Musik liegt in der Luft: Der Bergpfarrer 203 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
»Hast du schon gelesen, was heut' in der Zeitung steht?« Aufgeregt stürmte Max Trenker in den Garten des Pfarrhauses, wo sein Bruder am Tisch saß und mit einigen Unterlagen beschäftigt war. Es war ein wunderschöner Vormittag, die Sonne schien, und am hellblauen Himmel tummelten sich hübsche weiße Schäfchenwolken. Die Blumen im Garten leuchteten in den herrlichsten Farben. Weißer Rittersporn wetteiferte in seiner Pracht mit violetten und zartrosafarbenen Gladiolen. Es war ein herrlicher Anblick, der zu Entspannung und Erholung einlud.Sebastian Trenker, der Pfarrer von St. Johann, blickte von seinen Unterlagen auf und den Max, seines Zeichens Polizeibeamter, an. »Leider bin ich heut' noch net dazu gekommen, die Zeitung zu lesen. Ist denn was passiert?»Was heißt passiert?« Max setzte sich zu seinem Bruder an den Gartentisch. »Es steht lediglich zu befürchten, dass es jetzt bald vorbei sein wird mit der schönen Ruhe in St. Johann.»So? Und wieso das?»Du weißt doch, dass vor etwa einem Monat jemand in das Haus der alten Wieshammr-Rosi gezogen ist, net wahr?»Natürlich weiß ich das. Das Haus hat ja lang genug leer gestanden. Und?
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Buchvorschau
Musik liegt in der Luft - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 203 –
Musik liegt in der Luft
Fabian sorgt für Trubel in St. Johann
Toni Waidacher
»Hast du schon gelesen, was heut’ in der Zeitung steht?« Aufgeregt stürmte Max Trenker in den Garten des Pfarrhauses, wo sein Bruder am Tisch saß und mit einigen Unterlagen beschäftigt war. Es war ein wunderschöner Vormittag, die Sonne schien, und am hellblauen Himmel tummelten sich hübsche weiße Schäfchenwolken. Die Blumen im Garten leuchteten in den herrlichsten Farben. Weißer Rittersporn wetteiferte in seiner Pracht mit violetten und zartrosafarbenen Gladiolen. Es war ein herrlicher Anblick, der zu Entspannung und Erholung einlud.
Sebastian Trenker, der Pfarrer von St. Johann, blickte von seinen Unterlagen auf und den Max, seines Zeichens Polizeibeamter, an. »Leider bin ich heut’ noch net dazu gekommen, die Zeitung zu lesen. Ist denn was passiert?«
»Was heißt passiert?« Max setzte sich zu seinem Bruder an den Gartentisch. »Es steht lediglich zu befürchten, dass es jetzt bald vorbei sein wird mit der schönen Ruhe in St. Johann.«
»So? Und wieso das?«
»Du weißt doch, dass vor etwa einem Monat jemand in das Haus der alten Wieshammr-Rosi gezogen ist, net wahr?«
»Natürlich weiß ich das. Das Haus hat ja lang genug leer gestanden. Und?«
»Und du weißt doch auch, dass diesen neuen Bewohner hier noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat. Keiner weiß, wer dieser Unbekannte ist.«
Sebastian nickte. Das Haus, von dem sein Bruder sprach, befand sich etwas außerhalb von St. Johann, ganz in der Nähe vom Hof, der von Leonie und Andreas Lessing bewirtschaftet wurde. Dort hatte bis zu ihrem Tod die Rosi Wieshammr gelebt, die früher einmal einen kleinen Einkaufsladen in St. Johann betrieben hatte. Nachdem sie vor etwa einem Jahr gestorben war, hatte das Haus erst einmal leergestanden. Ihre Tochter, die das Anwesen geerbt hatte und die in der Stadt lebte, hatte sich zunächst erfolglos um einen Käufer bemüht.
Gefunden hatte sie dann schließlich doch noch jemanden, und so war das Haus seit kurzer Zeit wieder bewohnt. Seltsam an der Sache war nur, dass diesen Bewohner bislang noch niemand in St. Johann zu sehen bekommen hatte. Nach einer kompletten Rundum-Renovierung war der neue Besitzer, wie es schien, in einer Nacht- und Nebelaktion eingezogen, und seither hatte er sich nirgendwo blicken lassen. Mit ihm zusammen wohnte eine Haushälterin dort, die er mitgebracht hatte und die demnach nicht aus der Gegend stammte. Sie kümmerte sich um Einkäufe und all die anderen Dinge, die erledigt werden mussten.
»Und du hast jetzt mehr über den Unbekannten herausgefunden?«, fragte Sebastian.
Max nickte. »Und net nur ich, sondern jeder, der Zeitung liest. Hier, schau selbst.«
Er legte seinem Bruder die Zeitung hin. Sebastian nahm sie vom Tisch und stellte fest, dass die Seite mit der Sparte »Klatsch & Tratsch aus der Promiwelt« aufgeschlagen war. Normalerweise überblätterte der Bergpfarrer derartige Rubriken, aber jetzt entdeckte er eine Schlagzeile, die seine Aufmerksamkeit erregte:
VOLKSMUSIKSTAR LEBT JETZT IM BESCHAULICHEN ST. JOHANN!
