Toni der Hüttenwirt 126 – Heimatroman: Leni jagt die Liebe
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Es war Vormittag. Toni besuchte seinen Freund Doktor Martin Engler. An diesem Vormittag hatte Martin keine Sprechstunde. So saß der beliebte Arzt mit seiner Frau und Toni zusammen in der großen Wohnküche des alten Schwanninger Hofs und trank Kaffee. Die alte Schwanninger Bäuerin saß in einem Lehnstuhl am Fenster und strickte. Martin und Katja Engler hatten von ihr den Hof gegen eine bescheidene Leibrente übernommen und Martin hatte darin seine erweiterte Praxis eingerichtet. Toni und Martin steckten die Köpfe über einer Landkarte zusammen. Sie planten, gemeinsam mit weiteren Burschen aus ihrem Jahrgang, eine längere Gebirgswanderung zu machen. Eine solche Wanderung war ein jährliches Ritual, auf das sich alle freuten. Sie wanderten bis zu einer einsamen Schutzhütte, verbrachten dort die Nacht mit Feiern, wie es eben nur Männer unter sich machten und traten am nächsten Tag den Rückweg an.
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Buchvorschau
Toni der Hüttenwirt 126 – Heimatroman - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt –126–
Leni jagt die Liebe
Roman von Friederike von Buchner
Es war Vormittag. Toni besuchte seinen Freund Doktor Martin Engler. An diesem Vormittag hatte Martin keine Sprechstunde. So saß der beliebte Arzt mit seiner Frau und Toni zusammen in der großen Wohnküche des alten Schwanninger Hofs und trank Kaffee. Die alte Schwanninger Bäuerin saß in einem Lehnstuhl am Fenster und strickte. Martin und Katja Engler hatten von ihr den Hof gegen eine bescheidene Leibrente übernommen und Martin hatte darin seine erweiterte Praxis eingerichtet. Toni und Martin steckten die Köpfe über einer Landkarte zusammen. Sie planten, gemeinsam mit weiteren Burschen aus ihrem Jahrgang, eine längere Gebirgswanderung zu machen. Eine solche Wanderung war ein jährliches Ritual, auf das sich alle freuten. Sie wanderten bis zu einer einsamen Schutzhütte, verbrachten dort die Nacht mit Feiern, wie es eben nur Männer unter sich machten und traten am nächsten Tag den Rückweg an.
In der Praxis klingelte das Telefon. Martin hatte das Telefon in die Küche umgeschaltet. Er nahm ab. Es war Irene Fellbacher, die Frau des Bürgermeisters.
»Martin, komm schnell! Mit dem Fritz stimmt etwas net, der ist so sonderbar. Er kam eben vom Rathaus heim und hat sich sofort wortlos, mit den Kleidern an, aufs Bett gelegt. Er redet net mit mir, starrt nur an die Decke. Will net sagen, was ihm fehlt, sagt nur immer, er bleibt liegen. Mehr ist aus ihm nicht herauszubekommen. Martin, so kenne ich meinen Mann net. Er will auch net, dass du kommst. Er will auch net, dass ich Pfarrer Zandler anrufe. Er hat mich aus dem Zimmer gejagt, sagte, er bräuchte nur seine Ruhe. Martin, so hat er sich noch nie verhalten, seit ich ihn kenne. Martin, ich habe Angst um meinen Fritz.«
»Hast den Eindruck, dass er Schmerzen hat?«
»Des kann ich dir net sagen. Martin, ich weiß mir nimmer zu helfen.«
»Ganz ruhig, Irene! Ich komme. Ich bin gleich bei euch«, sagte Martin und legte auf.
Doktor Martin Engler rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Ich muss einen Hausbesuch machen, beim Fellbacher! Die Irene hat angerufen. Mit dem Fellbacher scheint etwas net zu stimmen.«
»Hoffentlich nix Schlimmes!«, sagte Toni.
