Schüchternes Herz: Toni der Hüttenwirt 413 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Antonius Baumberger, von allen seit seiner Kindheit Toni gerufen, hielt mit seinem Geländewagen vor der Schule in Waldkogel. Sebastian und Franziska stiegen aus. »Habt einen schönen und erfolgreichen Tag in der Schule! Und macht keinen Unsinn!« »Mei, Toni! Des wird schon. Du weißt doch, daß wir brav und fleißig sind. Mußt uns net ermahnen«, sagte Sebastian mit einem beleidigten Unterton in der Stimme. »Basti, du weißt genau, daß ich des net bös gemeint hab. Ich wollte euch nur ein paar liebe Worte mit auf den Weg geben, des haben meine Eltern auch so gemacht. Ich weiß, daß ihr brav seid und fleißig. Die Anna und ich sind stolz auf euch. Ihr seid die liebsten Kinder, die man sich vorstellen kann.« Sebastian und Franziska warfen sich Blicke zu. Ein glückliches Lächeln stand in ihren Gesichtern. Franziska griff nach Tonis Hand. Sie lehnte sich an ihn. »Du und die Anna, ihr seid auch ganz lieb. Wir sind froh, daß wir bei euch sind.«
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Buchvorschau
Schüchternes Herz - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 413 –
Schüchternes Herz
Friederike von Buchner
Antonius Baumberger, von allen seit seiner Kindheit Toni gerufen, hielt mit seinem Geländewagen vor der Schule in Waldkogel. Sebastian und Franziska stiegen aus.
»Habt einen schönen und erfolgreichen Tag in der Schule! Und macht keinen Unsinn!«
»Mei, Toni! Des wird schon. Du weißt doch, daß wir brav und fleißig sind. Mußt uns net ermahnen«, sagte Sebastian mit einem beleidigten Unterton in der Stimme.
»Basti, du weißt genau, daß ich des net bös gemeint hab. Ich wollte euch nur ein paar liebe Worte mit auf den Weg geben, des haben meine Eltern auch so gemacht. Ich weiß, daß ihr brav seid und fleißig. Die Anna und ich sind stolz auf euch. Ihr seid die liebsten Kinder, die man sich vorstellen kann.«
Sebastian und Franziska warfen sich Blicke zu. Ein glückliches Lächeln stand in ihren Gesichtern.
Franziska griff nach Tonis Hand. Sie lehnte sich an ihn.
»Du und die Anna, ihr seid auch ganz lieb. Wir sind froh, daß wir bei euch sind.«
»Des stimmt«, warf ihr älterer Bruder ein. »Des ist so, auch wenn wir des net jeden Tag sagen. Es ist schön, bei dir und Anna und dem alten Alois auf der Berghütte.«
Sebastian, der langsam in die Pubertät kam, einer Zeit der Gefühlsverwirrung, errötete.
Toni bekam feuchte Augen.
»Wenn es euch so vorkommt, daß ich und die Anna es mit der Fürsorge ein bisserl übertreiben, dann kommt des daher, weil wir euch beide tief
in unsere Herzen geschlossen haben.«
»Des haben wir auch, Toni!«
Die kleine Franziska umarmte Toni. Sebastian nickte eifrig. Toni fuhr ihm durch das blonde Haar.
»Ich warte nach der Schule bei den Baumberger Großeltern auf euch. Nun lauft schon. Es klingelt gleich!«
Sie liefen fröhlich davon. Toni sah ihnen nach, wie sie über den großen Schulhof rannten und im Schulgebäude verschwanden.
Toni stieg in seinen großen Geländewagen und wendete. Er fuhr zum Marktplatz von Waldkogel. Dort stellte er das Auto ab. Dann betrat er die Kirche von Waldkogel. Die Sonne schien durch die Buntglasfenster. Ein leichter Duft von Weihrauch lag in der Luft. Toni bekreuzigte sich. Er ging zu dem Seitenaltar, der der Mutter Gottes geweiht war, und stiftete zwei große Kerzen. Dann kniete er sich auf die Gebetsbank, senkte den Kopf und hielt stille Zwiesprache.
Als er fertig war, hörte er ein leises Räuspern. Toni drehte sich um. In einiger Entfernung stand Pfarrer Heiner Zandler und lächelte ihm zu.
»Grüß Gott, Toni! Hast mit der Heiligen Maria etwas zu bereden gehabt?«
»Grüß Gott, Zandler! Ja, ich hab um ihren Beistand gebetet. Die Anna und ich haben Pläne. Und die fallen sozusagen in den Arbeitsbereich der Mutter Gottes.«
»Ah, dann geht es um die Kinder, wie?«
»Ja, es geht dabei um Franzi und Basti. Haben S’ Zeit? Ich wollt’ ohnehin mit Ihnen drüber reden.«
»Sicher! Komm mit rein, Toni!«
Der Geistliche von Waldkogel ging durch die Sakristei in das Pfarrhaus voraus.
Bald saßen sie in der Studierstube des Pfarrers. Bücherregale und Heiligenbilder bedeckten die Wände. Auf dem großen Schreibtisch lagen Akten und weitere Bücher. Auf einem Stehpult lag die aufgeschlagene Bibel.
Pfarrer Zandler bat Toni am Tisch Platz zu nehmen. Bis die Haushälterin des Geistlichen, Helene Träutlein, Kaffee und Kuchen brachte, redeten die beiden über das Wetter.
Pfarrer Zandler schenkte Toni Kaffee ein und legte ihm ein Stück Streuselkuchen auf den Teller.