Nachdem Sebastian über diese Überschrift erstaunt den Kopf geschüttelt hatte, las er den Text darunter halblaut vor: »Wie unsere Reporter erfahren haben, hat sich der 38-jährige Volksmusikstar Fabian Bergleitner in der Nähe des herrlich gelegenen Ortes St. Johann niedergelassen, wo er sich ein Haus gekauft haben soll. Über sein Management ließ Fabian ausrichten, dass die wundervolle Umgebung ihm die nötige Kraft gibt, seinen stressigen und hektischen Beruf weiterhin zur Zufriedenheit seiner unzähligen, vor allem weiblichen Fans, auszuüben.«
Sebastian Trenker schüttelte den Kopf. »Also, damit, dass wir jetzt einen Star hier wohnen haben, hätte ich net gerechnet. Aber ein Problem sehe ich da ehrlich g’sagt nicht.«
»Pah!« Max schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Dann denk mal scharf nach.«
Sebastian hob die Schultern. »Das hab ich. Und?«
»Na, überleg doch mal: Dieser Fabian Bergleitner hat jede Menge weibliche Fans, das steht ja auch da. Solange keiner wusste, dass er hier wohnt, war das ja kein Problem. Aber jetzt, wo’s in der Zeitung
steht …«
»Befürchtest du, dass die weiblichen Bewohner von St. Johann ausflippen und nur noch bei dem Fabian vor der Tür stehen?«
»Na, wenn es das nur wäre, das ginge ja noch. Davon würd’ man dann ja net viel mitbekommen. Aber was, wenn jetzt Fans aus ganz Deutschland anreisen und St. Johann dann völlig überfüllt ist? Und das alles wegen diesem Sänger!«
Sebastian lächelte. »Also, um ehrlich zu sein, kann ich mir das net so recht vorstellen. Sicher kann es vorkommen, dass sich mal ein paar Fans von Fabian Bergleitner hierher verirren, aber die sollten wir genauso willkommen heißen wie jeden anderen Besucher. Ich gehe aber net davon aus, dass wir es gleich mit ganzen Heerscharen zu tun bekommen. Da wirst du also wirklich beruhigt sein können. Der Fabian ist zwar sicher sehr prominent, aber er ist auch kein Teenie-Idol.«
»Na, wenn du meinst, dann ist es ja gut.« Der Polizeibeamte atmete erleichtert auf. »Immerhin sind’s dann ja meine Kollegen und ich, die hinterher für Ordnung sorgen müssen. So, ich muss jetzt auch gleich wieder ins Büro. Die Arbeit macht sich schließlich net von allein!«
Er stand auf, und der Bergpfarrer sah seinem Bruder schmunzelnd nach, bis er den Garten verlassen hatte.
*
Sandra Sterner lenkte ihren dunkelroten Kleinwagen, der schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, auf der Landstraße dahin, die sie schließlich nach St. Johann, ihrem Zielort führen sollte.
Sie war jetzt schon eine ganze Weile unterwegs, aber im Grunde kam sie besser durch, als sie befürchtet hatte, obwohl ihr Navigationssystem schon kurz nach ihrer Abfahrt den Geist aufgegeben hatte.
So hatte sie zu alten Methoden und damit zu ihrer Land- und Straßenkarte greifen müssen, die zum Glück noch im Handschuhfach lag.
Manchmal sind die einfachen Mittel eben doch noch die verlässlichsten, dachte sie lächelnd und genoss während der Weiterfahrt die wunderbare Landschaft, die wie ein Film an ihr vorbeizog.
Es war jetzt Mittag, die Sonne stand am höchsten Punkt, und der Himmel war von einem solch hellen Blau, dass man meinen konnte, er entstammte einem Bilderbuch. Die Straße war gesäumt von hohen Kastanien, dahinter erstreckten sich endlose goldene Kornfelder und grüne Wiesen, auf denen Kühe weideten.
Sandra atmete tief durch. Es war einfach ein herrliches Wetter, und sie hoffte, dass dieses auch die nächsten drei Wochen anhielt.
Genauso lange hatte sie nämlich vor, in St. Johann zu verweilen.
Die 26-jährige Frau mit den langen goldblonden Haaren hatte eine Auszeit dringend nötig. Der berufliche Stress, dem sie als Journalistin täglich zehn Stunden ausgesetzt war, zehrte ganz schön an ihren Kräften, und auch privat war es in letzter Zeit bei ihr drunter und drüber gegangen.
Vor allem privat …
Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, denn in diesem Moment erreichte sie St. Johann. Was für ein hübscher kleiner Ort!, war ihr
erster Gedanke. Normalerweise konnte Sandra sich gar nicht als Landmensch bezeichnen, eher das Gegenteil war der Fall. In der Stadt aufgewachsen, war sie schon als Jugendliche von Trubel und Hektik umgeben gewesen, und der Beruf als Journalistin verstärkte das alles noch. Und früher wäre sie auch gar nicht auf den Gedanken gekommen, in den Bergen Urlaub zu machen. Wenn sie überhaupt mal Zeit dazu gehabt hatte, war es nach Mallorca oder Ibiza gegangen.
Nachdem sie aber vor einiger Zeit einen Kreislaufzusammenbruch gehabt hatte und daran nicht zuletzt der berufliche Stress schuld war,