Dr. Laurin 46 – Arztroman: Große Sorgen um die kleine Kristin
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Dr. Leon Laurin verließ neben Professor Werner Nikolaus die Kinderklinik. Seine Miene war so ernst, wie man sie selten sah. Heute nacht war in der Prof. -Kayser-Klinik ein Kind zur Welt gekommen. Es war keine leichte Geburt gewesen, doch für die Mutter bestand nicht die geringste Gefahr. Gegen sechs Uhr war er dann von der Nachtschwester aus dem Bett geholt worden. Das Baby litt an akuter Atemnot. Schnellstens war er in die Klinik gefahren und hatte feststellen müssen, daß das Baby in höchster Lebensgefahr schwebte. Dr. Laurin wußte nur zu gut, welche Schwierigkeiten auf ihn zukommen konnten, denn das Kind war gestorben. »Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, Leon«, sagte Professor Nikolaus. »Nicht mal ein Wunder hätte das Kind retten können, und es ist auch besser so. Es wäre eines jener bedauernswerten Geschöpfe geworden, die nie etwas vom Leben begreifen.« Für Dr. Laurin war das kein Trost. Hin und wieder blieb es natürlich auch in der Prof. -Kayser-Klinik nicht aus, daß ein Kind nicht lebensfähig war. Aber Dr.
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Buchvorschau
Dr. Laurin 46 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 46 –
Große Sorgen um die kleine Kristin
Patricia Vandenberg
Dr. Leon Laurin verließ neben Professor Werner Nikolaus die Kinderklinik. Seine Miene war so ernst, wie man sie selten sah.
Heute nacht war in der Prof.-Kayser-Klinik ein Kind zur Welt gekommen. Es war keine leichte Geburt gewesen, doch für die Mutter bestand nicht die geringste Gefahr.
Gegen sechs Uhr war er dann von der Nachtschwester aus dem Bett geholt worden. Das Baby litt an akuter Atemnot. Schnellstens war er in die Klinik gefahren und hatte feststellen müssen, daß das Baby in höchster Lebensgefahr schwebte. Dr. Laurin wußte nur zu gut, welche Schwierigkeiten auf ihn zukommen konnten, denn das Kind war gestorben.
»Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, Leon«, sagte Professor Nikolaus. »Nicht mal ein Wunder hätte das Kind retten können, und es ist auch besser so. Es wäre eines jener bedauernswerten Geschöpfe geworden, die nie etwas vom Leben begreifen.«
Für Dr. Laurin war das kein Trost. Hin und wieder blieb es natürlich auch in der Prof.-Kayser-Klinik nicht aus, daß ein Kind nicht lebensfähig war.
Aber Dr. Laurin fragte sich dann unentwegt, warum das sein mußte, warum neun Monate des Wartens umsonst gewesen sein sollten.
In diesem Fall war es ein uneheliches Kind, aber Marianne Gruber hatte auf ihn nicht den Eindruck gemacht, daß sie sich nicht freute.
Als er ihr sagen mußte, daß ihr Baby in die Kinderklinik gebracht werden müßte, hatte sie sich sehr aufgeregt.
Nun hatte er die traurige Pflicht zu erfüllen, ihr die Mitteilung zu machen, daß das Kind gestorben war. Er war deprimiert.
»Ich danke dir jedenfalls für deine Bemühungen, Werner«, sagte er gepreßt. »Das Schwerste steht mir jetzt bevor. Und die Frage bleibt, warum es immer wieder passiert.«
»Naturgesetze können wir nicht ändern, Leon, und solche Tragödien können wir leider auch nicht verhindern«, sagte Professor Nikolaus.
»Leon«, sagte da eine leise Frauenstimme verwundert.
»Leon Laurin!« rief es dann lauter. Professor Nikolaus faßte ihn am Arm.
»Du bist gemeint, Leon«, sagte er. »Wir sehen uns bei Gelegenheit.«
Der Professor warf der eleganten jungen Frau, die langsam näher kam, nur einen flüchtigen Blick zu, und er dachte für sich, daß Leon Laurin wohl nirgends in Erscheinung treten könnte, ohne von irgend jemand erkannt zu werden.
Leon Laurin fuhr sich über die Augen. »Henrike«, sagte er staunend. »Ist das die Möglichkeit! Beinahe hätte ich dich nicht mehr erkannt.«
»Schlimm«, sagte die junge Frau lächelnd. »Ich habe dich sofort erkannt. Immerhin haben wir uns zehn Jahre nicht mehr gesehen. Bin ich um so vieles älter geworden?«
»Es kam nur zu überraschend. Wie kommst du hierher?«
Dr. med. Henrike Michelsen hätte er gar nicht vergessen können, war er doch Famulus ihres Vaters gewesen und oft in ihrem Hause zu Gast. Sie hatte mit dem Medizinstudium begonnen, als er gerade seinen Doktor gemacht hatte. Jetzt mußte sie etwa neunundzwanzig Jahre alt sein.
