Irrlicht 76 – Mystikroman: Morgen wirst du uns gehören
Von Joan Garner
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Kathleens Augen weiteten sich vor Furcht. Sie hielt den Atem an und war unfähig, sich zu regen. Bei der Gestalt vor dem Fenster handelte es sich um eine alte Frau. Ihr faltiges Gesicht war kalkweiß, und die schneeweißen Haare hingen ihr wirr bis zu den Schultern herab. Neben der schmalen Nase befand sich ein auffälliges Muttermal. Die Frau war in ein Totengewand gehüllt, das sich gespenstisch im Wind bewegte. Das Blut rauschte Kathleen in den Ohren, so schnell schlug ihr Herz. Sie wollte schreien. Aber kein Laut drang aus der zugeschnürten Kehle. Jetzt öffnete die unheimliche Erscheinung ihren Mund. Eine schwarze zahnlose Öffnung, umschlossen von bleichen, schmalen Lippen. Kathleen zuckte zusammen. Sie spürte, wie ihr langsam eine Gänsehaut über den Rücken kroch, als die Augen der Erscheinung plötzlich zu glühen anfingen. Kathleen glaubte, bei diesem Anblick fast wahnsinnig zu werden. Zitternd zog sie dieBettdecke Zentimeter für Zentimeter bis zu ihrem Kinn hoch…
»Der Hafen von Bristol ist seit dem Mittelalter einer der wichtigsten Binnenhäfen von Süd-england«, erklärte Kathleen Truman und deutete auf das Modell des alten Hafens, wie er zur Zeit des 16. Jahrhunderts ausgesehen hatte.
Die Touristengruppe, die Kathleen an diesem Nachmittag durch das Museum von Bristol führen mußte, hatte sich in einem Halbkreis um die junge attraktive Studentin versammelt. Da Kathleens Eltern beide tot waren, hatte die junge Frau den Job im Museum angenommen, um ihr Studium finanzieren zu können. Ihr Studienfach war englische Geschichte. Und weil sie es verstand, ihr Wissen lebendig und mit kleinen Anekdoten versehen den Besuchern
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Irrlicht
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Rezensionen für Irrlicht 76 – Mystikroman
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Irrlicht 76 – Mystikroman - Joan Garner
Irrlicht
– 76 –
Morgen wirst du uns gehören
Nutze diese eine Nacht, Kathleen!
Joan Garner
Kathleens Augen weiteten sich vor Furcht. Sie hielt den Atem an und war unfähig, sich zu regen. Bei der Gestalt vor dem Fenster handelte es sich um eine alte Frau. Ihr faltiges Gesicht war kalkweiß, und die schneeweißen Haare hingen ihr wirr bis zu den Schultern herab. Neben der schmalen Nase befand sich ein auffälliges Muttermal. Die Frau war in ein Totengewand gehüllt, das sich gespenstisch im Wind bewegte. Das Blut rauschte Kathleen in den Ohren, so schnell schlug ihr Herz. Sie wollte schreien. Aber kein Laut drang aus der zugeschnürten Kehle. Jetzt öffnete die unheimliche Erscheinung ihren Mund. Eine schwarze zahnlose Öffnung, umschlossen von bleichen, schmalen Lippen. Kathleen zuckte zusammen. Sie spürte, wie ihr langsam eine Gänsehaut über den Rücken kroch, als die Augen der Erscheinung plötzlich zu glühen anfingen. Kathleen glaubte, bei diesem Anblick fast wahnsinnig zu werden. Zitternd zog sie dieBettdecke Zentimeter für Zentimeter bis zu ihrem Kinn hoch…
»Der Hafen von Bristol ist seit dem Mittelalter einer der wichtigsten Binnenhäfen von Süd-england«, erklärte Kathleen Truman und deutete auf das Modell des alten Hafens, wie er zur Zeit des 16. Jahrhunderts ausgesehen hatte.
Die Touristengruppe, die Kathleen an diesem Nachmittag durch das Museum von Bristol führen mußte, hatte sich in einem Halbkreis um die junge attraktive Studentin versammelt. Da Kathleens Eltern beide tot waren, hatte die junge Frau den Job im Museum angenommen, um ihr Studium finanzieren zu können. Ihr Studienfach war englische Geschichte. Und weil sie es verstand, ihr Wissen lebendig und mit kleinen Anekdoten versehen den Besuchern zu vermitteln, wurden ihre Dienste von der Museumsdirektion gerne und so oft wie möglich in Anspruch genommen.
»Der Reichtum der Stadt basierte damals auf dem Import von Zucker, Tabak und Wein«, fuhr Kathleen fachkundig fort. »Bristol war allerdings auch ein wichtiger Stützpunkt für den Sklavenhandel…«
Kathleen stockte plötzlich in ihrem Vortrag. Sie hatte ihren Blick über die Versammelten schweifen lassen, um sich deren Aufmerksamkeit zu versichern. Die Touristen wirkten alle sehr interessiert, nur ein Mann, der allein schon wegen seiner Garderobe aus dem Rahmen fiel, schien sich für das Thema nicht erwärmen zu können. Wie Kathleen mit aufkeimendem Unwillen feststellen mußte, galt seine Aufmerksamkeit mehr der attraktiven Museumsführerin als den Ausstellungsstücken. Sein Blick war unverhohlen auf Kathleen gerichtet. Die junge Frau schätzte ihn auf Mitte Vierzig. Sein braunes Haar war stark gelichtet und bildete nur einen spärlichen Kranz um den schmalen Kopf. Er trug ein kariertes Jackett und wirkte unter den Geschäftsleuten wie ein Fremdkörper. Am sonderbarsten aber waren seine braunen tiefliegenden Augen. Aus ihnen sprach eine unterschwellige Traurigkeit, aber auch eine strenge Entschlossenheit; eine Mischung, die Kathleen schaudern ließ.
