glück nie mehr los
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. In Spannungsreihen wie "Irrlicht" und "Gaslicht" erzählt er von überrealen Phänomenen, markiert er als Suchender Diesseits und Jenseits mit bewundernswerter Eleganz.
Sebastian Trenker packte die Reste seines Frühstücks zusammen und lehnte sich behaglich an den Felsen zurück. Das sonnengebräunte Gesicht des Geistlichen drückte Zufriedenheit aus. Tief atmete er durch und ließ seinen Blick schweifen. Es hatte lange gedauert, bis Sebastian, den man schmunzelnd den "Bergpfarrer" nannte, wieder einmal eine seiner geliebten Touren unternehmen konnte. Die Amtsgeschäfte und etliche Ereignisse, die seinen Einsatz erforderten, hatten den guten Hirten von St. Johann davon abgehalten, seiner Leidenschaft zu frönen. In aller Frühe war er aufgebrochen. Sein Ziel war die Kandereralm, die er bis zum Mittag erreichen wollte. Franz Thurecker, der die Almwirtschaft betrieb, war nicht nur ein liebenswerter Zeitgenosse, er verstand sich auch darauf, einen Bergkäse zu machen, nach dem man sich die Finger leckte. Sebastian setzte seinen Hut wieder auf, schnallte den Rucksack um und wanderte weiter. Kein Mensch begegnete ihm zu dieser frühen Stunde. Ganz allein mit sich und dem lieben Gott war er in der Majestätschen Bergwelt unterwegs. Rechts grüßten die Zwillingsgipfel "Himmelsspitz" und "Wintermaid", auf der anderen Seite der "Kogler". Der einsame Wanderer liebte diese Stunden der Besinnung. Hier konnte er in aller Ruhe über die Probleme nachdenken, mit denen er immer wieder konfrontiert wurde, und Lösungen finden, die oft verblüffend und unkonventionell waren. Heute morgen allerdings war die Welt in Ordnung, und von den kleinen Katastrophen, die das Leben bestimmten, nichts zu merken. Kurz vor Mittag hatte der Seelsorger sein Ziel erreicht.
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Buchvorschau
Der Bergpfarrer 275 – Heimatroman - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 275 –
Ich lass mein Glück nie mehr los
Es lohnt sich, um die Liebe zu kämpfen
Toni Waidacher
Sebastian Trenker packte die Reste seines Frühstücks zusammen und lehnte sich behaglich an den Felsen zurück. Das sonnengebräunte Gesicht des Geistlichen drückte Zufriedenheit aus. Tief atmete er durch und ließ seinen Blick schweifen. Es hatte lange gedauert, bis Sebastian, den man schmunzelnd den »Bergpfarrer« nannte, wieder einmal eine seiner geliebten Touren unternehmen konnte. Die Amtsgeschäfte und etliche Ereignisse, die seinen Einsatz erforderten, hatten den guten Hirten von St. Johann davon abgehalten, seiner Leidenschaft zu frönen.
In aller Frühe war er aufgebrochen. Sein Ziel war die Kandereralm, die er bis zum Mittag erreichen wollte.
Franz Thurecker, der die Almwirtschaft betrieb, war nicht nur ein liebenswerter Zeitgenosse, er verstand sich auch darauf, einen Bergkäse zu machen, nach dem man sich die Finger leckte.
Sebastian setzte seinen Hut wieder auf, schnallte den Rucksack um und wanderte weiter. Kein Mensch begegnete ihm zu dieser frühen Stunde. Ganz allein mit sich und dem lieben Gott war er in der Majestätschen Bergwelt unterwegs. Rechts grüßten die Zwillingsgipfel »Himmelsspitz« und »Wintermaid«, auf der anderen Seite der »Kogler«. Der einsame Wanderer liebte diese Stunden der Besinnung. Hier konnte er in aller Ruhe über die Probleme nachdenken, mit denen er immer wieder konfrontiert wurde, und Lösungen finden, die oft verblüffend und unkonventionell waren.
Heute morgen allerdings war die Welt in Ordnung, und von den kleinen Katastrophen, die das Leben bestimmten, nichts zu merken.
Kurz vor Mittag hatte der Seelsorger sein Ziel erreicht. Inzwischen hatten sich auch andere Wanderer auf der Alm eingefunden. Touristen, die von Engelsbach aus, das auf der anderen Seite lag, heraufkamen. Etliche Bänke auf der Terrasse waren besetzt, und Franz lief geschäftig zwischen der Küche und den Gästen hin und her.
Pfarrer Trenker hatte den Rucksack abgeschnallt, Hut und Jacke abgelegt und krempelte die Ärmel hoch.
»Grüß dich, Franz«, rief er dem Senner zu. »Wie ich seh’, komm’ ich gerad’ zur rechten Zeit.«
Sekunden später stand der Geistliche hinter dem Tresen, zapfte Bier, schenkte Wein und Apfelschorle ein und mixte »Radler«, das beliebte Mischgetränk aus Bier und Limonade. Franz schleppte indes große Terrinen aus der Küche. Meistens lebte und arbeitete er alleine hier oben, nur manchmal, wenn ein besonders großer Ansturm von Touristen zu erwarten war, hatte er eine Hilfskraft aus dem Dorf. Aus diesem Grund hatte er sich angewöhnt, nur noch ein warmes Gericht anzubieten. Manchmal ein Geschnetzeltes, oder ein Kartoffelgulasch. Oft auch einen deftigen Eintopf, wie heute. Wenn jemand sich damit absolut nicht abfinden wollte, konnte er immer noch eine Brotzeit bekommen. Doch die meisten Gäste wählten das Tagesgericht, was Franz’ Arbeit erleichterte.
