Der Mann aus dem Norden: Toni der Hüttenwirt 137 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Es war später Nachmittag. Toni stoppte seinen Geländewagen vor dem Forsthaus und stieg aus.
Förster Hofer kam aus der Haustür. Er hatte ein großes Fernglas umhängen. Er ging auf Toni zu.
»Grüß Gott, Lorenz! Ich will die Kinder abholen.«
»Grüß dich, Toni! Die Kinder sind hinten im Garten.«
Dann senkte der Förster die Stimme.
»Hast du einen Augenblick Zeit für mich? Ich schlage mich mit einer Beobachtung herum, die mich heute Nacht nicht schlafen ließ.«
»Des klingt net gut. Macht sich der Borkenkäfer über den Wald her?«
»Naa, zum Glück net. Als Ungeziefer würde ich sie schon bezeichnen, auch wenn sie auf zwei Beinen stehen. Kannst einen Augenblick mit zum Hochsitz an der Gemarkungsgrenze kommen? Ich will nicht zu viel sagen und dich beeinflussen. Sollst dir selbst ein Bild machen. Mir ist sehr daran gelegen, zu erfahren, was du dazu sagst.«
Toni schaute den Freund an, der wirklich besorgt aussah. Eigentlich wollte Toni sofort hinauf auf die Berghütte. Er war ohnehin schon spät dran, aber einen Freund lässt man nicht im Stich.
»Gehen wir, Lorenz. Bin gespannt, was du mir zeigen willst. Gibt es Wilderer?«
Förster Hofer schmunzelte über Tonis Vermutung.
»Wilderer könnte man sie auch nennen, auch wenn sie kein Wild jagen.«
Toni sah ein, dass Lorenz nichts verraten würde. So übte er sich in Geduld. Er stieg zu Lorenz in den grünen Pritschenwagen der Forstmeisterei. Sie fuhren los.
Lorenz hielt am Waldweg. Sie stiegen aus und drangen auf kürzestem Weg durch die Schonung der jungen Tannenbäume. Hofer ging voraus, Toni folgte ihm.
»So, dahinten ist der Hochstand. Wir müssen vorsichtig sein.«
Der Hochsitz
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Buchvorschau
Der Mann aus dem Norden - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt –137–
Der Mann aus dem Norden
Zwischen Feuer und Wasser
Roman von Friederike von Buchner
Es war später Nachmittag. Toni stoppte seinen Geländewagen vor dem Forsthaus und stieg aus.
Förster Hofer kam aus der Haustür. Er hatte ein großes Fernglas umhängen. Er ging auf Toni zu.
»Grüß Gott, Lorenz! Ich will die Kinder abholen.«
»Grüß dich, Toni! Die Kinder sind hinten im Garten.«
Dann senkte der Förster die Stimme.
»Hast du einen Augenblick Zeit für mich? Ich schlage mich mit einer Beobachtung herum, die mich heute Nacht nicht schlafen ließ.«
»Des klingt net gut. Macht sich der Borkenkäfer über den Wald her?«
»Naa, zum Glück net. Als Ungeziefer würde ich sie schon bezeichnen, auch wenn sie auf zwei Beinen stehen. Kannst einen Augenblick mit zum Hochsitz an der Gemarkungsgrenze kommen? Ich will nicht zu viel sagen und dich beeinflussen. Sollst dir selbst ein Bild machen. Mir ist sehr daran gelegen, zu erfahren, was du dazu sagst.«
Toni schaute den Freund an, der wirklich besorgt aussah. Eigentlich wollte Toni sofort hinauf auf die Berghütte. Er war ohnehin schon spät dran, aber einen Freund lässt man nicht im Stich.
»Gehen wir, Lorenz. Bin gespannt, was du mir zeigen willst. Gibt es Wilderer?«
Förster Hofer schmunzelte über Tonis Vermutung.
»Wilderer könnte man sie auch nennen, auch wenn sie kein Wild jagen.«
Toni sah ein, dass Lorenz nichts verraten würde. So übte er sich in Geduld. Er stieg zu Lorenz in den grünen Pritschenwagen der Forstmeisterei. Sie fuhren los.
