Auf mich kannst du bauen!: Toni der Hüttenwirt 238 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Es war späterer Vormittag auf der Berghütte. Toni und Anna machten ihre Pause. Wie jeden Tag setzten sie sich mit einem Becher Kaffee auf die Terrasse, nachdem die Früharbeit erledigt war. Der alte Alois saß bei ihnen am Tisch. Auf dem Stuhl neben ihm lag ein Stapel Zeitungen. Tonis Eltern, die in Waldkogel ein Wirtshaus mit Fremdenzimmer führten, sammelten die Tageszeitungen der Woche und gaben sie Toni sonntags mit hinauf zur Berghütte. »Bist du mit den Zeitungen schon durch?«, fragte Toni. »Ich lese jeden Tag nur eine Zeitung. Am Montag schaue ich mir die Zeitung vom Montag letzter Woche an, dienstags die Ausgabe vom Dienstag letzter Woche und so weiter. Warum fragst du? Das weißt du doch«, sagte Alois. »Schon, aber heute hast du sie früher zusammengefaltet.« »Herrgott, was du alles beobachtest? Es steht nix drin. Immer wird über die Politik geschrieben, einen Tag so, am andern Tag das Gegenteil und am dritten Tag noch mal anders. Ich bin zwar alt, aber net verkalkt, dass ich das net durchschaue. Ich kann dir schon im Voraus sagen, was morgen drinsteht. Willst du einen Test machen?«
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Buchvorschau
Auf mich kannst du bauen! - Friederike von Buchner
Leseprobe:
Gaston, der Sohn des Diplomaten
LeseprobeDer betäubende Duft der in verschwenderischer Fülle blühenden Rosen strömte durch das offene Fenster des Schreibzimmers, in dem Irene von Wellentin an ihrem zierlichen Schreibtisch aus Rosenholz saß und den Brief ihrer Jugendfreundin Claudine Arnoud nun schon zum zweiten Mal las. Als sie ihn zusammenfaltete und in das hellblaue Kuvert zurücksteckte, dachte sie an die Zeit mit Claudine in dem Genfer Internat. Was waren das doch für herrliche, unbeschwerte Jahre gewesen! Damals hatten sie noch geglaubt, das Leben bestünde nur aus einer Reihe von glücklichen Tagen. Gemeinsam hatten sie Zukunftspläne geschmiedet, wobei Claudine immer den Wunsch geäußert hatte, die Frau eines Diplomaten zu werden, um an seiner Seite fremde Länder kennenzulernen. Dieser Wunschtraum hatte sich bei ihr tatsächlich erfüllt, aber ob sie so glücklich geworden war, wie sie erhofft hatte, das schien fraglich zu sein. Nach ihrem Brief zu schließen, verlief ihr Leben recht problematisch. Vor ungefähr sechs Jahren hatte Irene von Wellentin Claudine zum letzten Mal in Paris getroffen, in der Zeit, als es in ihrer Ehe eine Krise gegeben hatte. Doch damals hatte auch ihre Freundin alles andere als einen ausgeglichenen und zufriedenen Eindruck gemacht. »Mutti, ich bin da!«, riss eine helle Kinderstimme Irene von Wellentin aus ihren Träumereien. Kati, jetzt zehn Jahre alt, stürmte mit strahlenden Augen ins Zimmer und rief voller Freude: »Mutti, stell dir vor, ich habe den besten Klassenaufsatz geschrieben und eine Eins bekommen. Was sagst du dazu?« »Das freut mich sehr, mein kleiner Liebling«, lobte Irene von Wellentin die Kleine mit einem weichen mütterlichen Lächeln. Kati bereitete ihr nur Freude, und sie bereute es keine Stunde, das Mädchen adoptiert zu haben. Unendlich dankbar war sie dem Schicksal, dass es ihr dieses Kind zugeführt hatte. Noch heute erschauerte sie, wenn sie daran dachte, welche entsetzliche Angst sie ausgestanden hatte, als Hanna Ebert, Katis leibliche Mutter, eines Tages aufgetaucht war und ihre Rechte auf das Kind geltend gemacht hatte. Glücklicherweise hatte die Gier nach Geld Hanna Eberts Mutterliebe bei Weitem überwogen. Niemals würde sie, Irene, vergessen, was ihr Mann damals für sie getan hatte.
Toni der Hüttenwirt
– 238 –
Auf mich kannst du bauen!
Ein sicheres Fundament für unsere Liebe
Friederike von Buchner
Es war späterer Vormittag auf der Berghütte. Toni und Anna machten ihre Pause. Wie jeden Tag setzten sie sich mit einem Becher Kaffee auf die Terrasse, nachdem die Früharbeit erledigt war. Der alte Alois saß bei ihnen am Tisch. Auf dem Stuhl neben ihm lag ein Stapel Zeitungen. Tonis Eltern, die in Waldkogel ein Wirtshaus mit Fremdenzimmer führten, sammelten die Tageszeitungen der Woche und gaben sie Toni sonntags mit hinauf zur Berghütte.
»Bist du mit den Zeitungen schon durch?«, fragte Toni.
»Ich lese jeden Tag nur eine Zeitung. Am Montag schaue ich mir die Zeitung vom Montag letzter Woche an, dienstags die Ausgabe vom Dienstag letzter Woche und so weiter. Warum fragst du? Das weißt du doch«, sagte Alois.
»Schon, aber heute hast du sie früher zusammengefaltet.«
»Herrgott, was du alles beobachtest? Es steht nix drin. Immer wird über die Politik geschrieben, einen Tag so, am andern Tag das Gegenteil und am dritten Tag noch mal anders. Ich bin zwar alt, aber net verkalkt, dass ich das net durchschaue. Ich kann dir schon im Voraus sagen, was morgen drinsteht. Willst du einen Test machen?«
Toni lachte. »Du hast schon recht, Alois. Vieles ist vorhersehbar.«
Der alte Alois schaute über das Geröllfeld.
