Der falsche Mann: Der kleine Fürst 279 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Kennst du die Frau, die gerade hereingekommen ist?«, fragte Ulrich Braun. »Die Schöne mit den braunen Locken und diesen wahnsinnigen dunklen Augen?« Alexander Wittkamp folgte dem Blick seines Freundes und wandte sich ihm dann erstaunt zu. »Seid ihr euch noch nie begegnet?« »Dann hätte ich nicht gefragt, wer sie ist, oder? Also, wie heißt sie?« Alexander grinste breit und ließ sich Zeit mit seiner Antwort, die er schließlich langsam und mit besonderer Betonung jeder einzelnen Silbe vortrug: »Carlotta Maria Sofia Johanna Gräfin von Hedestein.« »Auf den Arm nehmen kann ich mich selbst. Du kennst sie also nicht.« Ulrich folgte der jungen Frau mit dem Blick, bis sie im angrenzenden Zimmer verschwand. Die beiden jungen Männer waren auf der Geburtstagsparty eines Freundes und hatten sich bis jetzt vor allem miteinander unterhalten, obwohl es nicht an auffordernden Blicken der anwesenden Frauen mangelte, von denen auffallend viele offenbar allein gekommen waren. Ulrich war blond und schlaksig, er überragte die meisten Anwesenden um mindestens einen Kopf. An seinem Gesicht faszinierten vor allem die blauen Augen, die je nach Stimmung die Farbschattierung wechseln konnten. Er hatte Alexander auf diese Party begleitet, um sich von der vielen Arbeit der letzten Zeit zu erholen und auf andere Gedanken zu kommen. Sein Freund war, rein äußerlich, ein völlig anderer Typ: Er hatte dichte rotbraune Locken und grüne Augen, die Frauen besonders aufregend fanden. Er trieb viel Sport, was man seinem durchtrainierten Körper auch ansah, während Ulrich Sport langweilig und aufreibend fand. Ulrich beschloss, der jungen Frau zu folgen. Bis jetzt war die Party nicht besonders aufregend gewesen, vielleicht änderte sich das ja jetzt? Doch Alexanders nächste Worte hielten ihn zurück.
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Der falsche Mann - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 279 –
Der falsche Mann
Viola Maybach
»Kennst du die Frau, die gerade hereingekommen ist?«, fragte Ulrich Braun. »Die Schöne mit den braunen Locken und diesen wahnsinnigen dunklen Augen?«
Alexander Wittkamp folgte dem Blick seines Freundes und wandte sich ihm dann erstaunt zu. »Seid ihr euch noch nie begegnet?«
»Dann hätte ich nicht gefragt, wer sie ist, oder? Also, wie heißt sie?«
Alexander grinste breit und ließ sich Zeit mit seiner Antwort, die er schließlich langsam und mit besonderer Betonung jeder einzelnen Silbe vortrug: »Carlotta Maria Sofia Johanna Gräfin von Hedestein.«
»Auf den Arm nehmen kann ich mich selbst. Du kennst sie also nicht.« Ulrich folgte der jungen Frau mit dem Blick, bis sie im angrenzenden Zimmer verschwand.
Die beiden jungen Männer waren auf der Geburtstagsparty eines Freundes und hatten sich bis jetzt vor allem miteinander unterhalten, obwohl es nicht an auffordernden Blicken der anwesenden Frauen mangelte, von denen auffallend viele offenbar allein gekommen waren.
Ulrich war blond und schlaksig, er überragte die meisten Anwesenden um mindestens einen Kopf. An seinem Gesicht faszinierten vor allem die blauen Augen, die je nach Stimmung die Farbschattierung wechseln konnten. Er hatte Alexander auf diese Party begleitet, um sich von der vielen Arbeit der letzten Zeit zu erholen und auf andere Gedanken zu kommen.
Sein Freund war, rein äußerlich, ein völlig anderer Typ: Er hatte dichte rotbraune Locken und grüne Augen, die Frauen besonders aufregend fanden. Er trieb viel Sport, was man seinem durchtrainierten Körper auch ansah, während Ulrich Sport langweilig und aufreibend fand.
Ulrich beschloss, der jungen Frau zu folgen. Bis jetzt war die Party nicht besonders aufregend gewesen, vielleicht änderte sich das ja jetzt?
Doch Alexanders nächste Worte hielten ihn zurück. »Ich nehme dich nicht auf den Arm«, beteuerte er. »Carlotta ist wirklich eine Gräfin von Hedestein, und ich habe dir nur vier ihrer Vornamen aufgezählt, weil ich mir die anderen nicht merken kann.«
»Schwöre, dass du die Wahrheit sagst!«
Gehorsam hob Alexander die rechte Hand. »Ich schwöre.«
»Wieso hast du mir nie von ihr erzählt?«
»Na ja, so lange interessierst du dich ja noch nicht für den Adel, weshalb hätte ich sie also erwähnen sollen? Aber früher oder später wäre ich schon noch auf sie zu sprechen gekommen, keine Sorge. Außerdem, wie gesagt, war mir nicht bewusst, dass ihr euch noch nie begegnet seid.«
»Und wann hat sie deinen Weg gekreuzt?