Sebastian hatte gerade die letzte Bestellung fertig, als eine ältere Dame ihren Kopf zur Tür hereinsteckte.
»Herr Ober, wo bleiben denn unsere Getränke?« rief sie, ein wenig ungehalten.
Der Geistliche setzte ein charmantes Lächeln auf. »Sind schon fertig. Ich bring’ sie Ihnen sofort.« Gekonnt balancierte er das volle Tablett nach draußen.
»Das wurde aber auch Zeit«, kommentierte die Dame.
Ihre Augen blitzten ärgerlich, als Sebastian das Glas vor ihr abstellte.
»Wir geben uns die größte Mühe«, sagte er. »Aber manchmal geht’s leider net schneller. Ich hoff’, daß es Ihnen trotz der kleinen Wartezeit schmecken wird.«
Franz Thurecker, der am Nachbartisch die Suppe servierte, hatte dem Gespräch zugehört. Er schüttelte den Kopf. Es war doch einfach unglaublich – net einmal im Urlaub brachten die Leut’ ein bissl Zeit mit. Der Senner begrüßte Sebastian.
»Hochwürden, das war Rettung in höchster Not«, sagte er und reichte ihm die Hand. »Vielen Dank, für Ihre Hilfe. Jetzt lassen S’ uns aber auch erstmal was trinken.«
Er verschwand in der Hütte.
Die ungeduldige Dame am Tisch lief dunkelrot an, als sie hörte, wer sie da bediente. Sie hatte gerade etwas getrunken und verschluckte sich. Ihr Begleiter mußte ihr kräftig auf den Rücken klopfen, damit sie wieder Luft bekam.
Wie peinlich, dachte sie, ich konnte doch nicht wissen, daß der Mann Pfarrer ist… Da kommt man doch nicht darauf, schon gar nicht, wenn der so aussieht!
Sie schaute Sebastian verlegen an.
»Es… es tut mir sehr leid, Hochwürden«, sagte sie.
Der Bergpfarrer lachte.
»Schon gut«, erwiderte er verständnisvoll. »Wenn der Durst so groß ist, kann man schon mal die Geduld verlieren. Aber es hat sich wieder einmal bewiesen, daß man sich net vom äußeren Anschein blenden lassen darf. Was in einer Hülle steckt, sieht man erst, wenn man sie öffnet. Ich wünsch’ Ihnen und Ihrem Begleiter noch einen schönen Tag, und wenn S’ mal zufällig in St. Johann sind, dann schau’n S’ sich mal meine Kirche an. Ein Besuch lohnt immer.«
»Das werden wir«, versprach der Mann, der neben der Frau saß und von der Geschichte ebenfalls peinlich berührt war.
Franz Thurecker stand in der offenen Tür und hatte der Unterhaltung mit einem Kopfschütteln beigewohnt.
Als Sebastian hinter ihm die Hütte betrat, standen schon zwei Gläser eiskalter Milch auf dem Tisch.
»Ah, das tut gut«, freute sich der Geistliche und leerte sein Glas auf einen Zug.
Sie warteten, bis die anderen Gäste gegangen waren, dann setzten sie sich gemütlich nach draußen und ließen sich den Eintopf aus Rindfleisch, Graupen und Gemüsen ebenfalls schmecken.
*
Auf dem Rückweg lag ein gutes Stück Bergkäse in Sebastians Rucksack. Max und Frau Tappert würden sich darüber freuen.
Für den Weg zurück, nach St. Johann, hatte Sebastian eine andere Tour gewählt. Sie führte am Ende ein Stück durch den Bergwald und am Hof des Anstetterbauern vorbei. Wolfgang Anstetter und seine Frau Erika bewirtschafteten ihn in der dritten Generation, und Tobias, der älteste Sohn, würde diese Tradition einmal fortführen.
Markus Anstetter, der Zweitgeborene, hatte einen anderen Weg eingeschlagen. Der studierte Bauingenieur arbeitete für ein international tätiges Unternehmen. Die meiste Zeit verbrachte er im Ausland und kam nur für ganz wenige Wochen im Jahr nach Hause.
Dann lebte noch Vroni Behringer auf dem Hof. Ein Waisenkind mit einem tragischen Schicksal. Die Mutter starb bei der Geburt ihrer Tochter, der Vater, ein Waldarbeiter, verunglückte, als Vroni drei Jahre alt war, tödlich. Sebastian kümmerte sich um die kleine Waise und vermittelte ihr eine Pflegestelle auf dem Anstetterhof. So entging das Madel dem Schicksal vieler Waisen, in einem Heim aufwachsen zu müssen, und Erika Anstetter, die sich immer eine Tochter gewünscht hatte, sorgte aufopferungsvoll für die Kleine. Als wäre Vroni das eigene Kind, wuchs sie in einer liebevollen Umgebung auf, und ihre beiden »Brüder« überboten sich darin, der kleinen Schwester jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
Inzwischen war aus dem Madel eine hübsche, junge