Wieviel Erde braucht der Mensch?: Die Erzählung über die Gier des materiellen Besitztums von Lew Tolstoi
Von Leo Tolstoy und Alexander Eliasberg
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Über dieses E-Book
Zur Handlung: Der Bauer Pachom kauft ein Stück Land und wird Gutsbesitzer. Er ist "stolz und glücklich". Doch sein Sinn für Eigentum ist geweckt. Mit seinen Grundstücksnachbarn verfeindet er sich wegen kleiner Flurschäden, die ihnen an seinen Feldgrenzen unterlaufen. Er wird auch bestohlen. Den Dieb kann er nicht überführen, seine Klage wird abgewiesen. "Nun war Pachom mit den Richtern und den Nachbarn verzankt. Die Bauern drohten ihm mit dem roten Hahn. So hatte Pachom zwar auf seinem Grund und Boden genügend Raum, doch in der Gemeinde wurde es ihm zu eng." Erde ist ein mit vielen Symbolen überfrachteter Begriff. Hier steht er nicht nur für Landbesitz, sondern für materiellen Besitz überhaupt.
Lew Tolstoi, deutsch häufig auch Leo Tolstoi (1828 - 1910), war ein russischer Schriftsteller. Seine Hauptwerke Krieg und Frieden und Anna Karenina sind Klassiker des realistischen Romans.
Leo Tolstoy
Leo Tolstoy (1828-1910) is the author of War and Peace, Anna Karenina, The Death of Ivan Ilyich, Family Happiness, and other classics of Russian literature.
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Buchvorschau
Wieviel Erde braucht der Mensch? - Leo Tolstoy
Leo Tolstoi
Wieviel Erde braucht der Mensch?
Die Erzählung über die Gier des materiellen Besitztums von Lew Tolstoi
Übersetzer: Alexander Eliasberg
e-artnow, 2014
ISBN 978-80-268-2295-0
Inhaltsverzeichnis
Wieviel Erde braucht der Mensch?
Patriotismus oder Frieden?
Zur Frage von der Freiheit des Willens.
Wieviel Erde braucht der Mensch?
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
Die ältere Schwester aus der Stadt besuchte ihre jüngere Schwester auf dem Dorfe. Die ältere war mit einem Kaufmann in der Stadt verheiratet und die jüngere mit einem Bauern im Dorfe. Die Schwestern tranken Tee und unterhielten sich. Die ältere Schwester begann zu prahlen und ihr Leben in der Stadt zu rühmen: wie geräumig und wie reinlich sie in der Stadt wohne, wie schön sie sich kleide und ihre Kinder putze, wie gut sie esse und trinke, und wie sie Spazierfahrten und Vergnügungen mitmache und Theatervorstellungen besuche.
Die jüngere Schwester fühlte sich dadurch verletzt, und sie begann das Kaufmannsleben herabzusetzen und ihr eigenes Bauernleben zu rühmen.
»Ich würde um nichts in der Welt«, so sagte sie, »mein Leben mit dem deinigen vertauschen. Es ist wahr, daß wir nicht besonders schön wohnen, dafür kennen wir auch keine Sorgen. Ihr lebt allerdings schöner und sauberer, dafür könnt ihr heute viel Geld verdienen, morgen aber alles verlieren. Es gibt auch ein Sprichwort: Der Verlust ist der ältere Bruder des Gewinns. Es kommt ja wirklich vor, daß jemand heute reich ist und morgen betteln geht. Unser Bauernleben ist viel sicherer: das Leben des Bauern ist karg, doch lang. Reich werden wir nie, dafür aber haben wir immer satt zu essen!«
Darauf entgegnete die ältere Schwester:
»Das ist mir ein schönes Essen: aus einem Trog mit den Schweinen und Kälbern! Ihr lebt im Schmutz und ohne Manieren. Wie sehr sich dein Bauer auch abmüht, ihr werdet doch nicht anders als auf dem Misthaufen leben und auch auf dem Misthaufen sterben. Und euren Kindern wird es nicht anders gehen.«
»Was macht denn das?« erwiderte die Jüngere. »Unser Leben ist einmal so. Dafür leben wir sicher, brauchen uns vor niemand zu bücken und fürchten niemand. Ihr lebt aber in der Stadt in ständiger Anfechtung; heute lebt ihr gut, und morgen kommt der Böse und verführt deinen Mann zum Kartenspiel oder zum Trunk oder gar zu einer Liebschaft. Und dann ist alles hin. Kommt das etwa nicht vor?«
Der Bauer Pachom lag auf dem Ofen und hörte dem Gespräch der beiden Frauen zu.
›Es ist ja alles wahr‹, sagte er sich. ›Unsereiner hat von Kind auf mit der Erde zu schaffen, und daher kommen ihm solche Narrheiten nie in den Sinn. Eines ist nur traurig: wir haben zu wenig Land! Wenn ich genug Land hätte, so fürchtete ich niemand, nicht einmal den Teufel!‹
Die Weiber tranken ihren Tee aus, schwatzten noch von Putz und Kleidern, räumten das Geschirr weg und legten sich schlafen.
Der Teufel hatte aber hinter dem Ofen gesessen und alles gehört. Er freute sich, daß die Bäuerin ihren Mann zum Prahlen verleitet hatte: er prahlte ja, wenn er genug Land hätte, so würde ihn auch der Teufel nicht holen können. ›Es ist gut,‹ sagte sich der Teufel, ›wir wollen sehen: ich will dir viel Land geben und dich