Der heimliche Sohn: Toni der Hüttenwirt Classic 30 – Heimatroman
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Liebe und Gefühle, nach Heimat und bodenständiger Natur bildet Kern und Botschaft dieser unvergleichlichen Romanserie.
Wo findet Lorenz endlich seine Heimat? Es war ein schöner, klarer Sommertag. Der Himmel wölbte sich strahlend blau über den Berggipfeln. Das Kreuz auf dem Gipfel des ›Engelssteigs‹ war weithin gut zu sehen. Toni und Anna saßen auf der Terrasse vor der Berghütte und tranken einen Kaffee zusammen. Der alte Alois saß etwas abseits und las die Zeitungen der letzten Woche, die Toni von der Oberländer Alm mit heraufgebracht hatte. »Oh, Toni! Was für ein schöner Tag!« seufzte Anna glücklich. »Ja, des Wetter ist heute besonders gut. So klar und rein war die Luft schon lang net mehr. Es war ja immer ein bisserl dunstig in letzter Zeit.« »So meine ich das nicht, Toni!« Anna sah ihren Mann mit leuchtenden Augen an. »Es ist so besonders ruhig und schön. Irgendwie feiertäglich!« Toni legte den Arm um seine Frau und drückte sie zärtlich an sich. »Vielleicht kommt des auch daher, daß die Berghütte leer ist. Ich kann mich nicht erinnern, daß wir in den letzten Wochen mal ganz alleine gewesen sind. Immer waren Hüttengäste da.
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Buchvorschau
Der heimliche Sohn - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt Classic
– 30 –
Der heimliche Sohn
Wo findet Lorenz endlich seine Heimat?
Friederike von Buchner
Es war ein schöner, klarer Sommertag. Der Himmel wölbte sich strahlend blau über den Berggipfeln. Das Kreuz auf dem Gipfel des ›Engelssteigs‹ war weithin gut zu sehen.
Toni und Anna saßen auf der Terrasse vor der Berghütte und tranken einen Kaffee zusammen. Der alte Alois saß etwas abseits und las die Zeitungen der letzten Woche, die Toni von der Oberländer Alm mit heraufgebracht hatte.
»Oh, Toni! Was für ein schöner Tag!« seufzte Anna glücklich.
»Ja, des Wetter ist heute besonders gut. So klar und rein war die Luft schon lang net mehr. Es war ja immer ein bisserl dunstig in letzter Zeit.«
»So meine ich das nicht, Toni!« Anna sah ihren Mann mit leuchtenden Augen an. »Es ist so besonders ruhig und schön. Irgendwie feiertäglich!«
Toni legte den Arm um seine Frau und drückte sie zärtlich an sich.
»Vielleicht kommt des auch daher, daß die Berghütte leer ist. Ich kann mich nicht erinnern, daß wir in den letzten Wochen mal ganz alleine gewesen sind. Immer waren Hüttengäste da. Aber jetzt sind sie alle auf Wanderungen und Bergtouren. Bei dem schönen Wetter ist das ja nicht verwunderlich, daß sie sich große Touren vorgenommen haben und früh aufgebrochen sind. Ich genieße die Stille auch, solange sie noch dauert. Bis zum Mittag wird es wieder voll sein. Aber so eine kurze Verschnaufpause mit meiner lieben Frau, das gefällt mir schon!«
Sie küßten sich.
Hubschraubergeräusch drang vom Tal herauf. Der Helikopter der Bergwacht kam näher und landete auf dem Geröllfeld.
Es war Tonis Freund Leo Gasser, der Leiter der Bergwachtstation in Kirchwalden.
Als die Rotorenblätter still standen, luden Toni und Leo Bierfässer aus. Leo, der regelmäßig Rundflüge machte, transportierte das Bier auf die Berghütte. Das war ein Freundschaftsdienst, den Toni mit der Unterstützung der Bergwacht dankte.
»Grüß dich, Anna!«
»Grüß Gott, Leo! Bist früh hier! Wir haben erst später mit dir gerechnet.«
»Ich kann auch nicht lange bleiben. Ich wollte nur das Bier schnell raufbringen. Muß gleich wieder los. Ich habe dem Lorenz versprochen, ihn auf den Rundflug mitzunehmen. Er wartet drüben beim Sportplatz in Waldkogel. Er will ein paar Luftaufnahmen vom Hof machen. Seine Mutter will den Hof verkaufen.«
Toni schenkte Leo eine Tasse Kaffee ein.