»Aufi, gehen wir! Katja, du kommst mit! Toni, du auch!«
Sie fuhren in drei Autos. Doktor Martin Engler saß am Steuer des Krankenwagens, dahinter fuhr seine Frau Katja in ihrem kleinen Personenwagen, gefolgt von Toni im Geländewagen.
Sie hielten auf dem Hof vor dem Haus des Bürgermeisters.
»Dem Himmel sei Dank, dass ihr hier seid!«, rief ihnen Irene entgegen. »Kommt schnell! Er ist oben im Schlafzimmer.«
Sie eilten hinein. Bürgermeister Fellbacher hatte die Autos kommen gehört und hinter den Vorhängen hinunter auf den Hof geschaut.
Auf der Treppe kam ihnen bereits Bürgermeister Fellbacher entgegen.
»Himmelsakrament!«, schimpfte er. »Herrschaftszeiten, schleicht euch! Bist deppert, Irene? Ich hab’ gesagt, dass ich meine Ruhe haben will. Des scheint hier net möglich zu sein. Dann muss ich mir eben ein anderes Plätzchen suchen. Aus dem Weg!«
»Aber, Fritz, ich hab’s doch nur gut gemeint!«, verteidigte sich Irene.
Bürgermeister Fritz Fellbacher schob Martin, Toni, Katja und seine Frau Irene energisch zur Seite und stürmte hinaus ins Freie. Er sprang in sein Auto und fuhr mit quietschenden Reifen davon.
»Siehst, Martin, wie unberechenbar er ist! Des ist doch net normal!«
Martin schmunzelte.
»Irene, mach dir keine Sorgen! So auf den ersten Eindruck scheint er ganz munter zu sein.«
»Des kann täuschen, Martin! Ich kenne meinen Fritz. Wenn der nix redet, dann geht es ihm schlecht. Fahre ihm nach, Martin!«
Toni rieb sich das Kinn.
»Es geht mich nix an, Irene!«, sagte Toni.
»Aber ich muss dich etwas fragen. Hattet ihr eine Meinungsverschiedenheit? Es kommt in der besten Ehe vor, dass man mal net einer Meinung ist.«
»Naa, Toni! Beim Frühstück war noch alles in Ordnung. Er war fröhlich wie immer, lachte mit den Kindern. Dann sind die Kinder in die Schule gegangen und der Fritz ist ins Rathaus gefahren. Ich habe mit der Hausarbeit angefangen und plötzlich höre ich ihn. Er stellte das Auto ab, ging wortlos ins Schlafzimmer und legte sich mit Kleidern und Schuhen aufs Bett. Ich hatte die Betten gerade frisch bezogen.«
»Komm, Toni, wir fahren ihm nach!«, sagte Martin.
Sie gingen zu den Autos. Katja wollte zurück in die Praxis fahren, Toni und Martin, Fritz Fellbacher suchen.
»Wir fahren zum Rathaus! Vielleicht kann uns die Gina etwas sagen«, schlug Toni vor.
Martin stimmte zu. Sie stiegen in die Autos und fuhren ab.
Fritz Fellbacher läutete am Pfarrhaus Sturm, er ließ dabei den Finger lange auf der Klingel.
»Himmel, wer macht so einen Lärm? Ich komme ja schon!«, tönte Helene Träutleins helle Stimme durch die Haustür des Pfarrhauses.
Pfarrer Zandlers Haushälterin öffnete die Tür.
»Oh, Sie sind es, Herr Bürgermeister! Grüß Gott!«
Fellbacher nickte ihr knapp zu.
»Grüß Gott! Wo ist er?«
»Der Herr Pfarrer ist in seiner Studierstube!«
Fellbacher ging an der Haushälterin des Pfarrers vorbei den Flur hinunter.
Sein Freund hatte den Lärm gehört und kam aus dem Zimmer.
