Liebe auf Umwegen: Der Bergpfarrer 295 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Dunkel lag der Hof da, und der Nachtwind, der von den Bergen herwehte, rauschte leise durch das Geäst. Ansonsten war alles still, selbst die Tiere der Nacht gaben keinen Laut von sich. Es schien, als ob selbst sie längst schliefen. Ganz im Gegensatz zu Julia Waidmüller, die schon seit Stunden wach in ihrem Bett lag und einfach kein Auge zubekam. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um die bevorstehende Ankunft von Karsten Bacher. Nach dem Tod seines Vaters Karl, dem der Hof gehörte und der sie schon vor einigen Jahren zu seiner Geschäftspartnerin gemacht hatte, hatte Karsten sich nun angekündigt, um sich ein Bild von der Lage des Hofes zu machen. Und die war durchaus als katastrophal zu bezeichnen! Julia hatte alles versucht, um den vor einiger Zeit angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Sie schuftete von früh bis spät, gönnte sich keine Pausen, keine Zeit zur Erholung. Sie hatte sich Karl Bacher gegenüber verpflichtet gefühlt, immerhin trug sie zu einem großen Teil die Schuld daran, dass es mit dem Hof so weit bergab gegangen war. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zurück. Ach, hätte sie bloß damals anders reagiert, dann wäre heute vielleicht alles in bester Ordnung! Julia zwang sich, nicht weiter an damals zu denken, das brachte jetzt ohnehin nichts. Geschehen, war geschehen ... Viel wichtiger war das, was ihr jetzt bevorstand, und das war der Besuch von Karsten Bacher morgen. Sie richtete sich auf und knipste die Nachttischlampe an, die die Kammer sogleich in ein schummriges Licht tauchte. Julia griff zu dem Brief, der auf dem Nachttisch lag und den sie in den letzten zwei Tagen bereits unzählige Male gelesen hatte. Karsten schrieb darin nur, dass er morgen anreisen würde, um zu schauen, in welchem Zustand sein Hof sich befand. Sein Hof. Julia atmete tief ein.
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Buchvorschau
Liebe auf Umwegen - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 295 –
Liebe auf Umwegen
Was verheimlicht Julia?
Toni Waidacher
Dunkel lag der Hof da, und der Nachtwind, der von den Bergen herwehte, rauschte leise durch das Geäst. Ansonsten war alles still, selbst die Tiere der Nacht gaben keinen Laut von sich. Es schien, als ob selbst sie längst schliefen.
Ganz im Gegensatz zu Julia Waidmüller, die schon seit Stunden wach in ihrem Bett lag und einfach kein Auge zubekam.
Immer wieder kreisten ihre Gedanken um die bevorstehende Ankunft von Karsten Bacher. Nach dem Tod seines Vaters Karl, dem der Hof gehörte und der sie schon vor einigen Jahren zu seiner Geschäftspartnerin gemacht hatte, hatte Karsten sich nun angekündigt, um sich ein Bild von der Lage des Hofes zu machen.
Und die war durchaus als katastrophal zu bezeichnen!
Julia hatte alles versucht, um den vor einiger Zeit angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Sie schuftete von früh bis spät, gönnte sich keine Pausen, keine Zeit zur Erholung. Sie hatte sich Karl Bacher gegenüber verpflichtet gefühlt, immerhin trug sie zu einem großen Teil die Schuld daran, dass es mit dem Hof so weit bergab gegangen war.
Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zurück. Ach, hätte sie bloß damals anders reagiert, dann wäre heute vielleicht alles in bester Ordnung! Julia zwang sich, nicht weiter an damals zu denken, das brachte jetzt ohnehin nichts. Geschehen, war geschehen ... Viel wichtiger war das, was ihr jetzt bevorstand, und das war der Besuch von Karsten Bacher morgen.
Sie richtete sich auf und knipste die Nachttischlampe an, die die Kammer sogleich in ein schummriges Licht tauchte. Julia griff zu dem Brief, der auf dem Nachttisch lag und den sie in den letzten zwei Tagen bereits unzählige Male gelesen hatte. Karsten schrieb darin nur, dass er morgen anreisen würde, um zu schauen, in welchem Zustand sein Hof sich befand.
Sein Hof. Julia atmete tief ein. Obwohl der Bacher-Karl seinem Sohn nie verziehen hatte, dass er aus St. Johann fortgegangen war, hatte er ihm am Ende doch alles vermacht. Und im Grunde fand Julia das auch richtig. Ein Familienbesitz musste in der Familie bleiben. Sie selbst hatte aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des Hofes lediglich ein zeitlich befristetes Wohnrecht erhalten.
Julia seufzte schwer. Alles hätte so schön sein können. Würde der Hof gut laufen, hätte der Karsten ihr wahrscheinlich weiterhin die Verwaltung anvertraut, wie sein Vater es getan hatte, und alles wäre beim Alten geblieben.
Aber so? Wie würde er reagieren, wenn er sah, in welchem Zustand der Hof, der ihm jetzt nun mal gehörte, sich befand?
Gleichzeitig spürte sie aber auch, wie Wut in ihr aufstieg. Wut über sich selbst, weil sie sich darüber überhaupt Gedanken machte. Immerhin hatte Karsten sich in den vergangenen Jahren weder um den Hof noch um seinen Vater gekümmert. Was zerbrach sie sich jetzt also überhaupt den Kopf über ihn?
