Nur eine kleine Angestellte: Karin Bucha Classic 69 – Liebesroman
Von Karin Bucha
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Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
Generaldirektor Holgersen greift zu dem Apparat, der ihn direkt mit seiner Wohnung verbindet. »Holgersen«, murmelt er. Er vernimmt die aufgeregte, unangenehm hohe Stimme seiner Schwiegermutter. »Bitte, Hendrik, sei heute pünktlich. Alexandra ist soeben eingetroffen. Sie kommt in der Hauptsache deinetwegen, und ich möchte nicht, daß sie enttäuscht wird.« Die Brauen des Mannes ziehen sich ärgerlich zusammen. »Das kann ich nicht versprechen«, gibt er kühl zurück. »Alexandra reist doch nicht sofort wieder ab. Hier werde ich eher benötigt als zu Hause. Bis heute abend dann.« Er legt auf, ohne eine Antwort abzuwarten. Das könnte dir so passen, denkt er grimmig. Wer lädt denn Alexandra laufend ein? Doch wohl du, meine liebe Schwiegermama, damit ich deine Nichte heirate. Hendrik Holgersens Rechte fährt durch die Luft, als wolle sie unerquickliche Gedanken verscheuchen. Zehn Minuten später klingelt er seine Sekretärin herbei. Statt ihrer erscheint das kleine Fräulein Friedrich.
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Nur eine kleine Angestellte - Karin Bucha
Karin Bucha Classic
– 69 –
Nur eine kleine Angestellte
Karin Bucha
Generaldirektor Holgersen greift zu dem Apparat, der ihn direkt mit seiner Wohnung verbindet.
»Holgersen«, murmelt er.
Er vernimmt die aufgeregte, unangenehm hohe Stimme seiner Schwiegermutter.
»Bitte, Hendrik, sei heute pünktlich. Alexandra ist soeben eingetroffen. Sie kommt in der Hauptsache deinetwegen, und ich möchte nicht, daß sie enttäuscht wird.«
Die Brauen des Mannes ziehen sich ärgerlich zusammen. »Das kann ich nicht versprechen«, gibt er kühl zurück. »Alexandra reist doch nicht sofort wieder ab. Hier werde ich eher benötigt als zu Hause. Bis heute abend dann.«
Er legt auf, ohne eine Antwort abzuwarten.
Das könnte dir so passen, denkt er grimmig. Wer lädt denn Alexandra laufend ein? Doch wohl du, meine liebe Schwiegermama, damit ich deine Nichte heirate.
Hendrik Holgersens Rechte fährt durch die Luft, als wolle sie unerquickliche Gedanken verscheuchen. Zehn Minuten später klingelt er seine Sekretärin herbei. Statt ihrer erscheint das kleine Fräulein Friedrich.
»Fräulein Ebert ist nicht da, Herr Generaldirektor«, sagt sie leise.
»Danke, es ist gut.«
Verärgert erhebt sich Holgersen. Ausgerechnet heute. Wann je ist sein pflichtbewußtes Fräulein Ebert zu spät gekommen?
Als es klopft, ruft der Generaldirektor mürrisch: »Herein!«
Der Personalchef erscheint.
»Fräulein Ebert hat soeben bei mir anrufen lassen. Sie ist erkrankt und läßt sich entschuldigen, Herr Generaldirektor.«
Holgersen spielt mit einem Bleistift. »Krank?« murmelt er dann. »Heute geht aber auch alles schief. Dabei beginnt in einer Stunde die Konferenz mit den Franzosen.« Er sieht den Personalchef scharf an.
»Hören Sie, Meinert. Sie müssen schleunigst für einen Ersatz sorgen. In einer Stunde beginnt die Konferenz mit den Franzosen. Wenn wir einig werden, können wir vielleicht heute noch die Verträge unterzeichnen.«
Es ist eine unangenehme Art Holgersens, seine Angestellten zeitweise nur mit dem Nachnamen anzusprechen.
»Einen Ersatz, selbstverständlich, natürlich«, stammelt der Personalchef und denkt dabei:
Woher nehmen?
