Der Bergpfarrer 397 – Heimatroman: Schicksalhafte Begegnung
Von Toni Waidacher
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Ein strahlendes Lächeln glitt über Ria Stublers Gesicht, als sie die junge Frau vor sich stehen sah. "Anna! Ach, wie schön!" Anna Berthold lächelte ebenfalls. "Grüß Gott, Ria", sagte sie. "Ich freue mich auch, dich zu sehen." Die beiden Frauen umarmten sich, dann zog die Pensionswirtin die Jüngere in ihre kleine private Küche. "Wo dein Zimmer ist, weißt du ja", meinte Ria. "Lass uns erst mal Kaffee trinken und ein bissel plaudern.
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Buchvorschau
Der Bergpfarrer 397 – Heimatroman - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer –397–
Schicksalhafte Begegnung
Wie wär´s mit einem zweiten Versuch?
Roman von Toni Waidacher
Ein strahlendes Lächeln glitt über Ria Stublers Gesicht, als sie die junge Frau vor sich stehen sah. »Anna! Ach, wie schön!«
Anna Berthold lächelte ebenfalls. »Grüß Gott, Ria«, sagte sie. »Ich freue mich auch, dich zu sehen.«
Die beiden Frauen umarmten sich, dann zog die Pensionswirtin die Jüngere in ihre kleine private Küche.
»Wo dein Zimmer ist, weißt du ja«, meinte Ria. »Lass uns erst mal Kaffee trinken und ein bissel plaudern.«
Auf dem Tisch standen zwei Gedecke und eine Platte mit einem Rührkuchen darauf, der dick mit Puderzucker bestreut war. Anna setzte sich, und Ria nahm die Kanne vom Schrank, um einzuschenken. Die Wirtin der Pension Stubler hielt nicht viel von Kaffeemaschinen und Automaten, obgleich sie mehrere Systeme ausprobiert hatte, war sie doch wieder zum altmodischen Brühen von Hand zurückgekehrt – und man schmeckte den Unterschied.
»Nun erzähl doch mal, wie ist es dir in dem Jahr ergangen? Was macht das Studium? Wie geht’s deinen Eltern?«
Anna schmunzelte. »Fangen wir hinten an«, entgegnete sie, »meinen Eltern geht es gut, das Studium – so lala, und sonst …« Sie zuckte die Schultern.
Ria ahnte, was im Kopf der Studentin vorging, sie hütete sich aber, das Thema anzusprechen. Zu ihrem Erstaunen tat es Anna selbst.
»Hast du was …« Anna räusperte sich. »Hast du mal was von ihm gehört?«
Die Wirtin schüttelte den Kopf. »Net mehr, als du vermutlich auch. Nur das, was in den Zeitungen und Illustrierten gestanden ist – dass er sich auf eine einsame Insel geflüchtet hat, um dem Rummel um seine Person zu entkommen.«
Die Studentin nickte. In der ersten Zeit waren die Spekulationen um Thomas Duval nicht abgerissen, doch nach und nach verstummten sie und machten neuen Sensationen Platz.
»Hier hat sich ja auch einiges ereignet«, meinte Anna. »Hat Pfarrer Trenker denn die Entführung heil überstanden?«
»Zum Glück ja«, antwortete Ria. »Wir haben ja alle nix davon gewusst, es musste ja geheim bleiben, um Hochwürdens Leben net zu gefährden. Erst hinterher haben wir erfahren, was da Schreckliches geschehen war.«
Bis ins ferne Frankfurt war die Nachricht von der Entführung des guten Hirten von St. Johann gedrungen und hatte dort noch im Nachhinein für Entsetzen gesorgt.
Während ihres Urlaubs im letzten Jahr hatte Anna Berthold den Bergpfarrer kennengelernt und mit ihm eine Tour auf die Kandereralm unternommen. Sie nahm sich vor, dem Geistlichen so bald wie möglich einen Besuch abzustatten.
Kurze Zeit später stieg die Frankfurterin die Stiege hinauf, in den ersten Stock. Anna freute sich, dasselbe Zimmer bekommen zu haben, wie vor fast genau einem Jahr. Als sie vor ihrer Zimmertür stand und aufsperrte, fiel ihr Blick unwillkürlich auf die Tür vom Nachbarzimmer daneben, und wie eine Sturzflut kamen die Erinnerungen.
Anna schloss unwillkürlich die Augen, als sie an die Melodie dachte, die sie damals so verzaubert hatte.
Beethoven – aus den Violinkonzert-Romanzen, nie hatte die Studentin, die selbst ein großer Klassikfan war und eine große Sammlung besaß, eine schönere Interpretation gehört. Und sie fragte sich, wer da hinter dieser Tür wohnte und offenbar denselben Musikgeschmack hatte, wie sie selbst. Erst später sollte sie die ganze tragische Wahrheit erfahren …
Nachdem sie sich eingerichtet hatte, machte Anna sich auf den Weg zum Pfarrhaus. Allerdings ließ sie sich Zeit dabei und genoss das Wiedersehen mit dem Dorf, das sie schon bei ihrem ersten Besuch begeistert hatte. Und doch war ein wenig Wehmut dabei, als die Studentin durch die Straßen ging; Straßen, die sie zusammen mit Thomas gegangen war.