Lorenz hielt am Waldweg. Sie stiegen aus und drangen auf kürzestem Weg durch die Schonung der jungen Tannenbäume. Hofer ging voraus, Toni folgte ihm.
»So, dahinten ist der Hochstand. Wir müssen vorsichtig sein.«
Der Hochsitz war ein geschlossener Hochstand. Er hatte nur schmale Schlitze und Aufstützbretter für die Jäger. Sie kletterten die Leiter hinauf.
Lorenz Hofer schaute zuerst durch das Fernglas. Dann reichte er es wortlos an Toni weiter.
Toni wollte seinen Augen nicht trauen. Er setzte das Fernglas ab, schaute Lorenz Hofer ungläubig an und vergewisserte sich dann noch einmal, dass er sich wirklich nicht geirrt hatte.
»Was soll des? Des sieht mir ganz nach einer Sauerei aus! Der Ruppert Schwarzer stolziert wie ein Gockel herum.«
Lorenz nahm Toni das Fernglas aus der Hand. Er schloss die Schießschlitze, und sie stiegen wieder herunter. Sie redeten erst, als sie wieder beim Auto waren.
»Seit wann geht des so?«
»Das weiß ich net. Ich war gestern hier und habe nach der Schonung gesehen. Der Wind trug ein Motorengeräusch heran. Darauf konnte ich mir keinen Reim machen, weil es nur diesen Weg gibt. Da ist einer heimlich im Gelände, dachte ich. Ich suchte, dann kletterte ich auf den Hochsitz. Es war eine Gruppe von Leuten, die auf dem Brachgelände herumliefen.«
»Des gehört aber nimmer zum Grund der Gemeinde Waldkogel, soviel ich weiß«, sagte Toni.
»Richtig! Die Feuchtwiesen, die gehörten einmal zu Marktwasen. Da war es noch eine eigenständige Gemeinde. Dann kam es durch die Gebietsreform zu Waldkogel. Es ging damals darum, ob Marktwasen ein weiterer Ortsteil von Kirchwalden wird oder zu Waldkogel kommt.«
»Der alte Alois erzählt noch heute, wie es damals war und wie die Leut’ von Marktwasen dafür gekämpft haben, dass sie von Waldkogel eingemeindet werden und net von Kirchwalden. Sie sollen sogar demonstriert haben. Aber schließlich haben sie sich durchgesetzt.«
»Doch es kam zu Abstrichen. Sie mussten Zugeständnisse machen und einen Teil des Grundes an Kirchwalden abtreten. Dazu gehört das Gelände.«
»Auf dem jetzt der Ruppert Schwarzer herumstolziert. Der plant doch etwas, sonst wäre er nicht dort. Was haben die Leute in den dunkeln Anzügen damit zu tun? Des sind keine Arbeiter. Die sehen wie Geschäftsleute aus.«
»Du sagst es, Toni! Ich bin überzeugt, dass er da etwas bauen will.«
»Das denke ich auch, Lorenz. Da niemand ihm in Waldkogel auch nur einen Quadratmeter verkauft, will er jetzt genau an der Grenze etwas aufziehen.«
»Das ist auch mein Verdacht.«
»Lorenz, das muss verhindert werden.«
»Du sagst es! Am Ende stellt er dort einen riesigen Bau hin mit Seilbahn, Freizeitpark, Hotel und Geschäften, wie er es immer schon für Waldkogel geplant hat. Man weiß ja, wie seine Bauten die Landschaft verschandeln und die Natur zerstören.«
»Des ist mir klar. Wir müssen etwas unternehmen, Lorenz.«
Toni rieb sich das Kinn. Er dachte einen Augenblick nach.