»Net alles ist vorhersehbar, Toni! Dass wir solch einen unerwarteten Besuch auf der Berghütte bekommen, des ist eine echte Überraschung«, sagte Alois.
Toni und Anna wandten sich um.
»Mei, das ist wirklich eine Überraschung!«, rief Toni aus.
Bürgermeister Fritz Fellbacher kam über das Geröllfeld auf die Berghütte zu.
Toni und Anna standen auf und erwarteten ihn oberhalb der Stufen, die auf die Terrasse führten.
»Grüß Gott, Fellbacher! Ist ja eine Seltenheit, dass du uns besuchst und außerdem noch an einem Werktag.«
Fritz Fellbacher schüttelte Toni die Hand, danach begrüßte er Anna.
»Was magst du?«, fragte Toni, »Bier oder nimmst du einen Kaffee?«
Der Bürgermeister entschied sich für einen Kaffee. Er setzte sich zu Anna und Alois an den Tisch. Toni ging in die Küche und holte Fellbacher einen großen Becher Kaffee.
»Gibt es einen besonderen Grund für deinen Besuch?«, fragte der alte Alois.
Fellbacher nickte. Er trank einen Schluck Kaffee. »Ich bin auf der Suche nach jemandem, der sich noch an eine Person erinnert, die in Waldkogel gelebt hatte. Der Name ist Jack Tom Newman.«
»Das ist ein englischer Name«, sagte Anna.
»Das stimmt«, bestätigte Fellbacher. »Aber der Mann soll hier in Waldkogel geboren sein. Aber in den Büchern im Rathaus finden wir ihn nicht. Die Gina hat sich sogar in den Zentralcomputer der Landesregierung und den beim Kreis eingewählt. Aber auch dort ist er nicht zu finden. Des Ganze ist ein Rätsel. Ich habe mit Tassilo und der alten Zenzi gesprochen. Sie wissen nichts mit dem Namen anzufangen, und Pfarrer Zandler hat auch keine Ahnung.«
Fellbacher sprach den alten Alois direkt an. »Alois, dieser Jack ist verstorben. Er war schon älter. Erinnerst du dich an jemand, der so hieß?«
Der alte Alois rieb sich das Kinn.
»Der Jack wäre in Waldkogel bestimmt aufgefallen. So heißt hier niemand, jedenfalls früher nicht. In einem bin ich mir absolut sicher, den Familiennamen Newman gab es hier nicht. Hast du mal nach einem Neumann gesucht?«
»Ja, Alois, das hat Gina gemacht, aber auch hier, nur Fehlanzeige.«
»Und warum beschäftigt dich das so?«
Fritz Fellbacher erzählte, dass die Gemeinde Waldkogel von einer amerikanischen Kanzlei angeschrieben worden war.
»Gina hat gleich mit denen telefoniert«, sagte er. »Es liegt keine Verwechslung vor.«
Sie staunten, als Bürgermeister Fellbacher vom Inhalt des Schreibens erzählte.
»Mei, ich hab nix dagegen, eine Gedenktafel anbringen zu lassen. Aber an welchem Haus? Wo wurde Jack Tom Newman geboren? Es würde das Ansehen Waldkogels gewaltig erhöhen, wenn wir diesen berühmten Künstler als Sohn unseres Ortes verbuchen könnten. Seine Bilder werden auf dem Kunstmarkt sehr teuer gehandelt. Wir könnten dann sogar mit einem seiner Gemälde glänzen, das er seinem Geburtsort vermacht hat. Das ist ein Glücksfall für Waldkogel. Aber leider war der große Künstler etwas eigen. Er hatte die Öffentlichkeit gemieden und lebte zurückgezogen. Niemand kam an ihn heran. Er wurde von einem Agenten vertreten, der alle seine Geschäfte abwickelte.«
»Das heißt, du hast keine weiteren Informationen?«, fasste Anna zusammen.
»Genau! Gina hat das Internet durchsucht. Ein Foto von ihm war nicht zu finden. Und Fotos von seinen Gemälden gibt es auch nicht, bis auf eines, aus einer sehr frühen Epoche.«
Fritz Fellbacher griff in die Jackentasche seines Lodenjankers.
»Hier, die Gina hat einen Farbausdruck gemacht«, sagte Fellbacher. Er faltete das Papier auseinander, legte es mitten auf den Tisch und strich es mit der Handfläche glatt.
»Das ist das ›Höllentor‹, sagte Anna.
»Richtig! Dazu soll es ein zweites Bild geben. Ich vermute, dass darauf der ›Engelssteig‹ ist«, erklärte Bürgermeister Fellbacher. »Aber im Internet steht, dass das zweite Bild verschwunden ist. Vielleicht ist es verlorengegangen. Möglicherweise wurde es auch verkauft oder gestohlen. Jedenfalls gibt es darüber allerlei Spekulationen. Dieser Jack Tom Neumann muss aus Waldkogel stammen oder hier gewesen sein. Hätte er sonst das Bild malen können? Doch das ist die einzige Spur von ihm. Der Himmel hat ihn zu sich geholt, ihn können wir nicht mehr befragen. Jedenfalls hat er die Gemeinde in seinem Testament bedacht.«
»Angehörige?«, warf Anna ein.
Fellbacher zuckte mit den Schultern.
»Die Herren Anwälte geben sich bedeckt. Alles wird über sie abgewickelt. Auf jeden Fall wird die Gemeinde Waldkogel erben. Wir werden das Bild, das er uns vererbt hat, mit Panzerglas und einem Alarmsystem schützen müssen. Gina holt schon Kostenvoranschläge ein.