Dr. Laurin 88 – Arztroman: Sie sah nicht ihre eigene Schuld
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Dr. Leon Laurin wollte sich gerade auf den Heimweg machen, als Moni Hillenberg in sein Sprechzimmer kam.
»Entschuldigung, Chef, dass ich Sie aufhalte, aber die kleine Holm ist draußen und möchte zu Ihnen. Die Kleine macht einen ganz verzweifelten Eindruck.«
»Mona?« Dr. Laurin erinnerte sich sofort, dass Kyra kürzlich gesagt hatte, dass Mona oft so verweint aussähe.
»Herein mit ihr«, sagte er.
Mona Holm war ein zierliches Mädchen, noch keine acht Jahre alt. Ihr zartes Gesicht war von vollem hellblondem Haar umschmeichelt, und die großen hellen blauen Augen blickten unendlich traurig in die Welt.
»Kyra hat gesagt, ich soll es Ihnen ruhig sagen«, flüsterte Mona. »Sie wüssten dann schon einen Rat.«
»Komm, setz dich, Mona, und dann erzählst du mir, was dich bedrückt.«
Ihr stiegen schon wieder Tränen in die Augen, und ihre Lippen zitterten, als sie sagte:
»Jetzt soll meine Änni auch wieder weg, und dann komme ich in ein Heim. Mama ist nie mehr lieb, und Papi kommt auch überhaupt nicht mehr.«
Momentan wusste Dr. Laurin dazu gar nichts zu sagen. Er kannte die Tragödie um die gelähmte Chirurgin Dr. Clarissa Holm, aber so manche Hintergründe und Rätsel beschäftigten die Leute, die sie von früher kannten.
»Und warum soll Änni gehen?«, fragte er, denn er kannte Annabel nur als fürsorgliche und hilfsbereite Kinderschwester.
»Weil ich jetzt groß bin und gesund, und weil ich keine Kinderschwester mehr brauche, sagt Mama. Sie kann keinen leiden, der hübsch und gesund ist.«
Das mochte wohl den Tatsachen entsprechen, aber es war auch begreiflich, dass eine einstmals attraktive, lebenslustige Frau verbittert wurde, wenn sie sieben
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Rezensionen für Dr. Laurin 88 – Arztroman
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Buchvorschau
Dr. Laurin 88 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 88 –
Sie sah nicht ihre eigene Schuld
Patricia Vandenberg
Dr. Leon Laurin wollte sich gerade auf den Heimweg machen, als Moni Hillenberg in sein Sprechzimmer kam.
»Entschuldigung, Chef, dass ich Sie aufhalte, aber die kleine Holm ist draußen und möchte zu Ihnen. Die Kleine macht einen ganz verzweifelten Eindruck.«
»Mona?« Dr. Laurin erinnerte sich sofort, dass Kyra kürzlich gesagt hatte, dass Mona oft so verweint aussähe.
»Herein mit ihr«, sagte er.
Mona Holm war ein zierliches Mädchen, noch keine acht Jahre alt. Ihr zartes Gesicht war von vollem hellblondem Haar umschmeichelt, und die großen hellen blauen Augen blickten unendlich traurig in die Welt.
»Kyra hat gesagt, ich soll es Ihnen ruhig sagen«, flüsterte Mona. »Sie wüssten dann schon einen Rat.«
»Komm, setz dich, Mona, und dann erzählst du mir, was dich bedrückt.«
Ihr stiegen schon wieder Tränen in die Augen, und ihre Lippen zitterten, als sie sagte:
»Jetzt soll meine Änni auch wieder weg, und dann komme ich in ein Heim. Mama ist nie mehr lieb, und Papi kommt auch überhaupt nicht mehr.«
Momentan wusste Dr. Laurin dazu gar nichts zu sagen. Er kannte die Tragödie um die gelähmte Chirurgin Dr. Clarissa Holm, aber so manche Hintergründe und Rätsel beschäftigten die Leute, die sie von früher kannten.
»Und warum soll Änni gehen?«, fragte er, denn er kannte Annabel nur als fürsorgliche und hilfsbereite Kinderschwester.