»Leo, von welchem Lorenz sprichst du?«
»Vom Lorenz Geisling! Der ist doch mit uns in eine Klasse gegangen, jedenfalls die ersten Jahre, bis seine Mutter nach dem Tod der Großeltern den Hof verpachtet hatte und nach Kirchwalden gezogen ist. Jetzt wohnt sie drüben in Marktwasen. Der Lorenz ist bei seiner Mutter zu Besuch. Wir haben uns zufällig in der Stadt getroffen.«
»Mei, was du net sagst! Des ist fast ewig her, daß ich ihn gesehen habe.«
»Mir ging es genauso! Es war Zufall, daß wir uns im Touristenbüro über den Weg gelaufen sind. Er hat sich dort nach einem Hubschrauberrundflug erkundigt. Ich habe das gespräch durch Zufall mitgehört. Dann gab ein Wort des andere. Wir haben uns auf ein Bier zusammengesetzt.«
»Wie geht es ihm denn so?«
»Seine Mutter hatte ihn damals in ein Internat gegeben. Dann hat er sein Abitur gemacht und studiert – Landwirtschaft. Ja, Landwirtschaft, des ist seine große Leidenschaft. Dabei hat er ja nur bis er zehn oder zwölf Jahre war auf dem Geislinger Hof gelebt. Jetzt ist er mit dem Studium fertig. Seine Mutter will den Hof verkaufen. Sie wollen fortgehen, vielleicht sogar auswandern, Kanada oder Australien. Aber entschieden haben sie des noch net. Erst will die Mutter den Hof verkaufen.«
»Des sind ja vielleicht Neuigkeiten, Leo! Dann hat der Lorenz richtig was aus seinem Leben gemacht. Leicht hatte er es bestimmt nicht.«
»Na, leicht hatte er es gewiß nicht. Ich habe auch ein bisserl ein schlechtes Gewissen, daß ich ihn damals immer so gehänselt habe.«
»Du bist net allein gewesen! Grausam sind wir alle gewesen. Wenn ich heute daran denke, dann tut mir des von Herzen leid. Da schäme ich mich richtig. Sag ihm einen Gruß von mir. Er soll mir nix nachtragen, Leo.«
»Mache ich! Entschuldigt habe ich mich auch schon bei ihm. Der Rundflug, also, daß ich ihn mitnehmen tu, des ist eine Art Wiedergutmachung.«
»Des machst schon richtig, Leo!«
Leo Gasser trank den Kaffee aus. Er schaute auf die Uhr. Er mußte los. Toni und Anna schauten zu, wie der Hubschrauber abflog.
»Warum habt ihr Lorenz so geärgert?« fragte Anna interessiert.
Toni erzählte, daß sie Lorenz immer böse Worte nachriefen. Er hatte keinen Vater. Lorenz Geisling war unehelich geboren. Niemand wußte damals, wer sein Vater war, und auch heute war er nicht bekannt. ›Bankert‹, ›Namenlos‹ hatten sie ihm in der Schule und auf den Heimweg nachgerufen. Wenn Toni heute daran zurückdachte, tat es ihm sehr leid.
Alois ließ die Zeitung sinken.
»Der Lorenz war ein lieber Bub. Er hatte ein großes Herz und trug es keinem von euch nach. Des weiß ich genau. Selbst als er und seine Mutter nicht mehr in Waldkogel wohnten, kam er oft auf die Berghütte. Es war ja nicht weit von Marktwasen hierher. Alle paar Wochen war er hier.«
Toni sah den alten Alois überrascht an.
»In Waldkogel hat man ihn aber nie gesehen. Des hätte sich rumgesprochen, wenn er da gewesen wäre.«
Der alte Alois, der früher zusammen mit seiner Frau die Berghütte betrieben hatte, schmunzelte. Er zündete sich seine Pfeife an.