Henrike war besessen gewesen von ihrem Studium. Männer waren für sie tabu. Sie hatte nur eine Liebe, ihren angestrebten Beruf.
Sie war groß und blond, und ein weiter Mantel verdeckte üppige Formen. Der erfahrene Frauenarzt wäre gar nicht auf den Gedanken gekommen, in ihr eine werdende Mutter zu sehen, aber das war sie. Sie erzählte es ihm lachend.
»Und glücklich verheiratet bist du wohl auch«, meinte er.
Henrike lachte noch heller. Herrliche weiße Zähne zeigte sie dabei, die vergessen ließen, daß ihr Mund ein wenig zu groß geraten war.
»Glücklich schon, verheiratet noch nicht. Ich muß es dir erzählen, warum. Ich freue mich schrecklich, dich zu sehen. Aufgesucht hätte ich dich ohnehin.«
»Du bist doch nicht an der Kinderklinik?« fragte Leon, obwohl er sehr in Eile war.
»Nein, ich will nur einen Besuch machen.«
Er nickte. »Ich muß rasch zurück. Hatte einen tragischen Fall. Der Säugling ist gestorben. Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken, Henrike.«
»Es ist schlimm, aber wohl unabänderlich«, sagte sie leise. »Wann hast du mal Zeit für mich, Leon? Bald?«
»Komm doch morgen. Heute ist noch Sprechstunde. Sagen wir morgen nachmittag gegen drei Uhr?«
»Gern. Ich kann meine Zeit einteilen. Ich habe viel zu erzählen, und ich brauche auch deinen ärztlichen Rat.«
»Ich freue mich jedenfalls sehr«, sagte er herzlich. »Auf morgen dann, Henrike.«
Nun, morgen würden sie miteinander reden können – er und Henrike. Darauf freute er sich ehrlich.
Aber jetzt stand ihm erst die schwere Aufgabe bevor, Marianne Gruber vom Tode ihres Kindes zu unterrichten.
*
Marianne Gruber lag in einem Zweibettzimmer. Sie war eine hübsche junge Frau. Die andere Patientin hieß Geraldine Jascheck, sie hatte gestern einer Tochter das Leben geschenkt, zur großen Freude ihres Mannes, der sich ein Mädchen gewünscht hatte.
Geraldine Jascheck war noch völlig unbefangen, als sie erwachte. In der Nacht, als Marianne Gruber in das Zimmer gebracht wurde, war sie aufgeweckt worden, und sie hatte Marianne noch gratuliert, als sie sagte, daß sie auch eine Tochter hätte.
Sie wußte nicht, daß diese Gratulation verfrüht gewesen war. Sie wunderte sich nur ein wenig, daß Schwester Marie so bemüht um die Mitpatientin war.
Als Schwester Marie wieder das Zimmer betrat, fragte sie, wann sie denn nun endlich die Babys bringen würde.
Schwester Marie warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu, dann schaute sie zu Marianne Gruber, die mit geschlossenen Augen in ihrem Bett lag.
Geraldine war eine intelligente junge Frau. Jetzt begriff sie sofort, daß etwas nicht stimmte und stellte keine Fragen mehr.
Wenig später wurde Marianne Gruber mit ihrem Bett aus dem Zimmer gefahren. »Was ist mit der Patientin?« erkundigte sich die junge Frau später teilnahmsvoll bei Schwester Otti. »Hatte sie eine schwere Geburt?«
»Ja, ziemlich«, erwiderte Schwester Otti.
»Geht es wenigstens dem Kind gut?«
»Nein«, erwiderte Schwester Otti ausweichend. »Aber Ihrem Töchterchen geht es prächtig, Frau Jascheck.«
Als sie ihr süßes kleines Töchterchen im Arm hielt, mußte sie an die andere denken. Sie tat ihr in der Seele leid.
Marianne Gruber konnte einem allerdings auch leid tun. Sie war ein Extrem zu Geraldine Jascheck. Sie war in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen und hatte sich durchkämpfen müssen. Ihren Lebensweg hatten mehrere Männer gekreuzt, und von allen war sie enttäuscht worden. Zäh hatte sie sich durchgebissen, bis sie eine gute Stellung als Sekretärin gefunden hatte. Dann war Dieter Ringhoff in ihr Leben getreten, ein Mann, wie sie sich immer einen gewünscht hatte.
Sie kannten sich lange, sie lebten zeitweise zusammen, wenn er nicht beruflich unterwegs war. Er hatte nicht aufbegehrt, als sie ihm sagte, daß sie ein Kind erwartete, aber von Heirat hatte er dennoch nichts wissen wollen.
Er hatte immer wieder Ausreden gefunden, und sehnsüchtig hatte sie auf den Tag gewartet, wo