»Überhaupt nicht – beziehungsweise hat sie es vor so langer Zeit getan, dass sie gewissermaßen zum Inventar gehört. Ich kenne sie schon, seit wir zusammen in der Schule waren. Meine Eltern haben mich ja auf so eine superteure Privatschule geschickt, da war sie auch. Wir haben uns immer gut verstanden, aber zu ihr nach Hause wurde ich nie eingeladen. Ich glaube, ihre Großmutter war sogar mal in der Schule und hat sich darüber beschwert, dass Kinder wie ich dort überhaupt aufgenommen werden. Jedenfalls hat das die Schulsekretärin einmal ausgeplaudert, als sie etwas beschwipst war.«
»Das denkst du dir doch jetzt aus, Alex!«
»Nein, wirklich nicht!«, beteuerte Alexander. »Carlottas Familie ist sehr standesbewusst.« Er schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf. »Ich hätte daran denken müssen, dass sie die ideale Informantin für dich ist.«
»Nicht so laut!«, zischte Ulrich.
»Schon gut, schon gut, aber es stimmt trotzdem. Sie kann dir endlose Geschichten aus ihrer Familie erzählen, die alle vom Thema ›Standesdünkel‹ handeln.«
»Worauf warten wir dann noch? Stell mich ihr vor. Aber achte auf deine Worte, keine dunklen Andeutungen bitte!«
»Willst du mich beleidigen? Habe ich mich schon jemals verplappert?«
»Nein, hast du nicht. Und jetzt komm schon!«
»Aber dann sehe ich für den Rest der Party nichts mehr von dir!«, protestierte Alexander.
»Tja, das könnte allerdings passieren.« Jetzt war es Ulrich, der breit grinste. »Aber hier sind genug attraktive Frauen, um dich über diesen Verlust hinwegzutrösten.«
Sie schoben sich durch die dicht gedrängten Menschen ins angrenzende Zimmer, wobei sie immer wieder von Leuten aufgehalten wurden, die sie begrüßten.
»Oh«, sagte Alexander und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen, »Dina ist auch da! Wieso haben wir sie nicht kommen sehen?«
»Vielleicht war sie schon da. Du wirst mich also überhaupt nicht mehr vermissen, während ich mit deiner Gräfin rede«, sagte Ulrich.
»Dieser Kerl, der Dina gerade anbaggert, kennst du den?«
»Nie gesehen, nein.«
»Sie sieht aus, als gefiele er ihr.«
Ulrich zog es vor, darauf lieber nichts zu erwidern. Seit ungefähr einem Jahr war sein Freund, der kluge Jurist und Betriebswirt Alexander Wittkamp, in die Buchhändlerin Dina Zehrfeld verliebt, schaffte es aber nicht, ihr das zu sagen. Dabei waren sie öfter mit ihr zusammen, Dina war klug und hübsch, quirlig und unternehmungslustig – und bindungsscheu. Zwar verliebte sie sich gelegentlich, aber vor einer festen Beziehung schreckte sie regelmäßig zurück.
Die Wohnung war sehr groß. Drei weitere Zimmer mussten sie durchqueren, bis sie Carlotta von Hedestein mit einem Glas Wein auf einer Fensterbank sitzen sahen. Sie war allein, schien das aber nicht zu bedauern. Mit amüsiertem Gesichtsausdruck beobachtete sie die anderen Partygäste, die in dem weitgehend leer geräumten Zimmer wild tanzten.
Sie war tatsächlich eine Schönheit, dachte Ulrich, als sie sich ihr näherten. Braune Locken umrahmten ein fein gezeichnetes Gesicht mit großen dunklen Augen. Ihrem vollen Mund sah man an, dass er gern lächelte, die Nase war schmal und gerade, über den Augen wölbten sich die Brauen in elegantem Schwung. Sie trug einen kurzen Rock und ein ärmelloses Top, dazu Sandalen. Sie sah, fand er, nicht aus, wie man sich landläufig eine junge Adelige aus standesbewusster Familie vorstellte. Dazu sah sie einfach viel zu … ja, zu normal aus. Sie trug keinen Schmuck, sie war nicht groß geschminkt, sie war eigentlich überhaupt nicht zurechtgemacht. Sie sah aus wie viele junge Frauen, denen man auf der Straße begegnete – mit dem entscheidenden Unterschied, dass sie sehr viel hübscher war als die meisten.
Sie trank einen Schluck Wein, danach stellte sie das Glas neben sich auf der Fensterbank ab, ohne den Blick von den Tanzenden abzuwenden.
»Hallo, Carl«, sagte Alexander.
Sie war offenbar tief in Gedanken gewesen, denn sie schrak bei dieser Anrede richtig zusammen. Doch schon im nächsten Moment sprang sie auf und fiel Alexander um den Hals. »Alex!« rief sie. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass du auch kommen würdest.«
»Danke, gleichfalls. Das ist übrigens mein Freund Ulrich Braun. Uli.«
Ein forschender Blick traf ihn, dann lächelte die junge Gräfin. »Ich bin Carlotta. Nur Alex sagt immer noch Carl zu mir. Damals in der Schule haben sich alle einen Spaß daraus gemacht, mich so zu nennen. Heute sagen die meisten Lotta.«
»Freut mich, dich kennenzulernen, Lotta.«
»Du bist der, der an der Uni unterrichtet, oder?«, fragte sie.
Ulrichs erstaunter Blick wanderte zu Alexander, der sich aber schon wieder den Kopf nach Dina verrenkte und ihn deshalb nicht