Er zieht sich mit einer knappen Verbeugung zurück, und Holgersen geht hinüber zu dem breiten und bis zum Erdboden reichenden Fenster.
Grübelnd starrt er hinaus. Nichts will mehr klappen. In seinem Haus fühlt er sich nicht wohl, dafür sorgt seine Schwiegermutter, indem sie ihm ständig in den Ohren liegt, er müsse ihre Nichte Alexandra heiraten.
Er schüttelt sich bei dem Gedanken. Seine verstorbene Frau war sehr schön. Alexandra ist es auch. Sie haben viel Ähnlichkeit, auch im Charakter. Schon das allein läßt ihm einen Schauer über den Rücken laufen.
Und nun tauchen auch Schwierigkeiten im Geschäft auf.
Na, hofft er, das wäre doch gelacht, wenn in dem Riesenhaus keine Person wäre, die für meine erkrankte Sekretärin einspringen könnte.
*
Wenig später taucht der Personalchef im Schreibmaschinenzimmer auf. Er geht den Mittelgang entlang und bleibt vor dem vorletzten Schreibmaschinentisch stehen.
»Fräulein von Bergen!«
»Bitte.«
Barbara von Bergen läßt die Hände von den Tasten sinken und sieht erwartungsvoll auf den Personalchef.
»Würden Sie einmal mit mir kommen?« fragte der Mann. Sofort erhebt sie sich und folgt ihm bis in sein Büro. Er lehnt sich gegen seinen Schreibtisch und macht eine Handbewegung zu ihr hin, als Aufforderung, in dem Sessel Platz zu nehmen.
Zögernd läßt Barbara von Bergen sich nieder. Erwartungsvoll sieht sie zu Horst Meinert auf.
»Fräulein von Bergen«, beginnt der Mann und betrachtet sie mit einem faszinierten Blick. Er hat gar nicht gewußt, daß diese Barbara eine ausgesprochene Schönheit ist.
Gleich ruft er sich zur Ordnung und spricht weiter.
»Die Chefsekretärin, Fräulein Ebert, ist erkrankt, und Generaldirektor Holgersen ist arg in Verlegenheit. Eine sehr wichtige Konferenz steht bevor. Es müssen Protokolle geführt und Verträge ausgearbeitet werden. Wagen Sie sich an diese Aufgabe heran? Sie sprechen doch perfekt Französisch?«
Sie lächelt leicht und nickt. »Allerdings, unter anderem.«
»Ich weiß aus den Personalakten, daß Sie mehrere Fremdsprachen beherrschen. Eigentlich sitzen Sie am verkehrten Platz und gehörten in die Auslandsabteilung.«
Sie zuckt kurz mit den Schultern. »Ich bin mit meiner Arbeit zufrieden.« Dann richtet sie sich etwas auf. »Ich traue mir ohne weiteres zu, die Chefsekretärin zu vertreten.«
Es klingt bestimmt, aber durchaus nicht überheblich.
Er freut sich sichtlich über ihre Antwort, und ihm ist, als würde ein Druck von ihm weichen.
»In einer Stunde erwartet Sie Generaldirektor Holgersen. Ich bringe Sie selbst zum Chef.«
Damit ist sie entlassen. Mit einem kurzen Neigen des schönen Kopfes verläßt sie den Raum.
*
Pünktlich holt der Personalchef Barbara ab und bringt sie hinüber in das »Allerheiligste«. Kaum hat sie den weitläufigen, elegant ausgestatteten Raum mit dem riesigen Schreibtisch betreten, beginnt ihr das Herz bis zum Hals herauf zu klopfen.
Hinter dem Schreibtisch erhebt sich eine hohe Gestalt, und sie sieht mitten hinein in ein Paar zwingende helle Augen.
Horst Meinert übernimmt die Vorstellung, und Holgersen macht eine knappe Verbeugung.
In seiner imposanten Größe wirkt er einschüchternd auf die zierliche Barbara. Da er ihr die Hand nicht reicht, unterläßt auch sie es.
Mit einer Handbewegung entläßt Holgersen den Personalchef, dann wendet er sich Barbara zu. Seine Stimme klingt kühl und sachlich.