Sie drehte sich auf die Seite und schloss die Augen. Doch wieder gelang es ihr nicht, einzuschlafen. Zu sehr beunruhigten die bevorstehenden Ereignisse sie. Wie würde Karstens Besuch verlaufen? Wie würde er sich ihr gegenüber verhalten? Und was würde nun aus dem Bacher Hof werden?
Vor allem diese Frage beschäftigte Julia unentwegt. Denn auch wenn es mit dem Hof nicht zum Besten stand und sie von morgens bis abends schuften musste – er war in den letzten Jahren zu ihrem Zuhause geworden, und sie hatte Angst davor, ihre Wahlheimat zu verlieren. Sie hatte doch sonst nichts.
Irgendwann gelang es ihr dann doch, endlich einzuschlafen, und in ihrem Träumen sah sie den Hof in seinen besten Zeiten vor sich. Das Wohnhaus erstrahlte wieder im alten Glanz. Der Platz vor dem Stall und der großen Scheune war sauber und aufgeräumt, und auf den Feldern rund um den Hof wiegten sich die Kornähren im sanften Sommerwind.
Würde es jemals wieder so werden?
*
»Hast du schon gehört, wer sich auf dem Weg nach St. Johann befindet?«, fragte Max Trenker, als er und sein Bruder beim Mittagessen im Garten saßen. Sophie Tappert, die Haushälterin im Pfarrhaus, hatte heute für eine leichte Mahlzeit gesorgt. Ein herrlich bunter Salat, dazu frisch gebackenes Brot. Das Dressing für den Salat hatte sie natürlich selbst zubereitet, ein fertiges aus dem Supermarkt zu holen, wäre entschieden gegen ihre Prinzipien gegangen, auf die sie als Pfarrköchin zu Recht stolz war.
Stattdessen hatte sie das Dressing gezaubert, das der Bergpfarrer ganz besonders gern mochte: Eine elsässische Vinaigrette, zubereitet aus Essig, Öl, Senf, Mayonnaise und frisch gehackten Kräutern. Verdünnt wurde das Ganze mit heißer Fleischbrühe.
Sebastian Trenker, der Pfarrer des Ortes, schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Nein, wer denn?«
»Der Sohn vom Bacher-Karl.«
»Der Karsten kommt zurück?«, fragte der Geistliche überrascht. »Damit hätt ich jetzt ehrlich gesagt net gerechnet.«
Karsten Bacher war vor vier Jahren aus St. Johann weggegangen, um in der Stadt die große Karriere zu machen. Seinem Vater Karl, der hier einen Hof bewirtschaftete, hatte dies ganz und gar nicht gefallen, hätte er es doch am liebsten gesehen, wenn sein Sohn geblieben wäre, um sich mit um den Hof zu kümmern.
So war es zwischen Vater und Sohn schließlich zu einem heftigen Streit gekommen. Karl hatte dann Julia, die Tochter seines Mitarbeiters und engsten Freundes Peter, zu seiner Geschäftspartnerin gemacht.
Doch vor Kurzem war der Karl an den Folgen eines schweren Herzanfalls gestorben, und seitdem kümmerte Julia sich allein um alles, allerdings nur vorläufig, denn rein rechtlich gehörte der Hof jetzt dem Karsten, und wie man hörte, stand es nicht mehr allzu gut um den Hof.
»Vielleicht kommt er, um zu schauen, wie es um den Hof bestellt ist«, überlegte Sebastian deshalb.
»Aber das hat ihn doch jahrelang net interessiert!« Max Trenker spießte mit der Gabel eine Tomate auf. »Also, ich find es da jedenfalls reichlich unverschämt, dass er jetzt plötzlich wieder auftaucht, nachdem er damals seinen Vater im Stich gelassen hat.«
Der Geistliche schüttelte den Kopf. »So darfst du das aber auch net sehen«, sagte er. »Ich glaube jedenfalls nicht, dass er seinen Vater im Stich gelassen hat – er wollte halt nur seinen eigenen Weg gehen.«
In der Tat hatte der Bergpfarrer damals mitbekommen, wie gekränkt der Karl über die Entscheidung seines Sohnes gewesen war. Sebastian hatte versucht, mit ihm darüber zu sprechen, doch der Bauer hatte niemanden an sich herankommen lassen.
Es war halt immer wieder dasselbe: Nur allzu oft stellten Eltern sich für ihre Kinder eine Zukunft vor, die diese nicht bereit waren zu leben. Wenn der erwachsene Sohn oder die Tochter dann die Entscheidung trafen, ihren eigenen Weg zu gehen, kam es unwillkürlich zum Streit.
So war es auch in diesem Fall gewesen, und auch wenn Sebastian natürlich einerseits verstand, dass der Bacher-Karl enttäuscht gewesen war, so konnte er auch den Standpunkt seines Sohnes nachvollziehen, der sein eigenes Leben leben wollte.
Max Trenker nickte. »Sicher, das kann ich ja auch verstehen. Aber seit er von hier fortging, hat er sich nie wieder blicken lassen. Das ist, wenn du mich fragst, auch net grad die feine Art, einfach so jeglichen Kontakt abzubrechen.«
»Wobei du net vergessen darfst, dass wir beide nicht wissen, ob’s net vielleicht vielmehr der Vater war, der keinen Kontakt mehr wollte. Daher warn ich ja immer nur, vorschnell zu urteilen.«
»Und warum war der Karsten dann net einmal auf der Beerdigung dabei?«
»Weil er offenbar erst jetzt vom Tod seines Vaters erfahren hat. Wir haben alles versucht, ihn zu