»So, Toni, dann schütte mal dein Herz aus! Was war der Grund, warum du der Mutter Gottes gleich zwei große Kerzen gestiftet hast?«
»Eine Kerze steht für die Franzi und eine für den Basti! Des ist so! Die Anna hat zufällig die Kinder belauscht, wie die sich drüber unterhalten haben, daß sie von uns gern adoptiert werden würden.«
Toni lächelte. Er erzählte dem Pfarrer ausführlich von dem Gespräch zwischen den beiden und dem Vergleich, den die Kinder angestellt hatten. Sie hatten sich ernstlich gefragt, ob es möglich wäre, Toni und Anna einen Antrag zu machen. Wenn ein Bursche ein Madl liebt, dann macht er ihm einen Antrag. Er will sie heiraten und eine Familie werden.
»Basti und Franzi wollen gern von Anna und mir adoptiert werden. Sie suchen nach einem Weg, uns des zu sagen!«
»Des ist ein guter Vergleich, den die Kinder da anstellen, Toni. Das sind zwei helle Köpfe. Des ist lustig, aber auch sehr einfühlsam, wie sie sich Gedanken darüber machen. Den beiden genügt es wohl nimmer, nur die Pflegekinder von dir und Anna zu sein.«
Pfarrer Zandler trank einen Schluck Kaffee. Er schaute Toni an.
»Beziehen sich eure Pläne darauf, daran etwas zu ändern?«
Toni nickte.
»Die Anna und ich, wir lieben uns sehr. Bis jetzt haben wir keine eigenen Kinder. Unser Doktor, der Martin Engler, der seit der Kindheit mein Freund ist, meint, vielleicht könnte man medizinisch nachhelfen. Doch die Anna und ich können uns dazu net entschließen, jedenfalls net im Augenblick. Der Himmel hat uns net mit eignen Kindern gesegnet, aber er hat uns die Bichler Kinder in die Berghütte gebracht. Es war ganz selbstverständlich, daß wir die beiden aufnehmen – nach dem schrecklichen Unfall am Höllentor. Sie waren ein Geschenk des Himmels. Die Kinder hatten ihre Eltern verloren und wir durften sie aufnehmen.«
»Ja, ich denke auch, daß da der Himmel drüber gewacht hat. Ihr habt die beiden ja auch oben am ›Paradiesgarten‹ gefunden, nachdem sie aus dem Waisenhaus fortgelaufen waren.«
»Wir lieben die Franzi und den Basti so sehr, daß ich dafür kein Wort hab, es zu beschreiben!«
»Die beiden lieben euch auch! Davon bin ich überzeugt. Sicher werden sie immer ihre leiblichen Eltern lieben. Aber ihr habt den Platz im Leben der beiden eingenommen und ihr füllt ihn mehr als gut aus. Ich will mich net versündigen, Toni. Aber ich denke manchmal, daß ihr den beiden mehr Liebe entgegenbringt, als es ihre eigenen Eltern tun konnten.«
Toni schaute den Pfarrer erstaunt an.
»Du wunderst dich, daß ich des sag’? Dann will ich es dir erklären. Ihr habt sie aufgenommen. Ihr seid net dazu verpflichtet gewesen. Es war eure freie Entscheidung, für sie zu sorgen, sie zu lieben und ihnen alles zu geben. Jeden Tag, den unser Herrgott werden läßt, entscheidet ihr euch wieder für die beiden Waisen. Ihr handelt mit Bedacht und Überlegung. In jedem eurer Blicke liegt so viel Verständnis, Zuneigung und Sorge. Ihr habt die beiden in euer Leben, in euer Herz aufgenommen. Sie sind nicht eure Kinder, weil sie eure eigenen sind. Sie sind eure Kinder, weil ihr sie jeden Tag aufs Neue mit viel Liebe als eure Kinder annehmt.«
Toni schwieg einen Augenblick. Er lauschte in sich hinein. Dann sagte er leise: »Ja, so ist es! Die beiden werden auch immer für unsere Kinder gehalten, und sie geben sich Hüttengäste gegenüber als unsere Kinder aus. Es muß schon jemand mehrmals nachfragen, bis sie erzählen, daß sie nicht unsere leiblichen Kinder sind. Sie sagen dann auch, wir hätten sie angenommen, net aufgenommen. Des klingt so lieb, wie sie das sagen. Wenn die Anna und ich des hören, diesen kleinen feinen Unterschied in der Wortwahl, dann wird es uns ganz warm ums Herz.«
»Jetzt würdet ihr sie gern wirklich zu euren Kinder machen? Ihr wollt sie adoptieren?«
»Ja, das wollen wir. Darüber sind die Anna und ich uns einig. Wir mußten auch net viel drüber reden. In unseren Herzen sind sie längst unsere Kinder.«
»Habt ihr schon mit den beiden drüber geredet?«
Toni schüttelte den Kopf.
»Naa, des haben wir net. Wir wollen net, daß sie eine Enttäuschung erleben. Des mit so einer Adoption, des soll net so einfach sein, sagt man doch. Des ist ein juristischer Verwaltungsakt. Wir haben ein wenig Angst davor. Deshalb haben wir den beiden noch nix gesagt.«
Toni seufzte leise.
»Des war damals net einfach, die beiden als Pflegekinder zu bekommen, da wir im Sommer oben auf der Berghütte wohnen.«
Pfarrer Zandler erinnerte sich. Das Jugendamt in Kirchwalden, der nahen Kreisstadt, hielt den täglichen Schulweg von der Berghütte hinunter nach Waldkogel für zu weit. Aber gemeinsam hatten es Pfarrer