Toni der Hüttenwirt 112 – Heimatroman: Wo er einmal glücklich war…
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Den ganzen Tag hatte eine große schwarze Wolke über dem Gipfel des ›Höllentor‹ gestanden. Besorgt blickten die Waldkogeler immer wieder zum Himmel. Toni und Anna saßen am Vormittag einen Augenblick auf der Terrasse und genossen ihre wohlverdiente Ruhepause, die sie sich jeden Tag gönnten. Der alte Alois saß bei ihnen am Tisch.
"Der Himmel ist so wunderschön blau, Toni. Es weht ein warmer Wind. Alles könnte so friedlich aussehen, wenn diese schwarze Wolke dort nicht wäre. Findest du auch, dass sie von Stunde zu Stunde größer wird, Toni?"
Toni legte den Arm um seine Frau. Er schaute hinüber zum Unheilsberg.
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Buchvorschau
Toni der Hüttenwirt 112 – Heimatroman - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt –112–
Wo er einmal glücklich war...
Roman von Friederike von Buchner
Den ganzen Tag hatte eine große schwarze Wolke über dem Gipfel des ›Höllentor‹ gestanden. Besorgt blickten die Waldkogeler immer wieder zum Himmel. Toni und Anna saßen am Vormittag einen Augenblick auf der Terrasse und genossen ihre wohlverdiente Ruhepause, die sie sich jeden Tag gönnten. Der alte Alois saß bei ihnen am Tisch.
»Der Himmel ist so wunderschön blau, Toni. Es weht ein warmer Wind. Alles könnte so friedlich aussehen, wenn diese schwarze Wolke dort nicht wäre. Findest du auch, dass sie von Stunde zu Stunde größer wird, Toni?«
Toni legte den Arm um seine Frau. Er schaute hinüber zum Unheilsberg.
»Ja, sie ist viel größer geworden, seit den frühen Morgenstunden. Da braut sich etwas zusammen. Des lässt sich net leugnen.«
»Toni, rufe deine Eltern an. Sebastian und Franziska sollen nach der Schule bei ihnen bleiben und übernachten. Ich habe Angst, das Unwetter könnte losbrechen, während sie den Weg von der Oberländer Alm heraufkommen.«
»Musst dich net sorgen, Anna. So schnell geht es net. Des Unwetter wird erst gegen Abend oder heute Nacht losbrechen. Erfahrungsgemäß ist so ein Unwetter unten im Tal schlimmer als hier oben. Meistens ballen sich die Wolken zusammen und hängen tiefer über dem Tal. Wirst sehen, hier auf der Berghütte wird’s net so schlimm werden, Anna!«
Anna kräuselte die Stirn. Alois legte seine Zeitung zusammen.
»Der Toni hat Recht! Musst dir keine Sorgen machen, Anna. Außerdem sind die Almwiesen schon wieder so trocken, dass ein schöner Regenguss nix schadet. Des sieht schlimmer aus, als es ist.«
Anna konnte ihren Blick kaum von der schwarzen Wolke lösen. Es machte sie unruhig.
»Auf jeden Fall hat so eine schwarze Wolke auch gewisse Vorteile. Es wird heute ruhiger bei uns werden. Bei solchen Aussichten bleiben die Wanderer und Bergsteiger eher im Tal. Da ist es net ratsam, Bergtouren zu machen. Und gegen einen ruhigeren Tag hab ich keine Einwände.«
»Das stimmt auch wieder, Toni. Dann habe ich Zeit, in Ruhe zu bügeln. Ich habe auch noch Näharbeiten zu machen.«
Anna lächelte. Sie tranken ihren Kaffee aus und gingen an die Arbeit.
Als die Kinder am Nachmittag heil auf der Berghütte ankamen, atmete Anna auf. Alle Beteuerungen hatten sie nicht beruhigen können.
Wie Toni vorausgesagt hatte, brach das Unwetter am Abend los. Binnen Minuten zogen sich die Wolken über Waldkogel zusammen und versperrten den Ausblick von der Berghütte ins Tal. Darüber wölbte sich ein wunderschöner Abendhimmel, der die Oberseite der Wolkendecke und die Berge in rosarotes Licht tauchte. Hinter den Bergen im Westen ging die Sonne langsam unter. Es war ein schönes Bild. Die wenigen Hüttengäste genossen den Anblick. Sie schwiegen ehrfurchtsvoll und lauschten dem Donnergrollen und Rauschen des Unwetters, das offensichtlich mit Macht tief unten über Waldkogel hereingebrochen war.
Toni rief seine Eltern an. Er erfuhr, dass es hagelte und die Hagelkörner größer als Taubeneier waren. Das Licht flackerte immer wieder. Die Hauptstraße von Waldkogel hatte sich in einen rauschenden Bach verwandelt und spülte allerlei Unrat mit sich. Blumenstöcke, die nicht in Sicherheit gebracht worden waren, holte der Sturm von den Fensterbrettern. Äste und Zweige wurden abgerissen.
Zusammen mit Anna und den Kindern zündete Toni eine schwarze Gewitterkerze auf der Berghütte an, auch wenn das Gewitter unten im Tal wütete. Es war ein alter Brauch und er vermittelte ihnen Trost, Zuversicht und Stärke.
Das Unwetter hielt über Stunden an. Es wurde dunkel. Doch niemand auf der Berghütte legte sich schlafen. Sebastian und Franziska mussten auch nicht schlafen gehen. Sie saßen mit dem alten Alois am Kamin. Er erzählte ihnen Geschichten von früher. Bello, der junge Neufundländer, lag zu ihren Füßen.