Als der Mann bemerkte, daß er Kathleens Aufmerksamkeit erregt hatte, wandte er sich rasch um und verschwand in einem Seitengang des Museums.
Die Studentin runzelte die Stirn. Sie war sich plötzlich sicher, daß dieser Unbekannte nicht zu der Reisegruppe gehörte, die sie durch das Museum führen sollte. Wahrscheinlich ein einzelner Besucher, der kostenlos in den Genuß der Führung kommen wollte, überlegte Kathleen und wandte sich wieder der Reisegruppe zu. Aber warum hat er mich dann so angestarrt?
Kathleen verdrängte diese Gedanken. Und sie hätte diesen kleinen Zwischenfall sicher wieder vergessen, wenn ihr der sonderbare Mann nicht noch ein zweites Mal über den Weg gelaufen wäre. Diesmal befand sie sich mit ihrer Reisegruppe gerade vor einem Schiffsmodell. Es stellte eines der zahlreichen Auswandererschiffe dar, die vor vierhundert Jahren Bristol mit dem Ziel Nordamerika verlassen hatten.
Kathleen schilderte den Anwesenden in schillernden Farben das bunte Treiben, das damals im Hafen von Bristol geherrscht hatte. Doch plötzlich stockte sie wieder. Sie fühlte den brennenden Blick in ihrem Rücken fast körperlich. Unbehaglich wandte sie sich um und entdeckte den Mann in dem karierten Anzug hinter einer Säule der großen Ausstellungshalle. Wieder war sein Blick auf sie gerichtet. Als er jedoch bemerkte, daß Kathleen ihn musterte, wandte er sich rasch wieder ab und verließ die Halle mit eiligen Schritten.
Die junge Studentin versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie verwirrt sie war. Sie führte die Reisegruppe durch das Museum und glänzte mit ihrem umfangreichen Fachwissen über die englische Geschichte. Ein leichtes Unbehagen konnte sie dabei jedoch nicht unterdrücken. Sie ertappte sich dabei, wie sie sich immer wieder umsah und nach dem unheimlichen Mann Ausschau hielt. Aber ein drittes Mal ließ er sich nicht blicken. Trotzdem war Kathleen froh, als sie an diesem Abend das Museum verlassen konnte. Die weiten Gänge und Hallen waren ihr plötzlich unheimlich geworden.
Draußen empfing sie Regen. Die Wolken hingen tief und grau über Bristol. Mit hochgezogenen Schultern eilte Kathleen zur nahegelegenen Bushaltestelle. Sie brauchte nicht lange auf ihren Bus zu warten, und so atmete sie erleichtert auf, als sie sich in einen Sitz am Fenster sinken ließ. Doch die ersehnte Ruhe war ihr nicht vergönnt – denn plötzlich entdeckte sie den unheimlichen Fremden wieder! Er stand in einem Hauseingang und schaute dem davonfahrenden Bus hinterher.
Kathleen kroch eine Gänse-haut über den Rücken. Fröstelnd schlang sie die Arme um ihre Schultern und drückte sich tiefer in den Sitz.
Als sie wenig später ihre kleine Wohnung erreicht hatte, begab sie sich als erstes unter die warme Dusche. Nach dem erfrischenden Bad ging es ihr schon wieder ein bißchen besser. Sie fönte ihr langes braunes Haar und betrachtete sich dabei zufrieden im Spiegel. Kathleen war einundzwanzig Jahre alt und hatte eine sehr gute Figur, wie ihr schon viele ihrer Freunde versichert hatten. Natürlich taten ihr die Komplimente gut, aber ernsthaftes Interesse hatte sie noch für keinen Mann gezeigt. Der Mann, in den sie sich verlieben würde, dürfte sie nicht nur wegen ihres Aussehens lieben. Sie wollte jemanden, der sie um ihrer selbst willen begehrte.
Kathleen schüttelte die Gedanken ab und schlüpfte in einen bequemen Jeansanzug. Dann begab sie sich in ihre kleine Küche, um sich etwas zu essen zuzubereiten. Als sie aber den leeren Tisch und die verlassen wirkende Wohnung betrachtete, verspürte sie plötzlich keine Lust mehr, allein in ihrer Wohnung zu essen. Auch steckte ihr der Schrecken, den die sonderbare Begegnung mit dem unbekannten Mann im Museum ausgelöst hatte, noch in den Knochen. Also setzte sie sich aufs Sofa und zog das Telefon zu sich heran. Es hätte sie nur wenige Telefonate gekostet, und sie hätte gleich mit einem ganzen Dutzend junger Männer essen gehen können. Aber Kathleen stand momentan mehr der Sinn nach einem freundschaftlichen Gespräch. Entschlossen gab Kathleen die Nummer ihrer Studienfreundin