Weil das Schicksal es so wollte: Der Bergpfarrer 133 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Franz Bernauer lenkte den Wagen langsam über die kurvige Bergstraße. Er war glücklich, daß kaum Verkehr herrschte und er sich Zeit lassen konnte, sich umzusehen, ohne andere Autofahrer zu behindern. So fuhr er fast im Schneckentempo, hielt ab und zu an und betrachtete die hochaufragenden Berge, die grünen darunterliegenden Almwiesen und die noch tiefer gelegenen Gehöfte. Dabei schien ihm sein Herz vor lauter Glück schier aus der Brust springen zu wollen, so selig war er, wieder daheim zu sein.
Nach ein paar weiteren Kilometern hielt der hochgewachsene junge Mann mit dem markanten Gesicht und der schlanken Gestalt an der rechten Seite an und stieg aus. Ein leichter Wind wirbelte sein braunes Haar durcheinander, und die Brise trug den würzigen Geruch von wilden Kräutern mit sich.
Franz wanderte ein Stück die Anhöhe hinauf und setzte sich auf einen Stein. Über ihm kreiste ein Steinadler, zwischen den Felsen sprang ein Gamsbock geschickt hin und her, und das Klackern seiner Hufe hallte durch die Stille. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen, als der Heimkehrer ins Tal hinunterschaute, auf die Spitze des Kirchturms und auf die mit Schindeln gedeckten Dächer der Häuser.
Ob sich viel verändert hatte in den acht Jahren seiner Abwesenheit?
Das war eine Frage. Die andere, die sich ihm aufdrängte, galt seinem Vater.
War er immer noch so stur wie damals, als er seinen Sohn vom Hof jagte, weil dieser nicht so wollte wie er?
Acht Jahre waren eine lange Zeit, die einen Menschen doch verändern mußte. Er selbst war ja auch nicht mehr der ungestüme
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Buchvorschau
Weil das Schicksal es so wollte - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 133 –
Weil das Schicksal es so wollte
Steht er wieder mit leeren Händen da?
Toni Waidacher
Franz Bernauer lenkte den Wagen langsam über die kurvige Bergstraße. Er war glücklich, daß kaum Verkehr herrschte und er sich Zeit lassen konnte, sich umzusehen, ohne andere Autofahrer zu behindern. So fuhr er fast im Schneckentempo, hielt ab und zu an und betrachtete die hochaufragenden Berge, die grünen darunterliegenden Almwiesen und die noch tiefer gelegenen Gehöfte. Dabei schien ihm sein Herz vor lauter Glück schier aus der Brust springen zu wollen, so selig war er, wieder daheim zu sein.
Nach ein paar weiteren Kilometern hielt der hochgewachsene junge Mann mit dem markanten Gesicht und der schlanken Gestalt an der rechten Seite an und stieg aus. Ein leichter Wind wirbelte sein braunes Haar durcheinander, und die Brise trug den würzigen Geruch von wilden Kräutern mit sich.
Franz wanderte ein Stück die Anhöhe hinauf und setzte sich auf einen Stein. Über ihm kreiste ein Steinadler, zwischen den Felsen sprang ein Gamsbock geschickt hin und her, und das Klackern seiner Hufe hallte durch die Stille. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen, als der Heimkehrer ins Tal hinunterschaute, auf die Spitze des Kirchturms und auf die mit Schindeln gedeckten Dächer der Häuser.
Ob sich viel verändert hatte in den acht Jahren seiner Abwesenheit?
Das war eine Frage. Die andere, die sich ihm aufdrängte, galt seinem Vater.
War er immer noch so stur wie damals, als er seinen Sohn vom Hof jagte, weil dieser nicht so wollte wie er?
Acht Jahre waren eine lange Zeit, die einen Menschen doch verändern mußte. Er selbst war ja auch nicht mehr der ungestüme Bursche, der seinen eigenen Weg gehen wollte, der sich gegen den Vater auflehnte, um seine eigenen Ziele und Träume zu verwirklichen.
Nach einer Weile stand Franz Bernauer wieder auf und ging zu seinem Wagen zurück. Er stieg ein und startete den Motor. Dann fuhr er die Straße weiter, bog nach einem guten Kilometer ab und nahm den breiten Weg, der zum Hof hinaufführte.
Noch ein paar Minuten, dachte er, dann wirst du wissen, ob du daheim willkommen bist.
Und wenn net – tja, was dann?
Franz schüttelte den Gedanken ab und gab Gas. Jetzt, auf den letzten Kilometern, wollte er nicht kneifen, auch wenn er manchmal gedacht hatte, es würde besser sein, alles so zu lassen, wie es nun mal war. In der Fremde bleiben und von zu Hause träumen. Doch das hatte er in den vergangenen Jahren oft genug getan. Immer wieder hatte er den Ruf der Berge vernommen, und wenn er sich auch noch so sehr dagegen wehrte, das Heimweh war stärker gewesen.
Er mußte einfach zurückkommen!
Dann sah er den Hof und erschrak. Das Haus, die Scheune, der Stall – alles machte einen heruntergekommenen Eindruck, und er fragte sich unwillkürlich, ob er sich verfahren hatte, ob es überhaupt der Bernauerhof war. Aber dann erkannte er alles wieder, und ein schlimmer Verdacht drängte sich ihm auf: Der Vater lebte nicht mehr, es gab niemanden, der den Hof übernommen hatte, und jetzt war das alles hier dem Verfall preisgegeben!