»Weil ich jetzt groß bin und gesund, und weil ich keine Kinderschwester mehr brauche, sagt Mama. Sie kann keinen leiden, der hübsch und gesund ist.«
Das mochte wohl den Tatsachen entsprechen, aber es war auch begreiflich, dass eine einstmals attraktive, lebenslustige Frau verbittert wurde, wenn sie sieben Jahre lang gelähmt im Rollstuhl sitzen musste. Dafür aber konnte das Kind nichts, es durfte einfach nicht noch mehr unter der ganzen Situation leiden.
»Meinst du, ich soll deine Mama mal besuchen?«, fragte Dr. Laurin.
»Wenn Sie Zeit haben?« Flehend blickte sie ihn an. »Es kommt ja nur noch ganz selten jemand, und darüber ist sie auch gekränkt. Aber sie ist ja auch zu niemandem freundlich, und seit Papi gesagt hat, sie soll mal für eine Zeit lang in ein Sanatorium gehen, ist sie ganz böse. Sie sagt sehr böse Sachen über ihn. Und manchmal habe ich richtig Angst vor ihr, weil sie sagt, es wäre besser, wir wären auch beide tot.«
Und das soll so ein kleines Kind verkraften, dachte Leon Laurin mitleidig. Und er wusste jetzt schon, was Antonia dazu sagen würde. Sie hatte Clarissa Holm schon damals nicht gemocht, als sie jung, gesund und eine ehrgeizige Chirurgin gewesen war.
Wenig später brachte er Mona heim. Annabel hatte schon besorgt nach ihr gesucht. Sie ahnte, dass es nicht der Wahrheit entsprach, als Dr. Laurin sagte, er hätte die Kinder von der Schule abgeholt und, da es am Weg lag, auch Mona gleich mitgenommen.
»Ich würde Sie gern mal sprechen«, sagte er leise. Und laut fügte er hinzu, dass er Frau Holm gern einen Besuch machen würde.
»Heute geht es ihr gar nicht gut«, erklärte Annabel, die von Mona zärtlich Änni genannt wurde.
»Kann ich vielleicht helfen?«, fragte er leise.
»Ich weiß nicht«, sie zuckte die Schultern, »aber ich kann sie ja mal fragen.«
Er spürte, dass sie dies nur widerwillig tat, aber er hoffte, wenigstens von ihr mehr zu erfahren.
Annabel blieb nicht lange fort. »Frau Doktor sagt, sie würde sich sehr freuen, wenn Sie mal nachmittags Zeit hätten. Mittags geht es ihr nie gut.«
»Dann schaue ich heute mal nach der Nachmittagsvisite vorbei. Zur Zeit ist es in der Klinik etwas ruhiger.«
»Ich kann nur morgen Nachmittag weg«, raunte sie ihm zu. »Da kommt die Bewegungstherapeutin, und ich muss mit Mona zum Zahnarzt.«
Er nickte ihr zu. »Ich erwarte Sie. Es scheint wichtig zu sein, was Mona mir erzählte.« Aber dann legte er den Finger auf die Lippen, und gleich darauf vernahm er Clarissas erregte Stimme: »Du lernst jetzt das Einmaleins, Mona! Ich habe das auch lernen müssen, und man muss es im Schlaf können.«
»Lieber Gott«, murmelte er, und Annabel sah ihn auch bekümmert an.
Sehr nachdenklich fuhr Leon heim. Man wartete mit dem Essen auf ihn, aber Kyra hatte schon berichtet dass Mona zur Klinik gegangen sei.
»Wir reden später darüber«, sagte Leon auf Antonias fragenden Blick hin.
»Muss Mona in ein Heim?«, fragte Kyra ihren Papi leise.
»Ich werde es noch erfahren. Ich besuche Frau Dr. Holm heute Nachmittag, Schätzchen.«
»Gott sei mit dir«, raunte Antonia ihm zu.
»Getuschelt wird bei Tisch aber nicht«, sagte Konstantin. »Das wollen wir doch gar nicht erst einreißen lassen.«
Er gebrauchte Antonias Worte und imitierte auch ihren Tonfall, aber er bekam dafür keinen Verweis, sondern ein Lachen war zu hören.