»Lorenz, ich hab’s! Du redest mit dem Beat Utzinger. Der ist Profi-Fotograf und hat ein Teleobjektiv. Er soll sich auf dem Hochsitz auf die Lauer legen und möglichst viele Fotos machen. Auf den Beat ist Verlass. Des Ganze muss erst mal heimlich passieren. Er soll besonders scharfe Großaufnahmen von den Leuten in den feinen Anzügen machen. Wir müssen herausfinden, was des für Typen sind, mit denen sich der Ruppert Schwarzer herumtreibt. Mir schwant nix Gutes.«
»Mir auch net, Toni. Danke, dass du mitgekommen bist. Dein Eindruck war mir wichtig. Ich dachte schon, ich verrenne mich vielleicht da in etwas. Wenn ich den Schwarzer irgendwo sehe, dann schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken.«
»Bei wem ist des net so? Der Schwarzer ist für alle Waldkogeler ein rotes Tuch.«
»Der Grund gehört zu Kirchwalden, Toni. Es wird net einfach, da Einfluss zu nehmen.«
»Des stimmt, Waldkogel ist nicht betroffen. Aber man wird sich doch noch interessieren dürfen, was an der Gemeindegrenze passiert. Am besten gehst noch heute zum Beat. Sag ihm auch Grüße von mir.«
»Des mache ich! Ich halte dich auf dem Laufenden.«
Sie fuhren zurück. Toni sammelte Franziska und Sebastian ein und fuhr hinauf auf die Oberländer Alm. Sie beeilten sich, auf die Berghütte zu kommen.
»Bist spät, Toni!«, begrüßte ihn Anna und gab Toni einen Kuss auf die Wange.
Sie schaute ihn an und sah sofort, dass etwas vorgefallen sein musste.
»Ich war noch mit dem Lorenz Hofer im Wald. Es gibt da etwas, was ihm Sorgen macht. Wir reden später darüber. Jetzt löse ich den Alois ab. Er schaut müde aus. Heute ist auch viel los. Aber der Termin in Kirchwalden war nicht zu verschieben.«
»Sprich den Alois nicht darauf an, Toni. Er wird sofort beleidigt sein. Es ist manchmal schon nicht einfach mit ihm. Er will nicht einsehen, dass er kein junger Bursche mehr ist.«
Sie lächelten sich an und gingen an die Arbeit. Anna briet eine riesige Pfanne voll Rösti. Toni versorgte die Hüttengäste mit frischem Bier.
*
Das Flugzeug aus Oslo war mit Verspätung in Frankfurt am Main gelandet. Geduldig stand Nils Anderson, den Rucksack lässig über eine Schulter gehängt, in der Schlange am Informationsschalter. Seinen Anschlussflug nach München hatte er knapp verpasst. Weiter vorne in der Reihe der Wartenden stand eine junge Frau, die seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie gefiel ihm. Eine richtige Augenweide, dachte er. Sie sieht natürlich und ungekünstelt aus. Er hatte sie nur von der Seite gesehen und wünschte sich sehnlichst, dass sie sich einmal umdrehen würde.
Aber sein Wunsch ging nicht in Erfüllung. Stattdessen trat ein junger Mann zu ihr. Sie schienen sich zu kennen und umarmten sich zur Begrüßung. Nils spürte, wie Enttäuschung in ihm aufstieg. Das ist mal wieder typisch für mich, dachte er. Ich habe einfach kein Glück mit den Frauen. Vielleicht sollte ich sie mir ganz aus dem Kopf schlagen. Hunde sind die treueren Gefährten, sagte er sich wieder einmal. Er dachte an seine Huskys, die in Nordnorwegen auf ihn warteten und von seinen Freunden versorgt wurden. Obwohl Nils noch nicht einmal einen Tag unterwegs war, vermisste er sie. Fast ärgerte er sich, dass er sich von Toni hatte überreden lassen, ihn und Anna zu besuchen. Damals, als die beiden heirateten, war er in Norwegen bei den Hunden geblieben und hatte den Freunden ermöglicht, an Tonis und Annas Hochzeit teilzunehmen.
Nils klangen Tonis Worte im Ohr. »Freundschaften muss man pflegen, Nils. Jetzt überwinde dich und komme zu uns in den Süden.«
Während Nils auf den Boden starrte, um nicht in die Richtung der jungen Frau zu sehen, dachte er an das letzte Jahr. Es war ein schweres Jahr gewesen und hatte für ihn einen harten Einschnitt bedeutet.
Alles hatte im letzten Sommer begonnen. Am Tage der Feier des Mitsommernachtsfestes war einer der jungen Huskys erkrankt. Nils brachte ihn im Auto in die Tierklinik nach Hammerfest. Der junge Hund musste eine Nacht bleiben, so entschied Nils, die Nacht in der Stadt zu verbringen.