Die Tür des Pfarrhauses wurde geöffnet, gleich nachdem Anna geklingelt hatte. Sie lächelte strahlend, als der Geistliche sie anschaute, einen kurzen Moment stutzte und dann freudig die Hände ausbreitete.
»Ja, ist’s denn zu fassen?«, rief Pfarrer Trenker. »Die Anna!«
»Grüß Gott, Hochwürden. Ich hoffe, ich störe nicht …?«
Sebastian schüttelte den Kopf. »Keineswegs. Komm nur herein.«
Sie schüttelten sich die Hände, und der Bergpfarrer führte die Besucherin auf die Terrasse des Pfarrgartens.
»Den Weg kennst’ ja. Ich sag rasch der Frau Tappert Bescheid. Was magst’ denn trinken, Kaffee oder Saft?«
»Lieber etwas Kaltes«, antwortete die Studentin, »Kaffee gab es schon bei Ria.«
Sie durchquerte den Flur und das Wohnzimmer und ging durch die offenstehende Terrassentür. Anna erinnerte sich noch gut an ihren ersten Besuch, vor einem Jahr. Da hatten sie auf der Terrasse gesessen, Kaffee getrunken und über die Bergtour gesprochen, zu der Pfarrer Trenker sie eingeladen hatte …
Da war sie ihm zum ersten Mal begegnet, dem geheimnisvollen Mann, der in der Pension Stubler im Zimmer neben ihrem wohnte und diese wunderbare Musik hörte.
»Ach, das ist ja schön, dass Sie wieder bei uns sind«, freute sich Sophie Tappert. Die Haushälterin stellte das Tablett mit der Saftkaraffe und den Gläsern ab und begrüßte die Studentin. »Wie geht’s Ihnen?«
Anna nickte. »Danke, gut! Ihnen hoffentlich auch!«, sie freute sich aufrichtig, die patente Frau wiederzusehen, die nicht nur eine perfekte Haushälterin war, sondern darüber hinaus eine erstklassige Köchin, mit einem schier unerschöpflichem Repertoire an leckeren Rezepten.
Sebastian kam ebenfalls heraus und setzte sich zu ihr. Anna trank von dem köstlichen Saft, den Sophie Tappert aus den Beeren gemacht hatte, die so üppig im Pfarrgarten wuchsen. Auch in diesem Jahr schien es wieder eine gute Ernte zu geben, wie die dicht behängten Sträucher bewiesen.
»Tja, ich musste einfach wieder herkommen«, erzählte die Studentin, »das Wachnertal ist eben zu schön!«
Sebastian schmunzelte. »Und wie ist’s dir in dem Jahr ergangen?«, erkundigte er sich.
»Gut«, nickte sie und erzählte von daheim, den Eltern, ihrem Studium, das im nächsten Jahr beendet sein würde.
Im letzten Jahr hatte Annas Patentante Irene ihr den Urlaub spendiert, diesmal hatte Anna sich das Geld selbst verdient, indem sie in einer Kneipe, im Frankfurter Westend, gejobbt und den Verdienst auf die hohe Kante gelegt hatte.
Der Bergpfarrer beugte sich vor und schaute sie fragend an. »Und sonst …? Hast’ was von ihm gehört?«
Anna Berthold schüttelte den Kopf. »Nur das, was ohnehin über ihn erzählt wird.«
Sebastian nickte verstehend. »Er braucht wohl seine Zeit, um ins Leben zurückzufinden«, sagte er leise.
*
»Guten Tag«, sagte der große junge Mann freundlich und lächelte die Wirtin an. »Bergmann, Jonas Bergmann, ich habe ein Zimmer bei Ihnen reserviert.«
Ria Stubler nickte. »Aus Frankfurt«, bemerkte sie und griff nach dem Zimmerschlüssel, der an dem Brett hinter der kleinen Rezeption hing. »Ich hab das Zimmer Nummer 14 für Sie reserviert, im ersten Stock.« Sie ging voran und schloss auf.
Jonas, Mitte Zwanzig, folgte ihr. Er hatte abgelehnt, als die Pensionswirtin seine Reisetasche tragen wollte.
»Lassen Sie nur«, meinte er lächelnd. »Für Sie ist die Tasche doch viel zu schwer.«
Jonas Bergmann, der an einer Schule in Neu-Isenburg Sport und Deutsch unterrichtete, war leichtfüßig hinter Ria die Treppe hinaufgestiegen. Ohne außer Atem gekommen zu sein, stellte er die Tasche ab und schaute sich neugierig um. Die Unterkunft entsprach genau seinen Erwartungen: Karierte Vorhänge an den Fenstern, Bilder mit Motiven aus dem Leben der Bergbauern an den Wänden, viel Holz und bemalte Schränke und Kommoden. »Wunderbar«, nickte der Lehrer zufrieden.
»Freut mich, dass es Ihnen gefällt.« Ria erklärte noch, zu welchen Zeiten das Frühstück serviert wurde, und dass der Zimmerschlüssel auch für die Haustür passe, falls es abends mal spät werden, und bereits abgesperrt sein sollte.
»Haben Sie viele Gäste?«, erkundigte