Doch was war mit der alten Resl, dem Valentin?
Beide hatten schon auf dem Hof geschafft, als er, Franz, noch gar nicht geboren war.
Er stieg aus und ging mit steifen Schritten weiter. Die Angst lähmte ihn beinahe und nahm ihm die Luft zum Atmen. Der Hof lag wie ausgestorben da, und Franz wollte gerade wieder kehrtmachen, als ein dunkler Schatten durch die Einfahrt fegte, ihn beinahe umwarf und jaulend an ihm hinaufsprang.
»Moritz!« rief Franz Bernauer erleichtert, als er den Hund streichelte, der sich vor lauter Freude gar nicht beruhigen konnte.
Das Tier jaulte und winselte gleichzeitig. Franz drückte seinen Kopf an sich und kraulte das weiche Fell.
»Hast’ mich gleich wiedererkannt, du alter Racker«, sagte er und fühlte Freudentränen aufsteigen.
Wenn der Hund ihn so freudig empfing, dann konnte das doch nur eine gutes Omen sein!
Eine scharfe Stimme rief nach Moritz, die Stimme des Bauern. Indes dachte der Hund nicht daran, ihr zu folgen. Er lag immer noch am Boden und ließ sich streicheln. Erst als die Stimme lauter und noch schärfer wurde, spitzte er die Ohren und horchte auf.
»Na, lauf«, sagte Franz. »Ich komm’ schon nach.«
Das Tier rannte los, blieb an der Einfahrt stehen und blickte zurück. Als es den Bauernsohn kommen sah, lief es weiter und verschwand irgendwo zwischen Stall und Scheune.
Franz Bernauer ging weiter. Sein Herz klopfte vor Aufregung, und sein Mund wurde ganz trocken. Einen kurzen Augenblick blieb er stehen und schaute erschüttert auf das Haus, in dem er geboren war. Nichts war mehr von der alten Pracht zu sehen. Es war grau und schmutzig, die schönen Malereien waren abgeblättert und nicht wieder erneuert worden. Der Stall sah aus, als würde er jeden Moment zusammenfallen, und im Dach der Scheune waren solche großen Löcher, daß das darunter gelagerte Heu beim nächsten Regen naß werden mußte und anfangen zu verfaulen.
Sein Vater war nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich hatte er das Jaulen des Hundes gehört und aus dem Fenster gerufen. Der Heimkehrer ging zur Tür und klopfte. Nach einer Weile hörte er schlurfende Schritte, dann wurde ihm geöffnet. Eine alte Frau schaute ihn fragend an. Über Franz’ Gesicht glitt ein Lächeln.
»Grüß dich, Resl«, sagte er.
Die Magd erkannte ihn im selben Moment.
»Jessesmariaundjosef!« rief sie aus und preßte eine Hand vor den Mund. »Bist du’s wirklich?«
*
»Ja, ich bin’s«, nickte der Bauernsohn. »Darf ich hereinkommen?«
Resl warf einen Blick zurück.
»Dein Vater...«, flüsterte sie.
»Was ist mit ihm?«
Sie zuckte ratlos die Schultern.
»Na ja, du weißt doch, wie er ist.«
Franz sah sie mutlos an.
»Also hat er sich net geändert«, stellte er fest.
Seine schlanke Gestalt straffte sich, und er atmete tief durch.
»Egal«, sagte er, »ich bin wieder da und will mit ihm sprechen. Es muß doch einen Weg geben, daß wir uns wieder zusammenraufen.«
Die alte Magd schnaufte.
»Ach, Bub«, sagte sie zärtlich, »laß dich doch erst mal umarmen. Ich freu’ mich ja so!«
Sie drückte ihn an sich und gab ihm einen dicken Kuß auf die Wange. Dabei hatte sie Mühe, die Tränen zu unterdrücken.
Franz war ganz gerührt. Die Magd kannte ihn seit er geboren war. Sie war es gewesen, die sich um ihn kümmerte, wenn die Mutter keine Zeit hatte. Resl hatte ihn nach Strich und Faden verwöhnt und ihm so manches durchgehen lassen, was die Eltern niemals gelitten hätten.
»Danke, Resl, für deinen lieben Willkommensgruß. Sag’, wie geht’s dir?«
Sie winkte ab.
»Ich bin für jeden Tag dankbar, den der Herrgott mich noch auf dem Hof sein läßt«, antwortete sie.
Franz Bernauer schrak zusammen.
»Bist du etwa krank?« fragte er kopfschüttelnd. »Man sieht dir aber gar nix an. Net einmal älter scheint’s geworden zu sein.«
»Ach was, mir geht’s gut – gesundheitlich jedenfalls«, gab sie zurück. »Aber dem Hof net. Du hast dich doch bestimmt schon umgeschaut und gemerkt, daß hier einiges im argen liegt.«
Er nickte.
»Ja. Aber was ist denn bloß los?«
»Resl, mit wem redest denn da?« unterbrach die Stimme des Bauern die beiden.
Die Magd zuckte unwillkürlich zusammen. Schritte erklangen, dann schob sich eine Gestalt durch die Diele. Resl trat zur Seite und sah den Bauern angstvoll an.
»Es... es ist der Franz...«
Josef Bernauer blieb abrupt stehen. Der Sohn erwiderte