Der Bonapartenschuster: Erzählung aus "Aus dunklem Tann", Band 43 der Gesammelten Werke
Von Karl May
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Über dieses E-Book
"Der Bonapartenschuster" ist eine Kurzgeschichte. Sie wurde bereits in "Aus dunklem Tann" (Band 43 der Gesammelten Werke) veröffentlicht.
Karl May
Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May)[1] war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland. (Wikipedia)
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Buchvorschau
Der Bonapartenschuster - Karl May
Der Bonapartenschuster
Am Eingang des Dorfes lag ein kleines einstöckiges Häuschen, dessen rot angestrichenes Fachwerk munter aus dem frischen Weiß der Wände hervortrat. An einem Fenster des Wohnstübchens saß Meister Walter Matthies, der ‚Bonapartenschuster‘ genannt, und betrachtete nachdenklich das gegenüberliegende Vordergebäude des stattlichen ‚Kaiserhofs‘.
„Komm her, Vater; bitte geh auch herbei, Mutter! Das Essen ist fertig!", weckte ihn eine freundliche Stimme aus seinem Sinnen.
Die Eltern folgten der Einladung, stellten sich an ihre gewohnten Plätze, und nachdem der Hausvater der schmucken Tochter zugenickt, faltete diese die Hände und betete:
„Komm, Herr Jesus, sei unser Gast, und segne, was du bescheret hast! Amen, in Gottes Namen!"
„Heut mag es bei Kaisers hoch hergehn!, bemerkte die Mutter, als das Klappern der Löffel und Messer etwas nachzulassen begann. „Wenn der Beutel so groß und voll ist, wie bei denen, so kann man sich bei der Brautschau schon sehn lassen; aber Berta, du willst heut wohl gar nichts essen?
Das Mädchen senkte das Köpfchen tiefer über den fast noch unberührten Teller und schwieg. Der Vater enthob sie einer Antwort:
„Die richtige vornehme Frau bekommt der Albert, das muss man sagen. Und fest scheint die Sache auch schon zu sein, denn sie ist ja schon gleich in der Kirche gewesen und hat mit ihrem Seidenstaat dagesessen wie die Prinzess von ‚Schaumichan‘."
Man sah es dem offenen Gesicht des Sprechers an, dass nicht der Neid ihm diese Worte in den Mund gelegt hatte. Der tiefe Missmut, der ihn überkam, sooft von seinem Nachbar, dem Kaiserbauer, die Rede war, hatte einen ganz anderen Grund, einen Grund, der weit, weit in die Vergangenheit zurückgriff und auf Ereignissen beruhte, über denen der Schleier der Verborgenheit ausgebreitet lag.
*
Indessen saß drüben in dem Kaiserhof das Gesinde in der Knechtstube bereits beim Essen, im Staatszimmer war nun auch angerichtet, und der Hausherr erhob seine schwere Gestalt aus dem Polster des schwellenden Sofas, auf dem er mit der zukünftigen Schwiegertochter gesessen hatte.
„Na, da kommt, setzt euch her und lasst’s euch schmecken!