»Grüß Gott, Fritz!«
»Grüß Gott, Heiner!«
Bürgermeister Fellbacher schob den Geistlichen zurück ins Zimmer und schloss die Tür.
»Heiner, gibst du mir eine Weile Asyl?«, fragte er leise.
Pfarrer Zandler musste lachen.
»Asyl willst? Wirst verfolgt?«
»Ja, meine Irene hat den Martin und den Toni auf mich gehetzt. Nur weil ich daheim ein bissel allein sein wollte! Hat ein Mann net des Recht, mal allein seinen Gedanken nachzuhängen? Ich habe mich im Rathaus ein bissel aufgeregt. Diese Bazis in Kirchwalden sind solche Hornochsen! Ich dachte, gleich explodiere ich vor lauter Wut. Bevor ich übers Ziel hinausschieße, dachte ich mir, ich gehe besser heim, verstehst? Also bin ich heim und hab’ mich erst mal aufs Bett gelegt. Ich wollte nur meine Ruhe, wollte mit niemandem reden. Himmel, hat denn ein Mann net des Recht dazu?«
Fellbacher hatte einen hochroten Kopf.
Kleine Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Er zog die Jacke aus.
Pfarrer Zandler forderte ihn auf, sich zu setzen.
Er ließ von Helene Träutlein einen Kaffee machen.
Bis sie den Kaffee brachte, genehmigten die beiden Freunde sich einen Obstler.
»Willst mir net erzählen, was dich so aufgebracht hat?«
Bürgermeister Fellbacher zog aus seiner Anzugsjacke ein Blatt Papier hervor.
»Hier, lies! Diese Behördenfuzzis! Diese Ochsen! Denen werde ich es zeigen! So geht des net!«
Pfarrer Zandler las das Schreiben der übergeordneten Behörde. Darin wurde mit bürokratischen Floskeln das Ersuchen der Gemeinde Waldkogel um einen weiteren Polizeibeamten abgelehnt.
»Dann musst eben Widerspruch einlegen, Fritz! Du weißt doch, dass es zuerst immer hin und her geht. Am Ende werden sie nachgeben.«
»Ich habe in Kirchwalden angerufen. Weißt, was die mir gesagt haben?«, fragte der Bürgermeister. »Die haben gesagt, dass laut Verbrechensstatistik Waldkogel auf einem der hinteren Plätzen stehe und sie deshalb keine Notwendigkeit sehen, die Polizeistation personell aufzustocken. So ein Schmarrn! Heiner, was sagst dazu? Muss denn erst etwas geschehen, damit wir eine Verstärkung für unsere Polizeistation bekommen? Ich bin froh, dass wir so eine friedliche und ordentliche Gemeinde sind. Wir haben hier schon besondere Lebensqualität. Jetzt wird Waldkogel für seine niedrige Verbrechensquote bestraft. Des ist doch eine Schande!«
»Des ist auch dein Verdienst, dass es hier so friedlich ist, Fritz. Darauf kannst stolz sein!«
»Danke, Heiner! Aber des bringt mir nix! Der Gewolf Irminger ist in Urlaub. Unsere Polizeidienststelle ist geschlossen. Wir werden im Notfall von den Beamten in Kirchwalden mitversorgt, aber des ist nur Theorie. Neulich hab’ ich den Verkehr regeln müssen. Bis nach Stunden jemand gekommen ist, da war die Straße schon wieder frei. Mei, Heiner, ich bin kein Verkehrspolizist, ich bin Bürgermeister.«
»Dass du dich so aufregst, das bringt nix!«
»Ich hab’ mich aber aufgeregt. Laut dem Verteilungsplan der Planstellen haben wir, laut Verhältnis von Einwohner zu Dienststellenbesetzung, ein Recht auf eine weitere Kraft, verstehst? Doch nur, weil wir so eine friedliche Gemeinde sind, wird uns des verweigert. Sag mir, Heiner, ist des gerecht? Muss erst