»Wir brauchen aber nicht alles zu hören, was Papi und Mami sich zu sagen haben«, warf Kyra ein.
Nach Tisch ließ man ihnen auch Zeit für eine ungestörte Unterhaltung, und da bekam Leon von seiner Frau das zu hören, was er erwartet hatte.
»Ich gebe ja zu, dass es grausam ist, gelähmt zu sein in den besten Jahren des Lebens, aber das hat doch ihren Charakter nicht verändert, Leon. Sie war schon immer selbstherrlich, überheblich und egoistisch. Solange sie sich in der Bewunderung der Männer sonnen konnte und sie im Karriererausch war, wurde das freilich nur von den Wenigsten zur Kenntnis genommen, und Holm hat sie doch auch nur geheiratet, um sich mit seinem Namen noch mehr Prestige zu verschaffen. Er ging ihr auch prompt auf den Leim, und als sich das Kind einstellte, hatte sie erreicht, was sie wollte.«
»Hat sie gemeint«, warf Leon nachdenklich ein. »Aber wie wir wissen, lief doch nicht alles so, wie sie es sich erträumte. Holm ging allein nach Amerika. Sie hatte seinen Namen, aber nicht seine Liebe.«
»So sagte man es wenigstens.«
»Liebe war bei ihr wirklich nicht im Spiel, und es wurde ja auch geredet, dass sie nicht treu ist.«
»Wir wollen doch nichts auf Gerede geben, Antonia. Mich wurmt, dass sie ihren Frust an dem unschuldigen Kind auslässt. Man muss ihr deutlich sagen, dass Mona dadurch psychisch gestört werden kann.«
Leon Laurin nahm sich allerhand vor für seinen Besuch bei Clarissa Holm, aber auch er sollte zu spüren bekommen, wie schwer man mit ihr zurechtkam.
Sie saß in ihrem Rollstuhl im Wintergarten des kostbar eingerichteten Hauses.
Ihr dunkles Haar war modisch frisiert, ihr Make-up perfekt. Leon erfuhr später, dass ihre Hausfriseurin mehr als zwei Stunden bei ihr gewesen sei. Ihr Äußeres vernachlässigte sie also nicht, und sie hatte ihr liebenswürdigstes Lächeln aufgesetzt.
»Es ist wirklich reizend, dass Sie mich besuchen, Herr Laurin«, sagte sie mit rauchiger Stimme, und er musste annehmen, dass sie ziemlich viel rauchte, denn selbst im Wintergarten haftete der Tabakgeruch. »Man ist so schnell vergessen«, fügte sie entsagungsvoll hinzu. »Aber wer setzt sich auch gern zu einer Gelähmten, wer denkt schon daran, wie trostlos es ist, den Beruf nicht mehr ausüben zu können, der einem doch alles bedeutet hat?«
Leon hatte sich vorgenommen, verständnisvoll und tolerant zu sein, aber es sollte ihm sehr schwerfallen, besonders dann, als sie sagte, dass ja selbst das Kind nichts für sie übrig hätte.
»Mona ist doch noch so jung«, sagte er, »sie leidet sicher auch darunter, dass Sie mit Ihrem Schicksal hadern, was ja für uns Ärzte verständlich ist.«
»Ach was!«, brauste Clarissa da auf. »Es waren doch diese genialen Kollegen, die mich verpfuscht haben, und sicher lachen sie sich heute noch ins Fäustchen, dass sie mich als Konkurrenz ausgeschaltet haben.«
Sie sprach von zwei Kapazitäten der Unfallchirurgie, die wirklich über jeden Verdacht erhaben waren und die sich bemüht hatten, ihr Leben zu erhalten und noch möglichst lebenswert zu gestalten.
»Ich weiß, dass es sehr hart für Sie ist«, sagte er mit mühsamer Beherrschung, »aber ich denke, die Kollegen haben getan, was sie konnten. So weit ich mich erinnern kann, hatten Sie kaum Überlebenschancen.«
»Es wäre auch besser gewesen, sie hätten mich sterben lassen … und das Kind auch!«, stieß sie hervor.
»Aber Mona war doch nicht schwer verletzt«, wandte er ein, und nun stieg schon Zorn in ihm empor, denn er spürte