Es war schon Mitternacht, als das Unwetter langsam nachließ. Blitz und Donner hörten langsam auf. Es regnete noch eine Weile, dann riss der Himmel auf und Mond und Sterne waren zu sehen.
»So, des war es! Also allen eine ›Gute Nacht‹«, sagte Toni laut.
Die Hüttengäste nickten und zogen sich in ihre Kammern und auf den Hüttenboden zurück. Anna brachte die Kinder ins Bett.
Toni rief noch einmal seine Eltern an. Bei ihnen war kein Schaden entstanden. Tonis Vater erzählte, dass es einige Glasschäden bei Nachbarn gegeben hätte, aber es war niemand zu Schaden gekommen. Toni war beruhigt. Morgen würde der Himmel wieder klar sein und keine schwarze Wolke mehr über dem Höllentor hängen.
Beruhigt ging er auch schlafen.
Toni fuhr am nächsten Morgen die Kinder von der Oberländer Alm aus zur Schule. Auf dem Rückweg hielt er am Rathaus. Bürgermeister Fellbacher stand auf der Hauptstraße mit einigen Handwerkern zusammen.
»Grüß Gott, Bürgermeister! Mei, des schaut net gut aus!«
Toni stemmte die Hände in die Seite und ließ seinen Blick über die Hauswand des Waldkogeler Rathauses gleiten.
»Ja, des hat ganz schön gescheppert! Alle Scheiben in meinem Amtszimmer hat es erwischt. Und reingeregnet hat es. Schlimm schaut es aus. Der schöne Holzfußboden ist beschädigt. Es wird eine Weile dauern, bis ich mein Amtszimmer wieder nutzen kann. Des war ein schlimmes Wetter. Doch zum Glück gab es nur Sachschäden und niemand ist verletzt werden.«
»Ja, da haben die Engel vom ›Engelssteig‹ Waldkogel beschützt«, sagte Toni mit Blick hinauf zum Gipfelkreuz des ‘Engelssteigs’.
»Ja, das haben sie. Ich möchte net wissen, wie ihre Flügel aussehen. Sie werden vielleicht ein bisserl zerzaust sein, denke ich mir.«
Die Männer schmunzelten.
Toni stieg ins Auto und fuhr zuerst zu seinen Eltern, dann später nach Kirchwalden zum Einkaufen.
*
Als Toni am frühen Nachmittag aus Kirchwalden zurückkam, saßen seine Mutter, Franzi und Basti am Küchentisch.
»Grüß dich, Toni! Die Kinder wollten auf dich warten. Hausaufgaben haben sie schon gemacht!«
»Grüß Gott, alle zusammen! Was macht ihr denn da?«
Meta Baumberger sah ihren Sohn kurz an.
»Die Kinder haben die Fotoalben entdeckt. Dann sind wir auf dem Speicher gewesen und haben die Kartons mit den alten Fotos gesucht. Mei, da hat sich in den Jahren eine Menge angesammelt.«
Toni nahm einen Kaffee und setzte sich mit an den Küchentisch. Vergessen war, dass er schnell wieder auf die Berghütte wollte. Lächelnd schwelgte er in Erinnerungen. Immer wieder kreisten einzelne Fotos um den Tisch.
»Schau mal, Toni! Das ist ein schönes Bild. Da bist du drauf, zusammen mit dem Adrian und der Jenny. Hier sind noch mehr von diesen Fotos. Erinnerst du dich, Toni?«
Toni nahm seiner Mutter die Fotos aus der Hand. Er lachte.
»Und wie ich mich erinnere. Der Adrian und die Jenny! Mei, waren die beiden damals verliebt, zumindest für einen Sommer. Wie lange ist das jetzt her?«
Meta Baumberger überlegte kurz. Sie rechnete nach.
»Des ist bestimmt zwölf oder dreizehn Jahre her. Damals war der Adrian kurz vor seinem achtzehnten Geburtstag.«
»Ich erinnere mich! Er rechnete die Stunden aus. Denn er hatte die Führerscheinprüfung schon bestanden und wartete darauf, dass er den Lappen ausgehändigt bekam. Des war ein richtiger Autonarr, der Adrian.«
»Deshalb hat er sich auch so gut mit der Jenny verstanden. Ihre Eltern sagten immer, sie sei als Madl aus der Art geschlagen. Sie sagten, an Jenny sei ein Bub verloren gegangen.«
Toni schmunzelte.
»Ich erinnere mich! Die Jenny hat lieber im Schuppen an Motoren herumgeschraubt, als etwas im Haus getan. Jenny und Adrian lagen tagelang unter irgendwelchen Autos und steckten ihre Köpfe unter die Motorhauben von Erntemaschinen.«
Toni betrachtete die Fotos.
»Was aus dem Adrian wohl geworden ist?«, sagte er leise.
Meta Baumberger zuckte mit den Schultern.
»Schwer zu sagen! Er wollte Abitur machen und dann an der Technischen Hochschule studieren, Maschinenbau oder so. Nach diesem Sommer sind sie nicht mehr oft gekommen. Dann schlief der Kontakt ein.«
»Schade ist des schon. Ich hoffe, der Adrian hat sein Ziel erreicht. Er wollte immer an der Entwicklung von Fahrzeugmotoren arbeiten. Himmel, wenn ich an das Moped denke, dass er gebaut hatte. Er hatte es aus Einzelteilen vom Schrottplatz zusammengebaut. Es sah schon sehr eigenwillig aus, aber