»Es tut mir leid, daß ich Sie vorher nicht genügend instruieren kann. Die Zeit ist zu knapp. Da Sie jedoch bei den Verhandlungen zugegen sind, um das Protokoll zu führen, hoffe ich, daß Sie sich schnell in die Materie hineinfinden.«
Mit groß aufgeschlagenen, ernsten Augen und sehr gesammelt folgt Barbara aufmerksam seinen noch folgenden Erklärungen.
»So, das ist zunächst alles, was Sie wissen müssen. Ich brauche Ihnen wohl nicht besonders zu erklären, daß Sie alles streng vertraulich behandeln müssen.«
»Das ist mir klar«, erwidert sie und bestätigt es noch durch ein Nicken.
*
Hinter dem Konferenztisch zwischen den beiden tiefen Fenstern findet sie ihren Arbeitstisch. Alles liegt parat, Schreibmaschine, Papier und Stenogrammblock. Sie findet sich schnell zurecht und ist voller Erwartung.
Zehn Minuten später treffen die Franzosen ein, mit ihnen noch zwei ältere Herren von der Geschäftsleitung.
Man spricht ausschließlich Französisch, und Barbara bewundert den Generaldirektor, wie elegant er die Sprache beherrscht.
Zu dem jungen Mädchen hinter der Schreibmaschine verneigt man sich kurz, und dann beginnen die Besprechungen.
Auf einen Wink Holgersens hin schreibt Barbara fleißig mit, und sie freut sich, daß sie alles mitbekommt.
Sie reden sich heiße Köpfe und rauchen viel. Von Zeit zu Zeit lassen sie sich von dem alten Bürodiener Bertram die Gläser mit dem guten französischen Kognak vollgießen.
Vor Eifer haben sich Barbaras Wangen rosig gefärbt. Die Franzosen sind zäh, aber Holgersen ist ein gleichwertiger Partner. Auf der einen Seite macht er Zugeständnisse, auf der anderen Seite setzt er seinen Willen durch.
Zu einer völligen Einigung kommt man noch nicht. Holgersen ist die Ruhe selbst, während sich bei den Franzosen nervöse Anspannung zeigt.
Schließlich schlägt Henry Dumont, einer der drei Herren vor, eine Pause eintreten zu lassen. Er lädt die Herren zum Essen in das »Ritz« ein, was sofort angenommen wird.
Barbara von Bergen blättert in ihrem Protokoll, als Henry Dumont vor ihr auftaucht. Er fragt liebenswürdig:
»Darf ich Mademoiselle ebenfalls einladen?«
Barbara ist von dieser Einladung so überrascht, daß sie einen hilflosen Blick hinüber zu dem Generaldirektor wirft.
Aus den Augenwinkeln hat er bemerkt, wie Monsieur Dumont zu Barbara geht, und er hört auch, daß er sie um ihr Mitkommen bittet. Als er Barbaras Augen mit diesem fragenden Blick auf sich gerichtet sieht, nickt er kaum merklich Zustimmung.
Er unterbricht sein Gespräch und kommt zu ihnen.
»Natürlich kommt Fräulein von Bergen mit.« Jetzt spricht er direkt zu Barbara. »Sie werden sich sicher umkleiden wollen. Mein Chauffeur wird Sie heimfahren und zum ›Ritz Hotel‹ bringen.«
»Danke«, stammelt sie verwirrt. Holgersen bestellt durch den Hausapparat seinen Fahrer vor das Hauptportal.
Barbara fegt förmlich den Flur entlang, reißt die Handtasche und Kostümjacke aus dem Schrank und hetzt die Treppen hinunter. Sie denkt gar nicht daran, daß es auch einen Lift gibt.
Heute ist wirklich ein Glückstag.
*
Generaldirektor Holgersen sitzt mit seinen Gästen in der Halle des vornehmen »Ritz« bei einem Drink. Man wartet auf das reizende Mädchen Barbara von Bergen.
Endlich kommt sie durch die Drehtür und geht ein paar Schritte in die Halle hinein, sich aufmerksam umsehend.