»Nun red schon, Alois! Da gibt’s doch noch etwas. Du weißt doch was.«
Alois grinste. Er zog an seiner Pfeife, daß dicke Rauchwolken aufstiegen.
»Der Lorenz der hatte eine Freundin. Schon als Kinder waren sie befreundet. Niemand hat etwas gewußt, außer mir und meiner Frau. Des wäre für des Madl schlimm gewesen, wenn des bekannt geworden wäre. Später haben sie sich hier auf der Berghütte getroffen. So ging des die ganzen Jahre, während der Lorenz im Internat war und während des Studiums. Dann war die Berghütte ja eine Zeitlang zu, als ich sie nimmer bewirtschaften konnte. Als ihr sie dann übernommen habt, da ist er nimmer gekommen. Ich habe oft an den Lorenz und sein Madl denken müssen.«
Toni hatte aufmerksam zugehört. Er und Anna schauten sich an.
»Das ist ja wirklich eine schöne Geschichte, Alois. Eine heimliche Kinderfreundschaft war das, dann eine Jugendfreundschaft und war es danach eine Liebschaft?«
Der alte Alois zuckte mit den Schultern. Seine Pfeife qualmte mächtig.
Er dachte an die junge Frau. Soweit er wußte, war sie immer noch ledig und hatte keinen Burschen. Ob sie sich immer noch heimlich mit Lorenz traf? Alois wußte es nicht.
»Wer ist des Madl?«
»Toni, des sage ich dir net! Des fällt unter die Rubrik Schweigepflicht eines Hüttenwirts! Basta!«
Toni und Anna lachten. Sie wußten genau, wie Alois das meinte. Im Schutz der Berge und im Schutz der Berghütte hatten schon viele Liebende zusammengefunden.
»Dann hoffen wir, daß die beiden sich jetzt finden, wo sie alt genug sind!« bemerkte Toni. »Vielleicht will der Lorenz seiner Liebsten net zumuten, hier in Waldkogel auf dem Geislinger Hof zu leben. Vielleicht will er deshalb den Hof verkaufen und fortgehen – mit ihr. Wer weiß?«
Anna warf Toni einen Blick zu.
»Schade, daß die Berge nicht erzählen können, Toni! Sie könnten uns verraten, ob die beiden glücklich sind«, flüsterte Anna leise.
»Du möchtest, daß sie glücklich sind, Anna! Das wünsche ich Lorenz auch. Wenn man selbst so glücklich ist, hofft man, daß alle sich liebenden Herzen zusammenfinden.«
Toni nahm seine Anna fest in den Arm und küßte sie.
Bello hatte bei ihnen gelegen. Er setzte sich auf und legte Anna die Pfote auf den Schoß. Toni und Anna mußten lachen.
»Ja, Bello! Ohne dich hätten wir nicht so schnell zusammengefunden, der Toni und ich. Das hast du damals gut gemacht, Bello.«
Sie kraulte ihm das dicke, zottelige Fell.
Der junge Neufundländerrüde ließ sich das eine Zeitlang gefallen, dann legte er sich wieder hin.
Für Toni und Anna war die Pause vorbei. Sie sahen, wie eine Gruppe von Wanderern den Bergpfad heraufkam, der von der Oberländer Alm zur Berghütte führte. Sie standen auf und gingen in die Berghütte. Gleich würden die Gäste da sein.
*
Der letzte Bus aus Kirchwalden hielt an der Haltestelle in Marktwasen. Margot Geisling stieg aus.
»Guten Abend, Mutter! Komm, gib mir deine Tasche!«
»Grüß dich, Lorenz!«
Margot Geislinger freute sich, daß ihr Sohn sie abholte. Vom Marktplatz bis zu der kleinen Kate, die sie gemietet hatte, war es ein weiter Weg. Sie war müde. Es war immer ein langer Tag. Früh morgens fuhr sie los. Sie arbeitete in einem kleinen Familienhotel in Kirchwalden. Dort war sie nun seit vielen Jahren Mädchen für alles. Sie kümmerte sich um die Zimmer, half in der Küche und bediente abends noch in der Gaststätte. Nur so war es ihr möglich gewesen, das Schulgeld für das Internat zu zahlen. Während des Studiums sollte sich ihr